alpen-donau.info-Admin endlich vor Gericht

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Am 12. Juni 2018 kam es vor dem Wie­ner Lan­des­ge­richt für Straf­sa­chen end­lich zum ers­ten Pro­zess­tag gegen den ehe­ma­li­ger Füh­rungs­ka­der des Rin­ges Frei­heit­li­cher Jugend (RFJ) und Bur­schen­schaf­ter bei der Gra­zer Ger­ma­nia, Richard P., wegen sei­ner Betei­li­gung bei alpen-donau.info. End­lich, denn die Sei­te ist seit 2011 off­line, und ein Teil ihrer Betrei­ber seit 2013 ver­ur­teilt. Nur der Richard und eini­ge ande­re lau­fen noch ohne Urteil herum.

Das Geschwo­re­nen­ge­richt, das nun nach einer bla­ma­blen ers­ten Run­de im zwei­ten Anlauf der benö­tig­ten Jugend­ge­richts­bar­keit ent­spricht (der Ange­klag­te war im Tat­zeit­raum teil­wei­se unter 21 Jah­re alt), muss nun über den Vor­wurf der NS-Wie­der­be­tä­ti­gung entscheiden.

Wie auch im geplatz­ten Ver­fah­ren im März bean­trag­te der Beschul­dig­te zu Beginn den Aus­schluss der Öffent­lich­keit wegen sei­ner per­sön­li­cher Daten, da die­se sonst am nächs­ten Tag in „allen Medi­en“ ver­öf­fent­licht wür­den. Auch dies­mal ent­schie­den sich die drei Berufsrichter_innen dage­gen. In ihrer Begrün­dung mach­ten sie deut­lich, dass die Zulas­sung der Öffent­lich­keit von Gerichts­ver­fah­ren „ein hohes Gut“ ist, wel­ches gesetz­lich streng gere­gelt ist.

Die Staats­an­walt­schaft Wien legt dem Ange­klag­ten zur Last, „sich im natio­nal­so­zia­lis­ti­schen Sin­ne betä­tigt zu haben. In der Zeit zwi­schen März 2009 und März 2011 bestand die von den bereits rechts­kräf­tig ver­ur­teil­ten Gott­fried Küs­sel, Felix B. und Chris­ti­an A. betrie­be­ne rechts­extre­me Web­site alpen-donau.info. Sie wur­de betrie­ben, um natio­nal­so­zia­lis­ti­sches Gedan­ken­gut zu ver­brei­te­ten und wei­ter hoch­le­ben zu las­sen“, so die Staatsanwältin.

Im dort ange­schlos­se­nem Forum alinfodo.com soll der hier Ange­klag­te als Admi­nis­tra­tor unter dem Kür­zel „RSD“ (steht für Reichs­si­cher­heits­dienst) als redak­tio­nel­ler Lei­ter und admi­nis­tra­tiv Ver­ant­wort­li­cher tätig gewe­sen sein.

RSD-Signa­tur im Alpen-Donau-Forum alinfodo

„Er war nicht nur für die inhalt­li­che Gestal­tung und die natio­nal­so­zia­lis­ti­sche Aus­rich­tung des Forums ver­ant­wort­lich, son­dern er hat auch wesent­lich mit­be­stimmt wer als User berech­tigt war dar­an teil­zu­neh­men“, kon­kre­ti­sier­te die Staats­an­walt­schaft die Vor­wür­fe. Der Ange­klag­te soll auch selbst Bei­trä­ge im besag­ten Forum ver­öf­fent­licht haben. In der Signa­tur des ihm zuge­ord­ne­ten Pro­fils fand sich unter jedem Pos­ting ein Zitat Adolf Hit­lers aus „Mein Kampf“.

Außer­dem soll er in die­sem Zeit­raum Bil­der und Bei­tra­ge auf alpen-donau.info ver­öf­fent­licht und auch die Web­site inhalt­lich mit­ge­stal­tet haben. Zum Bei­spiel soll er dort am 22.04.2009 einen Text in Bezug auf den wegen NS-Wie­der­be­tä­ti­gung rechts­kräf­tig ver­ur­teil­ten (und mitt­ler­wei­le ver­stor­be­nen) Gerd Hon­sik online gestellt haben.

Zuordnung des Angeklagten

Die Beweis­la­ge stützt sich vor allem auf einen sicher­ge­stell­ten E‑Mail-Kon­takt zwi­schen dem bereits rechts­kräf­tig ver­ur­teil­ten Chris­ti­an A. und dem Beschul­dig­ten, aus dem her­vor­ge­hen soll, dass er mit der Erstel­lung und Ein­rich­tung die­ses Forums betraut und noch bevor das Forum online gegan­gen ist, bereits regis­triert gewe­sen sei.

