Klagenfurt: Braune Nachrichten mit Bundesheer-Kumpel
Wien: U‑Bahn-Passagier bespuckt und bedroht
Wieder einmal ATV!
St. Georgen im Attergau/OÖ: Gekaperte Demo
Klagenfurt: Stolzer SS-Veteran Herbert Bellschan-Mildenburg tot
USA: Nancy Pelosi im Visier von Rechtsextremen
Dehumanisieren als recht(sextrem)e Strategie
Klagenfurt: Braune Nachrichten mit Bundesheer-Kumpel
Aufgeflogen war der 50-jährige Kärntner nur deshalb, weil bei einem Burgenländer, ein Kumpel aus Bundesheer-Zeiten, mit dem er braune Chatnachrichten ausgetauscht hatte, eine Anzeige wegen des Besitzes von Weinflaschen mit Nazi-Etiketten dahergekommen war. „‚Wir haben kaum noch Kontakt’, schildert der 50-Jährige. Der Freund aus dem Burgenland, bei dem 130 Nazi-Nachrichten sichergestellt wurden, erhielt bereits eine einjährige bedingte Freiheitsstrafe.“ (krone.at, 24.10.22) Auch der Kärntner erntete einen Schuldspruch und die Mindeststrafe über zwölf Monate bedingt – nicht rechtskräftig.
Wien: U‑Bahn-Passagier bespuckt und bedroht
Ein Wiener, der am Nationalfeiertag in der U‑Bahn unterwegs war, wurde Opfer eines üblen Angriffs. Der Auslöser: Er trug eine Maske, zumal er zur Gruppe der Hochrisikopatient*innen zählt. I. G. schildert den Vorfall gegenüber „heute“ so: „Ich war gerade am Rückweg von meinem kranken Vater, da setzte er sich zu mir und fragte nach meiner auffälligen Maske. Als ich es ihm erklärte, brüllte er los und nannte mich einen Krüppel.“
Es folgten, auch nachdem der Zugführer geholt wurde, der es offenbar vorzog, nicht einzuschreiten, weitere Beschimpfungen und Bespuckungen. „Obwohl ich mich weggesetzt habe kam er dann zu mir vor dem Aussteigen, hat mir den Fluchtweg versperrt & sich zu mir niedergebeugt mich weiter herabgewürdigt und aus nächster Nähe angespuckt. Das war NACH meinem Hilferuf an @wienerlinien“, schildert G. auf Twitter. Er hat den Vorfall aufgenommen und Anzeige erstattet.
Zu einer Diskussion kam es, weil der Täter eine (alte?) Bundesheer-Uniform trug. Schließlich stellte sich heraus, dass der, nach G. „einschlägig amtsbekannte“ Täter Angehöriger des wehrpolitischen Vereins „Deutschmeister Schützenkorps“ ist bzw. war: Er wurde laut einem Vorstandsmitglied ausgeschlossen.
St. Georgen im Attergau/OÖ: Gekaperte Demo
Das Desaster war vorhersehbar: Alle im St. Georgener Gemeinderat vertretenen Parteien (ÖVP, Grüne, FPÖ, SPÖ) hatten für den Nationalfeiertag zu einer Protestkundgebung gegen die Aufstellung von Zelten für Geflüchtete aufgerufen. Bereits eine Woche zuvor begannen Rechtsextreme, allen voran die Identitären, für die Teilnahme an der Kundgebung mobilisieren, ohne dass die Gemeindeführung darauf effizient reagierte. Die Versammlung vor dem Rathaus geriet daher zu einer von Rechtsextremen geprägten, rassistisch motivierten Kundgebung, bei der zuerst der ÖVP-Bürgermeister die hohle Phrase, gegen jeden Extremismus, egal von welcher Seite, zu sein, vom Stapel ließ. Es folgten Reden weiterer Parteienvertreter, wonach der Grüne Gemeinderat von der Veranstaltung mit Polizeieskorte verschwinden musste. Der Rest der politisch Verantwortlichen machte plangemäß von Rechtsextremen begleitet einen Marsch durch die Ortschaft.
