Rechnitz/B: Freizeit-Wikinger mit Betonhakenkreuzen
Eisenstadt: 27 Chatnachrichten, 14 Monate und eine Geldstrafe
Feldkirchen-Klagenfurt/K: Omas Geburtstag & Kaffeehäferl mit Hakenkreuz
Klagenfurt/K und Feldkirch/Vbg: Staatsverweigerer vor Gericht
Wien-Leopoldstadt: Antifaschistische Demo und ein Hitlergruß von Rechtsaußen
FPÖ-Stmk: Staatsanwaltschaft beantragt Auslieferung eines freiheitlichen Bundesrats
FPÖ Kärnten: Beratungsauftrag und Nationalratsmandat im Abtausch für Rücktritt als Landesparteiobmann
Rechnitz/B: Freizeit-Wikinger mit Betonhakenkreuzen
Als „skurril“ wird das Sammelgut des 42-jährigen Rechnitzers beschrieben, der Verteidiger bezeichnet ihn als „Freizeit-Wikinger“, als „komischen Kauz“. Die Anklage nach dem Verbotsgesetz klingt weniger prosaisch: Der 42-Jährige habe sich zwischen 2006 und 6.8.2020 in Rechnitz im Nationalsozialistischen Sinn betätigt, indem er NS Devotionalien in seinem Einfamilienhaus ansammelte und derart angebracht und positioniert habe, dass sie für andere Personen bzw. Besucher des Einfamilienhauses gut sichtbar gewesen seien.
Der „komische Kauz“ sei für die Justiz kein „Unbekannter“, berichtet meinbezirk.at (21.9.22): „Vorstrafe nach dem Waffengesetz. Mit 6 Monate bedingter Haft. Zudem ein Verfahren wegen Mordversuches. Das damals mit einem Freispruch endete.“
Gleich sieben Ausgaben von „Mein Kampf“ hatte der Rechnitzer bei sich deponiert, aus Beton gegossene Hakenkreuze, die er an einer Wand im Wohnzimmer aufgehängt hatte, weiters „ein holzgeschnitzter ‚Reichsadler mit Hakenkreuz in den Klauen‘ (…), 15 Stahlhelme mit Hitler-Symbolen, eine Davidstern-Armschleife, eine zerrissene Hakenkreuzfahne usw.“ (meinbezirk.at).
Die Behauptung, nicht schuldig zu sein und das Argument, er sammle viele kuriose Gegenstände wie etwa einen menschlichen Totenkopf, ausgestopfte Eulen und präparierte Raben scheinen eine Mehrheit der Geschworenen überzeugt zu haben. Fünf votierten für einen Frei‑, drei für einen Schuldspruch. „Nicht rechtskräftig, da der Staatsanwalt keine Erklärung abgab. Nach dem Spruch drehte sich der ‚Sammler‘ zu den Laienrichtern um, bedankte und verneigte sich.“ (meinbezirk.at) Der Dank des Angeklagten ist nachvollziehbar.
Eisenstadt: 27 Chatnachrichten, 14 Monate und eine Geldstrafe
Weniger glimpflich als der oben genannte Rechnitzer ist ein 38-jähriger Eisenstädter davon gekommen. Der hatte zwischen 2018 und 2020 via WhatsApp braune Nachrichten an diverse Freunde verschickt. Der Angeklagte bekannte sich schuldig, er habe sich nichts dabei gedacht „und gab zu, in 27 Chatnachrichten 61 Bilder und vier Videos mit strafrechtlich relevanten Inhalten verschickt zu haben“ (BVZ, 22.9.22, S. 34).
Die Geschworenen befanden ihn einstimmig für schuldig, das nicht rechtskräftige Urteil lautete auf 14 Monaten Haftstrafe bedingt, eine unbedingte Geldstrafe über 820 Euro Geldstrafe und die Bezahlung der Prozesskosten über 500 Euro.
Feldkirchen-Klagenfurt/K: Omas Geburtstag & Kaffeehäferl mit Hakenkreuz
Hitler bezeichnete der 53-jährige Kärntner als „Drecksack“, allerdings in einem Prozess nach dem Verbotsgesetz am Klagenfurter Landesgericht. Ansonsten dürfte seine Beziehung zum Nationalsozialismus eher von amikaler Natur sein. Bereits in den 1990er-Jahren war Herr H. in der Nazi-Hooligan-Szene aktiv und kassierte dafür auch eine Verurteilung. Seiner Gesinnung dürfte er treu geblieben sein. Am 20. April, Hitlers Geburtstag – in der Variante des Angeklagten der Geburtstag seiner Oma –, verschickte er einschlägige Sujets, seine Wohnung war überhäuft mit Nazi-Devotionalien.
