Ferlach/K und Kolsass-Innsbruck: Braune Fotos aus dem Partykeller und „Vuigas”
Salzburg: Haftstrafe für wiederholte NS-Wiederbetätigung
Hollabrunn-Korneuburg/NÖ: Rechtskräftige Verurteilung wegen Terror-Propaganda
Wien: Verfassungsschutz positioniert sich zur „Neuen Rechten“
Wien: Kundgebungen für antisemitischen Hamas-Terror
Krems/NÖ: Lokale Verbindung im Visier der Behörden
Thüringen/D: Aus für Tommy Frencks „Goldenen Löwen“?
Ferlach/K und Kolsass-Innsbruck: Braune Fotos aus dem Partykeller und „Vuigas”
Fotos aus einem Partykeller, auf dem glatzköpfige Jugendliche und zu einem Hakenkreuz drapierte Bierdosen zu sehen sind, ein Foto vom Angeklagten in Hitlergruß-Pose sowie WhatsApp-Nachrichten ebenfalls mit Hakenkreuzen – die WA-Gruppe nannte sich „Vuigas” – waren die Anklagepunkte am Landesgericht Innsbruck am 2. Oktober. Verantworten musste sich der erst 22-jährige Florian H., der im Zuge seiner Büchsenmacher-Lehre in einem Internat in Ferlach untergebracht war – dort sind zwischen 2015 und 2017 auch die Partykeller-Fotos entstanden. Die sehr früh gestartete braune Karriere erklärte H. mit viel Alkohol und psychischen Problemen – auch Drogendelikte waren im Spiel. Der Verweis des Verteidigers, der Angeklagte identifiziere sich weder mit der NS-Ideologie noch mit Rassismus und Antisemitismus bewahrte Tiroler nicht vor einer Verurteilung. Er erhielt mit dem Schuldspruch zwölf Monate haft bedingt auf drei Jahre. Ob das Urteil rechtskräftig ist, ist uns nicht bekannt. Über den Burschen wurde auch ein Waffenverbot verhängt.
Wir danke für die Prozessbeobachtung!
Salzburg: Haftstrafe für wiederholte NS-Wiederbetätigung
Ein 39-jähriger Salzburger wurde von einem Geschworenengericht wegen des Verbrechens nach § 3g Verbotsgesetz noch nicht rechtskräftig zu drei Jahren unbedingter Haft verurteilt. Das relativ harte Urteil, gegen das der Angeklagte Berufung ankündigte, hat einen Hintergrund: Er wurde davor bereits zwei Mal wegen NS-Wiederbetätigung verurteilt: 2020, weil er 2020 vor Polizist*innen „Sieg Heil“ geschrienen und den Hitlergruß gezeigt hatte. Zudem wurde er insgesamt elf weitere Male für diverse andere Straftaten verurteilt.
Laut dem nunmehrigen (…) Urteil vom Dienstag hatte der Angeklagte im heurigen Frühjahr in einer Bar in der Stadt Salzburg (wieder) mehrfach den Hitlergruß gezeigt und einen Türsteher als „Kanaken“ beschimpft; zudem soll er zum Türsteher gesagt haben, „unter Hitler hätte es das nicht gegeben, dass Ausländer hier arbeiten dürfen“. (sn.at, 4.10.23)
Hollabrunn-Korneuburg/NÖ: Rechtskräftige Verurteilung wegen Terror-Propaganda
18 Monaten bedingte Freiheitsstrafe, zudem Bewährungshilfe und Deradikalisierungsmaßnahmen – so lautete das rechtskräftige Urteil, das am Landesgericht Korneuburg gegen einen 18-Jährigen ausgesprochen wurde. Er hatte 260 Bilder mit Terror-Propaganda des sogenannten „Islamischen Staates“ verbreitet und wurde nach den Paragrafen 278a und 278b, also wegen der Gründung einer kriminellen/terroristischen Vereinigung, angeklagt. Allerdings könnte hier eine Kanone der Staatsgewalt auf einen Spatzen gerichtet worden sein, so erklärte der Verteidiger die Vergehen seines, zum Teil in Tränen aufgelösten, Mandanten mit Langeweile und das Motiv bestünde bloß in „Dummheit“ (noen.at, 4.10.23).
