Wien: Gefährliche Drohung und Wiederbetätigungsvorwürfe
Flachgau/Salzburg: Strafe empfindlich erhöht
Graz: Soldat im Kasperltheater
Salzburg/Wien: Einweisung in eine Anstalt
Pinzgau/Salzburg: Entglittene Postings
Salzburg: Gebräunter Körper
Wien: IS-Kämpfer mit Neonazi-Vergangenheit
Oberalm/Salzburg: Merlin E. verurteilt
Tirol: Nach zwei Jahrzehnten geläuterter Neonazi
Wien – Steinhaus bei Wels/OÖ: Geschworenenspruch „erstaunt“ auch den Richter
Salzburg/D: Prozess gegen III.-Weg-Kadermitglied
Wien: Gefährliche Drohung und Wiederbetätigungsvorwürfe
Ein 34-jähriger Wiener musste sich wegen gefährlicher Drohung und wegen des Verdachts auf Wiederbetätigung vor dem Gericht verantworten. Der Vorwurf: Er habe von einem Balkon aus einen 16-Jährigen, dessen Bruder und Mutter mit dem Umbringen bedroht (dazwischen angeblich auf jemanden gespukt) und soll auch „Heil Hitler“ aus der Höhe skandiert haben – was der Angeklagte bestritt. Schon wenige Monate vor dem Vorfall soll er beim Maurer Kirtag mit einer Österreich-Fahne unterwegs gewesen sein und dabei den Hitlergruß gezeigt haben.
Die Geschworenen glauben dennoch dem Angeklagten und verurteilen ihn lediglich wegen der Drohungen gegen den 16-Jährigen. Den zweiten Vorfall mit der Mutter und dem älteren Bruder halten sie offenbar für erfunden und sprechen W. von der Wiederbetätigung und den Morddrohungen einstimmig frei. Die rechtskräftige Strafe für den 34-Jährigen: vier Monate bedingt. (derstandard.at, 7.7.21)
Flachgau/Salzburg: Strafe empfindlich erhöht
Die nach dem Verhetzungspargrafen und dem Verbotsgesetz angeklagten Delikte, die der 57-jährige Flachgauer über zwei Jahre hinweg via vk.com begangen hat, waren zahlreich und schwerwiegend. Dazu kam auch noch Beleidigung des Bundespräsidenten. Nach dem angesichts der Anklagepunkte relativ milden Urteil im März von 24 Monaten bedingt legte der Staatsanwalt Berufung ein.
Mit einem Paukenschlag, nämlich einem höheren Strafrahmen und der auch noch unbedingt, endete im Juli die Berufungsverhandlung am OLG Linz. „Die Strafe wurde auf 2,5 Jahre unbedingte Haft erhöht.“ (sn.at, 15.7.21)
Graz: Soldat im Kasperltheater
Für einen inzwischen suspendierten ranghohen Soldaten war es nur ein „Kasperltheater“, was er in der Kaserne von sich gegeben hat:
„Er machte mehrmals den Hitler-Gruß und verkündete mit Adolf Hitler imitierender Stimme beim Ausgang ‚Ich muss zurück in die Reichskanzlei!’“ , erklärt Staatsanwältin Elisabeth Kirchmair. Zudem verfasste der Mann (angeklagt wegen dem Verbotsgesetz) beleidigende Einträge auf Facebook („Hände abhacken, dann gibt’s keine Fingerabdrücke.“). (kleinezeitung.at, 17.7.21)
Den Hitlergruß habe er nie gemacht – elf Zeugen sagten das Gegenteil aus –, seinen Hitlerbart rechtfertigte er mit einem Rasierfehler. Eine Prozessunterbrechung bewirkte allerdings einen Umkehrschwung beim Angeklagten: „[D]er Steirer ist plötzlich umfassend geständig: Sieben Monate bedingt und 3000 Euro Geldstrafe.“ Ob das Urteil rechtskräftig ist, geht aus dem Bericht der „Kleinen Zeitung“ nicht hervor.
