Lesezeit: 6 Minuten

Rückblick KW 26/23: FPÖ, Verhetzung & 1 Neonazi

Pro­tes­te gegen Frei­heit­li­che, die sich rechts­extre­mer Wort­wahl bedie­nen, sei „falsch und ver­werf­lich“, fin­det der frei­heit­li­che Kor­neu­bur­ger Bezirks­ob­mann. Ver­mut­lich fin­det er auch die Bericht­erstat­tung dar­über schon „falsch und ver­werf­lich“. Wir ent­schul­di­gen uns des­halb („fin­gers crossed“) vor­beu­gend dafür, dass die FPÖ und ihre Able­ger so stark in die­sem Wochen­rück­blick ver­tre­ten sind. Wien-Braunau/OÖ: Kei­ne flüch­ti­ge Ker­zen­ab­stel­lung Lan­gen­zers­dorf-Kor­neu­bur­g/NÖ: Die Angeklagte […]

3. Jul 2023

Wien-Braunau/OÖ: Keine flüchtige Kerzenabstellung
Langenzersdorf-Korneuburg/NÖ: Die Angeklagte konnte es kaum fassen
Wien: Verhetzung bedeutet Waffenentzug
Wien: Ausgleichende Gerechtigkeit?
Feldkirchen-Klagenfurt‑D: Hochstapelnder BZÖ-Lokalpolitiker festgenommen
Graz: Weitere Ermittlungen gegen steirischen FPÖ-Chef
Korneuburg/NÖ: Protest gegen identitären Jungfreiheitlichen

Wien-Braunau/OÖ: Keine flüchtige Kerzenabstellung

Die Nich­tig­keits­be­schwer­de von Mar­co H. gegen den Schuld­spruch der Rie­der Geschwo­re­nen, die ihn und einen älte­ren Neo­na­zi aus Bay­ern wegen ihrer Hul­di­gungs­ze­re­mo­nie für Adolf Hit­ler vor des­sen Geburts­haus in Brau­nau wegen Wie­der­be­tä­ti­gung ver­ur­teilt hat­ten, wur­de jetzt vom Obers­ten Gerichts­hof (OGH) ver­wor­fen. War ja auch ziem­lich durch­sich­tig! Wenn zwei gestan­de­ne Neo­na­zis behaup­ten, sie hät­ten ihre Ker­zerl bei Hit­lers Geburts­haus zu des­sen Geburts­tag nur „flüch­tig abge­stellt“ – wer soll das glau­ben? Die Geschwo­re­nen nicht und der OGH auch nicht. Fast hät­ten wir die Pro­gno­se gewagt, dass damit auch das Ende der Geschäfts­füh­rer­kar­rie­re von Mar­co H. ein­ge­läu­tet ist, aber dann haben wir uns an die strah­len­de Immo-Kar­rie­re sei­nes Spon­sors erin­nert. Außer­dem: Mar­cos Beru­fung gegen die Höhe der Haft­stra­fe (3 Jah­re unbe­dingt) ist noch nicht entschieden.

Langenzersdorf-Korneuburg/NÖ: Die Angeklagte konnte es kaum fassen

Eine Frau aus Lan­gen­zers­dorf konn­te es kaum fas­sen, als sie den Wahr­spruch der Geschwo­re­nen ver­nom­men hat­te: Frei­spruch. Dabei scheint der Sach­ver­halt voll­kom­men klar zu gewe­sen zu sein. Die Frau hat­te sie­ben Nach­rich­ten mit NS-Inhal­ten an einen Mann ver­schickt und zeig­te sich vor Gericht gestän­dig. Ihre Erklärung:

Ihr habe der Haupt­tä­ter gefal­len, und um ihn zu beein­dru­cken, habe sie ihm die­se Posts geschickt. Das erzähl­te sie Neu­mar in einer Art, für die der Begriff reu­mü­tig erfun­den wur­de. Eine gro­ße Scham war wäh­rend der Ver­hand­lung jeder­zeit bei der Ange­klag­ten zu spü­ren. Vor allem als sie über ihre per­sön­li­chen Umstän­de sprach, und erzähl­te, dass sie ursprüng­lich pol­ni­sche Staats­bür­ge­rin war und ihr Vater jüdisch ist. Auch eine ande­re Kon­se­quenz ver­spür­te die jun­ge Frau schon im Vor­feld der Ver­hand­lung: sie wur­de von ihrem Arbeit­ge­ber auf­grund der Ankla­ge gekün­digt. (noen.at, 7.7.23)

Der Staats­an­walt zeig­te sich beein­druckt und plä­dier­te selbst für eine mil­de Stra­fe. Raus kam dann der über­ra­schen­de Freispruch.

