Christian Höbart, der in seiner Zeit als blauer Nationalrat vor allem durch hetzerische Bemerkungen aufgefallen ist, musste am 11.10.23 dem Landesgericht Wiener Neustadt einen unfreiwilligen Besuch abstatten. Die Ankündigung im Verhandlungskalender fasste die Anklage zusammen:
Vergehen der Verletzung des Amtsgeheimnisses nach § 310 Abs 1 StGB
Wesentlicher Anklagevorwurf:
Weitergabe der geplanten Änderung des Flächenwidmungs- bzw. Bebauungaplanes (sic!) an den Eigentümer der Liegenschaft durch den geschäftsführenden Gemeinderat
Tatzeit und Tatort: September 2021 in Guntramsdorf (Verhandlungskalender LG Wiener Neustadt, KW 41)
Herr Ingenieur, sind Sie schuldig?
Der „geschäftsführende Gemeinderat“ ist der gelernte HTL-Ingenieur und Ankündigungsunternehmer Christian Höbart, Fraktionsführer der Liste „Freiheitliche & Unabhängige“, mit der er in Guntramsdorf zu der Gemeinderatswahl 2020 in Abgrenzung zur FPÖ gegangen war – irgendwie abgegrenzt, denn letztlich stand doch „FPÖ“ am Stimmzettel. Aus der erhofften überregionalen Polit-Karriere an der Seite von Heinz-Christian Strache ist nichts geworden. Das gestand Höbart bei der Aufnahme der Generaldaten auch ein: Generalsekretär des „THC“ sei er auf dem Papier, da die Partei nur mehr aus ein paar Bezirksräten bestünde. Die Frage des Richters, „Herr Ingenieur, sind Sie schuldig“*, beantwortete Höbart wenig überraschand mit: „Nicht schuldig.“*
FPÖ-Funktionär war auch der ehemalige Grundstücksbesitzer Franz H., dem Höbart von der bevorstehenden Änderung des Bebauungsplans, so die Anklage, erzählt haben soll. H. war 2017 als Gemeinderatsspitzenkandidat bei der Wahl ähnlich erfolglos wie Höbarts „Team HC“ 2020 in Wien: Der Einzug in den Gemeinderat gelang beiden Listen nicht. Höbart vermutete denn auch, das Vorgehen der Gemeinde gegen H. sei dessen Parteizugehörigkeit zu verdanken. Glücklos agierte H. ebenfalls mit einem Heurigen, den er in Guntramsdorf betrieben hatte und wieder zusperren musste. H.s Pläne, auf seinem Grundstück Wohnungen zu errichten, durchkreuzte die Gemeinde mit einer vorläufigen Bausperre, was H. letztendlich dazu bewog, das Areal zu verkaufen.
Höbart, das „Hascherl”
Die Gemeinde plante für den Herbst 2021 schließlich eine Änderung des Bebauungsplans für das Grundstück: Durch eine Neuaufteilung in größere Parzellen sollte eine allzu dichte Verbauung am Rand des Guntramsdorfer Zentrums verhindert werden. Höbart habe, so der Vorwurf der Anklage, den bevorstehenden Gemeinderatsbeschluss an H. und an den potentiellen Grundstückskäufer Markus Pospichal verraten.
Pospichal, der 2015 bei der FPÖ angedockt hatte, kennen wir bereits: Er spielt bei den seltsamen Immobilien-Deals in der blau-braunen Szene eine zentrale Rolle. Bei einem Meeting im Juni 2021 sei er, Höbart, wie ein „Hascherl“ dabeigesessen, denn da habe er sich in der Materie, im Zuge derer 20.000 Euro Vermittlungsprovision geflossen sind, noch nicht ausgekannt. Inzwischen ist Höbart selbst im Immobiliengewerbe tätig – auch mit Pospichal als Geschäftspartner.
Noch ein Name fiel im Prozess: ein Herr Schmidt, der im Zusammenhang mit Pospichal genannt wurde. Zufall, dass es auch einen Schmidt gibt, der im blaubraunen Immo-Business ebenfalls eine gewichtige Rolle spielt?
Brauche dich in Guntramsdorf
Wenige Wochen vor dem Gemeinderatsbeschluss funkte Höbart via WhatsApp an Pospichal: „Brauche dich in Guntramsdorf. Probleme.“ Da sei es allerdings um eine andere Sache gegangen – worum, wussten Pospichal und Höbart nicht mehr. Pospichal wurde mit H. handelseins, schloss im September 2021 über die Firma „Raum-Invest“ einen Kaufvertrag mit H.. Der Kauf sei dann jedoch wegen einer mangelnden Finanzierung gescheitert, ebenfalls ein zweiter Versuch durch den oben erwähnten Herrn Schmidt, der seine 200.000€ Anzahlung in den Wind schreiben musste.
Zugeschlagen hat schließlich über die Vermittlung von Pospichal eine Firma von Siegfried S., der dem Prozess jedoch nicht beiwohnen konnte, da er sich gerade in Dubai befunden habe. S. war vorrangig dadurch bekannt geworden, weil er zusammen mit Strache in der „Causa Asfinag“ wegen des Verdachts, sich einen Aufsichtsratsposten über eine Spende an einen FPÖ-nahen Verein gekauft zu haben, vor Gericht saß, dort aber freigesprochen wurde. Einige Millionen konnte die Firma von S. aus dem Deal in Guntramsdorf jedenfalls mitnehmen: Das Grundstück wurde mittlerweile mit nicht unerheblichem Gewinn an eine niederösterreichische Immomilienfirma weiterverkauft.
Umwidmung steht an
Gegen Ende des ersten Prozesstages sagte ein involvierter Architekt aus, Höbart und H. seien bei ihm im September 21 vorstellig geworden, weil dringend ein Teilungsplan notwendig wäre, da im Gemeinderat eine Umwidmung anstehe. Und ein ebenfalls involvierter Rechtsanwalt berichtete als Zeuge vor Gericht von einer ähnlichen Aussage im September.
Feststeht: Der Beschluss des Gemeinderats kam dann tatsächlich im Umlaufverfahren Anfang Oktober zustande. Höbart hatte sich damals mit einem zweiten Mandatar aus der ÖVP der Stimme enthalten, alle anderen Gemeinderät*innen stimmten für den Antrag:
Bis zur Erlassung eines Bebauungsplanes sind Bauvorhaben im Geltungsbereich der Bausperre nur dann zulässig, wenn sie nicht im Widerspruch zu dem Entwurf des Bebauungsplans (Geschoßflächenzahl 0,5, offene Bauweise, Bauklasse I/II, div. Baufluchtlinien) stehen und im Zuge von Grundstücksteilungen oder Grundstückszusammenlegungen neu geschaffene Bauplätze eine Mindestgröße von 1700 m² aufweisen.
Der Prozess endete nach fünf Stunden schließlich mit einer Vertagung. Mit einem Urteil ist am zweiten Verhandlungstag, dem 19. Oktober, zu rechnen.
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Danke an prozess.report für Beobachtung und Bericht!
* Alle Zitate aus dem Prozess stammen aus dem uns vorliegenden Prozessbericht.