Vom Kaffeehäferl mit Hakenkreuz über den Reichsadler bis zu T‑Shirts mit der verbotenen „Schwarzen Sonne“, die er auch zur Arbeit trug. „Und das Verwerflichste ist, dass Sie auch im Zimmer Ihres heranwachsenden Sohnes eine Vitrine mit solchen Sachen hatten“, schnaubt Richter Manfred Herrnhofer. „Was glauben Sie, wie ein Jugendlicher da geprägt wird?“ (krone.at, 21.9.22)
Das Urteil: ein Schuldspruch und zweieinhalb Jahre Haft, die der Feldkirchen annahm. Ob die Haftstrafe bedingt oder unbedingt ausfiel und auch die Staatsanwaltschaft mit dem Spruch einverstanden war, ist dem Zeitungsbericht nicht zu entnehmen.
Klagenfurt/K und Feldkirch/Vbg: Staatsverweigerer vor Gericht
Sehr unterschiedlich präsentierten sich die beiden Angeklagten, die in der letzten Woche wegen des gleichen Anklagepunktes, § 246 StGB – Staatsfeindliche Verbindungen, vor Gericht waren. Der 51-jährige Kärntner aus dem Lavanttal, früher laut Verteidiger ein „Topvermögensberater“,dessen Firma, für die er beschäftigt war, nach Betrügereien in die Pleite gegangen ist, zeigte sich reuig.
„Es war wie eine Sekte. Ich war diesen Leuten verfallen”, sagt er fünf Jahre später vor Gericht. Im Zuge der Ermittlungen gegen die mittlerweile wegen Hochverrats verurteilte „Staatenbund-Präsidentin” Monika Unger und ihre Gefolgsleute, kam der Kärntner ins Visier der Staatsanwaltschaft Graz und letztlich auf die Anklagebank. „Es war eine riesengroße Dummheit, die mich bisher schon mehr als 50.000 Euro gekostet hat”, sagt der Mann. (kleinezeitung.at, 20.9.22)
Vorgeworfen wurden dem Mann auch versuchte Erpressung und Nötigung und Anstiftung zum Amtsmissbrauch. Er habe 2016 und 2017 elf Drohschreiben an die Landespolizeidirektion, Landes- und Bezirksgerichte verschickt, die bereits vorgedruckt waren.
Das Geschworenengericht befand den Mann am Dienstagnachmittag schuldig im Sinne der Anklage. Er wurde zu 15 Monaten bedingten Haft und einer Geldstrafe (300 Tagsätze zu je 20 Euro) verurteilt. Der 51-Jährige nahm das Urteil an, die Staatsanwaltschaft gab keine Erklärung ab. Damit ist das Urteil noch nicht rechtskräftig. (kleinezeitung.at)
Zugeknöpft zeigte sich der ebenfalls 51-jährige angeklagte Vorarlberger. Der musste von der Polizei ins Gericht gebracht werden, nachdem er zum Verhandlungstermin nicht erschienen war.
Der Beschuldigte stellt nur eine Frage: „Sind Sie befugt, hier und jetzt über den Menschen T. zu urteilen, ja oder nein?“. Der Vorsitzende, Richard Gschwenter bejaht, dass dieses Gericht in dieser Zusammensetzung zuständig sei. Danach will der Mann, der vom Staat aber doch ganz gerne die monatlichen 1200 Euro AMS-Geld kassiert, gar nichts mehr sagen. (vn.at, 22.9.22)
Auch er hatte Drohschreiben im Namen des Fantasiegerichtshofs „Global Common Law Court“ verschickt und für den Staatenbund organisatorische Aktivitäten übernommen. Sein (nicht rechtskräftiges) Urteil fiel trotz der mangelnden Einsicht und Kooperation jedoch milder aus als für den Kärntner Ex-Kollegen: zwölf Monate Haft auf Bewährung und eine unbedingte Geldstrafe über 1.920 Euro. „Richter Richard Gschwenter begründete die milde Strafe mit der Unbescholtenheit des Angeklagten und damit, dass der 51-Jährige rasch aus staatsfeindlichen Verbindungen ausgetreten sei und offenbar keinen umstürzlerischen Ideen mehr anhänge.” (Neue Vorarlberger Tageszeitung, 23.9.22)
Wien-Leopoldstadt: Antifaschistische Demo und ein Hitlergruß von Rechtsaußen
Etwa 200 Personen hatten sich am 15. September in der Wiener Leopoldstadt versammelt, um gegen neonazistische und antisemitische Umtriebe im jüdisch geprägten Bezirk zu demonstrieren.