Salzburg/Wien: Einweisung in eine Anstalt
Im Jänner 2021 hatte ein 44-jähriger Wiener am Salzburger Hauptbahnhof und in der Polizeiinspektion einen braunen Auftritt. Er soll
mehrmals „Sieg Heil“ gerufen und den Hitlergruß gezeigt haben. Zudem soll er eine Frau afrikanischer Herkunft massiv rassistisch beschimpft und mit dem Tod bedroht haben. Weil der Wiener an einer Schizophrenie leidet und zur Tatzeit zurechnungsunfähig war, wurde er – wie von der Staatsanwaltschaft beantragt – in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen. Das Urteil ist rechtskräftig. (Salzburger Nachrichten, 24.07.21 S. L10)
Pinzgau/Sbg: Entglittene Postings
Mehr als drei Jahre hatte sich ein 71-jähriger Pinzgauer auf vk.com wiederbetätigt – mit einer originellen Begründung.
Insgesamt, so Neher, habe der 71-Jährige zwischen Mai 2016 und Dezember 2019 nicht weniger als 59 Mal tatbestandsmäßige Beiträge verfasst und geteilt, dazu einschlägige Collagen und Bilder veröffentlicht. Teils habe er den Holocaust verharmlost oder geleugnet — so habe der Angeklagte ein Schwarz-Weiß-Foto des Eingangstors des KZ Auschwitz mit dem Text „die jüdische Lügengeschichte” versehen. (sn.at, 28.7.21)
Der Grund, den der Pinzgauer vor Gericht angab: Er habe sich nur journalistisch betätigen wollen, um draufzukommen, „warum es noch immer so viele Menschen gibt, die diesen unseligen Zeiten nachhängen. Das Ganze ist mir dann entglitten“ (sn.at). Das Resultat der „Recherchen“: zwei Jahre bedingt – rechtskräftig.
Salzburg: Gebräunter Körper
Ein in Salzburg lebender 33-jähriger Ungar soll am Badeplatz in Hintersee nicht nur seine Badehose präsentiert haben, sondern auch seinen mit braunen Tattoos übersäten Körper.
[A]uf Rücken, Brust, Armen und Beinen [fanden sich] zwölf „einschlägige Tattoos“, darstellend etwa einen Wehrmachtssoldaten und die Aufschrift „Total War“ (totaler Krieg), weiters prangten auf seinem Körper die Zahl 88 – ein Neonazicode für „Heil Hitler“ (die 8 symbolisiert den achten Buchstaben des Alphabets) – oder auch die Reichskriegsflagge. Ein anderer Badegast bat den Ungarn, die Tattoos zu bedecken – dieser habe aber nur gegrinst. In der Folge rückte die Polizei an. (Salzburger Nachrichten, 24.07.21 S. L10)
Wien: IS-Kämpfer mit Neonazi-Vergangenheit
Wie kurz der Weg vom Neonazi zum IS-Sympathisanten ist, zeigt die Biographie des aus dem steirischen Murtal stammenden Bernd T., der im Juli zusammen mit vier weiteren Personen in Wien vor Gericht stand.
