Der erste Fachbeitrag setzt sich mit separatistischen Strömungen und ihren Auswirkungen auf Österreich auseinander. Erörtert werden hierbei in kursorischer Weise Gründe und Motive für Abspaltungsbewegungen und dass es hierbei zu Einflüssen aus dem Ausland kommen könne. Zwei separatistische Bewegungen stehen im Fokus, nämlich die kurdische und die katalanische mit dem Fazit, dass in beiden Regionen nach Referenden „deutliche wirtschaftliche und politische Rückschläge“ zu konstatieren seien. Allerdings: Was hierbei der konkrete Bezug zu Österreich ist, worin Auswirkungen bestehen, bleibt uns der Fachbeitrag gänzlich schuldig. Somit ist zu fragen, was dieser Beitrag im österreichischen Verfassungsschutzbericht zu tun hat.
Ein weiterer Aufsatz beschäftigt sich mit dem Salafismus, konkreter mit dessen „Missionierungsaktivitäten in Österreich“. Da wird von (angeblich) bereits 2017 eingestellten Koran-Verteilungsaktionen berichtet, kursorisch von Schulungen und Leitfäden, wie Personen überzeugt werden können, zum Islam bzw. reinen Islam überzutreten und von der internationalen Vernetzung der einzelnen Gruppierungen. Ein Absatz beschäftigt sich mit dem „Verein Gesicht“, der in Reaktion auf das Gesichtsverhüllungsverbot gegründet wurde und der angeblich Niqab-Trägerinnen dazu ermutigt, ihren Gesichtsschleier weiter zu tragen – wie wir wissen, eine Randthematik (https://kurier.at/chronik/oesterreich/burkaverbot-nimmt-keiner-ernst/400059698https://kurier.at/chronik/oesterreich/burkaverbot-nimmt-keiner-ernst/400059698) oder eher zu slapstickartigen Vollziehungen geführt hat als auch nur einen Deut zu einer besseren Integration beizutragen.
Fast ein Highlight ist der Fachbeitrag zum sogenannten Akademikerball der Wiener Burschenschaften in der Hofburg. Schon der statistische Beitrag widmet sich hauptsächlich den Anti-WKR-Protesten mit dem bemerkenswerten Zitat: „Zentrales Protestziel der gesamten österreichischen linksextremen Szene – vor allem für das autonome Spektrum – war erneut der Wiener Akademiker Ball (WAB).“ Dass dies das wirkliche Protestziel ist – und nicht die Problematik, dass eine rechtsextreme Veranstaltung ausgerechnet in der Hofburg stattfindet , sei dahingestellt. Da aber selbst bei den Anti-Akademikerball-Protesten in den letzten Jahren keine bedrohlichen Aktivitäten vorzuweisen sind, gibt’s einen Rekurs auf die Demonstrationen gegen den braunen Ball in der Hofburg mit einer einleitenden „Protesthistorie“, die aber auch schon zum Ende des Artikels führt, der mangels an Vorfällen in den letzten Jahren damit schließt, dass vor dem Gewaltpotential von autonomen Gruppen gewarnt wird.
Nach einem Beitrag, in dem die Präventions- und Deradikalisierungsmaßnahmen der Republik gelobt werden, beschäftigt sich wie im letzten Jahr ein Kapitel mit den staatsfeindlichen Verbindungen. Es wird berichtet, dass die sog. Staatsverweigerer – aufgeteilt in „zwei dominierenden weltanschaulichen Strömungen: die Reichsbürgerideologie und die Naturrechtsableitungen“ – konspirative Indoktrinations- und Rekrutierungstreffen abgehalten haben und damit um die 2.500 Personen erreicht wurden. Im Fokus des Beitrags stehen Gerichtsverfahren, die Staatsverweigerer in Ablehnung des österreichischen Justizsystems selbstständig durchführen und die zu Ermittlungen und Strafverfahren geführt haben:
„Im Jahr 2017 haben die Aktivitäten des ICCJV zu rechtskräftigen teilbedingten Haftstrafen bis zu 20 Monaten geführt. Im selben Jahr wurden gegen den ‚Staatenbund Österreich’ und seine Verantwortlichen im Vorfeld der geplanten illegitimen ‚Völkerrechtgerichtsverhandlung’ über Anordnung der Staatsanwaltschaft Graz und mit gerichtlicher Genehmigung Festnahmen und Hausdurchsuchungen durchgeführt. Im Zuge weiterer Ermittlungen kam es bis Jahresende zur Umsetzung von bundesweit insgesamt 33 Haftbefehlen und 51 Hausdurchsuchungen. Insgesamt wurden bisher in diesem noch laufenden Verfahren über 200 Beschuldigte anhängig gemacht.“
Wie im letzten Jahr gibt es einen Hinweis, dass die Szene der Staatsverweigerer auch im öffentlichen Dienst Fuß gefasst hat, konkrete Zahlen dazu fehlen aber. Und auch heuer fehlen leider Ausführungen zu den bestehenden Verschränkungen mit der rechtsextremen Szene.
Die zwei letzten Kapitel thematisieren Bedrohungen gegen österreichische Staatsorgane, die rückläufig gewesen seien, die Aufstellung von Pollern im Regierungsviertel und die Cybersicherheit. Zu letzterem werden ausgewählte Vorfälle geschildert. Den Beitrag zu den Identitären haben wir bereits in Teil I zum Verfassungsschutzbericht besprochen.
Anzumerken ist, dass die rechtsextreme Bewegung „Graue Wölfe“ im gesamten Bericht keine einzige Erwähnung findet, was so bedauerlich wie symptomatisch ist. Um hierbei einen Einblick zu erhalten, benötigen wir externe ExpertInnen wie Thomas Rammerstorfer, der zum Thema unlängst ein bemerkenswertes Buch vorgelegt hat – wir empfehlen dazu dieses Interview.
Dafür richtete Heinz-Christian Strache aber via Facebook zur Freude seiner Klientel den österreichischen Erdoğan-WählerInnen aus, sie mögen doch in die Türkei zurückgehen. Das Posting hat fast 30.000 Likes und beinahe 2.000 Kommentare erreicht. Auch eine Form der Politik, zu einer Deradikalisierung wird sie – wie die propagandistisch verkündeten Moscheen-Schließungen – jedoch nicht beitragen, eher im Gegenteil.