Security-Mitarbeiter (Teil 1): Recht extrem

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Die Recher­che Graz war schnel­ler als wir und hat einen Gra­zer Rechts­extre­men als Secu­ri­ty-Mit­ar­bei­ter ent­tarnt. Schon als Tho­mas C. als Secu­ri­ty-Mit­ar­bei­ter im Par­la­ment und Rechts­extre­mer geoutet wur­de, woll­ten wir Medi­en über wei­te­re Rechts­extre­me als Secu­ri­ty-Mit­ar­bei­ter infor­mie­ren. Kein Inter­es­se! Dar­auf­hin woll­ten wir ganz gründ­lich sein, wei­te­res Mate­ri­al sam­meln und auch den Moti­ven nach­ge­hen: War­um wer­den Rechts­extre­me und Neo­na­zis so ger­ne Secu­ri­ty-Mit­ar­bei­ter? Da kam uns das Anti­fa­schis­ti­sche Info­Blatt (AIB) mit sei­nem Schwer­punkt in der Nr. 121 zuvor. Wir arbei­ten nun nach!

Die ima­gi­nier­ten Bedro­hun­gen durch einen bevor­ste­hen­den „Volks­tod“, die Repres­si­on eines „links­grün­ver­siff­ten Staa­tes“ und die Denun­zia­ti­on durch ver­meint­lich kon­trol­lier­te Medi­en gehö­ren – so das AIB in sei­nem Bei­trag „Sicher­heit als Dis­kurs- und Akti­ons­feld von Ras­sis­tIn­nen und Neo­na­zis“ – zwar schon „seit eh und je zum extrem rech­ten Reper­toire“, haben aber in den letz­ten Jah­ren Hoch­kon­junk­tur. Rei­chen Angst, Abwehr und Unsi­cher­heit der Rechts­extre­men aber schon aus, um deren Affi­ni­tät, ihren Drang zum Sicher­heits­ge­wer­be zu erklä­ren? Die Flucht in auto­ri­tä­re Struk­tu­ren und Vor­stel­lun­gen als reak­tio­nä­re Ant­wort auf die mas­si­ve Dere­gu­lie­rung, Fle­xi­bi­li­sie­rung und Frag­men­tie­rung durch den Kapi­ta­lis­mus bringt nicht nur ein unbe­stimm­tes, aber bestim­men­des Bedürf­nis nach Sicher­heit her­vor, son­dern auch rück­wärts gewand­te Dys­to­pien von gesell­schaft­li­cher Ord­nung, inklu­si­ve Geschlecht­er­ord­nung. Kein Zufall daher, dass gera­de Rechts­extre­me, Neo­na­zis und Bur­schen­schaf­ter im Secu­ri­ty-Gewer­be häu­fig anzu­tref­fen sind. Neben ihrer psy­chi­schen Dis­po­si­ti­on spielt häu­fig auch der Umstand eine Rol­le, dass ihnen bis­her ande­re gewünsch­te Berufs­zwei­ge ver­schlos­sen blie­ben. Das ändert sich gera­de in Öster­reich. Das Innen­mi­nis­te­ri­um unter FPÖ-Kickl macht nicht zufäl­lig Rekru­tie­rungs­in­se­ra­te für die Poli­zei in rechts­extre­men Publi­ka­tio­nen.

Die Tages­stim­me — Polizeiinserat

Es gilt jeden­falls auch, was das „AIB“ für das pri­va­te Sicher­heits­ge­wer­be festhält:

Neo­na­zis kön­nen im Sicher­heits­ge­wer­be viel­fäl­tig Ein­fluss neh­men, dabei Geld ver­die­nen, Fähig­kei­ten erler­nen und sich in sicher­heits­tech­ni­scher Hin­sicht pro­fes­sio­na­li­sie­ren. Als Wach­per­so­nal in Unter­künf­ten für Geflüch­te­te, als Fahr­kar­ten­kon­trol­leu­re oder an Club­tü­ren kön­nen sie ras­sis­tisch agie­ren und die von Ras­sis­mus Betrof­fe­nen drang­sa­lie­ren und schi­ka­nie­ren. (…) Macht und Gewalt kön­nen in Über­ein­stim­mung mit ihrer Ideo­lo­gie, aber nicht not­wen­di­ger Wei­se abhän­gig davon aus­ge­übt wer­den.