„Auf die Frage, wieso die Veranstaltung dann trotzdem von Rechtsextremen gekapert werden konnte, entgegnet der Bürgermeister, dass er ‚auch kein Profi’ sei und nicht gewusst habe, wie man ‚in so einer Lage mit 1.000 Leuten umgeht’. Jedenfalls wolle er nicht ‚in so eine Szene reingerückt werden’.” (derstandard.at, 27.10.22) Vielleicht sollten er und der Rest der Gemeindevertreter, die nicht „in so eine Szene reingerückt” werden wollen, es künftig unterlassen, Kundgebungen dieser Art zu veranstalten. So bleibt als Fazit, dass sie sich zu politischen Marionetten von Rechtsextremen gemacht haben.
Bei der ATV-Serie „Forsthaus Rampensau“ ist eine Teilnehmerin nach einem „Nazi-Sager“ ausgeschlossen worden. „ATV handelte nach dieser ‚untragbaren Aussage‘ und wirft in der nächsten Woche die ‚Teenager werden Mütter‘-Teilnehmerin samt Partner Scott aus der Show.“ (krone.at, 28.10.22)
Erst im Juli fasste ein weiterer ATV-„Star“ aus derselben Teenager-Serie wegen Wiederbetätigung eine Verurteilung aus. Auch schon vor diesen beiden Fällen sind Teilnehmer aus ATV-Serien einschlägig aufgefallen.
Klagenfurt: Stolzer SS-Veteran Herbert Bellschan-Mildenburg tot
Er war bei allen, die rechtsextrem bzw. neonazistisch blinken, ein gern gesehener Gast: Herbert Bellschan-Mildenburg, Jahrgang 1924, rückte 1942 freiwillig in die Waffen-SS ein. „Seine Beförderungsurkunde zum SS-Untersturmführer, ausgestellt von Reichsführer SS Heinrich Himmler, besitzt Mildenburg noch heute im Original“, schrieb „Blick nach rechts“ 2005.
Zuletzt wurde über Bellschans mehrmalige Auftritte am rechtsextremen Ulrichsbergtreffen berichtet, als der Ulrichsberg-Redner Stephan Tauschitz zum Chef des Kärntner Verfassungsschutzes ernannt und dann nach heftiger Kritik wieder abgezogen wurde. Im Mai hatte Bellschan noch an einer öffentlichen Veranstaltung des „Kärntner Abwehrkämpferbunds“ am Domplatz in Klagenfurt/Celovec und laut einem Neonazi-Kanal vor Kurzem auch noch bei einem erneuten Treffen am Fuß des Ulrichsbergs teilgenommen. Die braune Community trauert um Bellschan, der laut Bekanntgabe durch seine Frau und seine Tochter am 25. Oktober verstarb.
Einige Tage früher ist der einst als Medieninhaber und „Schriftleiter“ von Publikationen der neonazistischen AfP geführte Herminio Redondo im Alter von 82 Jahren verblichen.
USA: Nancy Pelosi im Visier von Rechtsextremen
Wie Hetzkampagnen wirken, ist in der letzten Woche am Beispiel der Sprecherin des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, sichtbar geworden. Ein Rechtsextremist drang mit dem Ruf „Where is Nancy?“ in ihr Haus ein und schlug mit einem Hammer auf Pelosis Ehemann los, der dabei u.a. einen Schädelbruch erlitt. Nancy Pelosi selbst war während des Angriffs nicht anwesend. Der Täter ist nun mit einer Anklage wegen Körperverletzung und versuchter Geiselnahme konfrontiert: Er hatte „Kabelbinder, Seil und Klebeband bei sich gehabt, erklärte das US-Justizministerium. Nach Angaben der Ermittler gab der Mann nach seiner Festnahme an, er habe Nancy Pelosi als Geisel nehmen und mit ihr reden wollen.” (APA via derstandard.at, 31.10.22) Der Angreifer zeigte sich als Anhänger zahlreicher Verschwörungsmythen, wie an seinem persönlichen Blog zu sehen ist. Er äußerte sich dort antisemitisch und rassistisch und schrieb auch über QAnon.