Besonders bemerkenswert ist aber die Vita eines dritten Verdächtigen: Der 32-jährige Bernd T. stammt aus einem nicht muslimischen Elternhaus und wuchs im steirischen Murtal auf. Für eine Berufsausbildung zog er als junger Mann nach Innsbruck und driftete dort zunächst in rechtsextreme Kreise ab. „Für ca. ein Jahr hielt sich Bernd T. (Name gekürzt, Anm.) im rechtsradikalen bzw. neonazistischen Milieu in Innsbruck auf“, heißt es in der 201-seitigen Anklageschrift. Beim Boxtraining lernte T. den nun Mitangeklagten Turpal I. kennen, begann sich für den Islam zu begeistern und konvertierte. Kurze Zeit später zog er nach Wien und bewegte sich im Umfeld des Predigers und islamistischen Rekrutierers Mirsad O.. (…) 2013 reiste Bernd T. laut Anklage dann mit seiner Ehefrau in die Türkei und weiter nach Syrien. Dort soll er sich einer islamistischen Kampfeinheit angeschlossen haben. Im Dezember kehrte er jedoch wieder zurück nach Wien, weil ihn Bombardements der syrischen Streitkräfte abgeschreckt hätten, meint die Staatsanwaltschaft. Radikal sei er jedoch geblieben und habe sich ab Sommer 2014 nach Saudi-Arabien abgesetzt. Bei einem Rückflug nach Österreich im August 2019 wurden er und seine Frau verhaftet. (profil.at, 6.7.21)
T., der sich reumütig und geläutert zeigte (seine Kinder „sollen so aufwachsen, wie ich aufgewachsen bin, in der Steiermark, frei von Gewalt.” wien.orf.at, 27.7.21), kassierte 4,5 Jahre Haft und den Ausschluss vom Wahlrecht – nicht rechtskräftig.
Oberalm/Sbg: Merlin E. verurteilt
Mit einem relativ milden Urteil ist der ehemalige Corona-Demo-Aktivist und in Deutschland mehrfach vorbestrafte Merlin E. davongekommen. Der stand in Salzburg wegen des Verdachts auf Verstoß gegen das Waffengesetz, Vorbereitung von Suchtgifthandel und Suchtgifthandel im Rahmen einer kriminellen Vereinigung vor Gericht. Er hatte zusammen mit drei Mitbewohner*innen in einem angemieteten Haus in Oberalm Hanfplantagen angelegt und jede Menge Waffen gehortet.
Der angeklagte Corona-Demo-Anführer bestritt vor der Polizei, gab aber zu, ab und zu selbst Gras konsumiert zu haben – doch der „Gärtner” belastet den Deutschen und die weiteren Mitzüchter schwer (wobei die 24-Jährige Freundin von Merlin E. nur ab und zu Pflanzen gegossen haben soll). (heute.at, 28.7.21)
Die bereits rechtskräftigen Urteile für die drei Männer: jeweils zwei Jahre Haft, davon acht Monate unbedingt, die gießende Frau kam mit einer Diversion davon. Ob es eine Erklärung gab, wozu die Waffensammlung angelegt wurde, geht aus den Medienberichten nicht hervor.
Tirol: Nach zwei Jahrzehnten geläuterter Neonazi
„Späte Anklage für geläuterten Tiroler Neonazi“ titelt die Tiroler Tageszeitung (8.8.21) ihren Bericht zu einem Prozess gegen 38-jährigen Tiroler, der nach zwanzig Jahren einschlägiger Aktivitäten erstmals vor Gericht stand. Worauf sich „geläutert” bezieht?
Geläutert und teils unter Tränen erzählte der Angeklagte vor dem Schwurgericht von seiner Wandlung. Vom Großvater hatte er die Ideologie noch vor der Jahrtausendwende aufgesaugt – dieser hatte „ihn immer vor den Ausländern gewarnt“.
Die Wandlung vollzieht der Tiroler übrigens seit einiger Zeit auch nach außen. So erschien der Mann mit voller Haarpracht im Schwurgerichtssaal. Seine strafrechtlich relevanten Tätowierungen hat er großflächig mit Puzzleteilen und Vierecken übertätowieren lassen. Und auch der einstige Trainingsraum existiert nicht mehr – er dient nunmehr als Kinderzimmer. (tt.com, 8.8.21)
Dem vorausgegangen war eine durchgehend braune Karriere: Als 17-Jähriger soll der Angeklagte „zusammen mit Skinheads einen Urlauber attackiert und dabei mit dem Hitlergruß ‚Sieg Heil!‘ gerufen“ (tt.com) haben. Auf seinem Körper hatten sich 14 NS-Tattoos befunden, im Haus wurden unzählige Nazi-Devotionalien sicher gestellt.
