Shades of Identitär – Vorstellung einer dreifachen Bemühung

Vor dem Lan­des­ge­richt Graz wird der­zeit straf­recht­lich über die Iden­ti­tä­ren ver­han­delt. 17 Mit­glie­der und Sym­pa­thi­san­ten, dar­un­ter die Grün­dungs­ge­nera­ti­on, müs­sen sich vor allem wegen der Betei­li­gung an einer kri­mi­nel­len Ver­ei­ni­gung ver­ant­wor­ten. Ste­fan Juritz, die zen­tra­le Figur eines neu­en iden­ti­tä­ren Medi­en­pro­jekts, ist nicht dar­un­ter. Was läuft da? Drei rela­tiv neue Medi­en­pro­jek­te im Dunst­kreis der Iden­ti­tä­ren (IBÖ) – der […]

6. Jul 2018

Drei rela­tiv neue Medi­en­pro­jek­te im Dunst­kreis der Iden­ti­tä­ren (IBÖ) – der „Arbeits­kreis-Nau­ti­lus“, die „Tages­stim­me“ und „anbruch.info“ – fal­len auf den ers­ten Blick durch Unauf­fäl­lig­keit auf. Es han­delt sich dabei um den drei­fa­chen Ver­such einer Erwei­te­rung und einer Nor­ma­li­sie­rung von Posi­tio­nen der soge­nann­ten „Neu­en Rech­ten“. Man setzt auf Harm­lo­sig­keit und Pro­fes­sio­na­li­tät. Aber die Geset­ze des Blau­kraut las­sen sich bekannt­lich so leicht nicht ver­schlei­ern. Daher auch hier: Rechts­extrem bleibt rechtsextrem.

Die zen­tra­le Figur inmit­ten die­ser neu­en Online-Pro­jek­te heißt Ste­fan Juritz. Dabei han­delt es sich, wie bereits vor kur­zem bei „Stoppt die Rech­ten” bespro­chen, um einen bekann­ten IBÖ-Akti­vis­ten, Bur­schen­schaf­ter (Ger­ma­nia Graz) und ehe­ma­li­gen RFJ-Obmann. Für Auf­se­hen als stram­mer, rech­ter Recke hat er bereits 2007 mit der For­de­rung, das Ver­bots­ge­setz abzu­schaf­fen, gesorgt; oder auch 2010, als er in Ver­bin­dung mit einem mas­si­ven Gewalt­vor­fall durch einen Neo­na­zi-Schlä­ger­trupp vor Gericht muss­te (Juritz wur­de zwar erst­in­stanz­lich frei­ge­spro­chen, aber sei­ne Ver­stri­ckun­gen in die Neo­na­zi­sze­ne, die durch den Vor­fall evi­dent wur­den, haben es immer­hin bis in das 2012 ver­öf­fent­lich­te Buch „Stra­che – Im brau­nen Sumpf“ von Hans-Hen­ning Schar­sach geschafft). Als wäre das nicht schon genug, war Juritz auch Online-Koor­di­na­tor bei „Info-Direkt“ (sie­he dazu auch, gut recher­chiert, bei antifa-recherche.info). Kurz­um: Es han­delt sich um einen seit Jah­ren auf­fäl­li­gen rechts­extre­men Akti­vis­ten. Die vie­len Wor­te zu Juritz sind des­halb ange­bracht, weil die drei vor­zu­stel­len­den Pro­jek­te in sei­ner Per­son zusam­men­lau­fen: Er ist Lei­ter des „AK-Nau­ti­lus“, hat in die­ser Funk­ti­on vor kur­zem das rech­te Theo­rie-Pro­jekt „anbruch.info“ unter sei­ne Fit­ti­che genom­men und ist außer­dem Chef­re­dak­teur und Grün­der des Online­por­tals „Tages­stim­me“. Aber eines nach dem anderen.

