Die imaginierten Bedrohungen durch einen bevorstehenden „Volkstod“, die Repression eines „linksgrünversifften Staates“ und die Denunziation durch vermeintlich kontrollierte Medien gehören – so das AIB in seinem Beitrag „Sicherheit als Diskurs- und Aktionsfeld von RassistInnen und Neonazis“ – zwar schon „seit eh und je zum extrem rechten Repertoire“, haben aber in den letzten Jahren Hochkonjunktur. Reichen Angst, Abwehr und Unsicherheit der Rechtsextremen aber schon aus, um deren Affinität, ihren Drang zum Sicherheitsgewerbe zu erklären? Die Flucht in autoritäre Strukturen und Vorstellungen als reaktionäre Antwort auf die massive Deregulierung, Flexibilisierung und Fragmentierung durch den Kapitalismus bringt nicht nur ein unbestimmtes, aber bestimmendes Bedürfnis nach Sicherheit hervor, sondern auch rückwärts gewandte Dystopien von gesellschaftlicher Ordnung, inklusive Geschlechterordnung. Kein Zufall daher, dass gerade Rechtsextreme, Neonazis und Burschenschafter im Security-Gewerbe häufig anzutreffen sind. Neben ihrer psychischen Disposition spielt häufig auch der Umstand eine Rolle, dass ihnen bisher andere gewünschte Berufszweige verschlossen blieben. Das ändert sich gerade in Österreich. Das Innenministerium unter FPÖ-Kickl macht nicht zufällig Rekrutierungsinserate für die Polizei in rechtsextremen Publikationen.
Es gilt jedenfalls auch, was das „AIB“ für das private Sicherheitsgewerbe festhält:
Neonazis können im Sicherheitsgewerbe vielfältig Einfluss nehmen, dabei Geld verdienen, Fähigkeiten erlernen und sich in sicherheitstechnischer Hinsicht professionalisieren. Als Wachpersonal in Unterkünften für Geflüchtete, als Fahrkartenkontrolleure oder an Clubtüren können sie rassistisch agieren und die von Rassismus Betroffenen drangsalieren und schikanieren. (…) Macht und Gewalt können in Übereinstimmung mit ihrer Ideologie, aber nicht notwendiger Weise abhängig davon ausgeübt werden.
Was und wie das im einzelnen abläuft, kann etwa im „Rassismus-Report“ von ZARA nachgelesen werden. In faktisch allen Berichten der letzten Jahre finden sich Beispiele – das heftigste im Report für das Jahr 2017 ist der Vorfall Nr. 62. Hier wird der rassistische Übergriff bzw. die Körperverletzung an einem Gast durch Security-Mitarbeiter in einem Wiener Lokal geschildert. Herr F., der aus Gambia ist, wird der Zutritt zunächst mit der Begründung verweigert, dass er „bestimmt kein Geld habe, um etwas zu konsumieren“. Wir kürzen massiv ab und beschränken die Wiedergabe auf den Hauptakt:
Plötzlich kommt ein anderer Security-Mitarbeiter auf Herrn F. zu, fragt ihn, was er von seinem Bruder (dem ersten Türsteher) wolle, und stößt ihn gegen die Bar. Unmittelbar danach kommt der erste Security-Mitarbeiter von hinten und beide Security-Mitarbeiter versuchen Herrn F. zu Boden zu stürzen, was ihnen auch gelingt.
Sie ziehen Herrn F. an Rucksack und Jacke am Boden bis hinaus vor das Lokal, wodurch Herr F. mehrere Schürfwunden erleidet. Einer der beiden Security-Mitarbeiter würgt Herrn F. mit seinen Armen von hinten, als dieser am Boden kniet, der andere schlägt ihm mehrmals ins Gesicht. Der Barkeeper mischt sich wieder ein, fordert die Türsteher auf, Herrn F. in Ruhe zu lassen und verständigt die Polizei. Auch andere Gäste des Lokals bemerken den Vorfall und drei junge Frauen rufen ebenfalls, dass sie von Herrn F. ablassen sollen. Herr F. kann sich nicht wehren und kaum atmen. Als Herr F. bei einem Schlag ins Gesicht den Finger einer der Security-Mitarbeiter in den Mund bekommt, beißt er zu, da er sich nicht anders zu helfen weiß.
Herr F. erleidet durch die ihm zugefügten Schläge schmerzhafte Verletzungen an einem Zahn, am Knie und im Gesicht. Als die Polizei eintrifft, untersucht sie Herrn F. auf Drogenbesitz und illegal erworbenes Geld. Nichts davon findet sie bei ihm. Trotzdem empfehlen die Beamt*innen Herrn F., dieses Lokal nicht mehr aufzusuchen, da hier „viele Schwarze Drogen verkaufen“ würden. Abgesehen davon, dass für Herrn F. nicht nachvollziehbar ist, warum gerade er in Verbindung mit Drogengeschäften gebracht wird, obwohl er gerade massiv misshandelt wurde, ist ihm das Lokal bereits bekannt. . Er hat es in der Vergangenheit wiederholt und problemlos besucht.
Die Übergriffe der beiden Security-Mitarbeiter waren eindeutig rassistisch motiviert. Ob sie von rechtsextremen Securities begangen wurden, bleibt unklar, ist aber durchaus wahrscheinlich.
Sicher ist hingegen, dass der in der Vorwoche in der Berufungsverhandlung zu 15 Monaten unbedingter Haft wegen Wiederbetätigung verurteilte Vorarlberger trotz zahlreicher Vorstrafen (hauptsächlich Körperverletzung, aber auch Wiederbetätigung) nach eigenen Angaben bis zuletzt auch als Security-Mitarbeiter tätig war.
➡️ Security-Mitarbeiter (Teil 2): Wiederbetätigung, Körperverletzung und Nötigung möglich?
➡️ Security-Mitarbeiter (Teil 3): Der rechte Waffennarr und der Mord