Identitären-Prozess: Widersprüche und Erinnerungslücken

Seit Mitt­woch (4. Juli 2018) ste­hen 17 Mit­glie­der und Sym­pa­thi­san­ten der Iden­ti­tä­ren wegen des Vor­wurfs der Betei­li­gung an einer kri­mi­nel­len Ver­ei­ni­gung sowie teil­wei­se auch wegen Ver­het­zung und Sach­be­schä­di­gung in Graz vor Gericht, einer Per­son wird auch Nöti­gung vor­ge­wor­fen. Was der Staats­an­walt da in sei­nem Eröff­nungs­plä­doy­er vor­ge­tra­gen hat, ist – auch neben der Erläu­te­rung der Anklagepunkte […]

6. Jul 2018

Da wäre zunächst ein­mal die durch­aus beach­tens­wer­te Finanz­la­ge der Iden­ti­tä­ren, die ja mög­li­cher­wei­se in einem ande­ren Ver­fah­ren, einem Finanz­straf­ver­fah­ren, noch eine Rol­le spie­len könn­te. Des­halb blei­ben die Aus­künf­te des Idi-Chefs dazu merk­wür­dig mau. Über die Koh­le in sei­nen Ver­ei­nen wis­se er nicht Bescheid. Die Iden­ti­tä­re Bewe­gung Öster­reichs (IBÖ), das ist nicht nur der Ver­ein, der sich aus Spen­den und Mit­glieds­bei­trä­gen finan­ziert, son­dern auch ein Ver­sand­han­del, der zuletzt im Jahr 2017 mit ordent­li­chen Umsät­zen auf­war­ten konn­te. 150.000 Euro, so die Staats­an­walt­schaft, sol­len es gewe­sen sein. Ob ord­nungs­ge­mäß ver­steu­ert oder nicht, wird nicht in die­sem Ver­fah­ren ver­han­delt. Vom Ver­sand­han­del floss übri­gens kein Geld in den Ver­ein – auch das ist bemerkenswert.

FPÖ-Kurz­mann bei Idi-Demo; © Peter Palme

Der Staats­an­walt erwähnt dann den nicht so klei­nen Wider­spruch, dass sich die Iden­ti­tä­ren einer­seits als Geg­ner der Glo­ba­li­sie­rung ver­ste­hen, ande­rer­seits aber kein Pro­blem damit haben, dass ihre Lei­berl aus dem Pha­lanx-Ver­sand in Län­dern wie Ban­gla­desh oder Paki­stan her­ge­stellt wer­den, „wo die Lohn­skla­ve­rei fröh­li­che Urständ fei­ert“. Dabei benennt er auch noch die Stra­te­gie von Popu­lis­ten (gemeint sind wohl Rechts­extre­me), ori­en­tie­rungs­lo­se Men­schen in Uni­for­men zu ste­cken (damit sie sich so zurechtfinden).

Als er den Iden­ti­tä­ren dann die Ver­wen­dung von Begrif­fen und Inhal­ten wie etwa dem der Eth­no­mor­pho­se vor­wirft, der von den Nazis erfun­den wur­de, um die Ger­ma­ni­sie­rung in den erober­ten Ost­ge­bie­ten zu recht­fer­ti­gen und jetzt von Grup­pen wie den Idis umge­deu­tet wird in eine Ent­ger­ma­ni­sie­rung bzw. Umvol­kung, da wer­den auch die Neo­na­zis unter den Besu­chern, der Richard, der Felix und der Franz, munter.

PDV bei Idis auf Besuch; © Peter Palme

Ach ja, der Idi-Mar­tin kann sich auch nur ganz schlecht an sei­ne Zeit mit Küs­sel und Alpen-Donau erin­nern, will aber trotz­dem fest­hal­ten, dass er mit sei­ner Ver­gan­gen­heit, von der er sich gelöst habe, ganz offen umge­he. Das wer­den sei­ne Neo­na­zi-Kame­ra­den im Publi­kum sicher mit Freu­de ver­nom­men haben.

Wei­te­re Berich­te zum Prozess:
Pro­zess­auf­takt in Graz: Staats­an­walt ortet Hetze
Pro­zess gegen Iden­ti­tä­re: „Ihre Moti­va­ti­on ist auf Hass ausgerichtet”
Iden­ti­tä­ren-Pro­zess in Graz: ein Resü­mee zum Aus­gang der ers­ten Runde

 

 

 

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