FJ Wien: Rassistische „Sorge“
NÖ: Keine Sozialmärkte für Asylwerber*innen
Eidenberg-Hellmonsödt/OÖ: Tierquälerei durch blauen Lokalpolitiker
NÖ: Hafenecker und Jenewein wegen gefälschter Covid-Testzertifikate verurteilt
Fußach-Feldkirch/Vbg: Ex-FPÖ-Bürgermeister wegen veruntreuter Gemeindegelder verurteilt
Wien: Anzeigen gegen Johann Gudenus
Wien: Schwurbel-Potpourri von Dagmar Belakowitsch
Graz-Wien: Staatsanwaltschaft fordert Leinfellner-Auslieferung
Graz: Nazis bei der FPÖ-Parteizentrale
Wien: Anklage gegen Ott und Jenewein
FJ Wien: Rassistische „Sorge“
Die diesjährige Fußball-Europameisterschaft wurde immer wieder von rassistischen und rechtsextremen Vorfällen überschattet. Es überrascht also nicht, dass sich auch die Freiheitliche Jugend (FJ) Wien dazu berufen sah, in einem TikTok-Video rassistisch gegen Fußballspieler zu schießen.
Dort erklärte der FJ- und RFS-Funktionär Moritz Greiner, „dass man sich ‚das ganze Jahr für Österreich‘ einsetze, damit die österreichische Mannschaft in wenigen Jahren nicht so aussehe ‚wie die französische‘“ (derstandard.at, 10.7.24). Das Video wurde nach einiger Zeit wieder gelöscht.
Die Anspielung auf die Franzosen war unmissverständlich gegen jene Spieler gerichtet, deren migrantische Herkunft insbesondere durch die Hautfarbe sichtbar ist. FPÖ-Generalsekretär Hafenecker sah das Video laut „Standard“ als „ungeschickt und unglücklich“ formulierte Kritik, aber „die Sorge der Parteijugend [sei] berechtigt“.
Vor dem Spiel Österreich gegen die Türkei postete die FJ auf ihrem Instagram-Account ein mittlerweile ebenfalls gelöschtes Bild, in dem sie das Spiel mit der sogenannten „Türkenbefreiung“ gleichsetzte. Die historische Schlacht um Wien 1683 wird von Rechtsextremen immer wieder propagandistisch ausgeschlachtet, um vor einer „Gefahr aus dem Osten“ zu warnen. Geholfen hat der historische Anruf nichts: Österreich verlor das Spiel gegen die Türkei.
NÖ: Keine Sozialmärkte für Asylwerber*innen
Im schwarz-blau regierten Niederösterreich zeigen sich die Auswirkungen der rassistischen Bezahlkarten-Politik. Dort verhindert die FPÖ mit Zustimmung der ÖVP derzeit noch im Probelauf, dass Asylwerber*innen mit ihren Bezahlkarten auch in Sozialmärkten und Tafeleinrichtungen einkaufen können.
Dabei versteckt die FPÖ unter Landesparteiobmann Landbauer ihre Menschenfeindlichkeit nicht einmal: Sozialmärkte sollen „nur für Österreicher“ zugänglich sein und Asylsuchenden stünden eh „Sechs Euro am Tag“ zur Verfügung, um das Lebensnotwendigste einzukaufen. Argumentiert wird das durch vermeintlich zu wenige Lebensmittel, um Asylsuchende und von Armut betroffene Österreicher*innen gleichermaßen zu versorgen.
