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Rückblick KW 42/23 (II)

Der brau­ne Hun­de­quä­ler aus Ober­ös­ter­reich erweist sich als bereits bekann­ter Neo­na­zi mit Sym­pa­thien für ein rechts­ter­ro­ris­ti­sches Netz­werk. Außer­dem: Gerichts­pro­zes­se & Salz­bur­ger Bur­schen­schaft mit Reich­kriegs­flag­ge. Salz­burg: Usta­scha- & Hit­ler-Fan ver­ur­teilt Trais­kir­chen-Wie­ner Neustadt/NÖ: Ver­ur­tei­lung wegen NS-Tat­toos Sol­len­au-Wie­ner Neustadt/NÖ: Wie­der­be­tä­ti­gung, Dieb­stahl und Sach­be­schä­di­gung Graz: Diver­si­on nach Ver­het­zung gegen Trans­gen­der-Per­so­nen Ansfelden/OÖ: Brau­ner Tier­quä­ler ein Sym­pa­thi­sant von „Com­bat 18” Salzburg: […]

27. Okt 2023

Salzburg: Ustascha- & Hitler-Fan verurteilt
Traiskirchen-Wiener Neustadt/NÖ: Verurteilung wegen NS-Tattoos
Sollenau-Wiener Neustadt/NÖ: Wiederbetätigung, Diebstahl und Sachbeschädigung
Graz: Diversion nach Verhetzung gegen Transgender-Personen
Ansfelden/OÖ: Brauner Tierquäler ein Sympathisant von „Combat 18”
Salzburg: Reichskriegsflagge bei den Gothen

Salzburg: Ustascha- & Hitler-Fan verurteilt

Ein 44-jäh­ri­ger Kroa­te wur­de in Salz­burg zu sechs Mona­ten Haft auf Bewäh­rung nach dem Ver­bots­ge­setz ver­ur­teilt, nicht rechts­kräf­tig. Ange­klagt wur­de der Mann wegen NS- und Hit­ler-ver­herr­li­chen­den Memes, die er auf Whats­App ver­brei­tet hat­te. Zuerst behörd­lich auf­ge­fal­len war er aller­dings, weil er einen Sti­cker an der Gol­de­nen Kugel am Salz­bur­ger Kapi­tel­platz ange­bracht hat­te, der das Logo der kroa­ti­schen faschis­ti­schen Usta­scha-Bewe­gung zeigte.

Und das genau an jenem Tag, als der kroa­ti­sche Ver­ein Dina­mo Zagreb für ein Cham­pi­ons League-Spiel in Salz­burg gas­tier­te. Die­ses „Logo“ hat­te der Dina­mo-Anhän­ger auch auf sei­nem T‑Shirt. Damals im Poli­zei-Ver­hör mein­te er noch: „Ich habe das nicht gewusst.“ (krone.at, 19.10.23)

Die poli­zei­li­che Han­dy­aus­wer­tung wider­sprach dann die­ser vor­ge­brach­ten Nai­vi­tät: Zumin­dest 16 Nach­rich­ten mit NS-ver­herr­li­chen­dem Inhalt ver­schick­te der Mann. Das passt ideo­lo­gisch gut zusam­men, denn der von 1941 bis 1945 exis­tie­ren­de Usta­scha-Staat war ein faschis­ti­sches Vasal­len-Gebil­de an der Sei­te von Hit­ler, das sich aktiv an der Ermor­dung von Partisan*innen, Juden und Jüdin­nen, und ande­ren Min­der­hei­ten beteiligte.

Traiskirchen-Wiener Neustadt/NÖ: Verurteilung wegen NS-Tattoos

Ende Mai wur­de der Nie­der­ös­ter­rei­cher Rene H. wegen eines Kel­lers vol­ler NS-Devo­tio­na­li­en und Chats vol­ler Neo­na­zi-Codes und ‑Sprü­chen zu 22 Mona­ten beding­ter Haft ver­ur­teilt. Im Nach­hall die­ses Ver­fah­rens geriet nun ein 48-jäh­ri­ger Mann ins Visier der Jus­tiz. Ihm wur­de am 17. Okto­ber am Lan­des­ge­richt in Wie­der Neu­stadt der Pro­zess nach dem Ver­bots­ge­setz gemacht, weil er sich von besag­tem Rene H. vier NS-ver­herr­li­chen­de Tat­toos ste­chen hat­te lassen:

