Klagenfurt: „Herrenmensch“ an „Onkel Adis“ Geburtstag
Wien: Richard P. (alpen-donau.info) freigesprochen
Ried-Braunau/OÖ: weitere Verurteilung eines amtsbekannten Neonazis
Wiener Neustadt/NÖ: Geburtstagstorte mit Hakenkreuz
Feldkirch/Vbg: Geldstrafe wegen Verhetzung
Wien: Hakenkreuze auf Grabstein
Henndorf-Wallersee/Sbg: Hitlers Geburtstag, Nazi-Deko, Hakenkreuztorten
Amstetten/NÖ: vom Wohnungsstadtrat zum Leichen- und Bestattungswesen „strafversetzt“
FPÖ Tirol – Freiheitliche Bauernschaft: ziemlich gute Freunde
Eferding/OÖ: RFJ-Schulkalender mit krudem Geschichtsbild
Das rechte Wort der Woche: rechtsradikal
Klagenfurt: „Herrenmensch“ an „Onkel Adis“ Geburtstag
Es war nicht der erste Prozess wegen Wiederbetätigung, den der 23-jährige Kärntner am 17. September in Klagenfurt über sich ergehen lassen musste. Diesmal waren es Tätowierungen und der Besitz von Flaschen mit Hitler am Etikett, die ihm zur Last gelegt wurden.
Er hatte selbst angefertigte Tätowierungen auf den Fingern. Auf einer Hand stand ‚Heil’, auf der anderen eine ‚8’, die in einschlägigen Kreisen für Hitler steht, weiters eine Siegrune und ein ‚L’ als Abkürzung für eine Rechtsrock-Band. Am 20. April 2017 gab es einen Vorfall in Villach. Der Angeklagte sprach dort zwei Männer an, zu denen er sagte, er feiere ‚Onkel Adi’, ‚Hitlers Geburtstag’ bzw. gehöre zu einer Bruderschaft. Später an dem Abend gab er mit einer Schreckschusspistole vor dem Lokal einen Schuss ab, bedrohte die beiden Männer und zwang einen, vor ihm zu knien, er habe ‚mit der Gaspistole den Herrenmenschen gespielt’, so der Staatsanwalt. (kurier.at, 17.9.18)
Nach einer Verurteilung wegen Wiederbetätigung im Jahr 2016, der bedingten Verurteilung wegen des Gasthausvorfalls (gefährliche Drohung und schwere Nötigung) gab es diesmal sechs Monate Zusatzstrafe, aber unbedingt (nicht rechtskräftig).
Wien: Richard P. (alpen-donau.info) freigesprochen
Die Vorgeschichten zu Richard P. haben wir hier oftmals und ausführlich dargestellt: P. soll im der Neonazi-Seite alpen-donau-info angeschlossenem Forum alinfodo.com als Administrator, redaktioneller Leiter und administrativ Verantwortlicher prominent beteiligt gewesen sein. Ebenfalls soller die Website selbt mitgestaltet haben.
Lange hat es gedauert, bis P. überhaupt vor Gericht stand. Der erste Prozess im März 2018 platzte, ab Juni nahm man den nächsten Anlauf.
Der Angeklagte argumentiert nun in drei Richtungen: Erstens bezweifelt er die Existenz der Mails an sich und glaubt an eine Fälschung des Bundesamtes für Verfassungsschutz. Und selbst wenn es das Schreiben gibt: Auch andere Menschen hätten die Zugangsdaten zu seinem Mailaccount gehabt. Drittens habe ein 2012 verstorbener deutscher Rechtsextremer ebenfalls die ‚RSD’-Zugangscodes gehabt. Neben einer Aussage von Felix B., der sich an wenig erinnern kann, bringt der zweite Verhandlungstag neben der ausführlichen Aktenverlesung auch die wiederum von P. eingeforderte Präsentation der bei ihm sichergestellten Dinge. Wie selbst Verteidigerin Christine Wolf anmerkt, nicht die beste Idee: Denn Gerstberger präsentiert unter anderem NSDAP-Parteiabzeichen, Mein Kampf-Ausgaben und NS-Plakate.“ (derstandard.at, 18.9.18)
Fassen wir zusammen: Die Beweise waren erdrückend, an P.s Gesinnung besteht auch kein Zweifel, seine Ausreden sind so hanebüchen, dass es schmerzt. Dennoch wurde P. von fünf Geschworenen freigesprochen, drei hatten sich dagegen ausgesprochen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Es ist davon auszugehen, dass die Staatsanwaltschaft Berufung einlegt. Alles andere wäre ein Justizskandal.