Der Ange­klag­te selbst bestritt, mit all­dem etwas zu tun gehabt zu haben und bekann­te sich nicht schul­dig. Er habe auch nie Kon­takt zum gela­de­nen Zeu­gen Chris­ti­an A. gehabt, an den das belas­ten­de Mail ver­schickt wor­den sein soll. Der gela­de­ne Zeu­ge sag­te eben­falls aus, die­ses Mail nur aus dem Ermitt­lungs­akt zu ken­nen. Mehr über den Hin­ter­grund wer­den wir wohl erst im wei­te­ren Pro­zess­ver­lauf erfahren.

Politische Gesinnung

Zu sei­ner ideo­lo­gi­schen Ein­stel­lung und mög­li­chen Kon­tak­ten zu den bereits rechts­kräf­tig Ver­ur­teil­ten Gott­fried Küs­sel, Felix B. und Chris­ti­an A. schwieg der Ange­klag­te wäh­rend der Ver­hand­lung, ver­ber­gen konn­te er sei­ne poli­ti­sche Gesin­nung jedoch auch im Ver­fah­ren nicht.

Signa­tur von Hei­ler: „Das Geschwür auf dem kran­ken Volks­kör­per muß auf­ge­schnit­ten und aus­ge­preßt wer­den, bis das rote Blut her­aus­fließt. Man muß es eine gute Wei­le rin­nen las­sen, bis der Kör­per gerei­nigt ist.” Ger­hard Roßbach

Wäh­rend der Ange­klag­te dies­mal im auf­fäl­li­gen Anzug mit auf­ge­druck­ten Pal­men und Fla­min­gos vor Gericht auf­trat, glänz­te er beim geschei­ter­tem Pro­zess im März noch im „Wir sind alle www.alpen-donau.info“-Solidaritäts-Shirt, also von der Web­sei­te, für die er vor Gericht steht. Außer­dem saßen dies­mal kei­ne Unbe­kann­ten mit im Publi­kum um den Ange­klag­ten bei­zu­ste­hen: Sascha R., Sebas­ti­an P., Franz R. und ande­re war­te­ten vor Pro­zess­be­ginn bezie­hungs­wei­se in den Pau­sen mit dem Beschul­dig­ten vor dem Saal.

Eben­falls eine Nazi-Signatur

Die bei einer Haus­durch­su­chung sicher­ge­stell­ten Flug­blät­ter, Bücher, Auf­kle­ber und Ansteck­na­deln mit Haken­kreu­zen und Hit­ler-Bil­dern ver­such­te der Ange­klag­te mit sei­nem „his­to­ri­schem Inter­es­se“ abzu­tun und gab an, dass zum Bei­spiel Bücher wie „Mein Kampf“ (von denen der Beschul­dig­te gleich drei Exem­pla­re besaß) in vie­len Biblio­the­ken zu fin­den sei­en. Dies sorg­te nicht nur im Publi­kum für Skep­sis. Als der Ange­klag­te dann auch noch einen Sach­ver­stän­di­gen für Nach­rich­ten­tech­nik aus­ge­rech­net aus Brau­nau am Inn vor­schlug, konn­te sich selbst eine Geschwo­re­ne nicht mehr den Kom­men­tar „Brau­nau, komisch“ ver­knei­fen. Der vor­sit­zen­de Rich­ter kom­men­tier­te dies mit einer Beschwich­ti­gung, dass ihm hier nie­mand etwas unter­stel­len wür­de, es aber „schon ein klei­ner Gag“ sei, dass aus­ge­rech­net Brau­nau genannt wurde.

„Sie sind jetzt nicht der Kom­men­ta­tor der Anklage!“

Den Groß­teil des ers­ten Pro­zess­ta­ges ver­brach­te der Ange­klag­te damit, selbst eine Viel­zahl von Beweis­an­trä­gen zu stel­len, was nicht nur beim Rich­ter für Unmut sorg­te. Der Ange­klag­te zeig­te sich unbe­ein­druckt von den Ein­wän­den des Vor­sit­zen­den, auch als die­ser ihm ganz deut­lich sag­te, er sei hier „nicht der Kom­men­ta­tor der Ankla­ge“, son­dern kön­ne ledig­lich ent­las­ten­de Bewei­se vorbringen.

Es folg­te eine eides­statt­li­che Erklä­rung, die Bean­tra­gung wei­te­rer Sach­ver­stän­di­ger und Zeug_innen, zum Bei­spiel soll ein Sach­be­ar­bei­ter des LKAs Ros­tock und der Anstalts­lei­ter der Haft­an­stalt, in der Felix B. ein­saß, gela­den werden.

Der Richter_innensenat ent­schied sich nach län­ge­rer Bera­tungs­pau­se dafür, zum einen den von der Staats­an­walt­schaft bean­trag­ten „gro­ßen“ Akt rund um den alpen-donau-Kom­plex ein­zu­ho­len und zum ande­ren Felix B. als Zeu­gen zu laden. Das wird am nächs­ten Pro­zess­tag im Sep­tem­ber gesche­hen, an dem auch über die wei­te­ren Beweis­an­trä­ge des Ange­klag­ten ent­schie­den wer­den soll. Wir wer­den wei­ter berichten.

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