Antifaschistisches Infoblatt 121: Rechte Security (https://www.antifainfoblatt.de/ausgabe/aib-121)

Anti­fa­schis­ti­sches Info­blatt 121: Rech­te Secu­ri­ty (https://www.antifainfoblatt.de/ausgabe/aib-121)

Was und wie das im ein­zel­nen abläuft, kann etwa im „Ras­sis­mus-Report“ von ZARA nach­ge­le­sen wer­den. In fak­tisch allen Berich­ten der letz­ten Jah­re fin­den sich Bei­spie­le – das hef­tigs­te im Report für das Jahr 2017 ist der Vor­fall Nr. 62. Hier wird der ras­sis­ti­sche Über­griff bzw. die Kör­per­ver­let­zung an einem Gast durch Secu­ri­ty-Mit­ar­bei­ter in einem Wie­ner Lokal geschil­dert. Herr F., der aus Gam­bia ist, wird der Zutritt zunächst mit der Begrün­dung ver­wei­gert, dass er „bestimmt kein Geld habe, um etwas zu kon­su­mie­ren“. Wir kür­zen mas­siv ab und beschrän­ken die Wie­der­ga­be auf den Hauptakt:

Plötz­lich kommt ein ande­rer Secu­ri­ty-Mit­ar­bei­ter auf Herrn F. zu, fragt ihn, was er von sei­nem Bru­der (dem ers­ten Tür­ste­her) wol­le, und stößt ihn gegen die Bar. Unmit­tel­bar danach kommt der ers­te Secu­ri­ty-Mit­ar­bei­ter von hin­ten und bei­de Secu­ri­ty-Mit­ar­bei­ter ver­su­chen Herrn F. zu Boden zu stür­zen, was ihnen auch gelingt. 

Sie zie­hen Herrn F. an Ruck­sack und Jacke am Boden bis hin­aus vor das Lokal, wodurch Herr F. meh­re­re Schürf­wun­den erlei­det. Einer der bei­den Secu­ri­ty-Mit­ar­bei­ter würgt Herrn F. mit sei­nen Armen von hin­ten, als die­ser am Boden kniet, der ande­re schlägt ihm mehr­mals ins Gesicht. Der Bar­kee­per mischt sich wie­der ein, for­dert die Tür­ste­her auf, Herrn F. in Ruhe zu las­sen und ver­stän­digt die Poli­zei. Auch ande­re Gäs­te des Lokals bemer­ken den Vor­fall und drei jun­ge Frau­en rufen eben­falls, dass sie von Herrn F. ablas­sen sol­len. Herr F. kann sich nicht weh­ren und kaum atmen. Als Herr F. bei einem Schlag ins Gesicht den Fin­ger einer der Secu­ri­ty-Mit­ar­bei­ter in den Mund bekommt, beißt er zu, da er sich nicht anders zu hel­fen weiß. 

Herr F. erlei­det durch die ihm zuge­füg­ten Schlä­ge schmerz­haf­te Ver­let­zun­gen an einem Zahn, am Knie und im Gesicht. Als die Poli­zei ein­trifft, unter­sucht sie Herrn F. auf Dro­gen­be­sitz und ille­gal erwor­be­nes Geld. Nichts davon fin­det sie bei ihm. Trotz­dem emp­feh­len die Beamt*innen Herrn F., die­ses Lokal nicht mehr auf­zu­su­chen, da hier „vie­le Schwar­ze Dro­gen ver­kau­fen“ wür­den. Abge­se­hen davon, dass für Herrn F. nicht nach­voll­zieh­bar ist, war­um gera­de er in Ver­bin­dung mit Dro­gen­ge­schäf­ten gebracht wird, obwohl er gera­de mas­siv miss­han­delt wur­de, ist ihm das Lokal bereits bekannt. . Er hat es in der Ver­gan­gen­heit wie­der­holt und pro­blem­los besucht.

Die Über­grif­fe der bei­den Secu­ri­ty-Mit­ar­bei­ter waren ein­deu­tig ras­sis­tisch moti­viert. Ob sie von rechts­extre­men Secu­ri­ties began­gen wur­den, bleibt unklar, ist aber durch­aus wahrscheinlich.

Sicher ist hin­ge­gen, dass der in der Vor­wo­che in der Beru­fungs­ver­hand­lung zu 15 Mona­ten unbe­ding­ter Haft wegen Wie­der­be­tä­ti­gung ver­ur­teil­te Vor­arl­ber­ger trotz zahl­rei­cher Vor­stra­fen (haupt­säch­lich Kör­per­ver­let­zung, aber auch Wie­der­be­tä­ti­gung) nach eige­nen Anga­ben bis zuletzt auch als Secu­ri­ty-Mit­ar­bei­ter tätig war.

hier zu Secu­ri­ty-Mit­ar­bei­ter (Teil 2): Wie­der­be­tä­ti­gung, Kör­per­ver­let­zung und Nöti­gung möglich?
hier zu Secu­ri­ty-Mit­ar­bei­ter (Teil 3): Der rech­te Waf­fen­narr und der Mord