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Rechte Tatreiniger

Dass die jah­re­lan­ge ver­ba­le Het­ze von Rechts gegen Nan­cy Pelo­si, die Spre­che­rin des US-Reprä­­sen­­tan­­ten­hau­­ses, in phy­si­sche Gewalt mün­den kann, war schon beim von Trump ange­zet­tel­ten Sturm auf das Kapi­tol abseh­bar. Jetzt ist sie pas­siert – und sofort rücken die rech­ten Tat­rei­ni­ger aus, um das Opfer zum Täter und die Spu­ren nach Rechts ver­ges­sen zu machen. […]

4. Nov 2022

Die Fak­ten

In der Nacht zum Frei­tag, 28. Okto­ber wur­de Paul Pelo­si (82), der Ehe­mann von Nan­cy Pelo­si, im Haus der bei­den in San Fran­cis­co mit einem Ham­mer zusam­men­ge­schla­gen und sehr schwer ver­letzt. Der nächt­li­che Ein­bruch und die Gewalt­at­ta­cke hat­ten eigent­lich Nan­cy Pelo­si gegol­ten, der der Täter (42) nach eige­nen Anga­ben zumin­dest die Knie­schei­ben zer­trüm­mern und sie als Gei­sel neh­men woll­te. Für die­sen Zweck hat­te er Kabel­bin­der, Strick, Kle­be­band und auch den Ham­mer in sei­nem Gepäck. Soweit die unbe­streit­ba­ren Fakten.

Mör­de­ri­sche Hetze

„Whe­re is Nan­cy?“ soll der Täter geru­fen haben, als er auf Paul Pelo­si traf. Das rie­fen auch die rechts­extre­men und gewalt­be­rei­ten Trump-Fans, als sie am 6. Jän­ner 21 das Kapi­tol in Washing­ton D.C. stürm­ten und die Spre­che­rin des Reprä­sen­tan­ten­hau­ses such­ten. Für Trump war die Demo­kra­tin Pelo­si, die er häu­fig als „cra­zy Nan­cy“ ver­spot­te­te und beschimpf­te, eine bevor­zug­te poli­ti­sche Zielscheibe.

Blog des Täters David D.
Blog des Täters David D.

Die rechts­extre­me repu­bli­ka­ni­sche Kon­gress­ab­ge­ord­ne­te Mar­jo­rie Tay­lor Gree­ne, ein QAnon-Fan wie David, der Täter, hat­te schon vor­her nicht nur ein Pos­ting gelikt, in dem eine Kugel für Pelo­si gefor­dert wur­de, son­dern in einer Rede auch einen Lan­des­ver­rat von Pelo­si behaup­tet, für den es eigent­lich die Todes­stra­fe geben sollte.

Täter David D.: Antisemitismus und Holocaustleugnung
Täter David D.: Anti­se­mi­tis­mus und Holocaustleugnung

Tat­rei­ni­ger am Werk

Einen Tag nach der mör­de­ri­schen Atta­cke auf Paul Pelo­si ver­öf­fent­lich­te das rech­te Online-Schmud­del­blatt „San­ta Moni­ca Obser­ver“ (SMO) einen Bei­trag, in dem Ein­bruch und Mord­ver­such in eine schmie­ri­ge sexu­el­le Affä­re zwi­schen Paul Pelo­si und dem Täter umge­deu­tet wur­den. Die Sto­ry explo­dier­te mil­lio­nen­fach, weil sie der neue Twit­ter-Chef Elon Musk teil­te und dazu den Tweet absetz­te: „Es gibt eine klei­ne Mög­lich­keit, dass hin­ter der Geschich­te mehr steckt, als auf den ers­ten Blick zu erken­nen ist.

Elon Musk: "There is a tiny possibility there might be more to this story than meets the eye" (zit. nach New York Times)
Elon Musk: „The­re is a tiny pos­si­bi­li­ty the­re might be more to this sto­ry than meets the eye” (zit. nach New York Times)

Nach eini­gen Stun­den und etli­cher Empö­rung über den rech­ten Ver­schwö­rungs­murm­ler lösch­te Tat­rei­ni­ger Musk sei­nen Tweet mit der „klei­nen Mög­lich­keit“ wie­der kom­men­tar­los und natür­lich ohne Ent­schul­di­gung, wäh­rend der SMO sei­ne Dreck­story nur halb­her­zig zurück­zog und in eine gekenn­zeich­ne­te „Mei­nung“ (label­led opi­ni­on) umzu­deu­ten versuchte.

SMO: Halbherziger Rückzug ohne Reue
SMO: Halb­her­zi­ger Rück­zug ohne Reue

Im deut­schen Sprach­raum zeich­ne­te sich die Schwei­zer „Welt­wo­che“, die vor vie­len Jah­ren ein­mal eine eini­ger­ma­ßen seriö­se, wenn auch kon­ser­va­ti­ve Zei­tung war, dadurch aus, dass sie aus dem erwie­se­ner­ma­ßen rechts­extre­me und anti­se­mi­ti­sche Ver­schwö­rungs­er­zäh­lun­gen (von QAnon bis zum Gre­at Reset) ver­brei­ten­den Täter einen Links­extre­men machte.

Weltwoche: "Pelosis Ehemann von einem Linksextremen angegriffen" (31.10.22)
Welt­wo­che: „Pelo­sis Ehe­mann von einem Links­extre­men ange­grif­fen” (31.10.22)

Den Vogel schoss aber das hei­mi­sche rech­te Ver­schwö­rungs­me­di­um report24.news von Flo­ri­an Machl ab. Eben­falls am 30. Okto­ber rück­te Mach­ls Alter Ego Wil­li Huber mit einer aus­ge­feil­ten Ver­schwö­rungs­ge­schich­te aus, die er schon im Vor­spann so rich­tig scharf mach­te, indem er auf die „Sys­tem­me­di­en wie der ORF“ los­ging. Die „gleich­ge­schal­te­te Medi­en­meu­te“ wür­den einen „rechts­ge­rich­te­ten“ Täter behaup­ten, indem sie ein­hel­lig schrie­ben, der Mann habe nach Nan­cy Pelo­si gesucht. Das weiß Machl ali­as Huber natür­lich bes­ser als der Täter, der das mitt­ler­wei­le auch zuge­ge­ben hat.

Tat­säch­li­cher Hin­ter­grund: Homo­se­xu­el­ler Sumpf hoch­ran­gi­ger US-Demo­kra­ten“, benennt Mach­ls Huber einen Zwi­schen­ti­tel in sei­ner Sto­ry und brei­tet dann sei­ne frei erfun­de­nen Schmie­re­rei­en aus. Es habe gar kei­nen Ein­bruch gege­ben: „Es gibt auch kei­ne Bil­der oder Schil­de­run­gen, die auf einen Ein­bruch hindeuten.“

Doch, Machl-Huber! Der Ein­bruch durch den Hin­ter­ein­gang ist in unzäh­li­gen Fotos doku­men­tiert. Der Täter gibt auch zu, dass Ein­bruch und Atta­cke eigent­lich Nan­cy Pelo­si gegol­ten und damit eine rechts­extre­me poli­ti­sche Inten­ti­on hat­ten. Aber der Machl-Huber ist ja ein pro­fes­sio­nel­ler Tatreiniger.

Fotos vom Einbruch in Pelosis Haus
Fotos vom Ein­bruch in Pelo­sis Haus