Ried/OÖ: Verurteilt wegen Hakenkreuzen auf den Knien
Mattersburg-Eisenstadt/B: Verurteilt wegen NS-Tattoos und WhatsApp-Bild
Wien: Hitler-Tachometer am 20. April
Wien: Ermittlungen gegen rechtsextremen „Akademikerball“-Veranstalter eingestellt
Graz: Anonyme Anzeige wegen Korruption gegen FPÖler
Klagenfurt: Mutmaßlich schwerer Betrug durch Ex-FPÖ- und BZÖ-Politiker
Deutschland: Geglückte antifaschistische Aktion
Ried/OÖ: Verurteilt wegen Hakenkreuzen auf den Knien
Ein 26-jähriger Mann wurde in einem Wiederbetätigungsverfahren von einem Geschworenengericht in Ried zu einem Jahr Haft auf Bewährung verurteilt, weil er Hakenkreuze auf den Knien tätowiert hat. Der georgische Asylwerber nahm das Urteil an. Er wurde bereits bei seiner Einreise im Juli auf das NS-Verbotsgesetz hingewiesen und auch angezeigt, das Verfahren wurde aber eingestellt. Die Staatsanwaltschaft hingegen gab an, eine Berufung in Erwägung zu ziehen. (krone.at, 11.10.23)
Mattersburg-Eisenstadt/B: Verurteilt wegen NS-Tattoos und WhatsApp-Bild
Ein 38-jähriger Mann wurde von einem Schwurgericht in Mattersburg wegen NS-Wiederbetätigung verurteilt. Die Anzeige war aufgrund seines WhatsApp-Profilbildes erfolgt, wo eine Manga-Figur in SS-Uniform und mit Hakenkreuz zu sehen war. Im Zuge der Ermittlungen hatten Polizeibeamt*innen einschlägige Tattoos auf seinen Unterarmen entdeckt, darunter auch den Wahlspruch der SS („Meine Ehre heißt Treue“), den sich der Mann angeblich bereits als 17-Jähriger tätowieren hatte lassen. Das rechtskräftige Urteil lautet 20 Monate Haft auf Bewährung, dazu eine Geldstrafe von 960 Euro und die Weisung, die Tattoos unkenntlich zu machen. Außerdem wurde Bewährungshilfe verordnet. (bvz.at, 13.10.23)
Wien: Hitler-Tachometer am 20. April
Das Handy von Wolfgang L. war ergiebig: Zuerst einmal hat es ihm selbst eine Verurteilung nach dem Verbotsgesetz ein‑, dann aber auch jede Menge Chatpartner vor Gericht gebracht. Nicht alle hatten das Glück des Teutonen B.M., der als praktizierender Rechtsanwalt trotz seiner widerlichen Nachrichten mit einem freundlichen Freispruch davongekommen ist.
Der 57-jährige Frühpensionist Manfred H. verstand seine Nachrichten an L. und an Verwandte als Ausdruck schwarzen Humors; er fände sie noch immer lustig. Etwa ein Bild mit einem Tachometer, auf dem Hitlers Arm den Zeiger darstellt und dazu die Textzeile: „Ein neuer Tacho, seitdem fahr ich nur mehr 40 (km/h)“, wobei der Arm zum Hitlergruß gereckt ist. Das hatte H. am 20.4.2020 u.a. an L. verschickt – vom symbolträchtigen Datum, Hitlers Geburtstag, wollte der Angeklagte nichts gewusst haben.
Diese Verteidigungsstrategie hat ihm am 11.10. vor dem Wiener Landesgericht vermutlich nicht sehr geholfen. Die Verurteilung – ein Jahr bedingt – kam H. jedoch in gewisser Weise entgegen. Sie werden ihn in seiner Ansicht, dass alle „Eliten“ gegen ihn und seine Ansichten gerichtet seien und er in einer „Meinungsdiktatur“ lebe, wohl bestätigt haben. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
Danke an prozess.report für Beobachtung und Bericht!
Wien: Ermittlungen gegen rechtsextremen „Akademikerball“-Veranstalter eingestellt
Die Staatsanwaltschaft hat ihre Ermittlungen gegen den „Akademikerball“-Organisator und Wiener FPÖ-Landtagsabgeordneten Udo Guggenbichler eingestellt, da sich der Verdacht auf NS-Wiederbetätigung nicht erhärtet habe. Aussagen von zwei Zeuginnen hatten Guggenbichler und die Burschenschaft Albia Wien, bei der er „alter Herr“ ist, im Mai 2023 schwer belastet:
Fotos von uniformierten Nazis mit NS-Symbolen im Kaminzimmer, Erzählungen über einen „alten Nazi“, der heimlich auf dem Dachboden lebe und sich so der Strafverfolgung entziehe, sowie ein Buch mit Hakenkreuz auf dem Einband: So schilderte eine Frau ihre Erlebnisse bei der Burschenschaft Albia, die sie mit dem FPÖ-Politiker Udo Guggenbichler besucht habe. (…)
Guggenbichler habe ihr auch erzählt, dass in der Burschenschaft geflüchtete Ukrainerinnen leben würden. „Ich bin mir nicht sicher, was mit diesen Frauen passiert“ und ob sie ausgenützt würden, gab die Frau gegenüber den Ermittlern an. (derstandard.at, 24.5.23)
Die zweite Anzeigerin war die Ex-Parlamentarierin Martha Bißmann, die privat mit Guggenbichler Bekanntschaft pflegte: „auch sie habe dort [in den Räumen der Albia, Anmerkung SdR] Fotos gesehen, auf denen Männer Jacken mit Hakenkreuzen trugen. Guggenbichler habe ihr außerdem erzählt, dass auf dem Dachboden des Hauses ein alter Mann wohnen würde, der ein ehemaliger SS-Funktionär sei.“ (ebd.)
