Wochenschau KW 27

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In der Wochen­schau hat längst nicht alles Platz, was sich in der jeweils abge­lau­fe­nen Woche in Sachen Rechts­extre­mis­mus getan hat. Das gilt vor allem für das, was sich in der letz­ten Woche im Umfeld der FPÖ ereig­net hat. Wir müs­sen die Mel­dun­gen dazu „aus­la­gern“ und wer­den sie im Ver­lauf der Woche nachholen.

Kla­gen­furt: Adolf Hit­lers Tochter

Die 44-jäh­ri­ge Kärnt­ne­rin, die sich am 3.7. vor dem Lan­des­ge­richt Kla­gen­furt wegen Wie­der­be­tä­ti­gung ver­ant­wor­ten muss­te, ist gelern­te Ver­käu­fe­rin und mitt­ler­wei­le lang­jäh­ri­ge Not­stands­hil­fe­be­zie­he­rin. Ange­klagt war sie, weil sie über ihre drei Face­book-Kon­ten und über Whats­App Bil­der von Hit­ler ver­brei­tet und ihn dabei auch als ihren Vater bezeich­net hat­te. „Dazu schrieb sie in Kom­men­ta­ren, dass Ter­ro­ris­ten und Poli­zis­ten erschos­sen und Gas­kam­mern wie­der­ein­ge­führt wer­den soll­ten“ (ORF Kärn­ten, 3.7.2018). Nach anony­men Hin­wei­sen gab’s eine Haus­durch­su­chung, die dann zu der Ankla­ge führ­te. Vor Gericht ver­wei­ger­te die Ange­klag­te die Aus­sa­ge: „Weil es bes­ser so ist.

Man kann sich vor­stel­len, was sie gesagt hät­te, wenn sie gespro­chen hät­te. Die Geschwo­re­nen auch: Sie befan­den sie ein­stim­mig für schul­dig und ver­ur­teil­ten sie gemein­sam mit den Berufs­rich­tern zu zwölf Mona­ten beding­ter Haft und 1.500 Euro Geld­stra­fe. Das Urteil ist bereits rechtskräftig.

Wien : Brau­ner Zechpreller

Weil ein Gast sei­ne Zeche nicht bezah­len woll­te, wur­de die Poli­zei am 4. Juli zu einem Lokal in der Kend­ler­gas­se in Wien-Otta­kring geru­fen. „Unein­sich­tig“ habe er sich gegen­über den her­bei­ge­ru­fe­nen Poli­zis­ten ver­hal­ten, heißt es in der Pres­se­aus­sendung der Wie­ner Poli­zei. Im wei­te­ren Ablauf pöbel­te der mut­maß­li­che Zech­prel­ler (41) nicht nur Gäs­te an, son­dern auch die Poli­zei, indem er den Hit­ler­gruß zeig­te und „Sieg Heil“ schrie. Wäh­rend der Fest­nah­me dann noch eini­ge Wie­der­ho­lun­gen – Anzei­ge nach dem Verbotsgesetz.

Kla­gen­furt: Noch ein­mal 15 Monate

Im letz­ten Ver­fah­ren zum heu­ri­gen Auf­marsch von Rechts­extre­men am Loi­ba­cher Feld in Bleiburg/Pliberk muss­te sich am 4. Juli ein 30-jäh­ri­ger Kroa­te wegen des Ver­dachts der Wie­der­be­tä­ti­gung vor dem Lan­des­ge­richt Kla­gen­furt ver­ant­wor­ten. Die Fak­ten waren auch in die­sem Fall sehr ein­deu­tig. Beim Auf­marsch im Mai war er fest­ge­nom­men wor­den, nach­dem er den Hit­ler­gruß gezeigt hat­te. Die Poli­zei fand auf sei­nem Han­dy dann auch noch ande­re Fotos, auf denen zu sehen war, dass der Ange­klag­te bei ande­ren Ver­an­stal­tun­gen den Hit­ler­gruß gezeigt hat­te und PDF-Files mit Hit­lers „Mein Kampf“ in kroa­ti­scher Sprache.

Hit­ler­gruß am Loi­ba­cher Feld in Bleiburg/Pliberk (Sym­bol­bild)

Der Ange­klag­te ver­ant­wor­te­te sich damit, dass er alko­ho­li­siert gewe­sen sei und sich den Hit­ler­gruß aus heu­ti­ger Sicht nicht mehr erklä­ren kön­ne. Über sei­ne Ein­stel­lung zum Natio­nal­so­zia­lis­mus befragt, ant­wor­te­te er, „er habe kei­ne poli­ti­sche Ein­stel­lung, glau­be aber, dass kei­ne Poli­tik das Recht habe, ein Volk aus­zu­lö­schen“. Das Urteil der Geschwo­re­nen, 15 Mona­te bedingt, ist noch nicht rechtskräftig.

Vice: Recher­che zu FPÖ-Abgeordneten

Es ist schon eine Mam­mut­ar­beit, die sich ein Redak­ti­ons­team von Vice mit dem „gro­ßen Vice-Gui­de zu allen Abge­ord­ne­ten der FPÖ“ gemacht hat. Alle aktu­el­len Abge­ord­ne­ten der FPÖ wur­den auf auf­fäl­li­ge Aus­sa­gen und Akti­vi­tä­ten gecheckt. Da kommt schon im Über­blick so viel zusam­men, dass einem gründ­lich schlecht wer­den kann. So heißt es in der Einleitung:

Mus­li­mi­sche Zuwan­de­rer sind laut Natio­nal­rats­ab­ge­ord­ne­tem Ger­hard Deimek ‚dau­er­gei­le Bar­ba­ren’. ‚Erd- und Höh­len­men­schen’ nennt sie Chris­ti­an Höbart. Sein dama­li­ger par­la­men­ta­ri­scher Mit­ar­bei­ter wet­ter­te auf Face­book gegen ‚Kana­cken­kin­der’ und ‚Esel­fi­cker­kul­tu­ren’, gra­tu­lier­te außer­dem einem Holo­caust­leug­ner (Gott sol­le ihn seg­nen) und wur­de spä­ter Kapi­tän des Schiffs, mit dem die rechts­extre­men „Iden­ti­tä­ren” ver­such­ten, Ret­tungs­or­ga­ni­sa­tio­nen im Mit­tel­meer zu behin­dern.

