Security-Mitarbeiter (Teil 2): Wiederbetätigung, Körperverletzung und Nötigung möglich?

Im Juni 2011 musste sich der Bre­gen­z­er S.H. (damals 20) vor dem Lan­des­gericht Feld­kirch zum ersten Mal wegen Wieder­betä­ti­gung und schw­er­er Nöti­gung ver­ant­worten und wurde zu 18 Monat­en Haft, davon sechs unbe­d­ingt, verurteilt. Im Juli 2018 stand er neuer­lich vor dem Lan­des­gericht Feld­kirch wegen Wieder­betä­ti­gung. Wieder eine Verurteilung, die vom Beru­fungs­gericht in Inns­bruck von 18 Monat­en unbe­d­ingt auf 15 reduziert wurde. Das Beson­dere: S.H. ist nach eige­nen Angaben Security-Mitarbeiter.

Als sich S.H. (mit­tler­weile 27) im Vor­jahr wegen Wieder­betä­ti­gung und ille­galem Waf­fenbe­sitz ver­ant­worten musste, gab er an, dass er die gefun­de­nen Waf­fen (Stahlrute, Wurfmess­er, Muni­tion und Schlag­stock) für seinen Job benötige: „Das brauchte ich in meinem Job als Secu­ri­ty“, erk­lärte er dem Gericht laut „Vorarl­berg­er Nachricht­en“ (VN, 13.7.18 bzw. vol.at, 12.7.18). Das ver­wun­dert doch einiger­maßen, schließlich war gegen ihn ein Waf­fen­ver­bot aus­ge­sprochen wor­den. Der Artikel in den „VN‘“ lässt offen, ob da vom Gericht ver­wun­dert nachge­fragt wurde, wie ein wegen Wieder­betä­ti­gung, schw­er­er Nöti­gung und diversen anderen Delik­ten Verurteil­ter über­haupt zu einem Job als Secu­ri­ty-Mitar­beit­er kom­men kann.

Dass S.H. als Secu­ri­ty gear­beit­et hat, geht nicht nur aus sein­er Aus­sage vor Gericht, son­dern auch aus seinem Face­book-Kon­to her­vor. Dort nen­nt er stolz seine Secu­ri­ty-Fir­ma. Seine Time­line ver­rät auch, dass der Chef dieser Secu­ri­ty-Fir­ma mit ihm in Kon­takt ste­ht. Über seine poli­tis­che Ein­stel­lung ist über Face­book nicht viel mehr zu erfahren als „Bet­ter dead than red“ und „Hunt.Fight.Kill“. Aha – passend für einen Security-Mitarbeiter?

S.H. "Better dead than red" (Screenshot Facebook)

S.H. „Bet­ter dead than red” (Screen­shot Facebook)

Deut­lich mehr über S.H. erfährt man, wenn man die Prozess­berichte liest. Im April 2010 hat­te er am Bahn­hof Rieden­burg in Bre­genz Jugendliche aus Ein­wan­der­erfam­i­lien zum Hit­ler­gruß genötigt, sie bedro­ht. „Mach es, oder du wirst ster­ben“, dro­hte er, nach­dem er zuvor die vier Burschen, die zwis­chen 14 und 15 Jahre alt waren, ras­sis­tisch angepö­belt hat­te. Einen der Schüler fuhr er an: „Du stehst nicht gegen einen Öster­re­ich­er auf!“ Im Zuge der – bei Ver­dacht der Wieder­betä­ti­gung üblichen – Nach­schau wurde auf seinem Lap­top ein­schlägiges Liedgut wie „Adolf Hitler unser Führer“ und „Das Reich kommt wieder“ ent­deckt. In der Hauptver­hand­lung im Juni 2011 wollte S.H. ein „Black­out“ wegen stark­er Alko­holisierung gel­tend machen, blitzte damit aber bei den Geschwore­nen ab. Weil man bei ihm auch eine Waffe fand, wurde über ihn jenes Waf­fen­ver­bot aus­ge­sprochen, an das er sich bei der Ver­hand­lung sieben Jahre später gar nicht mehr erin­nern wollte. S.H. hat­te schon 2011 Vorstrafen auf dem Buck­el, die aber nicht NS-Wieder­betä­ti­gung betrafen. Das Urteil damals: 18 Monate, davon 6 unbe­d­ingt. (Kro­ne, 28.6.11 ) Wie wird man danach Security-Mitarbeiter?

S.H. in Protzposition mit Pistole (Screenshot Facebook)

S.H. in Protz­po­si­tion mit Pis­tole (Screen­shot Facebook)

Sieben Jahre später – im Juli 2018 – ste­ht S.H. neuer­lich wegen Wieder­betä­ti­gung und ille­galem Waf­fenbe­sitz vor Gericht. Die Medi­en erwäh­nen weit­ere Vorstrafen („reich­lich Kör­per­ver­let­zun­gen sowie andere Delik­te“). Was genau der Anlass für die neuen Ermit­tlun­gen war, wird nicht so recht klar. Jeden­falls spielt wieder sein Lap­top eine Rolle – und der Alko­hol, der ihn ange­blich im Suff dazu gebracht hat, den Lap­top mit „SS“, „88“, „C 18“ und ein­er Triskele verziert und öffentlich zur Schau gestellt zu haben. Da wird ver­mut­lich schon mehr zu den Ermit­tlun­gen und der Anklage geführt haben, aber „ver­w­ert­bar“ im Sinne der Anklage waren eben diese Punkte.

Ob S.H. bloß eine ideelle Beziehung zu „C 18“ hat? Seine Vor­lieben auf Face­book zeigen eine starke Ten­denz in Rich­tung Prep­per, Bushcrafter, Kampf­s­port und nordis­chen Klim­bim (z.B. „Sieg oder Wal­hal­la – Komme was wolle“ oder ‚“Wodan Secu­ri­ty“). Natür­lich auch FPÖ und Pegida.

Die Geschwore­nen glauben S.H. auch 2018 seine Ausrede mit dem Suff nicht. Es set­zt dies­mal wieder 18 Monate, aber alle davon unbe­d­ingt. Auf die Frage, welche Rolle Hitler in seinem Leben spiele, hat­te der Angeklagte geant­wortet, er sei mit ihm nicht ver­wandt (Neue Vorarl­berg­er Tageszeitung, 13.7.2018). S.H. meldet Beru­fung und Nichtigkeits­beschw­erde gegen das Urteil an, was ihm beim Ober­lan­des­gericht Inns­bruck in der Vor­woche eine – unver­ständliche – Strafre­duk­tion auf 15 Monate bringt.

Noch unver­ständlich­er ist allerd­ings, wie es möglich war, dass S.H. in den let­zten 10 Jahren im Secu­ri­ty-Bere­ich tätig gewe­sen ist. Die Ein­stiegss­chwelle in die Sicher­heits­branche ist sehr niedrig – ein Leu­mund­szeug­nis. Wie aber schafft ein verurteil­ter Neon­azi mit Vorstrafen wie Kör­per­ver­let­zung, schwere Nöti­gung, Dieb­stahl usw. diese Hürde? Eine span­nende Frage, die wir gerne weit­ergeben. Einen kleinen Trost gibt es: Für unge­fähr ein Jahr fällt S.H. nun als Secu­ri­ty ganz sich­er aus.

hier zu Secu­ri­ty-Mitar­beit­er (Teil 1): Recht extrem
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