1. eine Frau in las­zi­ver Pose in SS-Uni­form, Müt­ze mit SS-Stan­dar­te und Reichsadler
2. ein Sol­dat mit Gas­mas­ke und Wehr­machts­helm, dazu ein unvoll­stän­di­ges, aber ein­deu­tig erkenn­ba­res Hakenkreuz
3. ein Mini­on in Uni­form und mit Hitlerbärtchen
4. eine Schwar­ze Sonne

Der Ange­klag­te, Chris­ti­an M., zeig­te sich gestän­dig und bekun­de­te Reue. Ihm sei bewusst, was im Holo­caust pas­sier­te und dass die Zeit des Natio­nal­so­zia­lis­mus eine „graus­li­che“ war. Er habe kei­nen Bezug zum Neo­na­zi-Milieu – mit Rene H. habe er jeden Kon­takt abge­bro­chen. Zudem sei weder bei einer Haus­durch­su­chung, noch auf sei­nem Han­dy wei­te­res belas­ten­des Mate­ri­al gefun­den wor­den. Er habe die Tat­toos inzwi­schen ent­fer­nen oder abän­dern las­sen. So wur­de etwa aus dem Son­nen­rad ein Auto­rei­fen und aus dem Hit­ler-Mini­on der Rock­sän­ger Lem­my Kilmister.
Die Geschwo­re­nen ent­schie­den in allen Ankla­ge­punk­ten ein­stim­mig für schul­dig. Die täti­ge Reue und das Schuld­ein­ge­ständ­nis wur­den in das Urteil mil­dernd ein­be­zo­gen: acht Mona­te beding­te Haft, nicht rechtskräftig.

Dan­ke für die Prozessbeobachtung!

Sollenau-Wiener Neustadt/NÖ: Wiederbetätigung, Diebstahl und Sachbeschädigung

Ein 23-Jäh­ri­ger muss­te sich am 19.10.23 vor dem Lan­des­ge­richt Wie­ner Neu­stadt nicht nur nach dem Ver­bots­ge­setz, son­dern auch wegen Sach­be­schä­di­gung und Dieb­stahl verantworten.

Laut Staats­an­walt­schaft hat der jun­ge Mann zwi­schen Novem­ber 2020 und Anfang April 2023 an eine Whats­app-Grup­pe von rund 200 Mit­glie­dern und auch an Ein­zel­per­so­nen Bil­der von Adolf Hit­ler und Haken­kreu­zen ver­schickt. Außer­dem soll der Mann 28. Dezem­ber 2020 in Sol­len­au einen Stra­ßen­leit­block umge­tre­ten, auf ein Ver­kehrs­schild ein­ge­tre­ten und ein EVN-Schild zer­bro­chen haben, sowie in Felix­dorf Kenn­zei­chen von zwei Autos gestoh­len haben. (noen.at, 30.10.23)

Das Urteil gegen den Mann, den der Ver­tei­di­ger als „Auto­narr” bezeich­ne­te, der sich noch ändern kön­ne: 15 Mona­te bedingt und 1.980 Euro Geld­stra­fe — ob bereits rechts­kräf­tig, ist dem NÖN-Bericht nicht zu entnehmen.

Graz: Diversion nach Verhetzung gegen Transgender-Personen

Der Pro­zess gegen einen 37-jäh­ri­gen Stei­rer, der wegen Ver­het­zung ange­klagt wor­den war, ende­te am 20.10. mit einer Diver­si­on am Straf­lan­des­ge­richt Graz. Der Mann hat­te in einem Hass­pos­ting gegen die Lesung einer Drag­queen in Graz gehetzt, mit Gewalt gedroht und Trans­gen­der-Per­so­nen mit Pädo­phi­lie in Ver­bin­dung gebracht:

„So etwas wird heut­zu­ta­ge der klei­nen Gene­ra­ti­on auf­ge­zwun­gen. Die Kin­der und Men­schen sexu­ell zu defor­mie­ren um pädo­phe­lie (sic!) popu­lär zu machen“, schrieb er in sei­nem öffent­li­chen Kom­men­tar; er sei einer der Ers­ten, der ver­mummt hin­ge­he und die­se „abge­fuck­te Schei­ße“ abfa­ckeln wür­de. (orf.at, 20.10.23)