Wien: Verhetzung bedeutet Waffenentzug

Der Ver­wal­tungs­ge­richts­hof bestä­tig­te als Höchst­ge­richt eine Ent­schei­dung, die in ers­ter Instanz die – Ach­tung! – die Lan­des­po­li­zei­di­rek­ti­on Wien getrof­fen hat­te. Die hat­te einem Wie­ner, der zuvor vom Lan­des­ge­richt Wien wegen Ver­het­zung zu einer Geld­stra­fe von 180 Tages­sät­zen ver­ur­teilt wor­den war, den Waf­fen­be­sitz unter­sagt, weil bei ihm ein pro­ble­ma­ti­sches Per­sön­lich­keits­bild erkenn­bar sei“, wie die „Pres­se“ (26.6.23, Rechts­pan­ora­ma) berichtete.

Der Wie­ner Het­zer berief dage­gen und erhielt vom Ver­wal­tungs­ge­richt Wien Recht. Gegen die­sen Ent­scheid leg­te die Wie­ner Poli­zei Amts­re­vi­si­on ein. Für den Ver­wal­tungs­ge­richts­hof war die Sache klar: Wer wegen Ver­het­zung ver­ur­teilt wird, ist waf­fen­recht­lich nicht zuver­läs­sig: „Es ste­hen somit wei­ter­hin alle Ver­ur­tei­lun­gen wegen eines Delik­tes nach dem zwan­zigs­ten Abschnitt des Straf­ge­setz­bu­ches (Straf­ba­re Hand­lun­gen gegen den öffent­li­chen Frie­den) gemäß § 8 Abs. 3 Z 1 WaffG der Annah­me der waf­fen­recht­li­chen Zuver­läs­sig­keit zwin­gend entgegen.”

Das Wie­ner Ver­wal­tungs­ge­richt muss des­halb noch ein­mal ent­schei­den, wobei das Ergeb­nis schon fest­steht: Wegen der feh­len­den waf­fen­recht­li­chen Zuver­läs­sig­keit ist der Ent­zug der Berech­ti­gung zum Waf­fen­be­sitz zwingend.

Wien: Ausgleichende Gerechtigkeit? 

Die Stadt Wien wächst und wird wohl im Ver­lauf des Jah­res 2023 zwei Mil­lio­nen Einwohner*innen errei­chen. Weil aber die Zuwäch­se seit Jah­ren aus­schließ­lich durch zuge­wan­der­te und geflüch­te­te Men­schen zustan­de kom­men, denen FPÖ und ÖVP Rech­te wie Staats­bür­ger­schaft oder Wahl­recht maxi­mal erschwe­ren, fällt Wien bei der Bürger*innenzahl hin­ter Nie­der­ös­ter­reich zurück und ver­liert des­halb einen Sitz im Bun­des­rat. Dass die­sen Sitz aus­ge­rech­net die FPÖ ver­liert, freut uns und ist wohl so etwas wie aus­glei­chen­de Gerech­tig­keit. Beson­ders freut uns, dass damit die Rei­se nach Jeru­sa­lem aus­ge­rech­net für den blau­en Rechts­aus­le­ger Johan­nes Hüb­ner zu Ende geht, der sei­nen Sitz im Natio­nal­rat 2017 nach anti­se­mi­ti­schen Äuße­run­gen mehr oder min­der (un)freiwillig auf­gab, um dann 2020 in den Bun­des­rat zurück­keh­ren zu dürfen.

Feldkirchen-Klagenfurt‑D: Hochstapelnder BZÖ-Lokalpolitiker festgenommen

Die „Klei­ne Zei­tung“ (27.6.23) rang in ihrem Bericht zu dem fest­ge­nom­me­nen Ex-Lokal­po­li­ti­ker um Fas­sung: „Die Poli­zei­mel­dung zur Fest­nah­me eines 25-jäh­ri­gen Kärnt­ners liest sich wie das Dreh­buch eines Hol­ly­wood­films. Der ehe­ma­li­ge Kom­mu­nal­po­li­ti­ker flog ohne zu bezah­len mit Pri­vat­jets durch Euro­pa.

