Wien: Hitlergruß in der „Kebab Connection“
Wien: Mauthausen als „kleines Arbeitslager“
Amstetten-St. Pölten: Abstandsregel mit Tisch in Hakenkreuzform
Salzburg: (K)eine Wiederbetätigung in der Zelle
Salzburg: Wandelndes Nazisymbol
Garsten-Steyr/OÖ: Wiederbetätigung der der Überstellung in eine Haftanstalt
Stockerau-Korneuburg/NÖ: Nach der Haft ist vor der Haft
Wien: Hitlergruß in der „Kebab Connection“
Im Gericht nicht wiedersehen wolle er den Angeklagten, meinte Richter Stefan Apostol am Ende des Prozesses gegen einen Wiener, der sich am 12. Juni wegen einschlägiger Chatnachrichten in zwei Gruppen wegen Wiederbetätigung erklären musste. Der 28-jährige Ronald H. gab sich zerknirscht und bekannte sich schuldig. Bei der Aufnahme, auf der er einen Hitlergruß zeigend zu sehen ist, sei er alkoholisiert gewesen, den Rest,
ein Bild mit dem Titel ‚Mercedes SS-Klasse‘ und einem Hakenkreuz auf dem Schalthebel (…) ein Bild des Diktators Adolf Hitler samt der Aufschrift ‚Neger, die nehm ich als Brennholz‘ oder eines der jungen Niederländerin Anne Frank, die von den Nationalsozialisten 1945 im Konzentrationslager Bergen-Belsen ermordet wurde, betitelt mit ‚Anne Frank, die Ofenfrische‘ (derstandard.at, 12.6.23),
habe er „witzig“ gefunden. Den Hitlergruß hatte er in die WhatsApp-Chatgruppe „Kebab Connection“ gepostet, aus einer weiteren Gruppe werden noch andere vor Gericht antanzen müssen, weil H. nicht der einzige war, der sich mit widerlichen Postings amüsierte. H. habe inzwischen die KZ-Gedenkstätte Mauthausen besucht – er sei schockiert gewesen. Auch der Erklärungsversuch, psychisch angeschlagen zu sein und in der Schule nicht viel zum 3. Reich gelernt zu haben, half letztlich nichts. Er wurde in allen Fragen schuldig gesprochen und erhielt bereits rechtskräftige zwölf Monate bedingt.
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Wien: Mauthausen als „kleines Arbeitslager“
Am Landesgericht Wien wurde am 13.06.2023 ein Prozess wegen Verstoßes gegen das Verbotsgesetz nach § 3h geführt. Der 56-jährige Angeklagte Robert D. hat 2020 auf der Facebook-Communityseite „Wir wählen FPÖ“ mit derzeit 37.500 Followern jeweils zu einem Beitrag von Norbert Hofer und Dominik Nepp einen Kommentar mit der Forderung, Mauthausen wieder aufzumachen, gepostet – einmal mit dem Zusatz, dort „grünes Verbrecher-Gesindl“ hinzuschicken.
Der Angeklagte gab während des Ermittlungsverfahrens an, sich an die konkreten Postings nicht mehr erinnern zu können. Dabei hatte er bereits ein Verfahren zu einem Posting ähnlichen Inhalts (das mit einer Diversion endete), in dem er Politiker*innen der Grünen ebenfalls am besten in Mauthausen aufgehoben sah und eine Politikerin dazu aufforderte, Charakter zu zeigen und sich selbst als erstes umzubringen.
Der Angeklagte meinte von sich selbst, geschichtlich sehr interessiert zu sein und fast alles über die Zeit des Nationalsozialismus zu wissen. Er sei aber kein Sympathisant der nationalsozialistischen Gesinnung. Er habe die Kommentare gepostet, weil er von der gegenwärtigen Politik enttäuscht sei. Außerdem sei er wegen der Drohnachricht gegen Norbert Hofer wütend gewesen. Er wisse, dass Mauthausen „ein Ort des Schreckens“ sei. Gnädigerweise wolle er Politiker*innen dort nicht hinschicken „um sie gleich umzubringen“. Aber er, der selbst arbeitslos ist, findet, „ein kleines Arbeitslager wäre vielleicht nicht schlecht“. Als Begründung gab der Angeklagte an, „damit die Politiker mal wissen, dass sie fürs Volk zu arbeiten haben“.