Der Ver­tei­di­ger des Ange­klag­ten erklär­te das Pos­ting mit pri­va­ten Schick­sals­schlä­gen und einem Burn-Out. Der Rich­ter ent­schied wegen der Schuld­ein­sicht für eine Diver­si­on: Der Mann muss das Pro­gramm „Dia­log statt Hass“ des Ver­eins Neu­start besu­chen und erhält dort auch Bewäh­rungs­hil­fe. Laut dem Rich­ter sei der Mann ein „typi­scher Face­book-Hater“ (orf.at). Das mag sein, dem ist aber hin­zu­zu­fü­gen, dass mit der kon­stru­ier­ten Ver­bin­dung von Pädo­phi­lie und einer von der Hete­ro-Norm abwei­chen­den Geschlechts­iden­ti­tät schon lan­ge und durch­aus erfolg­reich von der extre­men Rech­ten mobi­li­siert wird. Die ideo­lo­gi­sche Basis des Has­ses gegen LGBTI+-Personen über­lebt auch eine Distan­zie­rung von Äuße­run­gen, die den Straf­tat­be­stand der Ver­het­zung erfül­len. Eine Epi­so­de aus dem Pro­zess demons­triert dies:

„Was hat Trans­gen­der mit Pädo­phi­lie zu tun?“, fragt der Rich­ter. Die Ant­wort bleibt zunächst aus. Auf Nach­fra­ge: „Na ja, dass Trans­gen­der-Per­so­nen viel­leicht Kin­der zu so einer Lebens­wei­se bekeh­ren wol­len.“ Oder ein neu­er Ansatz: „Dass sie Kin­der berührt oder ange­fasst haben, was für mich per­sön­lich nicht okay ist.“ Das ist der Punkt, an dem der Rich­ter meint: „So eine extre­me Distanz zum Pos­ting höre ich da nicht her­aus.“ Doch, doch, er habe nur ver­sucht zu erklä­ren, was ihm durch den Kopf ging. (kleinezeitung.at, 20.10.23)

Ansfelden/OÖ: Brauner Tierquäler ein Sympathisant von „Combat 18”

Bei dem 45-jäh­ri­gen Ans­feld­ner Tho­mas W. wur­den im Zuge einer Haus­durch­su­chung Anfang Sep­tem­ber neben Waf­fen, Dro­gen und NS-Devo­tio­na­li­en über 40 Hun­de gefun­den, die W. unter qual­vol­len Bedin­gun­gen gehal­ten hat­te. Dass der Mann ein­schlä­gig amts­be­kannt war, wuss­ten wir bereits: „Der mut­maß­li­che Tier­quä­ler soll bereits 2019 wegen einer Täto­wie­rung nach dem Ver­bots­ge­setz ver­ur­teilt wor­den sein, schrei­ben die ‚Ober­ös­ter­rei­chi­schen Nach­rich­ten‘ (4.9.23). Gegen ihn bestand daher ein auf­rech­tes Waf­fen­ver­bot.“ (stopptdierechten.at, 4.9.23)

Dass es sich bei dem Mann aber um einen hart­ge­sot­te­nen Neo­na­zi han­deln dürf­te, hat letz­te Woche die „Kro­nen Zei­tung“ kon­kre­ti­siert und zudem ein ande­res Datum als die OÖN für die ers­te Ver­ur­tei­lung genannt:

Der Ver­däch­ti­ge hat eine rechts­ra­di­ka­le Ver­gan­gen­heit. Er war am 18. Juni 2020 rechts­kräf­tig nach dem Ver­bots­ge­setz zu zwei Jah­ren beding­ter Haft (mit einer drei­jäh­ri­gen Bewäh­rungs­frist) ver­ur­teilt wor­den. Sei­nen Kör­per zier­ten unter ande­rem Tat­toos der rechts­ter­ro­ris­ti­schen Unter­grund­be­we­gung „Com­bat 18“, SS-Paro­len, das Geburts­da­tum von Hein­rich Himm­ler sowie ein­schlä­gi­ge Sym­bo­le. Vor der Rich­te­rin soll er die Taten des KZ-Arz­tes Josef Men­ge­le ver­tei­digt haben. (krone.at, 19.10.23)

