Keine ganz negative Zukunft für Neonazi?
Die „Oberösterreichischen Nachrichten“ (1.2.23) weisen in ihrem Bericht über den Prozess gegen Patrick Z. wegen NS-Wiederbetätigung den Bezirk Schärding als Wohngegend aus. Auf Facebook ist er noch nicht aus Wels um- und weggzogen. Auch geistig nicht. Seine letzte Verurteilung nach dem Verbotsgesetz hat er jedenfalls noch 2015 in Wels kassiert, vermutlich auch die anderen 15 Vorstrafen. Ende Jänner stand er vor den Geschworenen in Ried, weil sich bei ihm wieder einiges angesammelt hatte:
Bei einer Hausdurchsuchung wurde im Fitnessraum des Mannes ein gerahmtes Foto von Adolf Hitler sichergestellt. Zudem habe er laut Anklage seine Tätowierungen mit SS-Runen auf dem Bauch und Oberarm öffentlich zur Schau gestellt. Auf einem Foto ist der Beschuldigte mit Symbolen der Waffen-SS zu sehen. Das Bild hat er im Sommer 2019 selbst auf Facebook gepostet. Damit nicht genug: An Bekannte soll der 39-Jährige Bilddateien mit NS-Bezug weitergeschickt haben. Unter anderem ein Bild von Hitler und dem Eingang des Konzentrationslagers Auschwitz. Der Text: „Testen macht frei.” Damit dürfte der 39-Jährige wohl auf seine ganz eigene Weise seinen Protest gegen die Corona-Maßnahmen ausgedrückt haben. (nachrichten.at)
Z. bekennt sich zwar schuldig, will aber schon seit Jahren kein Neonazi mehr sein. Seine Bewährungshelferin sieht das etwas differenzierter: „Ich glaube, er will etwas ändern (…), daher sehe ich die Zukunft nicht ganz negativ.“
Wir würden Z. dringend empfehlen, unter anderem auch seinen Facebook-Account zu ändern – nicht nur den Wohnort, sondern vor allem seine Freunde, von denen etliche in der Hardcore-Neonazi-Szene zuhause sind bzw. waren („Objekt 21“ usw.). Die Geschworenen befanden den Angeklagten in allen Fragen einstimmig für schuldig. Das Strafausmaß wurde mit 21 Monaten Haft, davon sieben unbedingt, bemessen und ist bereits rechtskräftig.

Kerzen für Adolf
Damit zum nächsten Prozess, der größere Aufmerksamkeit erregt hat. Am 6. Februar standen zwei Neonazis vor dem Rieder Landesgericht, die gemeinsam schon einige Jahre Haft aus einschlägigen Gründen im Gepäck haben. Wobei der Ältere, Peter Meidl, seinen altersmäßigen Vorteil (69) nur eingeschränkt umsetzen konnte, weil in Deutschland, von wo er nach Braunau gepilgert ist, die Strafen in der Regel deutlich niedriger ausfallen als in Österreich. Der Jüngere, Marco H., von Vorarlberg nach Niederösterreich migriert, arbeitet seit Jahren jedenfalls fleißig daran, den altersmäßigen Vorteil von Peter zu kompensieren. Seine Verurteilung 2016 nach dem Verbotsgesetz fiel wegen der Einschränkungen für junge Erwachsene noch milde aus. Mittlerweile ist H. zum Neonazi-Hansdampf in vielen Gassen Ostösterreichs mutiert, taucht in verschiedensten Zusammenhängen und Gegenden auf – und eben am 20. April 2022 auch in Braunau am Inn.

Da pilgerten sie beide hin, der Peter aus Bayern und der Marco aus dem Osten, um sich vor Hitlers Geburtshaus für ein braunes Fanpublikum zu präsentieren. Der Jüngere durfte Kerzerl am Fensterbankerl platzieren, der Ältere konnte diesen ergreifenden Moment zum 133. Geburtstag ihres Lieblings fotografisch festhalten. Vor Gericht gab’s dann Mimimi vom H.: „Ich bekenne mich nicht schuldig, ich wollte weder Hitler noch die NS-Zeit verherrlichen und außerdem habe ich die Kerzen ja gar nicht angezündet, sondern nur hingestellt, dann bin ich auf die andere Straßenseite gewechselt.“ (nachrichten.at, 7.2.23)

Peter Meidl, der seit dem Sommer 21 nach zweieinhalb Jahren Haft wieder viel Tagesfreizeit hatte, versuchte sich in einer anderen Verteidigungsstrategie. Sein Verhältnis zu Hitler und dem Nationalsozialismus wollte er mit einer Art Suchtverhalten verständlich zu machen: „‚Früher habe ich mir fast jeden Tag im Fernsehen einen Film über Hitler angesehen.‘ Dadurch werde man quasi zu einem solchen Gedankengut hingesteuert. Fast stolz berichtete der 69-Jährige, dass er im vergangenen Sommer nicht zum Kehlsteinhaus am Obersalzberg gefahren sei.“ (nachrichten.at)
Der Pilgerfahrt nach Braunau konnte er allerdings nicht widerstehen, obwohl ihn der Jüngere vorher noch gewarnt habe: „In Österreich sind die Strafen härter als in Deutschland.“ (endstation-rechts.de, 7.2.23) Für H. war das anscheinend so etwas wie eine Mutprobe. Das hat er nun davon: drei Jahre unbedingt. Auch M. hätte drei Jahre Zeit, um seine braune Sucht auszukurieren, wenn die Strafhöhe hält und er von Deutschland ausgeliefert würde – denn freiwillig wird er kaum zur Haft anrücken. Beide Urteile wurden am Ende der Verhandlung noch nicht rechtskräftig. Das lag aber nicht an H.s Mutter, die im Gerichtsaal noch einen großen Auftritt hinlegte, gegen die Justiz polterte und dabei fast kollabierte.