Ried-Braunau/OÖ: weitere Verurteilung eines amtsbekannten Neonazis
„20.4.1889, heute noch lieben dich Millionen, immer noch rufen sie nach dir, heute noch tragen wir die Zeichen, singen wir die Lieder, egal was passiert“ (nachrichten.at, 21.9.18) – das fand sich 2017 ein Monat lang auf dem Facebook-Profil eines 29-jährigen Braunauers Michael M. – dazu eine bildliche Nachbearbeitung des Gedenksteins vor dem Hitler-Geburtshaus in Braunau. Obwohl der Mann bestritt, das selbst gepostet zu haben, sprachen ihn die Geschworenen einstimmig schuldig. Die 18 Monate bedingt sind nicht rechtskräftig. Bereits 2016 ging die Strategie des Neonazis, sich dumm zu stellen, nicht auf. Er wurde damals wegen Wiederbetätigung zu 15 Monaten bedingt verurteilt. Wir haben auch weitere einschlägige Aktivitäten von Michael M. auf Facebook dokumentiert. So bedauerte er im letzten Jahr, vom Neonazi-Konzert bei der Germania Ried nichts erfahren zu haben.
Wiener Neustadt/NÖ: Geburtstagstorte mit Hakenkreuz
Eine ehemalige Polizistin wollte ihrem Bekannten den 40. Geburtstag auf besondere Weise versüßen und produzierte ihm eine Torte, die mit einem Hakenkreuz dekoriert war. Zudem wurden in einer WhatsApp-Gruppe antisemitische Inhalte verschickt. „Die österreichisch-italienische Staatsbürgerin, die jetzt Krankenschwester werden will, sagte vor Gericht zum Vorwurf der Wiederbetätigung: ‚Da ist kein ernster Hintergedanke dabei.’ Er [der Bekannte, der ebenfalls auf der Anklagebank saß; Anmk. SdR] redete sich auf einen in der Naziszene bekannten Mann aus: ‚Ich wollte ihn erfreuen.’“ (heute.at, 18.9.18) Das nicht rechtskräftige Urteil: Er 18 Monate, sie 20 Monate bedingt.
Feldkirch/V: Geldstrafe wegen Verhetzung
Wegen Verhetzung stand ein 39-jähriger Vorarlberger vor Gericht, der im Mai auf Facebook bedauerte, dass Adolf Hitler nicht alle Juden erledigt habe und dass er die „Scheiß-Juden“ nicht möge. Dafür wurde er zu einer Geldstrafe von 800 Euro nicht rechtskräftig verurteilt. (Neue Vorarlberger Tageszeitung, 22.09.2018, S. 23)
Wien: Hakenkreuze auf Grabstein
Angehörige eines Rapid-Fans, der 2010 aus einem Auto heraus auf offener Straße erschossen wurde, fanden dessen Grab mit Hakenkreuzen geschändet vor. Es wird nun u.a. wegen Verstoßes gegen das Verbotsgesetz ermittelt. „Vermutet wird aber, dass sie aus dem Umfeld des Austria-Anhangs kommen. Teile davon waren in der Vergangenheit durch rechtsextreme Aktionen aufgefallen. Der Fanklub „Unsterblich” etwa war von der Austria wegen seiner Nähe zum Neonazismus aus der Austria-Heimstätte Generali-Arena verbannt worden.“ (derstandard.at, 19.9.18)
Henndorf-Wallersee/Sbg: Hitlers Geburtstag, Nazi-Deko, Hakenkreuztorten
Wir haben davon ja schon früher gehört, doch war damals niemand bereit, die Vorfälle zu bestätigen. Nun berichtet das Salzburg-Fenster von den braunen Umtrieben, die sich angeblich mit Beteiligung von FPÖ-Funktionären in Henndorf am Wallersee abspielen.