Die Geschworenen erklärten D. einstimmig für schuldig, das Strafmaß wurde auf 14 Monate festgelegt. Das Urteil ist rechtskräftig. Einer der beiden verurteilten Kommentare ist nach wie vor online, der andere ist weg.

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Amstetten-St. Pölten: Abstandsregel mit Tisch in Hakenkreuzform
Am 13.6. wurde am Landesgericht St. Pölten der Tatbestand der Zurschaustellung von NS-Propaganda gemäß Verbotsgesetz §3g verhandelt. Der Amstettner Robert S. (43 J.) verschickte im Herbst 2020, also mitten in der Corona-Zeit, ein Bild über sein Handy an einen Arbeitskollegen, auf dem ein Tisch in Hakenkreuzform und der Text „Restaurant zur Wolfsschanze“ abgebildet waren. Mit dem Bild sollte ausgedrückt werden, dass sich mit dieser Tischform die Zweimeter-Abstandsregel, die zur Zeit von Corona galt, eingehalten werden könne. Bei der Wolfsschanze handelt es sich um eine Anspielung an die ehemalige Nazi-Bunkeranlage „Führerhauptquartier Wolfsschanze“ in Polen, wo auch das Stauffenberg-Attentat gegen Adolf Hitler missglückte.
Die Verteidigung argumentiere damit, dass der Angeklagte sich nichts dabei gedacht habe, als er das Bild verschickte. Der Arbeitskollege Dietmar K., über dessen Handy die Ermittlungen zum Amstettner führten, gilt dem Gericht als gut bekannt. Der Angeklagte, der sich selbst politisch der Mitte zuordnet, konnte in der Einvernahme nicht sagen, ob die NS-Zeit gut oder schlecht gewesen sei. Bei der Verhandlung meinte er, dass er wisse, einen Blödsinn gemacht zu haben. Was er damit genau meinte, den Inhalt der Nachricht oder ihr Versenden, blieb offen und wurde von Staatsanwaltschaft oder Richter auch nicht weiter erfragt. Robert S. bekannte sich schuldig und wurde auch schuldig gesprochen. Das Ausmaß der Strafe wurde mit milden zehn Monaten bedingt auf drei Jahre bemessen. Als mildernd bewertete das Gericht den Lebenswandel des Angeklagten als auch sein Geständnis. Das Urteil ist rechtskräftig.

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Salzburg: (K)eine Wiederbetätigung in der Zelle
In Salzburg endete ein Prozess gegen einen italienisch-österreichischen Doppelstaaatsbürger mit einem Freispruch. Der Vorfall hatte in der Haft stattgefunden. Der Angeklagte
soll im Jänner dieses Jahres in der Justizanstalt Salzburg seinem damaligen Zellengenossen gegenüber wiederholt Adolf Hitler glorifiziert und positiv über den Nationalsozialismus gesprochen haben. (…) Der Angeklagte, brisanterweise schon zwei Mal am Landesgericht Innsbruck wegen NS-Wiederbetätigung verurteilt, wies die Vorwürfe des Ex-Mithäftlings energisch zurück. (sn.at, 14.6.23)
Der Zeuge aus der Haftanstalt erschien jedoch nicht zum Prozess und kassierte deshalb eine Ordnungsstrafe. Der bereits rechtskräftige Urteilsspruch erfolgte daher ohne dessen Aussage vor dem Gericht.
Salzburg: Wandelndes Nazisymbol
Sehr glimpflich ist ein Ungar am Salzburger Landesgericht davongekommen. Der hatte am Badeplatz beim Hintersee seine unzähligen Nazi-Tattoos zur Schau gestellt. Ein Salzburger hatte ihn gebeten, seinen Körper zu bedecken, woraufhin er nur ein Grinsen geerntet haben soll. Vor Gericht schlug der 35-Jährige jedoch andere Töne an.
