Die akademische Burschenschaft Cheruskia in Graz ist Mitglied des wegen seiner rechtsextremen Tendenzen stark geschrumpften Dachverbandes „Deutsche Burschenschaft“ (DB) und dort auch Mitglied der deutsch-völkischen und rechtsextremen „Burschenschaftlichen Gemeinschaft“ (BG), in der die österreichischen Burschenschaften den Ton vorgeben. Wie alle Mitgliedsbünde der DB ist auch die Cheruskia eine pflichtschlagende Burschenschaft – da muss jeder Burschi mit einer kleinen oder größeren Schnittverletzung rechnen.
Für solche Schnittverletzungen stehen bei jeder Mensur sogenannte Paukärzte bzw. Bader parat. Die halten dann auch Seminare ab, wo sie sich über die Verletzungen beim Mensurfechten austauschen. 2006 fand das „1. Alpenländische Paukärzteseminar“ in Graz statt, bei der Burschenschaft Allemannia. Aber ein Cherusken-Arzt durfte über den „klinischen Blick, Begleitumstände, Flüssigkeitshaushalt, Lokalanästhetika und Antibiose“ referieren. Der spannende Vortrag eines Wiener Burschenschafters und Zahnarztes behandelte die „Anatomie und Verletzungen von Lippe, Zungen und Zähnen“, während ein Grazer Arzt über die „Anatomie und Verletzungen der Schädelkalotte und neuraler Strukturen“ parlierte. Spannende Vorträge, von denen es noch einige mehr gab, aber wichtig waren auch die „praktischen Nähübungen mit Instruktoren“!
Wir gleiten ab, denn eigentlich ist das Thema ja: Wie ticken die Cherusken? Auf ihrer Website verraten sie mittlerweile kaum mehr etwas über sich. Das ist doch ein untrügliches Zeichen dafür, dass sie eigentlich viel mehr über sich zu erzählen hätten. Aber schämen sie sich ein bisschen dafür? Bekanntlich vergisst das Internet nicht alles, also kann man da einiges herausholen. Die Cheruskia wurde erst 2008 in die DB aufgenommen – gleichzeitig mit der ebenso weit recht stehenden Teutonia Wien – ohne Probezeit. Ein Jahr später fiel die Cheruskia bereits durch den rassistischen Vorfall am Verbandstag der Deutschen Burschenschaft 2009 auf, der letztendlich ohne Konsequenzen blieb.
Vorkommnisse am Brunnenkeller
Ein Verbandsbruder der Grazer akademischen Burschenschaft Cheruskia bezeichnete in einem Gespräch im hinteren Teil des Brunnenkellers Vbbr. Lüttjohan mehrfach als „Neger” und als „Schande für die Deutsche Burschenschaft” und sagte, er wolle „eine reine, weiße Burschenschaft” weiß ist hier eindeutig als Begriff der Hautfarbe/Rasse verwendet worden und nicht etwa im Sinne der „weißen Richtung”. Dies waren mitnichten unbedachte polemische Äußerungen, sondern Standpunkte, die er während eines längeren Gespräches verteidigte. Den Herrn Verbandsbruder würde ich wohl wiedererkennen, kann mich jedoch leider nicht an seinen Namen erinnern.
Zu sehr vorgerückter Stunde saß ich draußen vor dem Brunnenkeller, als wir „Wir wollen den Neger sehn” gesungen wurde. Ich habe leider in diesem Moment nicht darauf geachtet wer mit wem dort gesungen hatte, sondern bin zeitnah in die Pension gegangen da mir dies nun endgültig zu viel war. In solchen oder ähnlichen Situationen werde ich zukünftig darauf achten und mir notieren wer was macht. Wertung: Eine Meinung darf man haben, gerne auch eine kontroverse. Rassistischer Art sollte sie aber nicht sein. Der Punkt ist jedoch wie man seine Meinung äußert und vertritt, und diese Art und Weise verurteile ich aufs schärfste, unabhängig davon ob dies in einem Zweiergespräch hinter verschlossenen Türen, halböffentlich oder öffentlich passiert. Ein solches Verhalten in der Öffentlichkeit ist unter keinen Umständen zu dulden und muss hart geahndet werden. Denn zum Inhalt und dem Standpunkt kommt hier noch ein enormes Schädigungspotential des öffentlichen Bildes der DB und somit jedes einzelnen Bundes, sowie die sich bereits abzeichnenden Spannung innerhalb des Dachverbandes.
Sonstige Vorkommnisse
Unmittelbare eigene Deobachtunaen: keine
Wortuna: Das Tragen von entsprechenden Parteiabzeichen sowie das Bekennen zum Nationalsozialismus sind ebenso aufs schärfste zu verurteilen und sind in meinen Augen ein klarer Selbstausschluss. Rechtsradikale Folklore hat NICHTS in unserem Dachverband zu suchen, egal wo und vor welchem Hintergrund vorgetragen. Und dies fällt auch NICHT in de Kategorie „Bierlaune”, denn man kennt und singt nicht plötzlich Lieder die man sonst nicht singen würde.
