Wien: Küssels Ex-„Gaubeauftragter“ vor Gericht
Völkermarkt – Klagenfurt/Kärnten: Wiederbetätigung „im Strom des Nachrichtenverschickens“
Feldkirch/Vbg.: Schwarzer Humor mit Brauntönen
St. Pölten – St. Peter in der Au/NÖ: Prozess vertagt
Salzburg: Kranz für WiederstandskämpferInnen beschädigt
Haag/NÖ: Vandalismus inklusive NS-Beschmierungen
Nichts mehr roger für „alles roger?“
Wien: Küssels Ex-„Gaubeauftragter“ vor Gericht
Ein alter Bekannter stand in Wien wegen des Vorwurfs der Wiederbetätigung vor Gericht. Nicht zum ersten Mal. Der seinerzeit von Gottfried Küssel offiziell als „Gaubeauftragter“ von Wien geführte und Ex-Burschenschafter (Teutonia Wien) Kurt H. wurde bereits 1996 zu zwei Jahren bedingter Haft verurteilt. Die aktuellen Vorwürfe: „Der 53-Jährige soll im August 2018 in einem Lokal lautstark den Holocaust geleugnet, nationalsozialistische Parolen gegrölt und die Kellnerin antisemitisch beschimpft haben. Das Pikante daran: Wie der Unbescholtene selbst bei der Polizei eingestand, hat er sich vor 30 Jahren im Umfeld der neonazistischen Vapo rund um Gottfried K. bewegt. Darüber hinaus war er von einer Burschenschaft ausgeschlossen worden, und bei einer Hausdurchsuchung fanden die Ermittler Bilder von H. in SS-Uniform und mit Stahlhelm.“ (derstandard.at, 28.10.19)
H. erzählt vor Gericht eine absurde Geschichte, die wir hier wegen ihrer „Komplexität“ nicht wiedergeben wollen – sie kann im Standard nachgelesen werden. Fakt ist, dass die Polizei im Zuge einer Hausdurchsuchung bei H. einschlägiges Bildmaterial gefunden hatte, beispielsweise ein Foto mit einem Hakenkreuz in einer EU-Flagge. Das Hakenkreuz assoziiert H. vor Gericht mit dem Buddhismus, dem er nahe stehe. Auch ein Foto von sich selbst in SS-Uniform war unter den polizeilichen Fundstücken – eine Theateruniform, die er nur anprobiert habe.
Die Belastungszeugin aus dem Lokalvorfall scheint jedoch laut Gerichtsreporter den Angeklagten in den absurden Angaben noch zu getoppt zu haben. Zuerst tauchte sie vor Gericht nicht auf und musste von der Polizei vorgeführt werden. Dort verstrickte sie sich in Widersprüche und brach schließlich in Tränen aus. Das ebenfalls absurd anmutende Resultat: H. wird mit fünf zu drei Stimmen freigesprochen – rechtskräftig, da auch die Staatsanwaltschaft keinen Einspruch erhebt. Wohin kämen wir denn auch, wenn mann nicht einmal mehr in einer SS-Uniform posieren kann …
Völkermarkt/Kärnten: Wiederbetätigung „im Strom des Nachrichtenverschickens“
Das ist wohl eine spezielle Art des Schwimmsports, den der in Klagenfurt verurteilte 32-Jährige betreibt. Denn der verschickte jahrelang NS-Inhalte via WhatsApp.
„Der Angeklagte, der unter anderem wegen Körperverletzung, versuchter Vergewaltigung und gefährlicher Drohung mehrfach vorbestraft ist, bekannte sich schuldig. ‚Es war eine Dummheit, ich würde das heute nicht mehr machen‘, sagte er in der Einvernahme durch Richter Kriz. Er sei im Strom des ‚Nachrichtenverschickens mitgeschwommen‘, meinte der Angeklagte weiter. Und er habe das Verbreiten dieser Nachrichten als ‚Spaß‘ gesehen.“ (kaernten.orf.at, 29.10.19) 2018 habe er sich laut Anklage auch noch mit hitlergrüßend ablichten lassen. Das Urteil mit 21 Monaten Haft, sieben davon unbedingt, ist nicht rechtskräftig. Soll uns das trösten, dass der Verurteilte dem Gericht mitteilte, dass er nun als Zeichen seiner Reue von Völkermarkt nach Graz gezogen ist? Eher nicht!
Feldkirch/Vbg.: Schwarzer Humor mit Brauntönen
Holocaustleugnung, Verhetzung, braune Verschwörungstheorien, NS-Utensilien und einschlägige Nachrichten an seinen Umkreis: Der aus Deutschland ausgelieferte 32-jährige Angeklagte, der zuvor in Bludenz auch schon mal seinen Hund mit einem mit NS-Zeichen geschmückten Halsband spazieren führte, hat wohl kaum etwas ausgelassen, was Kennzeichen einer braunen Gesinnung sind. Dennoch gibt er an, „dass er nur einen ‚schwarzen Humor‘ habe und es sich lediglich um dumme Provokationen gehandelt habe“ (Vorarlberger Nachrichten, 30.10.19). Hinweise auf eine edlere Gesinnung – „er habe einen Buddha, Yin und Yang und ein Peace-Zeichen als Tätowierung auf seinem Körper“ (VN) –, und seine Lebensgefährtin sei Flüchtlingshelferin gewesen, auch er selbst habe sich dort engagiert, bewahrten den bereits siebenfach vorbestraften Deutschen nicht vor einer saftigen Strafe: schuldig in allen zwölf Anklagepunkten und 21 Monate unbedingte Haft. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
St. Pölten – St. Peter in der Au/NÖ: Prozess vertagt
Es war ein Facebook-Posting mit weitreichenden Folgen, das der SPÖ-Gemeinderat Ibrahim Günes aus St. Peter in der Au vor rund einem Jahr ins Netz schickte. Der erste Prozess gegen einen FPÖ-Angehörigen fand vor bereits zwei Wochen statt und endete mit einem Freispruch. Nun ging’s in die zweite Runde, in der sich ein 26- und 38- Jähriger vor Gericht wegen des Vorwurfs der Wiederbetätigung zu verantworten hatten.