Protest regt sich vor allem bei den Tafeln selbst. So widerspricht Raimund Juriga, Vorstand des Verbandes österreichischer Tafeln, dem Argument, dass es zu wenige Waren gäbe, um alle zu versorgen. Auch Gerhard Steiner, Präsident der SOMA Sozialmärkte Österreichs, kritisiert die Entscheidung der FPÖ. Durch diese sollen Asylsuchende bewusst aus der Gesellschaft ausgeschlossen und Integration verhindert werden. (Quelle: noe.orf.at, 16.7.24)
Von der Bezahlkarte ausgeschlossen sind ebenfalls Einkäufe in Apotheken und der Erwerb von Fahrscheinen für öffentliche Verkehrsmittel. Trotz der vehementen Kritik soll die Bezahlkarte in den nächsten Monaten auf ganz Niederösterreich ausgeweitet werden. Die ÖVP forciert nun auch eine Ausweitung auf ganz Österreich
Eidenberg-Hellmonsödt/OÖ: Tierquälerei durch blauen Lokalpolitiker
Zu einem grausigen Fall von Tierquälerei und Wilderei ist es in Eidenberg gekommen. Ein Landwirt und amtierender FPÖ-Gemeinderat hat mehrere Rehkitze mit einer Mähmaschine getötet bzw. schwer verstümmelt. Nach den Mäharbeiten wurden in der Wiese und einem naheliegenden Komposthaufen vier Kitze tot und zwei weitere schwerstverletzt gefunden.
Dem 57-jährigen mittlerweile angeklagten Landwirt sei vor der Mahd von ortsansässigen Jägern das Angebot gemacht worden, kostenlos mit einer Drohne die Wiese nach den Tieren abzusuchen und sie sicher zu entfernen, was aber „schroff abgelehnt wurde“ (derstandard.at, 14.7.24).
Die Staatsanwaltschaft Linz hat nun Anklage wegen des Verdachts auf Tierquälerei und Wilderei erhoben. Der Prozess soll im Oktober über die Bühne gehen.
NÖ: Hafenecker und Jenewein wegen gefälschter Covid-Testzertifikate verurteilt
In einem Prozess um gefälschte Covid-Testzertifikate wurden FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker und der frühere FPÖ-Abgeordnete Hans-Jörg Jenewein am Bezirksgericht Purkersdorf schuldig gesprochen. Hafenecker erhielt eine Geldstrafe von 5100 Euro, Jenewein von 2000 Euro – beide wegen Datenfälschung. Die Urteile sind nicht rechtskräftig.
Drei Mitangeklagte, darunter Hafeneckers Frau, ein FPÖ-Gemeinderat und Freund der Familie und eine weitere Person, wurden mangels Nachweis der Bestimmungstäterschaft freigesprochen. Der Hauptangeklagte Jenewein hatte die Fälschungen gestanden, während die anderen ihre Unschuld beteuerten. Die Angeklagten waren nicht persönlich anwesend und wurden durch ihre Verteidiger vertreten.
Die Anklage bezog sich auf gefälschte Testzertifikate für den Eintritt zum Fußball-EM-Spiel Portugal gegen Frankreich in Budapest im Juni 2021. Ein Mitarbeiter des FPÖ-Klubs soll die Fälschungen bei Jenewein bestellt haben; er habe dafür die Verantwortung übernommen.
Der Richter erklärte, dass es keinen Zweifel an Hafeneckers Anweisung zur Fälschung gab und sah eine schwere Schuld bei Jenewein. Jenewein hatte zudem über mehrere Monate etwa 20 Testzertifikate gefälscht, teils für sich und teils für Parteifreunde. Hinweise auf finanzielle Motive gab es nicht. (Quelle: derstandard.at, 16.7.24)
Fußach-Feldkirch/Vbg: Ex-FPÖ-Bürgermeister wegen veruntreuter Gemeindegelder verurteilt
Im Feldkircher Landesgericht wurden am 22.7. der ehemalige Fußacher FPÖ-Bürgermeister Ernst Blum und der pensionierte Finanzleiter der Gemeinde wegen Untreue und Amtsmissbrauchs verurteilt. Der Finanzleiter erhielt eine teilbedingte Haftstrafe (30 Monate), Blum eine bedingte Haftstrafe (18 Monate). Beide müssen den Schaden von 308.000 Euro zurückzahlen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
Die Angeklagten hatten sich während der sieben Verhandlungstage nicht schuldig bekannt. Die Richterin kritisierte ihre „filmreife“ Vorgehensweise. Zuvor hatte der Landesrechnungshof grobe Misswirtschaft bei den Fußacher Gemeindefinanzen festgestellt, die Staatsanwaltschaft sprach von „höchst kriminellen Machenschaften“ und warf dem Bürgermeister vor, dem Finanzleiter einen Freifahrtschein zur persönlichen Bereicherung gegeben zu haben. (Quelle: vorarlberg.orf.at, 22.7.24)
Wien: Anzeigen gegen Johann Gudenus
Der ehemalige FPÖ-Politiker und Co-Protagonist des Ibiza-Videos Johann Gudenus ist mit zwei Anzeigen wegen Körperverletzung und Freiheitsentziehung konfrontiert.