Inhaltlich dürfte sich unter dem Propaganda-Material auch Einschlägiges in Richtung Antisemitismus und/oder NS-Glorifizierung befunden haben, denn der junge Mann ist einer „weiteren schweren Anklage nur um ein Haar entgangen (…), wie der Richter anfangs des Prozesses erwähnt – nämlich der Anklage wegen Verstoßes gegen das Verbotsgesetz und damit einem Geschworenengericht“ (noen.at).
Dass IS- und NS-Ideologie gut zusammenpassen, haben wir erst in der Rückschau KW 38/23 anlässlich eines anderen Gerichtsprozesses erläutert:
Das ideologische Nahverhältnis zwischen IS und NS besteht neben dem zentralen und offensiv propagierten Vernichtungsantisemitismus auch in einer rigiden Geschlechterordnung, Hass auf LGBTIQ+-Personen, männlichem Gewaltkult sowie einem gegenaufklärerischen, autoritären und antiindividualistischen Gemeinschaftsdünkel. Beide Ideologien sind vereint in dem Heilsversprechen nach einer (Ur-)Gemeinschaft, aus der sämtliche Widersprüche und Zumutungen der Moderne exorziert wurden, daher sind beide auf permanente Mobilisierung gegen äußere und innere „Feinde“ angewiesen. (stopptdierechten.at, 25.9.23)
Wien: Verfassungsschutz positioniert sich zur „Neuen Rechten“
Die Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN) hat bei einer Veranstaltung am Mittwoch in einem Wiener Hotel über die sogenannte „Neue Rechte“, insbesondere die „Identitären“, berichtet. Die Behörde attestiert der Truppe rund um Martin Sellner eine „hohe Gewaltbereitschaft“; laut DSN-Abteilungsleiter Alexander Figl hätten Mitglieder der Gruppe Vorstrafen, auch wegen schwerer Gewaltdelikte und nach dem Verbotsgesetz, zudem befänden sich mehr als „120 registrierte Schusswaffen“ unter den Aktivisten.
Hinsichtlich ihrer Ideologie bezeichnete Figl die neofaschistische Kadergruppe als „geistige Brandstifter“, die „mit der Angst und mit dem Tod“ (derstandard.at, 6.10.23) spielen würden. Er bezog sich dabei auf die rechtsterroristischen Attentäter im Neuseeländischen Christchurch und in der US-Stadt El Paso, die sich direkt auf die identitäre Verschwörungsformel vom „Bevölkerungsaustausch“ beriefen.
Der Verfassungsschutz sieht auch, dass rechtsextreme Ideologien verstärkt in der Mitte der Gesellschaft Fuß fassen. Die aktuellen Krisen wie die Pandemie, die Inflation und der Ukrainekrieg werden ausgenutzt, um Stimmung zu machen und ihr Gedankengut zu verbreiten. Figl warnte vor einem „Rechtsextremismus über die Hintertür“. (derstandard.at)
Diese spät geäußerte Erkenntnis ist wichtig, denn die gegenwärtig umfragenstärkste Partei FPÖ unterscheidet sich auf der Ebene des Ideologischen in nichts mehr von den „Identitären“ und verteidigt die Gruppe insbesondere seit der Machtübernahme von Kickl offensiv. Auch personelle Überschneidungen werden nicht nur wohlwollend geduldet, sondern auch gefördert. Zudem gehört es zur Strategie der „Neuen Rechten“, eben diese gesellschaftliche „Mitte“, also den medialen und kulturellen Mainstream, zu erreichen. Im Szenejargon heißt das entsprechende Konzept dafür „Metapolitik“. In diesem Konzept wird inzwischen sogar der FPÖ-Parteinachwuchs im Rahmen eines Veranstaltungsprogramms am „Freiheitlichen Bildungsinstitut“ (FBI) ganz direkt geschult.