Der Bluttat vorausgegangen waren jahrelange Kampagnen gegen die Demokratin Pelosi, in denen sie zum Feindbild stilisiert wurde. Alleine im letzten Jahr seien von den Republikanern Anzeigen um fast 37 Millionen Dollar geschalten worden, die sich gegen Pelosi gerichtet hätten.
Pelosi war ebenfalls im Visier jener Rechtsextremisten, die am 6. Jänner 2021 mit dem Ruf „Nancy, Nancy, where are you, Nancy?”gewalttätig ins Kapitol eingedrungen waren. Auch Donald Trump zählt zu dem Kreis, der „pausenlos gegen Nancy Pelosi hetzt (…). ‚Crazy Nancy‘ ist eine der Lieblingszielscheiben Trumps und seiner Anhänger, ihr Haus wird regelmäßig in rechten Medien abgebildet.“ (sueddeutsche.de, 28.10.22)
Die Anzahl der Drohungen gegen Mitglieder des US-Kongresses sei in fünf Jahren nach der Wahl von Donald Trump zum Präsidenten massiv angestiegen, führt die „New York Times“ an: „The number of recorded threats against members of Congress increased more than tenfold in the five years after Mr. Trump was elected in 2016, according to figures from the Capitol Police, the federal law enforcement department that protects Congress, with more than 9,625 threats reported in 2021.”
Dehumanisieren als recht(sextrem)e Strategie
Drei Beispiele aus den letzten Tagen, wie Akteure von Rechts politisch Andersdenkende sprachlich dehumanisieren und sich damit eines Mittels des Nationalsozialismus bedienen:
Der steirische FPÖ-Landesparteisekretär Stefan Hermann meinte über einen Grazer FPÖ-Bezirkspolitiker, der Mario Kunaseks Vorgehen gegenüber den ausgeschlossenen Gemeinderatsmitgliedern hart kritisierte und daraufhin selbst ausgeschlossen wurde: „Das nächste destruktive Element hat sich somit selbst entfernt.“ (Kleine Zeitung, 28.10.22)
Der Intendant von Servus TV, Ferdinand Wegscheider, diffamierte Journalist*innen, die sich über Dietrich Mateschitz anlässlich dessen Todes kritisch geäußert hatten als „frustrierte Schreiberlinge“ und: „In dieser Woche haben milde Temperaturen offenbar dafür gesorgt, dass zahlreiche Schmeißfliegen und ähnliches Getier noch einmal aus ihren Löchern gekrochen sind und in der Herbstsonne ihren schädlichen Dreck abgesondert haben.“ (zit. nach derstandard.at, 30.10.22)
Der Kommunikationswissenschafter Fritz Hausjell kommentierte Wegscheiders verbalen Ausfall auf Twitter mit: „Diese Art der Dehumanisierung von Kritikern sollte nach Propagandaminister Joseph Goebbels ein No-Go sein.“
Nicht ganz so klar, aber in dieselbe Richtung gehend, meinte der CDU-Chef Friedrich Merz die Ampel-Regierung damit kritisieren zu müssen, indem er twitterte: „Das Muster der Respektlosigkeit zeigt sich bei der #Ampel schon lange. Regelmäßig ist die Regierungsbank nicht mit Mitgliedern der #Bundesregierung besetzt, sondern mit namenlosen Gesichtern einer unüberschaubaren Zahl von Parlamentarischen Staatssekretären.“ Sven Lehmann, einer dieser diffamierten Staatssekretäre, reagierte auf Twitter: „Doch, wir haben alle einen Namen. Und vertreten die Ministerinnen und Minister im Parlament. So will es das Gesetz. Und so war es auch unter CDU-geführten Regierungen. Respektlos ist einzig und allein dieser Tweet. Mal wieder.“