Bei einer mutmaßlich außer Kontrolle geratenen Wohnungsparty in Wien-Josefstadt musste die Polizei aufgrund von Hilferufen die Tür aufbrechen und fand einen verletzten Mann, zwei verängstigte Frauen und Gudenus vor. Er habe die zwei Frauen, die der Mann mit einem Küchenmesser bedroht habe, verteidigt. Der von Gudenus Beschuldigte habe dann die Polizei nur deshalb gerufen, um sich als Opfer darzustellen; die Verletzungen soll er sich selbst zugefügt haben.
Gudenus plane eine Gegenanzeige und verweist auf seine eigenen blauen Flecken als Beweis für seine Version der Ereignisse. Ob der Ex-FPÖ-Mann wirklich heldenhaft die beiden Frauen verteidigt hat, oder ob die Geschichte doch anders verlief, wird jetzt ermittelt. (Quelle: krone.at, 22.7.24)
Wien: Schwurbel-Potpourri von Dagmar Belakowitsch
FPÖ-Nationalratsabgeordnete Dagmar Belakowitsch schaffte es in der letzten Nationalratssession vor der Sommerpause, gleich einige der großen rechtsextremen Verschwörungserzählungen in einer einzigen Rede unterzubringen. So fehle das Geld, das während der Pandemie ausgegeben wurde, jetzt im Gesundheitssystem. Masken und Impfungen habe ohnehin niemand gebraucht.
Zum Klimawandel fiel Belakowitsch ein, dass es im Sommer schon immer heiß gewesen sei, Unwetter und Überflutungen habe es schon immer gegeben.. Die „Green Deals“ seien nur ein Deckmantel für Umverteilung, und die Normalverbraucher*innen sollen dafür zahlen. Aktivist*innen der „Letzten Generation“ punzierte sie als „Terroristen“ und behauptete obendrein, diese hätten das britische Kulturgut Stonehenge „zerstört“. (Zwei Personen der Initiative „Just Stop Oil“ haben Farbe aus Maisstärke auf einige Steine gesprüht, die, so die damaligen Angaben, durch Regen wieder abgeschwemmt würde.)
Zum Schluss verfiel Belakowitsch noch in zynisch-rassistische Deportationsfantasien als „Lösung für Klimaschutz“:
Österreich wächst jedes Jahr durch Ihre unkontrollierte Massenzuwanderung, das bedeutet mehr Wohnraum, mehr Bodenversiegelung, mehr Hausbrand, mehr Ressourcenverbrauch, mehr Ressourcen für Infrastruktur. Daher sage ich Ihnen: Wenn Sie tatsächlich Klimaschutz wollen, dann müssen Sie auch für Remigration eintreten, denn Remigration ist auch eine Lösung für Klimaschutz! (parlament.gv.at, 3.7.24)
Graz-Wien: Staatsanwaltschaft fordert Leinfellner-Auslieferung
FPÖ-Politiker Markus Leinfellner, seit dem 16. Juli neu im Nationalrat, steht nach nur kurzer Zeit im Amt wegen des Verdachts der Verhetzung (§ 283 StGB) im Fokus der Staatsanwaltschaft Graz.
Der Hintergrund ist eine rassistische Aussage Leinfellners bei einer Schuldiskussion im Mai, in der er behauptete, Menschen, die Schweinefleisch essen, neigten weniger dazu, sich in die Luft zu sprengen. Diese Aussage führte zu großer Empörung und einer angekündigten Anzeige der Islamischen Glaubensgemeinschaft.