„Stoppt die Rech­ten“ hat 2020 über den in der „Kro­nen Zei­tung” erwähn­ten Pro­zess, bei dem W. zwei Jah­re bedingt erhal­ten hat­te, berich­tet: Ein­schlä­gi­ge Tat­toos des Man­nes waren Besucher*innen des March­tren­ker Stadt­fes­tes 2019 auf­ge­fal­len, wo er als Ord­ner für eine Secu­ri­ty-Fir­ma tätig war. Den Namen der neo­na­zis­ti­schen Ter­ror­or­ga­ni­sa­ti­on „Com­bat 18“, dem bewaff­ne­ten Arm von „Blood & Honour”, hat­te er groß am Unter­arm täto­wiert – dazu am Kör­per ver­streut das Geburts­da­tum Hein­rich Himm­lers, SS-Paro­len und ein­schlä­gi­ge Emble­me. In der Ver­hand­lung hat­te W. Sym­pa­thien für den KZ-Arzt und Mas­sen­mör­der Josef Men­ge­le erken­nen lassen.

Dass W. als Secu­ri­ty-Mit­ar­bei­ter tätig war, über­rrascht nicht, zumal bekannt ist, dass die­se Spar­te stark rechts­extrem unter­wan­dert ist. Bei Tho­mas W. wur­den neben den ver­wahr­los­ten Tie­ren auch Waf­fen und Spreng­stoff sicher gestellt. Es fragt sich daher, ob er zum mili­tan­ten Neo­na­zis­mus auch Bezie­hun­gen pfleg­te. W. sitzt seit Sep­tem­ber in Unter­su­chungs­haft, die in der letz­ten Woche wegen Tat­be­ge­hungs­ge­fahr um zwei Mona­te ver­län­gert wurde.

Salzburg: Reichskriegsflagge bei den Gothen

Die deut­sche Fah­ne und die Reichs­kriegs­flag­ge zie­ren einen Ver­an­stal­tungs­raum der Salz­bur­ger Bur­schen­schaft „Gothia“, die auf Insta­gram über einen musi­ka­li­schen Abend mit dem „Ver­bands­bru­der Ammer“ berichtet.

Der Info­ti­cker Pas­sau fragt auf Twit­ter:

Na ob es sich da um den völ­ki­schen Bar­den und Bur­schen­schaf­ter der extrem rech­ten Mar­ko­man­nia Wien zu #Pas­sau, Linus Ammer, handelt?
Der, der in sei­nem völ­ki­schen Ver­lag in #Meng­kofen ua ” Lie­der, die mit Lau­te & Gesang zurück in die Krie­ger- und Hel­den­zeit ver­set­zen” vertreibt?

Zu Linus Ammer schreibt ein deut­scher Korporierten-Watchblog:

Der Regens­bur­ger Mar­ko­man­ne der letz­ten Akti­vi­tas-Gene­ra­ti­on ist bzw. war Linus Ammer. Der aus Meng­kofen stam­men­de Stu­dent der Vor- und Früh­ge­schich­te an der Uni­ver­si­tät Regens­burg, der um Anfang 2019 in die Mar­ko­man­nia ein­trat, soll Ende 2021 nach Abschluss sei­nes Stu­di­ums nach Öster­reich ver­zo­gen und dort berufs­tä­tig sein. Der Mar­ko­man­nia blieb er aller­dings erhal­ten. Ideo­lo­gisch dürf­te Ammer wei­ter­hin voll auf Linie sei­ner völ­kisch-natio­na­lis­ti­schen Ver­bin­dung lie­gen. Im Herbst 2021 publi­zier­te Ammer mut­maß­lich sei­ne Bache­lor­ar­beit „Urvolk, Urhei­mat, Ursit­ten. Die Her­kunft der Indo­ger­ma­nen und Ger­ma­nen – Band 2“ beim „Ver­lag für Früh­ge­schich­te“. Die­ser ist der an der glei­chen Adres­se gemel­det ist wie der Bücher­ver­sand des Neo­na­zis San­ny Kujath. Auch im Shop des extrem rech­ten Com­pact-Maga­zins wird das Buch ange­bo­ten. Wei­ter­hin ver­öf­fent­licht Ammer unter sei­nem Namen schwüls­ti­ge, an die Roman­tik ange­lehn­te Gedich­te von Volk, Hei­mat, Ahnen und Krieg auf ideo­lo­gisch ein­schlä­gi­gen Platt­for­men für deut­sches Volks- bzw Brauch­tum. (verbindungenkappen.wordpress.com, 1.7.22)