Wochenschau KW 29 bis 33/20 (Teil 3)

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Der drit­te Teil unse­res Rück­blicks auf die letz­ten fünf Wochen ist (fast) aus­schließ­lich der FPÖ gewid­met. Da geht’s von einem Scherz-Keks der beson­de­ren Art über eine blaue Kriegs­er­klä­rung an die Klei­ne Zei­tung bis zur völ­lig zer­leg­ten Hiet­zin­ger Bezirks­par­tei, deren Lei­tung nun der Erfin­der des „Hump-Dump“-Sagers über­nom­men hat. Und dann gibt’s auch noch eine Anzei­ge gegen den FPÖ-Land­tags­ab­ge­ord­ne­ten Ste­fan Her­mann. Das ver­hal­ten­so­ri­gi­nel­le Team Stra­che wird einen eige­nen Bei­trag erhalten.

Ternitz/NÖ: Scherz-Keks mit NS-Reichsadler
Kärn­ten: Rag­gers Kriegserklärung
Wien-Hiet­zing: Hump-Dump-Kabas soll’s wie­der richten
Stei­er­mark: Anzei­ge von SOS Mit­mensch gegen FPÖ-Hermann

Ternitz/NÖ: Scherz-Keks mit NS-Reichsadler

Scherz heißt er, der Herr FPÖ-Stadt­rat aus Ter­nitz, Erwin mit Vor­na­men. Dass er sich selbst mit einem T‑Shirt, auf dem ein NS-Reichs­ad­ler prangt, abfo­to­gra­fier­te und das Werk auf Face­book stell­te, ist jedoch kein Scherz. Auch nicht, was der Stadt­rat dazu zu sagen hat­te. „Der Ter­nit­zer Stadt­rat hät­te das T‑Shirt ganz bil­lig in einem Geschäft gekauft, ver­tei­digt er sich im NÖN-Tele­fo­nat: ‚Ich habe gar nicht so dar­auf geschaut, was dar­auf ist!‘“ (noen.at, 14.7.20)

FPÖ-Stadtrat mit NS-Reichsadler (Kronen Zeitung)

FPÖ-Stadt­rat mit NS-Reichs­ad­ler (krone.at)

Die FPÖ reagier­te dar­auf mit Schulterzucken.

Für den nie­der­ös­ter­rei­chi­schen FPÖ-Land­tags­ab­ge­ord­ne­ten Jür­gen Hand­ler gibt es kei­nen Grund für Kon­se­quen­zen. SPÖ-Lan­des­ge­schäfts­füh­rer Wolf­gang Koce­var übte unter­des­sen schar­fe Kri­tik an den Aus­sa­gen von Scherz und hält die­se für eine Aus­re­de. Der Neun­kirch­ner SPÖ-Bezirks­chef René Wun­derl for­der­te, dass Hand­ler ent­we­der den sofor­ti­gen Rück­tritt von Scherz durch­setzt oder die­sem eine genaue Erklä­rung zum Ursprung des T‑Shirts abver­langt. (derstandard.at, 4.8.20)

Seit­her ist wie­der Ruhe ein­ge­kehrt. Und die FPÖ arbei­tet inzwi­schen seit fast einem Jahr an den Com­pli­ance-Regeln für FPÖ-Mit­glie­der, die auch in Reak­ti­on auf die unzäh­li­gen „Ein­zel­fäl­le“ von BPO Hofer groß ange­kün­digt und ver­mark­tet wor­den sind. Beim Herrn Scherz kom­men sie jeden­falls (noch?) nicht zur Anwendung.

User aus dem Standard-Forum sarkastisch zum T-Shirt des Erwin Scherz: Der Adler ein "NS-Symbol ... wer soll das bitte wissen?"

User aus dem Stan­dard-Forum sar­kas­tisch zum T‑Shirt des Erwin Scherz: Der Adler ein „NS-Sym­bol … wer soll das bit­te wissen?”

Kärn­ten: Rag­gers Kriegserklärung

Wenn Chris­ti­an Rag­gers Weg zum Ver­band der Geflü­gel­züch­ter führt, dann ist er hur­tig unter­wegs – zu hur­tig, näm­lich um 50km/h zu schnell. Dafür muss­te Rag­ger eine Geld­stra­fe bezah­len, die ihm als Anwalt und Natio­nal­rats­ab­ge­ord­ne­ter nicht all­zu sehr schmer­zen dürf­te. Anders war das offen­bar beim zwei­wö­chi­gen Füh­rer­schein­ent­zug, den er mit Ver­weis auf sei­ne Immu­ni­tät bekämpf­te. Pech gehabt, die Immu­ni­tät wur­de auf­ge­ho­ben und Rag­ger durf­te sich für zwei Wochen nicht hin­ters Steu­er set­zen. Jetzt wird’s aber rich­tig unter­halt­sam: Rag­ger woll­te par­tout ver­hin­dern, dass über die Schmach sei­nes tem­po­rä­ren füh­rer­schein­lo­sen Lebens berich­tet wird und wen­de­te sich in einem offen­bar etwas rüden Ton an die „Klei­ne Zeitung“.