Obwohl er sich später fadenscheinig entschuldigte, will die Staatsanwaltschaft nun gegen ihn ermitteln, weshalb der Immunitätsausschuss im September über seine Auslieferung entscheiden muss. Bereits 2022 gab es ein ähnliches Auslieferungsbegehren wegen eines Twitter-Postings zum „Fall Leonie“, das jedoch vom steirischen Landtag abgelehnt wurde. (Quelle: oe24.at, 1.8.24)
Graz: Nazis bei der FPÖ-Parteizentrale
Als „Anschlag auf die Demokratie im Land“ bezeichnete der steirische FPÖ-Landesparteisekretär Stefan Hermann eine Attacke auf die blaue Parteizentrale in Graz, bei der eine Fensterscheibe eingeschlagen wurde. Er sei „schockiert über das hohe Gewaltpotenzial der Täter“ und machte dafür die „‚anhaltende Anti-FPÖ-Hetze‘ der vergangenen Monate“ (kleinezeitung.at, 5.8.24) verantwortlich.
Wenige Tage nach dem Glasbruch veröffentlichte ein neonazistischer Telegram-Kanal ein Foto, auf dem vier vermummte Nazi-Kameraden vor der FPÖ-Zentrale posieren und mit einem Banner gegen die „Freunde Putins Österreich“ protestieren. Ein Tipp an den Landesparteisekretär: Er sollte alte blaue Kontakte nützen, um nachzufragen, ob bei der Nazi-Aktion nicht auch zufällig eine Glasscheibe in Bruch gegangen ist!
Die Staatsanwaltschaft Wien hat einen Strafantrag gegen den ehemaligen Verfassungsschützer Egisto Ott und den Ex-FPÖ-Politiker Hans-Jörg Jenewein wegen des Vorwurfs der Verletzung des Amtsgeheimnisses eingebracht. Der frühere Verfassungsschützer Ott, der noch immer im Sold des Innenministeriums steht und von dort Gehalt bezieht, wurde vor etwa fünfzig Tagen aus der Untersuchungshaft entlassen, da das Oberlandesgericht Wien keinen dringenden Tatverdacht gegen ihn sah.
Die Staatsanwaltschaft wirft Ott nun vor, im November 2018 einen unbekannten Beamten beauftragt zu haben herauszufinden, welche Staatsschützer an einem Treffen des Berner Clubs in Helsinki teilgenommen haben. Diese Aktion soll auf Anstiftung von Jenewein erfolgt sein, der damals Sicherheitssprecher der FPÖ und Vertrauter des Innenministers Herbert Kickl war. Die Razzia im BVT, die später als rechtswidrig eingestuft wurde, und die politische Diskussion um Österreichs Status im Berner Club sind Teil des Kontextes dieser Vorwürfe.
Ein weiterer Vorwurf betrifft das Ibiza-Video. Ott soll kurz nach dessen Veröffentlichung die Namen von BVT-Mitarbeitern, die angeblich zur Zeit des Videodrehs auf Ibiza waren, an Jenewein weitergegeben haben, was die nationale Sicherheit gefährdet habe. Zudem soll Ott einen anderen Beamten aufgefordert haben, die Namen der Ermittler der „Soko Ibiza“ herauszufinden. Jenewein wird zusätzlich vorgeworfen, vertrauliche Unterlagen aus parlamentarischen Untersuchungsausschüssen weitergegeben und Auskunftspersonen, darunter BVT-Beamte, fotografiert zu haben. (Quelle: derstandard.at, 14.8.24)
Der Burschenschafter Jenewein, der auch mit einer beachtlichen rechtsextremen Karriere aufwarten kann, war 2018 Fraktionsführer im BVT-Untersuchungsausschuss und später Referent im U‑Ausschuss-Team der FPÖ. Seine Karriere in der FPÖ fand ein abruptes Ende, als Dateien auf seinem im Zuge einer Hausdurchsuchung beschlagnahmten Smartphone nahelegten, dass Jenewein hinter einer anonym eingebrachten Sachverhaltsdarstellung gegen die eigene Landespartei stecken könnte.
➡️ Rückblick KW 27–33/24 (Teil 1): Verbotsgesetz-Prozesse
➡️ Rückblick KW 27–33/24 (Teil 2): Prozesse Verhetzung
➡️ Rückblick KW 27–33/24 (Teil 3): Von Razzien, Burschenschaftern, Identitären bis zum Bundesheer
➡️ Rückblick KW 27–33/24 (Teil 4): Blick über die Grenzen