Mit 19 Jah­ren woll­te der schon damals hoch­sta­peln­de St. S. im August 2018 mit dem BZÖ in sei­ner Hei­mat­ge­mein­de Feld­kir­chen neu star­ten, nach­dem er die FPÖ, so sei­ne Begrün­dung, wegen inter­ner Strei­te­rei­en ver­las­sen hat­te. Nach ein­ein­halb Jah­ren gab er im März 2020 die Auf­lö­sung der Orts­grup­pe wegen inter­ner Strei­te­rei­en bekannt und vert­schüss­te sich nach Deutsch­land. Seit Jän­ner 23 ermit­tel­te das Lan­des­kri­mi­nal­amt Kärn­ten wegen des Ver­dachts des schwe­ren Betrugs gegen ihn – so wie auch das Amts­ge­richt Nür­tin­gen (Baden Würt­tem­berg), das einen Euro­päi­schen Haft­be­fehl gegen den Ex-FPÖ/Ex-BZÖ-Mann erlas­sen hat­te: „Dort hat­te er Hin- und Rück­flü­ge von Stutt­gart nach Niz­za in Anspruch genom­men und eben­falls nicht dafür bezahlt. Damals sind laut Lan­des­po­li­zei­di­rek­ti­on Kärn­ten sei­ne Frau und sei­ne Stief­toch­ter mit­ge­flo­gen.“ (kleinezeitung.at)

Bei einem Kärn­ten-Besuch wur­de er wegen des Haft­be­fehls fest­ge­nom­men, dann aber wie­der auf frei­en Fuß gesetzt, weil er einen fixen Wohn­sitz in Deutsch­land nach­wei­sen konnte:

Doch der Kärnt­ner mach­te dort wei­ter, wo er auf­ge­hört hat­te: Laut Ermitt­lun­gen ist er von März bis Dezem­ber 2022 zumin­dest sie­ben­mal in ver­schie­de­ne Städ­te geflo­gen. Immer mit dem­sel­ben Trick. Außer­dem hat er acht mehr­tä­gi­ge Auf­ent­hal­te samt Ver­pfle­gung in deut­schen Hotels gebucht, ohne die Rech­nun­gen dafür zu bezah­len.(kleinezeitung.at)

Am 23.6.23 wur­de St. S. an am Flug­ha­fen Kla­gen­furt fest­ge­nom­men, als er gera­de auf sei­nen kurz zuvor gebuch­ten Pri­vat­jet-Flug nach Deutsch­land wartete.

Graz: Weitere Ermittlungen gegen steirischen FPÖ-Chef

Ein zwei­tes Mal muss­te sich der stei­ri­sche Land­tag mit einem Ersu­chen der Staats­an­walt­schaft Kla­gen­furt befas­sen, gegen den stei­ri­schen FPÖ-Chef und Klub­ob­mann Mario Kuna­sek Ermitt­lun­gen zum Umbau der Par­tei­zen­tra­le und dem Bau von Kuna­seks Eigen­heim durch den­sel­ben Archi­tek­ten“ (Der Stan­dard, 28.6.23) füh­ren zu kön­nen. Der Land­tag kam dem Ersu­chen ein­stim­mig nach.

➡️ Neue Vor­wür­fe in der Cau­sa Finanzskandal

Korneuburg/NÖ: Protest gegen identitären Jungfreiheitlichen

Die Jun­ge Gene­ra­ti­on im Bezirk Kor­neu­burg kri­ti­siert die Wort­wahl von FPÖ-Jugend­ob­mann Eli­as Schuch scharf. Er selbst ant­wor­tet nicht auf die Kri­tik“, berich­ten die NÖN am 24.6.23. Die Kri­tik der Jun­gen Gene­ra­ti­on in der SPÖ bezieht sich auf Aus­sa­gen des frisch­ge­ba­cke­nen Bezirks­ob­manns der Frei­heit­li­chen Jugend, Eli­as Schuch, der sei­nen Amts­an­tritt im Mai die­ses Jah­res durch rechts­extre­me Paro­len vom „fort­schrei­ten­den Bevöl­ke­rungs­aus­tausch“, „zuneh­men­der Migran­ten­ge­walt“ und „kri­mi­nel­le Inva­so­ren“ bekannt­ma­chen wollte.

Schuch, der zuvor bei den Iden­ti­tä­ren aktiv war, aber schon 2022 (gemein­sam mit dem FPÖ-Gene­ral­se­kre­tär Schned­litz) sicht­bar mach­te, dass er das „White Power“-Zeichen beherrscht und damit für die FPÖ-Jugend geeig­net ist, wird aus­ge­rech­net vom Kor­neu­bur­ger FPÖ-Bezirks­ob­mann Hubert Keyl  mit dem zwin­gen­den Argu­ment ver­tei­digt: „Schuch ist kein Mit­glied der Iden­ti­tä­ren Bewe­gung, son­dern Mit­glied der Frei­heit­li­chen Jugend, wo er sehr enga­giert ist.“ Im Pro­test gegen Schuch will er „Gesin­nungs­schnüf­fe­lei“ erken­nen. Das sagt der Richtige!