Was bedeutet eigentlich „mölzern“?

Aus dem Kreis unser­er LeserIn­nen erre­ichte uns in den let­zten Tagen eine Anfrage, der wir hier gerne nachge­hen. Brun­hilde N. aus Kärn­ten will wis­sen, welche Bewandt­nis es mit dem Wort „mölz­ern“ habe, ob es sich dabei nur um eine unrichtige Abwand­lung des Eigen­na­men „Mölz­er“ han­dle oder ob denn eine andere Bedeu­tung dahin­ter ste­he. In aller Kürze, liebe Brun­hilde: Es han­delt sich um eine Verb­form (für Dich: Tätigkeits­form), die tat­säch­lich nach Mölz­er, konkret: Andreas Mölz­er, benan­nt wurde, die das kaum wahrnehm­bare Entsor­gen von braunen Prob­le­men durch ihr andauern­des Zerre­den beschreiben soll.

Wir haben auch ein sehr anschaulich­es Beispiel für das „Mölz­ern“ gefun­den. Im „Mit­tagsjour­nal“ des ORF-Radios Ö 1 vom 31.10.19 befragte die Redak­teurin Andrea Mai­wald den Corpsstu­den­ten und FPÖ-Experten für alles und jedes, Andreas Mölz­er, zum Lieder­buch des pen­nalen Corps Aus­tria in Knittelfeld.

Dazu muss man wis­sen: In dieser Sache ist Andreas Mölz­er wirk­lich vom Fach. Zum einen, weil er selb­st Mit­glied des pen­nalen Corps Aus­tria Knit­telfeld ist, zum anderen, weil er sich, was vor allem das Lied „Es lagen die alten Ger­ma­nen“ bet­rifft, im Vor­jahr als Ken­ner dieses Liedes, sein­er braunen und anti­semi­tis­chen Stro­phe und des dies­bezüglichen prak­tis­chen Singver­hal­tens in seinem pen­nalen Knit­telfelder Corps erwiesen hat.

Eins, zwei, drei oder 70 Exem­plare des Liederbuchs?

Der Rei­he nach! Im „Mit­tagsjour­nal“ fragt die ORF-Redak­teurin Mai­wald den Andreas Mölz­er, ob er „das Buch und vor allem die Lieder“ kenne. Seine Antwort bein­hal­tet im Kern schon alles, was im Begriff „mölz­ern“ zusam­menge­fasst ist:

Ich kenne das Buch nicht. Ich kenne es aus der ‚Kro­nen Zeitung’ – die habe ich ger­ade da vor mir liegen, und da sehe ich, dass da offen­bar etwas kopiert wurde und schein­bar in ein­er Copy­shop oder in ein­er Buch­binderei zusam­menge­bun­den ist. Es han­delt sich, wenn ich richtig informiert bin, eben um ein Geschenk, wo ein oder zwei oder drei Exem­plare zusam­men kopiert, gebun­den wur­den da und dem Zanger, dem Wolf­gang Zanger über­re­icht wur­den.

Sen­sa­tionell, was Mölz­er aus dem Beitrag der „Kro­ne“ vom 31.10.19 mit ein­er Fotoan­sicht des Lieder­buchs her­ausholt bzw. inter­pretiert! Hat zwar mit der Frage nur am Rande zu tun, aber viel mit seinen ver­meintlichen Buch­bindeken­nt­nis­sen und – „wenn ich richtig informiert bin“ (Mölz­er) – um ein, zwei oder drei Exem­plare, die da dem Zanger über­re­icht wurden.

Kronen Zeitung 31.10.19, Liederbuch Austria Knittelfeld

Kro­nen Zeitung 31.10.19, Lieder­buch Aus­tria Knittelfeld

Nun, Mölz­er war nicht richtig informiert, was die Ver­bre­itung des Lieder­buchs bet­rifft. Es waren nicht „ein, zwei oder drei Exem­plare“, die Zanger über­re­icht wur­den, son­dern 50 bis 70 Stück. Wer sagt das? Wolf­gang Zanger selb­st, allerd­ings erst in der „Kro­ne“ vom 1.11.19. Zanger war ja bis vor zwei Jahren noch Alther­ren-Obmann der Knit­telfelder Pen­näler, also ist es dur­chaus denkbar, dass er die 50–70 Stück von der Graz­er Burschen­schaft Cheruskia erhal­ten hat. Passt zwar nicht ganz zu Zangers Erzäh­lung, wonach er sein Exem­plar „als Geschenk eines mir lieb gewe­se­nen Men­schen“ vom Knit­telfelder Corps erhal­ten habe.

Im Ver­gle­ich zu der Lücke zwis­chen eins, zwei oder drei Exem­plaren und 50 bis 70 Stück ist diese Dif­ferenz allerd­ings fast harm­los. Mölz­ers Antwort ist nicht nur deshalb ein schönes Beispiel des „Mölz­ern“, weil er mit sein­er ver­harm­losenden Verkleinerung auf ein bis drei Exem­plare nicht nur als Empfänger fast schon automa­tisch auss­chei­det, son­dern auch, weil er das Buch nicht ken­nen will, wohl aber genau die Lieder, die in dem Knit­telfelder Lieder­buch enthal­ten sind.

Mölz­er ken­nt nicht das Buch, aber seine Texte? 

Die näch­ste Frage von Andrea Mai­wald im „Mit­tagsjour­nal“ lautete:

Herr Mölz­er, auch wenn Sie das Buch nicht ken­nen, kön­nen Sie auss­chließen, dass das bei Ihrer Schülerverbindung aufliegt?