Um 17 Uhr versammelte man sich auf und rund um den Karmeliterplatz in Begleitung von der Polizei. Während die einen gegen Rechtsextremismus demonstrierten, kam es auch zu einer offensichtlichen Störaktion. Wie die Polizei Wien gegenüber der BezirksZeitung mitteilte, soll ein Mann den Hitlergruß gemacht und dabei „Sieg Heil!” gerufen haben. „Es erfolgte eine Anzeige nach dem Verbotsgesetz”, sagte ein Polizeisprecher. (meinbezirk.at, 15.9.22)
FPÖ-Stmk: Staatsanwaltschaft beantragt Auslieferung eines freiheitlichen Bundesrats
Wegen des Verdachts auf Verhetzung beantragte die Staatsanwaltschaft Graz beim steirischen Landtag die Aufhebung der Immunität des weststeirischen FPÖ-Bundesrats Markus Leinfellner. Auf den Mord an der 13-Jährigen Leonie hatte er auf Facebook gepostet „Zuwanderung tötet“. Der Verfassungsausschuss wird über den Antrag am 4. Oktober entscheiden.
FPÖ Kärnten: Beratungsauftrag und Nationalratsmandat im Abtausch für Rücktritt als Landesparteiobmann
Anwalt Christian Ragger, seit 2017 Nationalratsabgeordneter der FPÖ, scheint ein Faible entwickelt zu haben, sich in dubiose Situationen zu bringen. Diesmal am Tapet: Laut „Kleine Zeitung“ (25.9.22) soll er sich 2016 seinen „freiwilligen“ Rücktritt als Kärntner FPÖ-Parteichef gut kompensieren haben lassen. Demnach habe es eine mit dem damaligen Bundesparteiobmann Heinz-Christian Strache und seinem Nachfolger in Kärnten, Gernot Darmann, eine Vereinbarung gegeben.
Die Kanzlei dürfe der Partei bis März 2018 bzw. bis Raggers „Antritt als Nationalrat“ monatlich die 6.500 Euro in Rechnung stellen. Tatsächlich wurde Ragger dann im November 2017 als Abgeordneter angelobt. Die Vereinbarung umfasste auch eine Beschäftigungsgarantie für Raggers damaligen Chauffeur sowie die Zusicherung eines Landtagsmandats für Harald Trettenbrein, wie Ragger aus dem Lavanttal, für die Periode 2018 bis 2023. (kaernten.orf.at, 25.9.22)
Nun befiel Ragger eine bei der FPÖ recht häufige Erscheinung: Von der „Kleinen Zeitung“ befragt, konnte er sich an den Vertrag nicht mehr erinnern. Aber immerhin wusste er noch, dass „es solche Vereinbarungen in der Partei immer wieder gegeben“ (kaernten.orf.at) habe.
2015 war Anwalt Ragger in einem Untreueverfahren mit einer Diversion davongekommen, 2020 wurde seine parlamentarische Immunität aufgehoben, weil er, von der Polizei nach einer massiven Geschwindigkeitsübertretung gestoppt, seinen Führerschein nicht abgeben wollte und dann auch noch der „Kleinen Zeitung“ mit einem „Krieg“ gedroht hatte, sollte die Zeitung über die Schmach seines Führerscheinentzugs berichten.
Und im Mai 2022 mussten er und seine Partei sich entschuldigen, weil geheime Tonbandaufnahmen aus einer FPÖ-Sitzung wüste verbale Ausfälle von Ragger enthüllten.
Der Vorstand der Kärntner Beteiligungsverwaltung, Martin Payer, sei laut Ragger „zu dumm zum Scheißen“, Ex-Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) ein „Arsch“, weil die Volkspartei die Freiheitlichen im Zuge der Hypo-Affäre schlecht aussehen gelassen habe. Die gesamte ÖVP bezeichnete der FPÖ-Politiker sogar als „schwarze Facken“. Falls du nicht weißt, was das bedeutet: „Facken“ heißt umgangssprachlich so viel wie „junge Schweine“. So ist es in den Tonaufnahmen zu hören, die anonym mehreren österreichischen Medien zugespielt wurden.(buzzfeed.at, 3.5.22)