Es seien versteckte Ecken am Wallersee, Campingplätze, Seeufer, Vereinsheime, wo ein spezieller Personenkreis obskuren Neigungen nachgehe. In diesen Biotopen huldige man der braunen Vergangenheit: Man feiere Hitlers Geburtstag am 20. April, zeige im Schnapsgefühl den deutschen Gruß oder lasse kleine Geschenke mit NS-Insignien kursieren: vom Eisstock mit Hakenkreuzintarsie bis zur Schiffsmalerei mit SS-Runen. (…) Viele wüssten davon, aber niemand spreche darüber.
Noch merkwürdiger wird die Angelegenheit, dass der Zeitung eine anonyme Anzeige vorliegt, in der die Vorfälle geschildert werden, von der aber die Staatsanwaltschaft nichts weiß. Dazu der Sprecher der Staatsanwaltschaft: „Möglicherweise würde gegen unbekannte Täter ermittelt.“ Möglicherweise also.
Nichts davon wissen will der Campingplatzbetreiber, in dessen Restaurant sich die NS-nostalgischen Feiern abspielen sollen.
Dort führen Querverbindungen zur FPÖ. Betreiber Josef B. war kurze Zeit der neue Ortsparteiobmann, sein Onkel, der Liegenschaftsbesitzer, sei Mitglied, so B. Der 26-Jährige weist die Vorwürfe entsetzt zurück. „’Ich habe noch nie etwas von solchen Feiern gehört. Ich sitze Jahr und Tag nicht in dem Gasthaus. Hätte ich so einen Scheiß gesehen, wären alle hochkant hinausgeflogen.’ Der Jung-Blaue sorgte heuer bereits mit seinem Wunschkennzeichen für Wirbel: Es endet mit ‚88’, was als Code für ‚Heil Hitler’ gilt. Er habe die Nummerntafel schon seit 2012, es sei ein privates Datum, versichert B. Man prüfe gerade, ob die Behörde einen Umtausch bezahle: ‚Auf Camp 2, weil Camp 1 ist der Onkel.’ Die Partei habe B. den Rückzug nahegelegt, sagt ein freiheitlicher Gemeindepolitiker.
Das „private Datum“ scheinen zumindest FB-Freunde des Politikers historisch zu deuten: Dort wies jemand darauf hin: „dafür ist die 88 ein Gruß an Adolf! :-)“, was Josef B. mit einem Like quittierte. (vgl. https://salzburg.orf.at/news/stories/2890605)
Amstetten/NÖ: vom Wohnungsstadtrat zum Leichen- und Bestattungswesen „strafversetzt“
Zum Rücktritt hatte Bruno Webers homophob-rassistischer Kommentar nicht gereicht, er bleibt in Amstetten als FPÖ-Stadtrat weiter im Amt. Daher „wurden Weber alle Aufgaben im Rahmen der Wohnungsvergaben entzogen. Eine objektive Vergabe, wäre nicht mehr gewährleistet. Stattdessen wurden ihm die Agenden des Leichen- und Bestattungswesen und der Friedhöfe zugewiesen.“ (meinbezirk.at, 19.9.18) Wenigstens musste Weber als Kammerrat in der AK Niederösterreich den Hut nehmen.