Erklärung
Ich versichere, dass ich all diese Angaben nach bestem Wissen und Gewissen gemacht habe und nur Sachverhalte angebe, derer ich mir absolut sicher und in der Erinnerung ungetrübt bin. Dieses Protokoll schließt NICHT aus, das weiteres Vorgefallen ist, da ich mich überwiegend vor dem Brunnenkeller aufgehalten habe und meine Aufmerksamkeit auf Gespräche mit Verbandsbrüdem gelenkt habe.
Andreas Wolff Z!x
Ein Verfahren gegen die Grazer Cheruskia wurde wegen verbandsschädigenden Verhaltens eingeleitet, das aber 2011 einstimmig eingestellt wurde.
Jetzt kann man natürlich alleine aus der Mitgliedschaft der Cherusken in der DB und dort auch noch in der extrem rechten BG ableiten, dass es sich bei den Cherusken um eine deutlich rechtsextreme Burschenschaft handelt. Aber wir wollen da auch nicht mit weiteren Belegen sparen. Das verschenkte Liederbuch haben wir schon genannt. Die Website der Cherusken war nicht immer so keusch wie jetzt, wo sich nur mehr ein Impressum und ein kurzer Text zu „wer wir sind” findet. So haben wir in der Vergangenheit gestöbert und weitere interessante Belege gefunden.
Unter den Verweisen (Links), die die Cherusken noch vor wenigen Jahren, als sie noch etwas offenherziger waren, empfohlen haben, fanden sich solche zu den Webseiten „Vorkriegsgeschichte.de“ (die von dem deutschen Geschichtsrevisionisten Gerd Schutze-Rhonhof betrieben wurde, der bei der Cheruskia 2000 auch als Referent auftrat). Der Cherusker-Link „Verbrechen an der deutschen Bevölkerung“ führt zu diesem Text: „Weitgehend verschwiegen oder auf die biologischen Lösung hoffend, werden Verbrechen an der deutschen Bevölkerung weitestgehend verschwiegen“). Weiters war einLink auf den „Verein Gedächtnisstätte Borna“ zu finden, einem Wallfahrtsort für Alt- und Neonazis sowie Geschichtsrevisionisten, wie die Beschreibung auf der Antifa-Seite Chronikle.org besagt.
Die Auswahl der Links ist sicher so zufällig und unschuldig erfolgt wie die Auswahl der Liedchen für die pennalen Knittelfelder. Das Strickmuster der Links folgt aber der Erzählung über ihre eigene Verbandsgeschichte. Da gibt es eine Zeit vor dem Nationalsozialismus und eine nach dem Nationalsozialismus. Das Dazwischen wird ausgespart, obwohl sich da einige Cherusken besonders eifrig hervortaten.
Siegfried Uiberreither, Gauleiter und Landeshauptmann der Steiermark im Nationalsozialismus bis zum Schluss, hoher SA-Funktionär war nicht nur ein besonders übles Nazi-Exemplar, sondern auch ein Cheruske. Wie geht die Cheruskia mit ihrem Obernazi um? Wir wissen es nicht. Wolfgang Wolfram von Wolmar, SS-Hauptsturmführer, nationalsozialistischer Vielfachfunktionär und Autor des Romans ‚Daisy. Ein Mädel erlebt den Führer‘,war ebenfalls Cheruske, wie Bernhard Weidinger in seiner Studie „Im nationalen Abwehrkampf der Grenzlanddeutschen“ (Böhlau Verlag. Wien 2015) schreibt.
Die Cheruskia Graz war über die Jahre hinweg immer im extrem rechten Lager angesiedelt. Weidinger zitiert in seinem Buch dazu einen Burschenschafter von den Oberösterreicher Germanen, der die „Cheruskia Graz“ als einen jener Bünde in den 1970er-Jahren erwähnt, „die einen sehr radikalen Kurs vertreten“. Das ist auch in der jüngsten Vergangenheit so geblieben. Peter D. , ein rabiater Aktivist der Identitären, ist ebenso Cheruske wie es ein besonders antisemitischer Bezirksfunktionär der Grazer FPÖ jedenfalls war (wir haben mehrmals über ihn berichtet). Aus der FPÖ wurde der jedenfalls auf Nachfrage der „Kleinen Zeitung“ 2012 ausgeschlossen – von den Cherusken haben wir nichts gehört. Aber dort geniert man sich ja bis heute nicht für antisemitische Hetzstrophen, denn bislang gibt es keine erkennbare Reaktion zu dem braunen Liederbuch, das die Cherusken so aufmerksam für die Knittelfelder Pennäler zusammengestellt haben.