Übri­gens gibt es auch eine Recher­che von Vice zu den 62 ÖVP-Abge­ord­ne­ten.

Linz: Hit­ler­wein und Hitlertassen

Der Pro­zess gegen den Lin­zer (23) wegen des Ver­dachts der Wie­der­be­tä­ti­gung fand zwar schon Ende Juni statt, fand aber kei­ne Reso­nanz in den Medi­en – die „Kro­ne“ aus­ge­nom­men. Dort war zu lesen: „Tas­sen mit Fotos von Adolf Hit­ler und eine Fla­sche Füh­rer­wein zier­ten die Woh­nung eines Lin­zers. Dazu soll der 23-Jäh­ri­ge ein­schlä­gi­ge Bil­der, ein Video und das Horst-Wes­sel-Lied am Com­pu­ter ver­sen­det haben (krone.at).“ Für den Ange­klag­ten war’s ein „Blöd­sinn“, für die Geschwo­re­nen Wie­der­be­tä­ti­gung. Die Stra­fe – 15 Mona­te bedingt – ist noch nicht rechtskräftig.

Sym­bol­bild des Fusel mit Hit­ler (Vor­arl­berg, 2011)

Wien: Schwe­re Aus­schrei­tun­gen mit Hit­ler­grü­ßen nach Kroaten-Sieg

Nach dem kroa­ti­schen Sieg gegen Russ­land bei der Fuß­ball-WM kam es am Sams­tag, 7. Juli, abends in der Otta­krin­ger Stra­ße zu sehr hef­ti­gen gewalt­tä­ti­gen Aus­schrei­tun­gen, Hit­ler­grü­ßen und Usta­scha-Hul­di­gun­gen, an denen offen­bar nicht nur kroa­ti­sche Fans, son­dern auch öster­rei­chi­sche Hoo­li­gans betei­ligt waren. Zwei Frau­en wur­den bei der Ran­da­le, bei der pyro­tech­ni­sche Gegen­stän­de auf die Fei­ern­den und auch die Poli­zei gewor­fen wur­den, schwer ver­letzt. Ins­ge­samt gab es zwar jede Men­ge Anzei­gen, aber kei­ne ein­zi­ge nach dem Ver­bots­ge­setz, obwohl Hit­ler­grü­ße und „Sieg Heil“-Rufe mehr­fach zu hören bzw. sehen waren. Auch die Sti­cker mit der Beschrif­tung „End­sieg“ und der Usta­scha-Fah­ne auf der Außen­wand eines Pubs in der Otta­krin­ger Stra­ße zeu­gen von der neo­na­zis­ti­schen Prä­senz. Merk­wür­dig ist aller­dings, dass die Poli­zei kei­ne Wahr­neh­mun­gen dazu hat­te und daher auch kei­ne Anzei­gen wegen Wie­der­be­tä­ti­gung machte.

Hit­ler­gruß, © tan­ja malle/twitter

„End­sieg” in der Otta­krin­ger Stra­ße, © Tan­ja Malle/Twitter

MKÖ: Bit­te kei­ne Ver­harm­lo­sung der Identitären!

Das Maut­hau­sen-Komi­tee-Öster­reich (MKÖ) nahm am 6. Juli in einer Pres­se­aus­sendung zu den Aus­sa­gen ein­zel­ner Poli­ti­ke­rIn­nen und Juris­ten Stel­lung, die bezwei­fel­ten, ob der Straf­rechts­pa­ra­graf 278 auf die Iden­ti­tä­re Bewe­gung ange­wen­det wer­den sol­le und dürfe:

Jah­re­lang wur­de — auch vom Maut­hau­sen Komi­tee — bemän­gelt, dass die Gerich­te gegen ras­sis­ti­sche Straf­ta­ten nicht oder nicht wirk­sam genug vor­ge­hen. Jetzt gibt es eine posi­ti­ve Trend­wen­de: Die Jus­tiz nimmt die­se Delik­te ernst. Sie wird aber neu­er­lich geschol­ten, obwohl sie — wie die Staats­an­walt­schaft Graz im Fall der „Iden­ti­tä­ren” — nur den Geset­zen folgt. Wer über­zeugt ist, dass beim Straf­rechts­pa­ra­gra­fen 278, der die kri­mi­nel­le Ver­ei­ni­gung defi­niert, Nach­bes­se­rungs­be­darf besteht, soll das for­dern und begrün­den. Die­se For­de­rung aber an einem ein­zel­nen Pro­zess auf­zu­hän­gen, der noch gar nicht durch­ge­führt ist, scheint wenig sinn­voll”, erklär­te Wil­li Mer­nyi, MKÖ-Vor­sit­zen­der in der Aus­sendung, der wir uns voll­in­halt­lich anschlie­ßen. Die kom­plet­te Aus­sendung des MKÖ ist hier abrufbar.

Iden­ti­tä­re mit Tot­schlä­ger (Graz, 2016, „Iden­ti­tä­re Gewalt­at­ta­cke in Graz”)