„Die Parallelen zum vorigen Prozess: Selber Tatort, eine Anzeige, die sich nach einem Facebook-Posting des Vorsitzenden der Sozialistischen Jugend des Ortes durch dessen Freund ergab, sowie teilweise dieselben Belastungszeugen, die in ihren Aussagen behaupteten, dass die Angeklagten sich in einem Lokal im Bezirk Amstetten mit ‚Heil Hitler’ zugeprostet, die rechte Hand zum Hitlergruß erhoben und mehrfach ‚Sieg Heil‘ gerufen hätten.“ (meinbezirk.at, 28.10.19) Sehr unterschiedliche Äußerungen der geladenen Zeugen die Temperatur und damit die Jahreszeit betreffend, in der das braune Zuprosten stattgefunden haben soll und der Hinweis, dass die Polizei an jenem Abend die Angeklagten kontrolliert habe, führten zu einer Vertagung des Prozesses.
Salzburg: Kranz für WiederstandskämpferInnen beschädigt
Seit vielen Jahren legen Angehörige der Bürgerliste Salzburg zu Allerheiligen einen Kranz am Kriegerdenkmal im Salzburger Kommunlafriedhof nieder, der an die Widerstandskämpfer im Nationalsozialismus erinnern soll. Und nicht zum ersten Mal ist der Kranz beschädigt worden. „‚Am Abend war der Kranz noch intakt. Heute früh war er zerstört’, sagt Carl. Es sei nicht das erste Mal, das der Blumenschmuck zum Gedenken mutwillig beschädigt wurde. Vor Jahren sei einmal eine Schleife abgeschnitten worden und einmal der Kranz in den Müll geworfen worden. ‚Jetzt beginnt das wieder, weil das Klima anders ist’, sagt der Gemeinderat.“ (derstandard.at, 2.11.19). Die Bürgerliste wird zum Vorfall eine Sachverhaltsdarstellung einbringen.
Haag/NÖ: Vandalismus inklusive NS-Beschmierungen
Seit geraumer Zeit kämpft die niederösterreichische Gemeinde Haag mit einer Reihe von Vandalenakten. „In den letzten Monaten war es jedoch verhältnismäßig ruhig, ehe die Situation eskalierte. „‚Es zieht sich durch die ganze Stadt. In jeder Ecke von Haag gibt es Beschmierungen. Auch Blumen wurden ausgerissen’, betont Johann Feuerhuber, der Leiter des Bauhofes. Zuletzt sei er fast jeden Tag bei der Polizei gewesen, um die Vorfälle anzuzeigen, verdeutlicht Feuerhuber die aktuelle Problematik.
Besonders aktiv waren die unbekannten Täter im Weißpark, wo sie die Wände in der öffentlichen WC-Anlage beschmierten. Aber auch Transformatorkästen der EVN und Recycling-Container blieben nicht verschont. Mit Spray oder Lack malten die Vandalen unter anderem nicht entzifferbare Schriftzüge, den Code 187 und Hakenkreuze auf.“ (noen.at, 29.10.19) Was „187“ bedeutet, können auch wir nicht sagen, die Hakenkreuze sind dafür umso eindeutiger.
Nichts mehr roger für „alles roger?“
Noch deutet auf der Website des Magazins „alles roger?“ nichts auf dessen Ende hin. Der Betreiber der „Excalibur Media“, Ronnie Seunig, hat in einem launigen Interview mit dem Fellner-Medium „oe24.tv” allerdings dessen Aus verkündet, denn er „habe den Aufwand, den er betreibe, dem Nutzen, den es bringt, gegenübergestellt“ (derstandard.at, 31.10.19), und da ist Seunig offenbar zum Schluss gekommen, mit „alles roger?“ Schluss zu machen. Bemerkenswert war die Begründung, mit der Seunig auch indirekt eingestand, dass sein Magazin nicht ganz so erfolgreich war, wie zwischendurch suggeriert wurde:
Man gehe „unter in diesem Strom, der meinungsbildend” sei, so Seunig. Bis auf die FPÖ habe keine Partei seinem Magazin ein Interview gegeben. Deswegen sei „Alles roger?” zum Schluss als FPÖ-Magazin dargestellt worden, was er niemals gewollt habe. (…) Seine Erkenntnis sei, „dass die Mehrheit die Dummheit ist, und gegen die Dummheit werde ich immer verlieren”, so Seunig. „Damit habe ich auch keinen Sinn mehr gesehen, das Magazin weiter zu betreiben.“ (derstandard.at)
Wer in diesem Fall der Dumme ist, darüber haben Seunig und wir vermutlich eine unterschiedliche Auffassung. Dass nach der „Neuen Aula“ nun eine weitere rechtsextreme, antisemitische Publikation vom Markt verschwindet, verbuchen wir unter dem Label, erfreuliche Nachricht der Woche.