Rund um den Massenmörder [Hitler, Anmk. SdR] soll es früher übrigens auch einen Altar mit Kerzen und einer Ausgabe des Werks „Mein Kampf“ gegeben haben. Musikgeschmack: Nationalsozialistischer Black Metal. Zu Konzerten solcher Gruppen hatte der Tiroler laut Anklägerin Breithuber Interessierte ins Ausland gebracht und bei Bedarf mit passender Kleidung ausstaffiert. (tt.com)
Zur Hausdurchsuchung war es gekommen, weil der Tiroler einschlägig auf Social Media unterwegs war. Der nunmehr fast blitzartig geläuterte Mann kam mit nur 16 Monaten bedingt und 3.840 Euro Geldstrafe (rechtskräftig) davon.
Wien – Steinhaus bei Wels/OÖ: Geschworenenspruch „erstaunt“ auch den Richter
Ein aus Oberösterreich stammender 44-Jähriger hatte im Zuge der Corona-Demo am 6. März mit seiner Handbewegung die Aufmerksamkeit von drei Polizisten erregt. Die beobachteten und bezeugten das auch vor Gericht,
wie der in Bosnien geborene Österreicher beim Anblick einer Deutschen Flagge – mehrere Sekunden in strammer Haltung verharrend – den rechten Arm zum Hitler-Gruß erhoben und ‚Deutschland‘ gebrüllt haben soll. (…) Beim Prozess im Wiener Straflandesgericht schlossen die Polizisten ein Winken definitiv aus. Und dann geschah, womit niemand gerechnet hatte. Die Geschworenen sprachen B. (Anwalt Lorenz Kirschner) mit 7:1 frei.
Der vorsitzende Richter Christoph Bauer erteilte den Geschworenen daraufhin eine Rechtsmittelbelehrung (kommt extrem selten vor) und ließ nochmals abstimmen. Ergebnis: 4:4 – Freispruch! (krone.at, 11.8.21)
Es ist davon auszugehen, dass hier noch nicht das letzte Wort gesprochen ist. Möglich ist eine Berufung durch die Staatsanwaltschaft oder die Aufhebung des Urteils durch einen Richtersenat.
Salzburg/D: Prozess gegen III.-Weg-Kadermitglied
Er war im Flachgau auf Urlaub und hat nach Deutschland eine Postkarte geschrieben – also auf den ersten Blick nichts Ungewöhnliches. Er, das ist ein 36-Jähriger, führendes Mitglied der neonazistischen Kleinpartei „Der III. Weg“, in Deutschland bereits als rechtsextremer Straftäter geführt, hat die Karte an Susanne G. geschickt, die damals noch in Untersuchungshaft saß und mittlerweile zu sechs Jahren Haft wegen Bedrohung sowie der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat verurteilt wurde. G. hat ebenfalls Kontakte zu Helfern des NSU.
Der Mann wollte seine braune Gesinnungskameradin wohl aufmuntern und schickte „Herzliche aus der Ostmark. One für All – all for one“ (zit. nach Salzburger Nachrichten, 20.7.21). Er wird sich an einem noch nicht festgelegten Termin wegen des Verdachts auf Wiederbetätigung verantworten müssen. Angesichts dessen, was er (mutmaßlich handelt es sich ein frühere Mitglied des „Freies Netz Süd”) bereits auf dem Kerbholz hat, wird das vergleichsweise eine Kleinigkeit sein.
➡️ Wochenschau KW 27 bis 32/21, Teil 1: News aus dem identitären Lager
➡️ Wochenschau KW 27 bis 32/21, Teil 3: Blaue Geschichten
➡️ Wochenschau KW 27 bis 32/21, Teil 4: Gemischtes