Dem Andreas Mölz­er geht bei dieser Frage das Herz über, denn die Frage ist für ihn tat­säch­lich „aufgelegt“, da kann er aus dem Vollen schöpfen:

Selb­stver­ständlich kann ich das auss­chließen. Ich kenne das nicht. Ich kenne also jet­zt die Texte, die da in der Zeitung eben veröf­fentlicht sind, und da ist zum Beispiel dieses Lied, das wir ja sattsam ken­nen, seit zwei Jahren – ‚Da lagen die alten Ger­ma­nen, an bei­den Seit­en des Rheins’ — und wenn ich diese Stro­phen sehe und da ist also diese ‚Ben Guri­on-Stro­phe’ die in Bezug auf Wiener Neustadt inkri­m­iniert wurde, zu Recht natür­lich, nicht dabei.

Natür­lich liegen die 50 bis 70 Exem­plare des Lieder­buchs nicht in der Bude der Burschis auf, spätestens seit den Lieder­buch-Vor­fällen des ver­gan­genen Jahres sind die let­zten Exem­plare anstößiger Kom­mers- und Lieder­büch­er ver­mut­lich aus allen Buden ver­schwun­den. Inter­es­sant ist aber, dass Mölz­er das Buch partout nicht ken­nen will, wohl aber seine Texte. Das wäre hellse­herisch, denn die „Kro­ne“ veröf­fentlichte im Fak­sim­i­le nur drei Stro­phen. Noch dazu solche, die – unkom­men­tiert – zumin­d­est ambiva­lent sind und Mölz­er die Gele­gen­heit eröff­nen, sich im „Mit­tagsjour­nal“ aus­führlich über Spot­tlied-Ver­sio­nen der „Alten Ger­ma­nen“ zu ver­bre­it­ern, alos zu „mölz­ern“.

Graus­liche Stro­phe – nicht gesun­gen auf der Bude?

Die ORF-Redak­teurin Mai­wald ver­sucht es noch ein­mal – mit ein­er leicht geän­derten Variante:

Aber kön­nen Sie jet­zt auss­chließen, dass das gesun­gen wird, auf der Bude?

Ganz klar die Antwort von Mölzer:

Ja, das kann ich auss­chließen. Ja, das kann ich auss­chließen.

Eigentlich etwas untyp­isch für das klas­sis­che Mölz­ern, diese klare und ein­deutige Antwort, auch wenn er in der Folge dann schon noch zugibt, dass er als „alter Sack“ – ein­ge­laden zu Stiftungs­festen bei anderen Kor­po­ra­tio­nen – auch „solche Dinge“ schon gehört habe. Mit „solchen Din­gen“ meint Mölz­er wohl die ein­deutig anti­semi­tis­che und nation­al­sozial­is­tis­che Stro­phe, die Vor­jahr bei der pen­nalen Verbindung Ger­ma­nia Wiener Neustadt aufge­taucht ist: Gebt Gas, ihr alten Ger­ma­nen, wir schaf­fen die siebte Mil­lion.

Als Mölz­er am 26.1.2018 im „Mor­gen­jour­nal“ auf Ö 1 von Cor­nelia Vospernik dazu befragt wurde, hörte sich das noch ganz anders an:

Ich bin vor 50 Jahren aktiv gewor­den bei ein­er Gym­nasial-Verbindung, Corps Aus­tria in Knit­telfeld, wenige Jahre später beim Corps Van­dalia in Graz, beim akademis­chen Corps. Ich kenne dieses Lied, diese Stro­phe ist mir auch vor 40, 50 Jahren ein‑, zweimal untergekom­men. Ich sel­ber habe es nicht mit­ge­sun­gen.

Das klang so ähn­lich wie die Leg­ende vom Haschisch-Rauch­er, der nicht inhaliert. Noch nicht klar war auch, ob Mölz­er diese Stro­phe beim Corps Van­dalia oder doch beim pen­nalen Corps Aus­tria gehört, aber nicht mit­ge­sun­gen haben will. Armin Wolf fragte Tage danach deshalb noch ein­mal nach und Mölz­er antwortete (ZIB 2, 29.1.2018):

Was ich erk­lärt habe im Mor­gen­jour­nal und was ich gemeint habe, dass ich sel­ber bin vor 40 Jahren jet­zt ziem­lich genau, 1968, Mit­glied ein­er Mit­telschülerverbindung gewor­den, ein­er schla­gen­den, und da war mir das Lied, habe ich das Lied gehört und erin­ner­lich zwei, dreimal auch diese graus­liche Stro­phe.

Mölzer beim Mölzern am 26.1.18 in der ZiB 2

Mölz­er beim Mölz­ern am 26.1.18 in der ZiB 2

Zusam­menge­fasst: Mölz­er erk­lärte 2018, dass er auf der Bude sein­er Verbindung, des pen­nalen Corps Aus­tria in Knit­telfeld, zwei‑, dreimal die „graus­liche Stro­phe“ als dem Lied „Es lagen die alten Ger­ma­nen“ gehört, aber nicht mit­ge­sun­gen hat. 2019, als ein Lieder­buch mit anti­semi­tis­chen und ras­sis­tis­chen Tex­ten und auch ein­er Ver­sion der „alten Ger­ma­nen“ bei sein­er Verbindung von der „Kro­ne“ ent­deckt wurde, will Mölz­er zwar nicht das Buch, aber dessen Texte genau ken­nen und auss­chließen, dass das Ger­ma­nen-Lied und die „graus­liche Stro­phe“ auf der Bude jemals gesun­gen wurde.

Das nen­nt man „mölz­ern“!

Kronen Zeitung 31.10.19

Kro­nen Zeitung 31.10.19