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Rückblick KW 24/23 (II): Diverses

Schwe­re Vor­wür­fe wer­den gegen einen Kärnt­ner Poli­zis­ten erho­ben: Er wird ver­däch­tigt, ein Sturm­ge­wehr gestoh­len zu haben. Die 23. Vien­na Pri­de ver­lief völ­lig rei­bungs­los, erst danach gab’s eine homo­pho­be Gewalt­tat und die Mel­dung, dass mög­li­cher­wei­se ein Anschlag auf die Ver­an­stal­tung geplant gewe­sen sei. In Eich­gra­ben sind bei einem Kampf­sport­event Rechts­extre­me auf­ge­tre­ten – gespon­sert von Gemein­de und […]

20. Jun 2023

Bez. Klagenfurt: Polizist mit gestohlenem Sturmgewehr
Freistadt/OÖ: Pickerl in Hakenkreuzform
Eichgraben/NÖ: Gemeinde-Jubiläumsveranstaltung mit rechtsextremer Beteiligung
Wien: Der Tag der Pride
Algund/I: Widerstand gegen burschenschaftliche Verbandstagung

Bez. Klagenfurt: Polizist mit gestohlenem Sturmgewehr

Fun­de, die im Zuge einer waf­fen­po­li­zei­li­chen Ver­läss­lich­keits­prü­fung bei einem Poli­zis­ten aus dem Bezirk Kla­gen­furt, auf­ge­stö­bert wur­den, haben zu einer vor­läu­fi­gen Sus­pen­die­rung des Man­nes geführt.

Eine der sicher­ge­stell­ten Waf­fen ist ein Sturm­ge­wehr (StG 77) mit ver­kürz­tem Lauf samt vier Maga­zi­nen mit jeweils 30 Schuss Muni­ti­on. Die Über­prü­fung hat erge­ben, dass die­se Waf­fe im Jahr 2015 von der Poli­zei­in­spek­ti­on (PI) Wels-Per­n­au in Ober­ös­ter­reich gestoh­len wur­de. Der Kärnt­ner Poli­zist hat wäh­rend des genann­ten Tat­zeit­raums auf die­ser PI sei­nen Dienst ver­rich­tet. Ob er die Waf­fe selbst gestoh­len hat bzw. wie sie in sei­nem Besitz gelangt ist, ist der­zeit noch unge­klärt – er selbst hat dazu bis­her die Aus­sa­ge ver­wei­gert. (kleinezeitung.at, 16.6.23)

Dazu besitzt der Poli­zist noch legal 19 wei­te­re Waf­fen (10 Lang­waf­fen und 9 Faust­feu­er­waf­fen). Auch Kriegs­ma­te­ri­al sei bei ihm auf­ge­fun­den wor­den – was genau, wird nicht erwähnt. Gegen den Poli­zis­ten wür­de noch wegen wei­te­rer dienst­recht­li­cher Ver­feh­lun­gen ermittelt.

Freistadt/OÖ: Pickerl in Hakenkreuzform

Im Zeit­raum zwi­schen dem 7. und dem 9. Juni kleb­ten unbe­kann­te Täter 42 Sti­cker der Han­dels­ket­te „Her­vis“ in der Form eines Haken­kreu­zes sowie der Auf­schrift „HITLA“ an ein Fens­ter Nahe dem Mit­ar­bei­ter­ein­gang der Hervis–Filiale in Frei­stadt. Die Sti­cker dürf­ten aus einer Müll­ton­ne genom­men wor­den sein. (meinbezirk.at, 13.6.23)

Eichgraben/NÖ: Gemeinde-Jubiläumsveranstaltung mit rechtsextremer Beteiligung

Die „auto­no­me anti­fa wien“ hat­te es bereits am 25. Mai publi­ziert, dass bei einem Kick­box-Event im nie­der­ös­ter­rei­chi­schen Eich­gra­ben zwei Iden­ti­tä­re teil­neh­men wür­den: Lau­renz G. und Juli­an H.. Beson­ders ver­stö­rend ist, dass die Ver­an­stal­tung als offi­zi­el­ler Teil des Pro­gramms „100 Jah­re Eich­gra­ben“ fir­mier­te und von der Gemein­de und diver­sen Betrie­ben gespon­sert wurde.