Guggenbichler ist ein Multi-Korporierter, neben der Albia ist er noch Mitglied in drei weiteren rechtsextremen Verbindungen: in der Grazer akademischen Burschenschaft Arminia sowie in zwei pennalen Verbindungen, der technischen Verbindung Hollenburg (Ferlach) und der Schülerverbindung Gothia Meran. Zudem leitet er seit mehr als 20 Jahren den „Österreichischen Pennäler Ring“ (ÖPR). „Stoppt die Rechten“ hat die Vorwürfe vom Mai zum Anlass für eine zweiteilige Recherche genommen, in der die rechtsextremen Umtriebe im ÖPR und in der Albia aufgezeigt werden.
Graz: Anonyme Anzeige wegen Korruption gegen FPÖler
Anfang Oktober trat Walter Rauch von seinen Funktionen als stellvertretender steirischer FPÖ-Chef und als südoststeirischer Bezirksparteiobmann überraschend zurück. Nationalratsabgeordneter und Stadtrat in Radkersburg blieb er hingegen. Was zunächst den Anschein eines harmonischen Abgangs hatte, stand drei Tage später in einem ganz anderen Licht. Denn da ging eine anonyme Anzeige bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) in Wien ein, mit der Behauptung, Rauch habe aufgrund eines Misstrauensantrags abtreten müssen, der im Rahmen der Bezirksparteileitungssitzung eingebracht wurde. Anlass für den Antrag soll eine mutmaßliche Veruntreuung von Parteigeldern durch Rauch gewesen sein.
Der Misstrauensantrag sei mit vier zu sieben Stimmen gegen Rauch ausgegangen. Dieser habe nicht zurücktreten wollen, sei aber laut der Anzeige von Landesparteichef Kunasek „am Handy” aufgefordert worden, das zu akzeptieren. Danach sei für alle ein „Maulkorb” verhängt worden. Es gilt die Unschuldsvermutung. (derstandard, 10.10.23)
Rauch weist alle Anschuldigungen zurück, die Landespartei bezeichnet die Vorwürfe als „Schwachsinn“. Wir harren der Einschätzung der WKStA.
Klagenfurt: Mutmaßlich schwerer Betrug durch Ex-FPÖ- und BZÖ-Politiker
Am 23. Juni wurde am Flughafen Klagenfurt ein erst 25-jähriger Ex-FPÖ- und BZÖ-Politiker verhaftet, während er auf einen Privatjet wartete. Dem Mann wird vorgeworfen, zahlreiche unbezahlte Reisen mit derartigen Jets unternommen zu haben, wie „Stoppt die Rechten“ berichtete. Nun hat die Staatsanwaltschaft Klagenfurt ihre Ermittlungen ausgeweitet und u.a. ein Rechtshilfeansuchen an die Schweiz gestellt, wo der Mann etwa versucht haben soll, einen Luxusflug nach Südamerika zu buchen. Die Ermittler*innen gehen inzwischen von ganzen 72 Betrugsfakten und einer Gesamtschadenssumme 300.000 Euro aus, womit die drohende Höchststrafe auf bis zu zehn Jahre Haft ansteigt. (kleinezeitung.at, 11.10.23)
Der mutmaßliche Betrüger St.S. wurde wegen einer anderen Hochstapelei übrigens bereits verurteilt: „Derzeit muss der Mann eine Haftstrafe absitzen, zu der er im Juni 2022 wegen Betrugs verurteilt worden ist. Damals hat er Handys online verkauft, dafür kassiert, aber nicht geliefert. Für die Strafhaft wurde seine aktuelle Untersuchungshaft unterbrochen.“ (kleinezeitung.at)
Deutschland: Geglückte antifaschistische Aktion
In den Rückblicken von „Stoppt die Rechten“ findet sich eher selten Erfreuliches. Aber heute schon! Der Hamburger Verein „Laut gegen Nazis“ hat sich die Markenrechte für mehrere neonazistische und rechtsextreme Codes gesichert. Darunter etwa die Buchstabenkombination VTR LND, die für „Vaterland“ steht und von Szeneakteur*innen gerne als Aufdruck auf Kleidung genutzt wird. Weitere Beispiele für solche Codes, wo oftmals lediglich die Vokale weggelassen werden, sind etwa HKN KRZ (Hakenkreuz) oder HTLR (Hitler). Nun kann der Verein die entsprechenden Szene-Shops abmahnen, was auch seit vergangenem Mittwoch forciert wird:
Solche Shopbetreiber würden „demnächst eine Abmahnung in ihren Briefkästen“ vorfinden, informierte der Verein auf seiner Homepage. „Da wir jetzt die Rechte an den Codes besitzen, sorgen wir dafür, dass sie den betreffenden braunen Merch vernichten müssen“, heißt es. Sollten die Shops den Abmahnungen nicht nachkommen, gebe es die Möglichkeit, Schadenersatz für jeden verkauften Artikel zu fordern oder vor Gericht zu gehen. Mit dem Geld und mit den Spenden würde sich der Verein weitere Markenrechte sichern. (derstandard.at, 12.10.23)