Wochenschau KW 43/22 (Teil 2)

Der zweite Teil unser­er Rückschau auf die Ereignisse der let­zten Woche ist alleine der FPÖ gewid­met: der Tirol­er, die fast vier Monate gebraucht hat, um bekan­ntzugeben, dass sie Werder Bre­men nun doch nicht kla­gen wird – ange­blich, um Steuergeld zu sparen. Davon scheint die Welser FPÖ-Vize­bürg­er­meis­terin jedoch weniger zu hal­ten. Die „nev­er end­ing sto­ry“ der Graz­er FPÖ hat mit weit­eren Beschuldigun­gen und einem Parteiauss­chluss ihre Fort­set­zung gefun­den. Auf Bun­de­sebene gibt sich die FPÖ als Opfer ein­er ver­meintlichen Polit-Jus­tiz und schwafelt von ein­er Haus­durch­suchung, die jedoch erfun­den ist.

FPÖ Tirol und Wels: Steuergeld mal so, mal anders
FPÖ Graz: Nev­er end­ing Ausschlüsse
FPÖ Bund: Erfun­dene Hausdurchsuchung

FPÖ Tirol und Wels: Steuergeld mal so, mal anders

Die Tirol­er FPÖ klagt nach heftigem Anfangs­getöse den Fußbal­lk­lub „Werder Bre­men“ auf­grund eines in blauen Augen unge­höri­gen Tweets nun doch nicht. Zwei von vier (!) spezial­isierten Anwäl­ten, die die Causa geprüft hät­ten, sollen der FPÖ keine guten Chan­cen eingeräumt haben, das Ver­fahren zu gewinnen.

Tweet Werder Bremen zur FPÖ mit Slogan "Klare Kante gegen Nazis" (2.7.22)

Tweet Werder Bre­men zur FPÖ mit Slo­gan „Klare Kante gegen Nazis” (2.7.22)

Diese Prü­fung durch ein Män­ner-Quar­tett hätte sich die FPÖ erspart, wäre sie gle­ich der kosten­losen und schnellen Ein­schätzung durch die renom­mierte Medi­en­recht­san­wältin Maria Wind­hager gefol­gt, die bere­its im Juli via Stan­dard gemeint hat­te, „die Frei­heitlichen wären schlecht berat­en, wür­den sie Werder Bre­men tat­säch­lich kla­gen. Denn: ‚Ich glaube, dass die FPÖ let­ztlich vor Gericht den Kürz­eren ziehen würde.‘“ Aber das Säbel­ras­seln hat knapp drei Monate vor der Land­tagswahl bess­er ins Konzept der FPÖ gepasst als den Werder-Tweet ein­fach nur hinzunehmen. Jet­zt argu­men­tiert der Tirol­er FPÖ-Obmann Abw­erzger damit, kein Ver­fahren riskieren zu wollen, denn das würde „eine Menge Geld kosten, ‚in dem Fall Steuergeld‘“ (derstandard.at).

Das Steuergeld scheint der Welser FPÖ-Vize­bürg­er­meis­terin Christa Rag­gl-Mühlberg­er wiederum völ­lig egal zu sein. Die war von der Sozial­is­tis­chen Jugend auf Unter­las­sung und Wider­ruf geklagt wor­den, weil sie in einem Zeitungsar­tikel behauptet hat­te, in den 1990er-Jahren habe die Sozial­is­tis­che Jugend gefordert, ihre Fam­i­lie solle aus der Stadt ver­schwinden. „Im soge­nan­nten Pro­vi­so­ri­alver­fahren über die einst­weilige Ver­fü­gung entsch­ieden alle Instanzen für die SJ. Der Ober­ste Gericht­shof ver­wies die Causa dann an das Lan­des­gericht Wels. Dort gab Rich­terin Christi­na Gumpols­berg­er eben­falls der SJ als Klägerin recht.“ (derstandard.at, 28.10.22)

Rag­gl-Mühlberg­er will berufen: „Nun werde ein neuer Schrift­satz ver­fasst und es gehe in die näch­ste Instanz, sagt die Beklagte. Die Prozesskosten – der Stre­itwert liegt laut Urteil bei 22.000 Euro – übernehme die Partei.“ (derstandard.at)

FPÖ Graz: Nev­er end­ing Ausschlüsse

Es verge­ht kaum noch eine Woche, an dem keine Mel­dun­gen von der Selb­stzer­störung der Graz­er FPÖ kom­men, wobei inzwis­chen der Finanzskan­dal mit seinen Fol­gen schon längst auch auf die steirische Lan­despartei und vor allem deren Chef Mario Kunasek überge­grif­f­en hat. Nach Parteiaus­trit­ten von fast allen Mitarbeiter*innen des ehe­ma­li­gen Graz­er FPÖ-Gemein­der­atsklubs (darunter auch der ehe­ma­lige Mitar­beit­er des frei­heitlichen Par­la­mentsklubs und Iden­titären­fre­und Siegfried Waschnig) und dem Öffentlich­w­er­den eines Gespräch­spro­tokolls, kommt nun der Wider­stand gegen Kunasek auch aus den Bezirken. Aus­ge­treten ist der Göstinger Bezirksparteiob­mann Chris­t­ian Fin­ster, und der Straß­ganger FPÖ-Bezirkschef Oliv­er Leit­ner wurde im Reko­rdtem­po aus­geschlossen, nach­dem er angekündigt hat­te, als Stadt­parte­ichef kan­di­dieren und die Aus­geschlosse­nen wieder ein­schließen zu wollen. Zudem forderte er Mario Kunasek zum Rück­tritt auf, woraufhin er selb­st nach nur 25 Minuten aus­geschlossen wurde.

