Die üblichen Verdächtigen als „Verteidiger Europas”
Unterstützt von einem riesigen Polizeiaufgebot und einem Sicherheitskonzept, das akribisch weite Teile der Linzer Innenstadt abriegelte, konnten sich Ende Oktober in Linz unterschiedliche VertreterInnen des Rechtsextremismus bei einem Kongress, laut Eigenbezeichnung der „Verteidiger Europas“, vernetzen. So wurde nicht zuletzt auch den Wünschen der Veranstalter Folge geleistet, Medien gänzlich von einer Teilnahme am Kongress auszuschließen, um kritische Berichterstattung zu verunmöglichen. Dennoch tauchen nach und nach immer mehr Informationen über die – laut Organisatoren rund 600 – TeilnehmerInnen auf. Während der Salzburger Weihbischof Andreas Laun seine Teilnahme in letzter Minute doch noch absagen musste, wurde relativ schnell bekannt, dass neben den angekündigten Rednern wie Felix Menzel (Blaue Narzisse), Philipp Stein (Ein Prozent, Jungeuropa Verlag) oder Alexander Malenki (Laut Gedacht) beispielsweise auch Sascha Roßmüller (NPD-Bundesvorstand) oder Götz Kubitschek (Verlag Antaios) zu dem rechtsextremen Vernetzungstreffen angereist waren.
Die ruhigen Jahre sind vorbei
Doch auch andere, alt und vor allem einschlägig bekannte Figuren ließen sich in Linz wieder blicken. Einige Jahre schien es um Benjamin F. nun ruhig geworden zu sein, oder anders formuliert: Er hat zumindest in den letzten Jahren für keine (weiteren) Skandale mehr gesorgt. Aufgefallen war der frühere Boku-Student erstmals 2008, als er gemeinsam mit S.P., Küssel-Kamerad Felix Budin, Horst Pilz (aB! Olympia) sowie dem heutigen Identitären-Chef Martin Sellner eine antifaschistische Demonstration gegen die Angelobung von Martin Graf zum Dritten Nationalratspräsidenten auf der Wiener Parlamentsrampe angegriffen hatte.
2009 tauchte F. beim SS-Veteranen-Treffen am Kärntner Ulrichsberg auf. Die Ulrichsberggemeinschaft hatte in diesem Jahr das Treffen abgesagt. Stattdessen rief die FPÖ zu einer Kranzniederlegung beim „Heimkehrerdenkmal“ auf, an der neben Gottfried Küssel, Hans Jörg Schimanek sowie dem Leipziger Neonazi Ricardo Sturm auch Benjamin F. anwesend war. Trotz der ausdrücklichen Untersagung seitens des ehemaligen Verteidigungsministers Norbert Darabos, am Ulrichsberg Uniformen des österreichischen Bundesheeres zu tragen, war Benjamin F. in einer solchen aufgetaucht.
Kein Jahr ohne Skandal
Ein Jahr später, 2010, organisierte die Burschenschaft Silesia, der Benjamin F. auch angehört(e), ein „Red Room Clubbing“ in einem Wiener Puff. Benjamin F. posierte mit zwei halbnackten Frauen auf dem Flyer, der zu jenem skandalträchtigen Abend einlud, der in weiterer Konsequenz auch zu „Aufräumarbeiten“ innerhalb der Burschenschafterszene führte. Im gleichen Jahr wurde außerdem bekannt, dass der Verfassungsschutz keinen Grund sah, sich von seinem Vater Josef F. als Mitarbeiter des BVT zu trennen, obwohl Benjamin F. auf einer Liste von Personen stand, bei denen eine Nähe zu Alpen-Donau.info vermutet worden war. (Siehe dazu auch jpost-Artikel)
Dies verwunderte nicht nur wegen der bereits genannten Skandale, sondern vor allem angesichts möglicher Verstrickungen bei der wohl wichtigsten österreichischen neonazistischen Plattform. Hinzu kam außerdem ein Vorfall auf dem Truppenübungsplatz Seetaler Alpe, wo Benjamin F. „die Hand mehrfach zum Hitlergruß gehoben und Lieder der deutschen Wehrmacht abgesungen haben soll“ (News). Weil er stark alkoholisiert gewesen sei, hätte er sich daran jedoch nicht erinnern können, gab er in einer Befragung an und ging damit ein weiteres Mal straffrei aus. Zudem kursieren im Internet Fotos von Benjamin F., die ihn in einer SS-Uniform zeigen – Bilder, die angeblich am Rande eines Filmdrehs entstanden sein sollen.
Noch immer umtriebig?
2014 berichtete Recherche Wien noch davon, dass sich F. wohl ins bürgerliche Leben zurückgezogen hätte und gemeinsam mit Achim Sedelmaier, der ebenfalls Burschenschafter sein soll, einen sich hip gebenden T‑Shirt-Versand („Börner Wien“) im Internet betreibt. Dort können etwa „lustige“ T‑Shirts mit Motiven wie „Wappla“, „Oida“ aber auch „Echter Wiener“ oder „Wiener Blut“ käuflich erworben werden. Eine genauere Betrachtung der Internetseite sowie ihres Instagramaccounts verdeutlichen nicht nur, dass Benjamins Schmissnarben sich vermehrt haben dürften, sondern auch eine sexistische Vorliebe für nackte Frauen als Werbesujets.
Seine Teilnahme am wohl wichtigsten deutschsprachigen rechtsextremen Vernetzungstreffen 2016, dem „Verteidiger Europas“-Kongress in Linz, verdeutlicht darüber hinaus, dass Benjamin F. nicht gänzlich in einem unauffälligen bürgerlichen Leben aufgegangen zu sein scheint. Offensichtlich kann er es doch nicht ganz lassen, alte und neue Kameraden zu treffen. Bleibt abzuwarten, ob wir ihn künftig bei einschlägigen Events wieder öfter zu Gesicht bekommen.
Artikel zum Kongress:
➡️ stopptdierechten.at, 5. August 2016: Identitären-Kongress in Linz geplant
➡️ stopptdierechten.at, 19. Oktober 2016: Rechtsextremer Kongress in Linz: Zahlreiche Prominente fordern von LH den Rauswurf
➡️ stopptdierechten.at, 22. Oktober 2016: Starker Protest gegen rechtsextremen Kongress
Weitere Artikel zum Thema:
➡️ Jerusalem Post, 14.11.2010: Austrian intel agency engulfed in neo-Nazi scandal
➡️ NEWS, 10.11.2010: Neonazi-Homepage: NEWS veröffentlicht umfangreiche Akten über Hauptverdächtigen
➡️ stopptdierechten.at, 5. September 2011: Verfassungsschutzbericht (V): Ein bemerkenswerter Vorfall
➡️ stopptdierechten.at, 19. September 2010: Burschenschaften: Das Säbelwetzen hat begonnen