Da wäre zunächst einmal die durchaus beachtenswerte Finanzlage der Identitären, die ja möglicherweise in einem anderen Verfahren, einem Finanzstrafverfahren, noch eine Rolle spielen könnte. Deshalb bleiben die Auskünfte des Idi-Chefs dazu merkwürdig mau. Über die Kohle in seinen Vereinen wisse er nicht Bescheid. Die Identitäre Bewegung Österreichs (IBÖ), das ist nicht nur der Verein, der sich aus Spenden und Mitgliedsbeiträgen finanziert, sondern auch ein Versandhandel, der zuletzt im Jahr 2017 mit ordentlichen Umsätzen aufwarten konnte. 150.000 Euro, so die Staatsanwaltschaft, sollen es gewesen sein. Ob ordnungsgemäß versteuert oder nicht, wird nicht in diesem Verfahren verhandelt. Vom Versandhandel floss übrigens kein Geld in den Verein – auch das ist bemerkenswert.
Der Staatsanwalt erwähnt dann den nicht so kleinen Widerspruch, dass sich die Identitären einerseits als Gegner der Globalisierung verstehen, andererseits aber kein Problem damit haben, dass ihre Leiberl aus dem Phalanx-Versand in Ländern wie Bangladesh oder Pakistan hergestellt werden, „wo die Lohnsklaverei fröhliche Urständ feiert“. Dabei benennt er auch noch die Strategie von Populisten (gemeint sind wohl Rechtsextreme), orientierungslose Menschen in Uniformen zu stecken (damit sie sich so zurechtfinden).
Als er den Identitären dann die Verwendung von Begriffen und Inhalten wie etwa dem der Ethnomorphose vorwirft, der von den Nazis erfunden wurde, um die Germanisierung in den eroberten Ostgebieten zu rechtfertigen und jetzt von Gruppen wie den Idis umgedeutet wird in eine Entgermanisierung bzw. Umvolkung, da werden auch die Neonazis unter den Besuchern, der Richard, der Felix und der Franz, munter.
Ach ja, der Idi-Martin kann sich auch nur ganz schlecht an seine Zeit mit Küssel und Alpen-Donau erinnern, will aber trotzdem festhalten, dass er mit seiner Vergangenheit, von der er sich gelöst habe, ganz offen umgehe. Das werden seine Neonazi-Kameraden im Publikum sicher mit Freude vernommen haben.
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