Leit­ner machte kurz vor seinem Auss­chluss eine Eingabe beim Lan­desparteigericht. Er erzählte am Don­ner­stag der Kleinen Zeitung von sein­er Rück­tritts­forderung an Kunasek. Keine halbe Stunde nach­dem der betr­e­f­fende Artikel online ging, bekam Leit­ner den schriftlichen Auss­chluss von Lan­desparteigeschäfts­führer Anton Kogler. (derstandard.at, 28.10.22)

Leit­ner sprach von weit­eren vie­len Parteim­it­gliedern in seinem Bezirk, die von der Partei ent­täuscht seien und aus­treten würden.

Dem Vernehmen nach plant die Truppe rund um den Ex-FPÖ-Klub Alex­is Pas­cut­ti­ni für näch­ste Woche eine Pressekon­ferenz, wo man weit­ere Schritte zur Aufk­lärung des Finanzkrim­is bekan­nt geben kön­nte. Die Brand­herde im blauen Graz­er Haus dürften wohl noch länger nicht gelöscht sein.“ (kleinezeitung.at, 30.10.22)

Es ist kaum noch vorstell­bar, dass die Lan­despartei, allen voran Kunasek, aus diesem Desaster noch einiger­maßen unbeschadet rauskom­men kann. An Bun­desparteiob­mann Kickl scheint die Angele­gen­heit bis­lang noch ziem­lich vorüberge­gan­gen zu sein, obwohl er den Rück­en von Kunasek & Co mit dem Auss­chluss der bish­eri­gen Graz­er Parte­ichefin Clau­dia Schön­bach­er demon­stra­tiv gestärkt hat.

FPÖ Bund: Erfun­dene Hausdurchsuchung

Das Strafrecht unter­schei­det zwis­chen Lüge und Unwahrheit: Erstere gibt man bewusst von sich, zweit­ere passiert unbe­wusst. Das Endergeb­nis ist das­selbe: Eine Äußerung ist falsch. Dass nun Chris­t­ian Hafe­neck­er fak­ten­widrig ver­bre­it­et, bei einem sein­er Mitar­beit­er habe eine Haus­durch­suchung stattge­fun­den und daraus auch noch den Spin dreht, die habe sich poli­tisch motiviert gezielt gegen die FPÖ gewen­det, kön­nte unter „Lüge“ sub­sum­iert wer­den – es sei denn, Hafe­neck­er kann nicht zwis­chen ein­er Sich­er­stel­lung und ein­er Haus­durch­suchung unter­schei­den. Aber Hafe­neck­er war nicht der einzige, der das Märchen von der Haus­durch­suchung unter die Leute brachte.

Mehrere FPÖ-Poli­tik­er empörten sich öffentlich über die – ange­bliche – „Haus­durch­suchung“ bei einem Mitar­beit­er des FPÖ-Klubs wegen (…) gefälschter Coro­na-Testzer­ti­fikate. Das Prob­lem daran: Diese Razz­ia ist nie passiert. „Es gab keine Haus­durch­suchung bei Her­rn Hafe­neck­er oder seinem Mitar­beit­er oder son­st jeman­den in dieser Causa. Es gab nur eine Sich­er­stel­lung bei einem Mitar­beit­er von Her­rn Hafe­neck­er“, erk­lärt die Staat­san­waltschaft Wien auf pro­fil-Anfrage. Konkret han­delt es sich bei dem sichergestell­ten Gegen­stand um das Handy des Mitar­beit­ers. (profil.at, 28.10.22)

Den Vogel schoss Hafe­neck­er zweifel­los beim recht­sex­tremen AUF1-TV des Ste­fan Mag­net ab. Dort durfte er über acht Minuten hin­weg darüber schwurbeln, wie sein Mitar­beit­er „von der Polizei über­fall­en“ (Zitat aus dem Inter­view) wurde und welche bösen Kräfte dahin­ter­stün­den. Ein­mal erwäh­nt Hafe­neck­er kor­rek­ter­weise, es habe eine Sich­er­stel­lung stattge­fun­den – das lässt darauf schließen, dass er doch weiß, worum es tat­säch­lich gegan­gen ist. Nichts­destotrotz set­zt er im sel­ben Inter­view fort, dass sein Mitar­beit­er „mit Schein­grün­den haus­durch­sucht“ wurde. Das klingt fürs iden­titätss­tif­tende Opfernar­ra­tiv der FPÖ ein­deutig besser!

AUF1 verbreitet Fake-Nachricht von Hafenecker

AUF1 ver­bre­it­et Fake-Nachricht von Hafenecker