Den wohl am bizarrst anmutenden Infight fechten die zwei THC-Bezirksräte in Favoriten aus. Zwei Mandate sichern gleichzeitig den Klubstatus und damit auch die Vergabe des Postens eines Klubobmenschen – die neutrale Bezeichnung „Mensch“ könnten wir uns hier eigentlich sparen, weil es in Favoriten Männer sind, die sich keilen. An sich wäre es ja egal, die Bedeutung der beiden im Favoritner Bezirksparlament mit insgesamt 60 Bezirksrät*innen ist marginal, zumal niemand in einem Ausschuss oder einer Kommission vertreten sein wird und sich deren offizielle Präsenz maximal auf fünf Sitzungen der Bezirksvertretung pro Jahr beschränkt. Was aber nicht egal ist, wenn es um das Geld geht. Der Bezirksrat erhält 464.- (14x), der Kubobmann deutlich mehr, nämlich 1.420.- (14x) – das möglicherweise, ohne auch nur irgendeine Aktivität zu entfalten.
Richtiggehend unterhaltsam wird die Begründung, warum die beiden THC-Bezirksräte den besser bezahlten Posten für sich beanspruchen.
Ex-FPÖ-Gemeinderat Günter Kasal aus Hietzing oder der Favoritner Ex-FPÖ-Bezirksrat Wolfgang Cadilek. Ersterer bekam vier Vorzugsstimmen, Letzterer zumindest 25. Zu dem Thema werde es vor der konstituierenden Sitzung am kommenden Mittwoch noch Gespräche geben, erklärt Kasal zuversichtlich. Vorzugsstimmen würden in Wahrheit keinen interessieren, meint er. Wichtig sei, wer die Arbeit mache – also Anfragen und Anträge stelle, so wie er bisher im Gemeinderat. Das sieht Cadilek nicht so. Kasal halte sich schlicht nicht an Absprachen. „Vor der Wahl war mit HC ausgemacht, dass Kasal das Mandat in Favoriten nur annimmt, wenn wir den Bezirksvorsteher oder einen Stellvertreter schaffen. Wegen seiner Gemeinderat-Erfahrung, hat es geheißen.“ (kurier.at, 21.11.20)
Während der Hietzinger also denkt, weil er schon im Gemeinderat war, stünde ihm der Klubobmann in Favoriten zu, meint der andere, er müsse wegen lächerlicher 25 Vorzugsstimmen auf fünf Jahre gerechnet mit 4.000 .- pro Vorzugsstimme alimentiert werden. Sollten sich Kasal und Cadilek nicht einigen, dann gibt’s keinen Klub und naturgemäß auch kein Gehalt dafür.
Kasal, laut Transparenzdatenbank bislang auch noch mit 25 Stunden im Sozialministerium tätig, war erst im Juli 2020 von der FPÖ zur Strache-Partei gewechselt – wohl, nachdem klar war, dass er über die FPÖ nicht mehr in den Gemeinderat einziehen würde. Denn es war damals bereits absehbar, dass es bei den Blauen auch sehr eng werden würde, und es kam auch so: Acht Mandate und ein nicht amtsführender Stadtrat für die FPÖ. Den Atout haben nun neun Leute gezogen. Dominik Nepp steigt vom nicht amtsführenden Vizebürgermeister eine Stufe zum nicht amtsführenden Stadtrat ab. Das wird sich auch auf seinem Konto bemerkbar machen, denn als künftiger nicht amtsführender Stadtrat verdient er mit knapp 9.100.- (brutto, 14x) deutlich weniger als zuvor.
Besser dran als der Wiener Parteichef ist sein Klubobmann im Rathaus und Burschenschaftskollege Maximilian Kraus mit beachtlichen 12.728.- (brutto, 14x), die auf dessen Konto fließen werden. Die weiteren blauen Mandate im Gemeinderat werden Anton Mahdalik, Wolfgang Irschik, Dietbert Kowarik, Veronika Matiasek, Wolfgang Seidl, Stefan Berger und Udo Guggenbichler besetzen. Die eigentlich auf Platz 7 gereihte Ulrike Nittmann muss mit ihrem Wiedereinzug in den Gemeinderat zweieinhalb Jahre warten, bis Veronika Matiasek ihren Sessel räumt. Wie praktisch: Die zwei Frauen teilen sich ein Mandat, während acht Männer, davon fünf Burschenschafter*, voll bedient werden.
Und damit auch der mit heißen 142 Vorzugsstimmen auf Stadtebene und 72 auf Bezirksebene ausgestattete Leo Kohlbauer, dem das einzige blaue Mandat in der Mariahilfer Bezirksvertretung zufällt, noch etwas zu tun hat, hat ihn die Partei versorgt. „Trotz verlorenem Landtagssitz bleibt auch Leo Kohlbauer aus Mariahilf für die FPÖ aktiv. Er ist für Medien- und Kommunikationsarbeit zuständig.“ (kurier.at) Es ist anzunehmen, dass er das nicht kostenlos tun wird.
*Nepp (Aldania), Krauss (Aldania), Kowarik (Olympia), Guggenbichler (Albia Wien und Arminia Graz), Berger (früher Germania Wiener Neustadt; aktuell – unbestätigt – Aldania). Laut H.H. Scharsach (Stille Machtergreifung) ist Matiasek Mitglied der Mädelschaft Freya Wien.
Update 25.11.20: Wie die FPÖ bekannt gegeben hat, wird der ehemalige Nationalratsabgeordnete Johannes Hübner das einzige Bundesratsmandat der Wiener FPÖ einnehmen. Damit scheiden alle vier bisherigen blauen Bundesräte aus Wien aus. Die Entscheidung für Hübner ist bemerkenswert, da dieser nach Bekanntwerden eines antisemitischen Ausfalls 2017 seine Kandidatur zum Nationalrat zurückgezogen hat. Zwischenzeitlich war er unbehelligt als Bezirksrat in Wieden tätig.
Die politische Rückkehr von Herrn Hübner bestätigt die Unglaubwürdigkeit der FPÖ. Auf antisemitische Skandale folgen manchmal Rücktritte und darauf Beförderungen. Wie bei Herrn Landbauer, in dessen Burschenschaft Naziliederbücher sichergestellt wurden. Heute ist er Vorsitzender. https://t.co/R0X5Y6mJj2
— Oskar Deutsch (@DeutschOskar) November 25, 2020