Wien: Kundgebungen für antisemitischen Hamas-Terror
Am 7. Oktober überfielen Hamas-Terroristen Städte und Dörfer in Israel und verübten Massaker an Zivilist*innen. Bislang ist von mehr als 700 Toten die Rede. Zudem wurden Tausende verletzt und über hundert Menschen in den Gaza-Streifen entführt. Kämpfe mit dem israelischen Militär dauern seither noch an. Umgehend nach Bekanntwerden dieses orchestrierten Massenmordes, fanden Kundgebungen in Wien statt, die den antisemitischen Terror feierten.
Bereits Samstagnachmittag versammelten sich Aktivistinnen und Aktivisten mit Palästina-Flaggen auf der Wiener Mariahilfer Straße und skandierten „Freiheit für Palästina“. Ein Video, das von dem Journalistenbündnis Kollektiv Communique auf X (vormals Twitter) veröffentlicht wurde, zeigt außerdem propalästinensische Kundgebungen auf dem Ballhausplatz. (derstandard.at, 8.10.23)
Ausgerechnet vor und auf dem Denkmal der Verfolgten der NS-Militärjustiz („Deserteursdenkmal“) bekundeten dort am Samstag und am Sonntag in Palästina-Fahnen gehüllte Personen ihre Sympathie für die terroristischen Taten der Hamas.
Die Hamas ist der palästinensische Zweig der Muslimbruderschaft und herrscht seit 2007 autoritär in Gaza. Sie wird vom antisemitischen Mullah-Regime im Iran massiv unterstützt und gilt sowohl in der EU als auch in den USA offiziell als Terrororganisation. Das islamistische Weltbild der Hamas ist geprägt von einem offenen Vernichtungsantisemitismus, der auch in der 1988 veröffentlichten und bis heute unveränderten Gründungscharta der Organisation festgelegt ist.
Krems/NÖ: Lokale Verbindung im Visier der Behörden
Der Kurier (5.10.23) berichtet, dass sich nach einem Hinweis ans LVT-Niederösterreich die Staatsanwaltschaft eingeschaltet hat. Der Grund ist ein Instagram-Posting der pennalen Verbindung „Wachovia et Arminia“, auf dem die von den Nationalsozialisten verwendete „Todesrune“ zu sehen ist. Wie „Stoppt die Rechten“ eruieren konnte, zierte dieselbe Rune bereits 2016 die Facebook-Timeline der Burschenschaft. Inzwischen sind nicht nur die Postings, sondern gleich beide Accounts verschwunden.
Thüringen/D: Aus für Tommy Frencks „Goldenen Löwen“?
Aus Deutschland erreicht uns eine gute Nachricht: Der Neonazi Tommy Frenck muss sein Gasthaus, „Goldener Löwe“ in Kloster Veßra (Thüringen) abgeben. Als Frenck die Immobilie gekauft hatte, machte die Gemeinde ein Vorkaufsrecht geltend, das nun nach Jahren des Rechtsstreits ohne Revisionsmöglichkeit durchgesetzt werden konnte.
Das Gasthaus war unter Frencks Führung seit 2014 zu einem bundesweit bekannten Treff der ganz harten Neonazi-Szene geworden – auch angefeuert durch Provokationen des Betreibers, der etwa mit seinen „Hitler-Schnitzeln“ wirbt. Seither werden auch immer wieder im nahe gelegenen Themar große Rechtsrock-Konzerte veranstaltet. (insuedthueringen.de, 8.10.23)
In Frencks Gasthaus waren auch immer wieder Österreicher wie etwa der Aula-Hetzer Fred Duswald zu Gast. Am 20. April 2018 wurde bekannt, dass der damalige Kabinettsmitarbeiter von Norbert Hofer, Arndt Praxmarer, Frencks Facebook-Seite mit einem Like versehen hatte – just an dem Tag, als Frenck wie alljährlich zu Hitlers Geburtstag mit Schnitzel um 8,88 Euro fürs Gasthaus warb.