„Es sei Krieg, droh­te er am Tele­fon, soll­te die Kärnt­ner Redak­ti­on es wagen zu schrei­ben, dass er, Chris­ti­an Rag­ger, der­zeit ohne Füh­rer­schein ist“, schreibt Klei­ne Zei­tung-Chef­re­dak­teur Hubert Pat­te­rer. (…) „Wir fan­den das ohne Skan­da­li­sie­rungs­ei­fer berich­tens­wert”, so Pat­te­rer, „zum einen, weil der Haupt­dar­stel­ler der Geschich­te eine Per­son öffent­li­chen Inter­es­ses ist (Medi­en­recht), und zum zwei­ten, weil der Rechts­staat sei­ne Funk­ti­ons­tüch­tig­keit bewies: Weder ließ sich die Poli­zei von der Pro­mi­nenz des Rasen­den beir­ren, noch die Beam­ten des Ver­wal­tungs­ge­richts, noch das Par­la­ment durch fal­schen Korps­geist. Wir übri­gens auch nicht, auch wenn jetzt mords ein Krieg ist.“ (branchenblatt.at, 16.7.20)

Da lachen ver­mut­lich auch die Hüh­ner des Geflügelzüchterverbands!

Wien-Hiet­zing: Hump-Dump-Kabas soll’s wie­der richten

Kaum hat­te Stra­ches neue Trup­pe fröh­lich ver­kün­det, dass alle sie­ben Mit­glie­der der Hiet­zin­ger FPÖ-Bezirks­frak­ti­on aus der FPÖ aus­ge­tre­ten und fünf davon – dar­un­ter der Bezirks­par­tei­ob­mann Gün­ter Kasal – zum THC über­ge­lau­fen sei­en, war eine von ihnen auf ihre angeb­lich neue Par­tei der­ma­ßen ange­speist, dass sie nach weni­gen Stun­den auch offi­zi­ell wie­der in den blau­en Schoß zurück­kehr­te. „Die Bezirks­rä­tin habe nie die Absicht gehabt, die FPÖ zu ver­las­sen, sie sei aber über­rum­pelt wor­den. Beim Team HC bestä­tig­te man, dass die Bezirks­rä­tin doch lie­ber bei der FP blei­ben wür­de.“ (kurier.at, 22.7.20)

Die völ­lig zer­leg­ten Hiet­zin­ger Blau­en soll nun ein alter Bekann­ter lei­ten, wie die Lan­des-FPÖ ver­kün­de­te: „Stumpf erklärt wei­ters, dass der ehe­ma­li­ge Lan­des­par­tei­ob­mann der Wie­ner FPÖ, Mag. Hil­mar Kabas, die FPÖ-Hiet­zing inte­ri­mis­tisch lei­ten wird.“ (ots.at, 22.7.20) Kabas erlang­te durch die soge­nann­te „Hump-Dump-Affä­re“ zeit­lo­se Berühmt­heit, als er im Jahr 2000 auf dem FPÖ-Par­tei­tag dem dama­li­gen Bun­des­prä­si­den­ten Tho­mas Kle­stil attes­tier­te, sich wie ein „Lump“ benom­men zu haben, das dann auf Nach­fra­ge jedoch kor­ri­gier­te: „Das war eher ein Geblö­del. Lump hab ich aber im Zusam­men­hang mit Kle­stil nicht gesagt. Es war so etwas wie Hump oder Dump, aber so genau weiß ich das nicht mehr.“ (zit. nach Wiki­pe­dia)

Wen Kabas nun kon­kret lei­ten wird, ist nicht ganz klar, auf der Web­site der Wie­ner FPÖ wur­de die Unter­sei­te der Hiet­zin­ger Bezirks­par­tei ins digi­ta­le Nir­wa­na beför­dert. Die Bezirks­par­tei scheint also nicht mehr zu existieren.

Stei­er­mark: Anzei­ge von SOS Mit­mensch gegen FPÖ-Hermann

Der Vize­klub­ob­mann der stei­ri­schen FPÖ im Land­tag fällt immer wie­der durch wider­li­che Pos­tings auf, die dann noch viel wider­li­cher kom­men­tiert wer­den. Dies­mal hat er jedoch eine Anzei­ge wegen des Ver­dachts auf Ver­het­zung kassiert.

SOS Mit­mensch hat gegen den stei­ri­schen Vize­klub­ob­mann Ste­fan Her­mann Anzei­ge bei der Staats­an­walt­schaft Graz wegen des Ver­dachts der Ver­het­zung ein­ge­bracht. Anlass ist ein von Her­mann auf Face­book in Umlauf gebrach­tes Hass­vi­deo mit wüs­ten Beschimp­fun­gen gegen Roma und Sinti.

„Wir haben den her­ab­wür­di­gen­den Pos­ting­text von FPÖ-Vize­klub­ob­mann Her­mann sowie das von ihm in Umlauf gebrach­te Video mit Hass­aus­sa­gen und Beschimp­fun­gen gegen Roma und Sin­ti ein­ge­hend geprüft und sind zum Schluss gekom­men, dass der Tat­be­stand der Ver­het­zung erfüllt sein könn­te“, erklärt Alex­an­der Poll­ak, Spre­cher von SOS Mit­mensch. (ots.at, 25.7.20)

Vertreter*innen der Roma (Lebens­zei­chen, Han­go Roma, Newo Ziro und Roma Ser­vice) haben sich der Anzei­ge von SOS Mit­mensch ange­schlos­sen. In einer Pres­se­aus­sendung heißt es: „Wir sind zutiefst ent­setzt dar­über, dass öster­rei­chi­sche Poli­ti­ker Hass­vi­de­os gegen Roma und Sin­ti ver­brei­ten. Die­ses Schü­ren von Hass hat gro­ße Wel­len geschla­gen und bei vie­len Roma und Sin­ti in Öster­reich gro­ße Sor­gen her­vor­ge­ru­fen“, so die Vertreter*innen nam­haf­ter Roma-Orga­ni­sa­tio­nen in Österreich.“