Wels: Freispruch für Holocaustleugner und Reichsheini

Jen­seits von Medi­enöf­fentlichkeit fand am Lan­des­gericht Wels am 21.6. der Prozess wegen Wider­stand gegen die Staats­ge­walt, Nöti­gung und Ver­brechen nach dem Ver­bots­ge­setz (§ 3h) gegen den ehe­ma­li­gen „Sou­verän“, „Ter­ranier“ oder Anhänger ein­er son­sti­gen Reichshei­ni-Vari­ante, Ger­hard S., statt. Die Anklage bezog sich auf Vor­fälle im Zeitraum zwis­chen 2. Okto­ber 2014 bis min­destens 23. April 2015. Ein­schlägig aktiv ist Ger­hard S. aber noch immer.

Um es gle­ich vor­wegzunehmen. Ger­hard S. wurde nicht verurteilt, son­dern auf­grund eines psy­chi­a­trischen Gutacht­ens von allen Vor­wür­fen der Anklage freige­sprochen. Das ist schw­er ver­ständlich. Schließlich wer­den über einen Vere­in bzw. eine ange­bliche „Akademie“, hin­ter der der Angeklagte und einige andere Per­so­n­en aus dem Umfeld der Reichshei­nis ste­hen, auch aktuell Kurse und Kuren zu gesund­heitlichen The­men ange­boten. Den Vere­in bzw. die Akademie haben wir zwar nicht über eine Vere­in­sreg­is­ter­abfrage beim Innen­min­is­teri­um find­en kön­nen, aber nicht umson­st nen­nt sich die Akademie inter­na­tion­al. Ger­hard S. bespielt auch ein pri­vates FB-Kon­to, auf dem noch jede Menge schw­er anti­semi­tis­ch­er Post­ings zu find­en sind.

Gerhard_S, Therapeut, Methodenentwickler, Schlafberater

Gerhard_S, Ther­a­peut, Meth­o­d­e­nen­twick­ler, Schlafberater

Erst wenige Tage vor dem Geschwore­nen­prozess gegen Ger­hard S. fand wieder ein­er der Kurse statt, die über eine Web­seite ange­boten wer­den, die auf den Namen des Angeklagten läuft. „Die Entstörung von Kopf­block­aden, von Verkle­bun­gen bis hinein in die harte Gehirn­haut“ ver­spricht der Kursti­tel. 500 Euro muss man für diesen dre­itägi­gen Kurs in einem ehe­ma­li­gen Gasthof zahlen, dann ist man ange­blich entstört. Vielle­icht hätte Ger­hard S. einen dieser Kurse besuchen sollen, in dem eine nach ihm benan­nte Meth­ode ange­wandt wird, die ihm ange­blich das Uni­ver­sum anver­traut hat?

Auf sein­er Web­seite, über die jet­zt noch die Kuren und Kurse ange­priesen wer­den, waren jeden­falls zwis­chen Okto­ber 2014 und April 2015 „Berichte“ über das Ende der khasarischen Macht, ein zehn­tägiges Ver­schwinden des Präsi­den­ten Putin, das ange­blich mit dem Erscheinen des Berichts zu Ende ging, die „Zion­azis“ und „die Jahrtausende dauernde jüdis­che Sklaverei der Satan anbe­tenden Hyk­sos (Khaz­aren) Mon­ster“ zu lesen. Den Kern der Anklage bilde­ten aber Beiträge, in denen ein­er­seits der Holo­caust voll­ständig geleugnet, ander­er­seits den Ange­höri­gen der jüdis­chen Reli­gion vorge­wor­fen wurde, sie hät­ten diesen selb­st durchge­führt. Einen Beitrag des franzö­sis­chen Holo­caust-Leugn­ers Robert Fau­ris­son hat­te er eben­so online gestellt wie den Beitrag „Kein einziger Jude ist durch Zyk­lon B oder die Gaskam­mer umgekom­men“. Die Beiträge mit der Holo­caust-Leug­nung waren einge­bet­tet zwis­chen „Gesund­heits“-The­men wie „Langjährige Zehen­nage­lentzün­dung schmerzfrei behoben“ (27.1.15) oder Ver­schwörungs­ge­murmel wie „Die Wahrheit über das iPhone“ (17.5.2014).

Auf S. Seite finden sich Postings zu (fragwürdigen) Gesundheitsthemen...

Auf S. Seite find­en sich Post­ings zu (frag­würdi­gen) Gesundheitsthemen…

...neben solchen zu verschwörungstheoretischen, antisemitischen oder revisionistischen Themen.

…neben solchen zu ver­schwörungs­the­o­retis­chen, anti­semi­tis­chen oder revi­sion­is­tis­chen Themen.

Jet­zt gibt es auf der Web­seite nur mehr Gesund­heit­stipps, Kuren und Kurse. Auf dem Face­book-Kon­to von Ger­hard S. läuft aber nach wie vor übel­ste anti­semi­tis­che Het­ze bis hin zu den Pro­tokollen der Weisen von Zion. Ger­hard S. ist in der Szene der Reichshei­nis bestens ver­net­zt und sich­er keine Rand­fig­ur. Eine Min­is­te­ri­al­rätin aus dem Vertei­di­gungsmin­is­teri­um scheint eben­so auf sein­er Fre­und­schaft­sliste auf wie die „Präsi­dentin“ des Staaten­bun­des, die derzeit in U‑Haft auf ihren Prozess wartet. Auch mit Wolf­gang P., dem Reichs­bürg­er aus dem fränkischen Geor­gens­g­münd, der im Okto­ber 2016 einen Polizis­ten erschoss, war Ger­hard S. befreundet.

Gerhard S. postet und verlinkt antisemitische Verschwörungstheorien

Ger­hard S. postet und ver­linkt anti­semi­tis­che Verschwörungstheorien

Was seine poli­tis­chen Geg­n­er bet­rifft, ist Ger­hard S. wenig zim­per­lich. Den Tirol­er Blog­ger Diet­mar Mühlböck, der zu Ver­schwörungs­the­o­rien und Reichshei­nis pub­liziert, beze­ich­nete er öffentlich als „miese Rat­te“ und forderte Infos über ihn ein. Im Jän­ner 2016 veröf­fentlichte er ein Schreiben des steirischen Lan­desamtes für Ver­fas­sungss­chutz an ver­schiedene Dien­st­stellen mit Ein­schätzun­gen über die „Ter­ranier‘“, OPPT und die „Freeman“-Bewegung.

Und dieser Ger­hard S. soll unzurech­nungs­fähig sein? Er ist jeden­falls ein gutes Beispiel dafür, wie tief nation­al­sozial­is­tis­che und anti­semi­tis­che Ide­olo­giestränge bei den ange­blich „unpoli­tis­chen“ Freemen, OPPT-Leuten, Ter­raniern und ähn­lichen Vari­anten ver­wurzelt sind.