Der AK-Nautilus1um Professionalisierung bemüht

Der Arbeits­kreis-Nau­ti­lus prä­sen­tiert sich als Platt­form für unab­hän­gi­ge Medi­en- und Infor­ma­ti­ons­ar­beit. Zunächst wirkt der Web­auf­tritt unauf­fäl­lig, ästhe­tisch irgend­wo zwi­schen der Home­page einer Stu­di­en­ver­tre­tung und einer Ver­si­che­rungs­ge­sell­schaft. Doch rei­chen schon ein paar Klicks, um auf Ein­schlä­gi­ge­res zu sto­ßen (und v.a. die behaup­te­te Unab­hän­gig­keit in Fra­ge zu stellen).

So kann man ein­drucks­voll anhand eines 40 Minu­ten lan­gen Inter­views über die Neu­grün­dung des AK-Nau­ti­lus mit Mar­tin Sell­ner2, dem Chef der IBÖ, nach­voll­zie­hen, dass Juritz auch im Jahr 2018 vom Rechts­extre­mis­mus kei­nen Mil­li­me­ter abge­wi­chen ist. Dort wird nost­al­gisch dar­über sin­niert, wie lan­ge man sich schon ken­ne, aus der Grün­dungs­zeit der IBÖ näm­lich, als man in stu­den­ti­schen Lese­krei­sen die Mach­wer­ke der „Neu­en Rech­ten“ stu­diert habe („und fast nur noch Heid­eg­ger dann spä­ter“, fügt Sell­ner ver­träumt dazu). In die­sem Inter­view wird von Sell­ner auch die Not­wen­dig­keit zur Pro­fes­sio­na­li­sie­rung „patrio­ti­scher Medi­en­ar­beit“ ange­spro­chen, einem zen­tra­len Motiv zur Grün­dung des AK-Nau­ti­lus. Schließ­lich sei ja die Lin­ke nur so stark, wegen der „von Sor­os finan­zier­ten NGO’s“ (im Inter­view bei Min. 16:30), wirft Sell­ner ein, damit die anti­se­mi­ti­sche Kla­via­tur bei dem Gespräch nicht unbe­dient bleibt.

Sol­che Töne feh­len aller­dings auf der Web­site des AK-Nau­ti­lus, und man darf mut­ma­ßen, dass genau dar­in die Stra­te­gie liegt: Es geht um die Nor­ma­li­sie­rung rechts­extre­mer Inhal­te und die Pro­fes­sio­na­li­sie­rung ihrer Ver­mitt­lung. Ins­be­son­de­re das Letz­te­re dürf­te die Kern­idee beim AK-Nau­ti­lus sein. Als beson­ders kurio­ses Bei­spiel dafür erweist sich das bis­lang ein­zi­ge Doku­ment, das sich auf der Web­site fin­det: Eine „Fall­stu­die“ mit dem Titel „Ist die Iden­ti­tä­re Bewe­gung Öster­reich rechts­extrem?“, ver­fasst von dem IBÖ-Füh­rungs­ka­der Patrick Len­art. Dass das eine Far­ce und kei­ne Stu­die ist, liegt auf der Hand. Aber die­ser Ver­such einer wis­sen­schaft­li­chen Legi­ti­mie­rung reiht sich immer­hin naht­los in die bekann­ten iden­ti­tä­ren Bemü­hun­gen um den Auf­bau eines pro­fes­sio­nel­len und „demo­kra­tie­kom­pa­ti­blen“ Image ein. Man ver­sucht sich am Anschein einer gewis­sen aka­de­mi­schen Professionalität.

➡️ Teil 2: Shades of Iden­ti­tär – Vor­stel­lung einer drei­fa­chen Bemü­hung (II)

1Home­page des AK-Nau­ti­lus, zuletzt ein­ge­se­hen am 20.06.2018
2Home­page von Mar­tin Sell­ner (sowie auf You­tube), zuletzt ein­ge­se­hen am 20.06.2018

Verwandte Beiträge

Keine Beiträge mehr verpassen: Email-Benachrichtigung aktivieren
abgelegt unter: Analysen