In einem State­ment legt die Grü­ne Natio­nal­rats­ab­ge­ord­ne­te Eli­sa­beth Göt­ze dar, wel­che Schrit­te sie im Vor­feld der Ver­an­stal­tung unter­nom­men hat­te, um eine Aus­la­dung der iden­ti­tä­ren Akti­vis­ten zu erwir­ken. Göt­ze schei­ter­te dabei zuerst am Bür­ger­meis­ter, der „kei­ne Not­wen­dig­keit zum Han­deln“ gese­hen habe und an den­Ge­mein­de­rats­mit­glie­dern aller ande­ren Par­tei­en, die erst gleich gar nicht reagiert haben sol­len. Letzt­lich hät­ten sich Spon­so­ren jedoch zurückgezogen.

Wie tief Kampf­sport­grup­pen mit dem rechts­extre­men Milieu ver­wi­ckelt sind, zei­gen zwei bereits 2022 ver­öf­fent­lich­te ein­drucks­vol­le Recher­chen von „Öster­reich rechtsaußen“:

➡️ Aktu­el­le Trends und Ent­wick­lun­gen inner­halb der öster­rei­chi­schen Kampfsport-Szene
➡️ Rechts­extre­mer Kampf­sport, Biker-Kri­mi­na­li­tät (MC) und neo­na­zis­ti­sche Vernetzungen

Mar­kus Sulz­bach­er fasst im „Stan­dard” (16.6.23) zusam­men, wie Kampf­sport die frü­he­ren Wehr­sport­übun­gen der Alt­na­zis abge­löst und sich als Teil der „rechts­extre­men Erleb­nis­welt“ eta­bliert hat und war­um er „auch als Anknüp­fungs­punkt an den his­to­ri­schen Natio­nal­so­zia­lis­mus“ greift.

Wien: Der Tag der Pride

Mehr als 300.000 Teil­neh­men­de wur­den auf der Vien­na Pri­de am 17. Juni gezählt. Die Ver­an­stal­tung ver­lief rei­bungs­los. Der Auf­marsch der rechts­extre­men katho­li­schen Fun­dis („Marsch für die Fami­lie“) war trotz Betei­li­gung der FPÖ-Jugend beschei­den besucht, der Gegen­pro­test mäch­ti­ger. Am Sonn­tag berie­fen die Chefs von DSN und der Poli­zei Wien über­ra­schend eine Pres­se­kon­fe­renz ein und berich­te­ten von drei Bur­schen (14, 17 und 20 Jah­re), die mög­li­cher­wei­se einen isla­mis­tisch moti­vier­ten Anschlag auf die Pri­de geplant haben könn­ten. Über die bei­den Jün­ge­ren wur­de Unter­su­chungs­haft ver­hängt, gegen den Älte­ren bestehe kein drin­gen­der Tat­ver­dacht, daher wur­de der aus der Haft ent­las­sen. Wel­che kon­kre­ten Anhalts­punk­te für einen Ter­ror­an­schlag bestan­den hat­ten, wur­de auf der Pres­se­kon­fe­renz nicht ver­ra­ten. Auf dem Foto der sicher­ge­stell­ten Waf­fen sind Plas­tik­waf­fen sowie eine Axt, ein Mes­ser und ein Säbel zu sehen. Da kei­ne Gefahr für die Pri­de bestan­den habe, wur­den die Veranstalter*innen erst am Sonn­tag über die Gefähr­dungs­la­ge in Kennt­nis gesetzt.

Mit aus­ge­such­ter Wider­lich­keit reagier­te der Wie­ner FPÖ-Chef Domi­nik Nepp, des­sen Par­tei­ka­der sich aus­gie­big an der que­er­feind­li­chen Het­ze aus der rechts­extre­men Ecke betei­li­gen, auf die kol­por­tier­ten Anschlagspläne.