Er bekannte sich vollinhaltlich schuldig. Er habe sich die Tattoos „als 16- bis 21-Jähriger“ stechen lassen und sei einst Teil einer einschlägigen ungarischen Gruppierung gewesen: „Mit dieser Phase habe ich aber schon seit zehn, zwölf Jahren abgeschlossen“, so der Angeklagte. Er denke auch schon lange daran, sich die Tattoos „abdecken oder überstechen zu lassen“. (sn.at, 15.6.23)
Weil er in Ungarn bereits eine Strafe wegen eines Drogendelikts kassiert hatte, bekam er in Salzburg nur mehr eine Zusatzstrafe über knapp drei Monate bedingt. Rechtskräftig!
Garsten-Steyr/OÖ: Wiederbetätigung der der Überstellung in eine Haftanstalt
Am Landesgericht von Steyr drehte es sich am 14.6. viel um den psychischen Zustand und die Zurechnungsfähigkeit des 31-jährigen Angeklagten Adnan S.. Der hatte im Zuge seiner Verlegung von der Justizanstalt Garsten nach Asten trotz einer Abmahnung wiederholt „Heil Hitler“ und mindestens einmal „Alle Juden gehören vergast“ geschrien. Ungünstig wirkten sich auch seine Vorstrafen aus, darunter Körperverletzung, das Ausführen des Tschetnik-Grußes und antimuslimische Äußerungen gegen eine Frau mit Kopftuch und zuletzt auch schon eine nach dem Verbotsgesetz. Die Gerichtsgutachterin Adelheid Kastner hatte S. zwar Zurechnungsfähigkeit bescheinigt, aber auch eine Persönlichkeitsstörung diagnostiziert. Der Angeklagte würde jedoch die Therapieangebote nicht annehmen.
Am Ende des Prozesses erfolgte ein Schuldspruch und 18 Monate Haft, die im Zuge der aktuellen Maßnahme zu verbüßen sind.

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Stockerau-Korneuburg/NÖ: Nach der Haft ist vor der Haft
Nur eine Woche nach der Freilassung aus der Haft randalierte ein 57-jähriger Stockerauer auf der Terrasse seiner Wohnung derartig lautstark, dass gleich mehrere Nachbarn die Polizei verständigten. Er habe eine schlaflose Nacht gehabt und sich danach mit einem Bier und einer Flasche Whiskey in eine aus der Haftzeit stammenden Wut hineingesteigert.
„Sieg Heil!“, „die weiße Rasse wird überleben“, „Hitler ist mein Gott“ oder „Juden, Slowenen und Zigeuner gehören vernichtet“ soll der in der Slowakei geborene Angeklagte an besagtem Tag über eine halbe Stunde lang gerufen haben. (…) Richter Bodner hatte es nicht leicht, den Angeklagten aufs Wesentliche zu fokussieren; hatte mit Tonbandaufnahmen der Nachbarn aber noch Handfestes im Ärmel, auf denen diese aufs Übelste beschimpft wurden. „Saujuden und Schweinezigeuner“ waren noch die harmlosesten Ausdrücke. (noen.at, 15.6.23)
Dazu kam noch eine Anklage nach dem Waffengesetz, weil in der Wohnung seiner verstorbenen Mutter trotz eines aufrechten Waffenverbotes drei Winchester-Langwaffen und ein Schrotgewehr deponiert waren.
Mit der NS-Ideologie sympathisiere er nicht, und er könne sich an nichts erinnern, erklärte der Angeklagte vor Gericht. Die bei ihm gemessenen 2,2 Promille Alkohol im Blut reichten schlussendlich nicht, um ihn vor der nächsten Verurteilung zu bewahren. Die Geschworenen fällten einen Schuldspruch mit 24 Monaten unbedingter Haft, dazu kommen vier Monate aus einer vorherigen bedingt ausgesprochenen Strafe. Der Verteidiger kündigte Berufung an, womit das Urteil nicht rechtskräftig ist.