FPÖ Tirol – Freiheitliche Bauernschaft: ziemlich gute Freunde
Wir kennen das: Wenn es Ungemach gibt, neigt die FPÖ dazu, sich von ihren Vorfeldorganisationen zu distanzieren. So nun auch die Tiroler FPÖ von der Freiheitlichen Bauernschaft Tirol, gegen die ein Insolvenzverfahren läuft, die Markus Abzwerger nur als „befreundete Organisation“ bezeichnet. Es müssen aber ziemlich gute Freunde sein, denn da wurde mit Jobs für freiheitliche Funktionäre ausgeholfen, von denen sich einer der Angestellten intensiv im Tiroler Landtagswahlkampf engagierte. Die Obfrau war gegenüber der „befreundeten“ Partei auch sonst eher großzügig, wie die Tiroler Tageszeitung anführt: „Gleichzeitig versprach Nimmerfall, die FPÖ im Landtagswahlkampf finanziell zu unterstützen. Die Landespartei unterzeichnete mit ihr sogar einen Kreditvertrag über ein zinsloses Darlehen von 400.000 Euro. Außerdem stellte die Obfrau der FPÖ-Bauern eine Spende von 100.000 Euro in Aussicht.“
Problematisch war dabei jedoch, dass die Freiheitliche Bauernschaft nicht einmal das Geld für die Sozialversicherungsbeiträge ihrer Angestellten aufbringen konnte. Nun führt die Gebietskrankenkasse ein Insolvenzverfahren gegen die Bauernschaft, deren spendable Obfrau – die Pollinger Gemeinderätin Jacqueline Nimmerfall – offenbar auch in Kärnten mehr versprach als sie halten konnte und deswegen einen Arbeitsgerichtsprozess am Hals hat.
Eferding/OÖ: RFJ-Schulkalender mit krudem Geschichtsbild
Ein Schulkalender des RFJ Oberösterreich, der in der Nähe einer Eferdinger Schule zur Verteilung gelangte, sorgte in der letzten Woche für Aufsehen, da dort der freiheitliche Nachwuchs die gute alte Zeit beschwor – „die Jugendzeit Eurer Großeltern und Eltern“ –, in der „Österreich noch weitgehend friedlich, sauber und wohlhabend“ gewesen sein soll. „Gewaltverbrechen waren seltene Ausnahmen. Frauen konnten nachts problemlos durch jeden Park gehen. Unsere Sprache, Kultur und Lebensweise waren eine Selbstverständlichkeit.“ Ein Ende dieser Zeit ortet der RFJ mit dem Beginn der Migration: „Zuerst kamen die Gastarbeiter, die ihre Familien nachholten. Seit den 1990ern erfolgte die Zuwanderung in die Sozialsysteme, bis schließlich 2015 ein noch nie dagewesener Ansturm von Asylwerbern über Europa hereinbrach. (…) Vor uns liegt die große Aufgabe, Österreich wieder den Österreichern zurück zu geben! Daher versammeln wir die patriotische Jugend in der Freiheitlichen Jugend.“
Es ist uns nicht bekannt, wann denn genau die Großeltern und Eltern der RFJ-Aktiven ihre Jugendzeit hatten. Der Durchschnitt der Großeltern der angesprochenen Schülerschaft verlebte ihre Jugend in der NS-Zeit bis höchstens in die 1960er-Jahre hinein. Wir empfehlen dem RFJ daher Interviews mit ZeitzeugInnen oder zumindest einen Blick ins Geschichtsbuch. Aber Vorsicht: Das könnte das Weltbild des RFJ empfindlich durcheinanderwirbeln.
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#Kurz im #ORF soeben: „Was ich heute sage, ist vor 3 Jahren in der EU als rechtsradikal aufgefasst worden.”
Korrekt.— Robert Glattau (@RobertGlattau) 19. September 2018
„#Kurz im #ORF soeben: „Was ich heute sage, ist vor 3 Jahren in der EU als rechtsradikal aufgefasst worden.”