Zu einem gewalt­tä­ti­gen Über­griff kam es am Abend nach der Pride.

Wäh­rend die Regen­bo­gen­pa­ra­de laut Ver­an­stal­tern am Sams­tag rei­bungs­los ver­lau­fen war, ver­mel­de­te die Lan­des­po­li­zei­di­rek­ti­on Wien, dass gegen 19.00 Uhr in der Wie­ner Innen­stadt eine Frau durch Schlä­ge schwer ver­letzt wor­den ist. Eine Grup­pe von fünf Män­nern bedach­ten sie und ihren Beglei­ter zuvor mit homo­pho­ben Äuße­run­gen. (…) Eine Grup­pe von fünf Män­nern war in die Kon­fron­ta­ti­on mit der Frau und ihrem Beglei­ter ver­wi­ckelt, zwei Män­ner aus die­ser sol­len dann auf die Frau ein­ge­schla­gen und sie auch getre­ten haben. (APA via kleinezeitung.at, 18.6.23)

Die Täter sind flüch­tig, nach ihnen „wird wegen des Ver­dachts der absicht­lich schwe­ren Kör­per­ver­let­zung und Kör­per­ver­let­zung ermit­telt“ (APA).

Algund/I: Widerstand gegen burschenschaftliche Verbandstagung

Im Sep­tem­ber wäre es wie­der so weit: Da wol­len sich die Mit­glieds­ver­bän­de der „Deut­schen Bur­schen­schaft“ (DB) zu ihrer jähr­li­chen Ver­bands­ta­gung tref­fen. Dies­mal in einem gemein­de­ei­ge­nen Saal im süd­ti­ro­le­ri­schen Algund. Doch nun bewegt sich nach einer Aus­sendung der Anti­fa Meran etwas.

„Wir als Anti­fa Meran for­dern die Lei­tung des Thal­gut­erhau­ses sowie die Gemein­de Algund als Trä­ge­rin zum sofor­ti­gen Ein­len­ken auf: Rechts­extre­mis­mus darf in unse­rer Gesell­schaft kei­nen Platz haben – erst recht nicht in den Reprä­sen­ta­ti­ons­räu­men einer Gemein­de“, erklärt die Bewe­gung. (…) Ulrich Gam­per, Bür­ger­meis­ter von Algund, nimmt die geäu­ßer­ten Beden­ken ernst. „Bei der kom­men­den Aus­schuss­sit­zung wer­den wir uns das anschau­en müs­sen“, erklärt Gam­per gegen­über Süd­ti­rol News. Bis­lang habe man als Gemein­de kei­ne Aus­schluss­kri­te­ri­en bei der Ver­mie­tung vom Ver­eins­haus gehabt. „Viel­leicht müs­sen wir das über­den­ken“, meint Gam­per. (suedtirolnews.it, 13.6.23)

Eine Gra­fik der Anti­fa Meran zeigt ein­drück­lich die Domi­nanz von öster­rei­chi­schen Bur­schen­schaf­ten inner­halb der DB und vor allem im Rechts­au­ßen­flü­gel, der Bur­schen­schaft­li­chen Gemein­schaft (BG).

Rechtsextreme burschenschaftliche Dachverbände: DB, BG und WKR (© Antifa Meran)
Rechts­extre­me bur­schen­schaft­li­che Dach­ver­bän­de: DB, BG und WKR (© Anti­fa Meran)

Die Wie­ner Bur­schen­schaft Albia, gegen die Ermitt­lun­gen wegen des Ver­dachts auf Wie­der­be­tä­ti­gung lau­fen, hält der­zeit den Vor­sitz in der BG. In Algund ist als „Höhe­punkt“ des Tref­fens ein „Tirol­er­kom­mers“ geplant, der von der Albia mit­aus­ge­rich­tet wer­den soll.