Neonazi-Prozesse: Eine Verurteilung & eine Vertagung

Der Prozess gegen den NVP-Vor­sitzen­den Hay­er in Wiener Neustadt wurde auf unbes­timmte Zeit vertagt, um weit­ere Zeu­gen zu laden. Das Lan­des­gericht in Feld­kirch kam hinge­gen zu einem Urteil der Geschwore­nen gegen den 20-jähri­gen Vorarlberger.

Feld­kirch: Angeklagter mit „Black­out”

Wieder ein Angeklagter, der sich an fast nichts erin­nern kann. Betrunk­en sei er gewe­sen, recht­fer­tigte sich der junge Vorarl­berg­er und deshalb sei er sich auch kein­er Schuld bewusst. Das sahen die Geschwore­nen anders und verurteil­ten ihn zu 18 Monat­en Haft, davon sechs Monate unbedingt.

Der Betrunk­ene hat­te beim Bahn­hof Rieden­burg in Bre­genz eine Schü­ler­gruppe angepö­belt. Er forderte die vier Burschen zwis­chen 14 und 15 Jahren auf, den Hit­ler­gruß zu zeigen und demon­stri­erte ihn gle­ich mehrmals vor. Als ein­er der Burschen auf­ste­hen wollte, ging der 20-Jährige auf Kör­perkon­takt und herrschte ihn an: „Du stehst nicht gegen einen Öster­re­ich­er auf.” Auf dem Lap­top des Neon­azi wurde umfan­gre­ich­es nazis­tis­ches Liedgut mit Titeln wie „Hack­enkreuz“ [sic!], „Adolf Hitler unser Führer“ bzw. „Das Reich kommt wieder“ gefun­den. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Wiener Neustadt: Extrem in Rich­tung Nationalsozialismus

Der zweite Ver­hand­lungstag im Prozess gegen Chris­t­ian Hay­er von der NVP brachte zunächst die Aus­sagen von zwei Zeu­gen, die am ersten Ver­hand­lungstag nicht erschienen waren. Die bei­den Zeu­gen kon­nten sich im Detail nicht mehr an die Unter­hal­tun­gen bei den Stammtis­chtr­e­f­fen erin­nern, bestätigten aber die vor der Polizei gemacht­en belas­ten­den Aus­sagen. Der eine, ein ehe­ma­liges NVP-Mit­glied, nahm regelmäßig an den Stammtis­chen teil, war aber zur Garten­par­ty an Hitlers Geburt­stag nicht erschienen, weil ihm klar war, was da gefeiert wer­den sollte und er sich davon dis­tanzieren wollte. Dem Beruf­s­sol­dat­en war das Ganze zu „extrem in Rich­tung Nation­al­sozial­is­mus“ gewor­den. „Heil Hitler” und dass „Mau­thausen wieder aufges­per­rt“ wer­den solle, habe er jeden­falls gehört. Der Angeklagte warf ein, dass „laut Regel­w­erk“ Holo­caust und Zweit­er Weltkrieg kein The­ma bei den Stammtis­chen gewe­sen sei.

Aufhorchen ließ die Befra­gung des zweit­en Zeu­gen durch den Staat­san­waltschaft, der sich nach ein­er offen­bar geheimen Struk­tur, dem „Freiko­rps“ erkundigte. Ein Beamter des Lan­desamtes für Ver­fas­sungss­chutz (LVT) NÖ gab dann Auskun­ft über die Date­nauswer­tung, die auf Hay­ers Lap­top und PC vorgenom­men wurde. Dabei waren Dateien mit NS-Bezug und Pro­pa­gan­dazeitschriften gefun­den worden.

Die Befra­gung von zwei Zeu­gen der Vertei­di­gung ergab, dass die gar nichts gehört und gese­hen hat­ten, was in Rich­tung Wieder­betä­ti­gung ging, nicht ein­mal aus­län­der­feindliche Bemerkun­gen. Allerd­ings hat­ten die bei­den seit 2008 ange­blich auch keinen Kon­takt mehr zu Hay­er. Die Vertei­di­gung beantragte daraufhin die Ladung weit­er­er Zeu­gen, darunter Pächter bzw. Eigen­tümer jen­er Lokale in Wiener Neustadt und Neunkirchen, wo die Stammtis­che stattge­fun­den hat­ten. Ergeb­nis: Vertagung.