Wien: Freispruch für Hitlergrüßerei
Wien: Morddrohung mit Nazi-Parolen
Wien-Alsergrund: Freud-Denkmal beschmiert
Salzburg: Unternehmen lehnt Reinigung der Synagoge ab mit antisemitischer Begründung ab
Bleiburg/Pliberk: Juristische Schlappe für Ustaša-Verein
Rust/B: Wieder ein Austritt bei den burgenländischen Blauen
Leipzig/D: Der teuerste Hitlergruß der Geschichte
Wien: Freispruch für Hitlergrüßerei
Es spielte sich zuerst in und dann vor einer Straßenbahn in Floridsdorf ab: Ein 35-Jähriger randalierte während der Fahrt, sodass der Fahrer stoppte und die Polizei gerufen wurde. Vor zwei Beamten und vielen ausgestiegenen Fahrgästen bot der Angeklagte mehrfach den Hitlergruß dar und schrie „88“, also den Code für „Heil Hitler“. Das bestritt der Mann beim Prozess am 22.8. auch gar nicht. Aber: Er habe lediglich darauf hinweisen wollen, dass sein Nachbar, den er zufällig in der Straßenbahn getroffen hatte, ein Nazi sei und den Gruß selber immer mache. Mit dem Nachbarn habe er in der Vergangenheit immer wieder Probleme wegen Lärmbelästigung gehabt, weshalb die Situation in der Straßenbahn dann eskaliert sei. Daher bekannte sich der Mann, der bereits 12 Vorstrafen wegen Raub- und Gewaltdelikten angesammelt hatte und zuletzt 2022 nach dem Waffengesetz verurteilt wurde, nicht schuldig.
Für die Verhandlung waren nur zwei Zeugen, die beiden Polizisten, geladen. Der erste antwortete auf die Frage, warum es keine Einvernahme des Angeklagten gegeben habe, „Ich kann mich nicht mehr erinnern“,und darauf, warum auch kein einziger Zeuge befragt wurde: „Die meisten sind wieder in die Straßenbahn eingestiegen oder weggegangen. Ich habe so viele Amtshandlungen, ich kann mich nicht erinnern.“
Der zweite Polizist gab an, der 39-Jährige habe zwar alkoholisiert (er hatte 1,4 Promille, wie ein Alkotest ergeben hatte), aber dennoch zurechnungsfähig und aufmerksam gewirkt. Er sei sich der Bedeutung des Grußes bewusst gewesen.
Dem Schlussplädoyer des Verteidigers, der Mann sei nur „ungeschickt“ gewesen, er fühle sich nicht ernstgenommen und wollte sich nur Gehör verschaffen, folgten die Geschworenen dann auch mehrheitlich: Sie sprachen den Angeklagten knapp mit 5 zu 3 Stimmen frei. Nachdem die Staatsanwaltschaft keine Erklärung abgab, ist das Urteil ist nicht rechtskräftig.
Danke an prozess.report für die Prozessbeobachtung!
Wien: Morddrohung mit Nazi-Parolen
Am Vormittag des 25. August ereignete sich in Wien ein Vorfall, bei dem ein 39-jähriger Mann auf die Fahrbahn des Dr. Karl-Renner-Rings in der Inneren Stadt lief und ein Fahrzeug anhielt. Der Mann bedrohte den Fahrer mit dem Umbringen und nötigte ihn zum Aussteigen. Aus Angst folgte der Fahrzeuglenker der Aufforderung. Sicherheitsmitarbeiter eines nahegelegenen Gebäudes beobachteten die Szene, alarmierten die Polizei und hinderten den Mann daran, mit dem Fahrzeug wegzufahren.
Bei Eintreffen der Polizei zeigte sich der Mann verwirrt, schrie die Beamten an und verweigerte die Zusammenarbeit. Er lief erneut auf die Fahrbahn und rief mehrfach nationalsozialistische Parolen. Aufgrund des Verdachts der schweren Nötigung wurde der Mann vorläufig festgenommen und nach dem Verbotsgesetz angezeigt. (Quelle: heute.at, 24.8.24)
Wien-Alsergrund: Freud-Denkmal beschmiert
Das Sigmund-Freud-Denkmal vor der Votivkirche wurde mit schwarzer Farbe beschmiert. Wie auf einem vom Sigmund-Freud-Museum Wien veröffentlichten Foto zu sehen ist, schmierten Unbekannte unter anderem das Wort „pervers“ auf die Steintafel. Aufgrund der Tatsache, dass Freud Jude war, ist ein antisemitischer Hintergrund wahrscheinlich.
Das Denkmal für Sigmund Freud, dessen Inschrift lautet: „Die Stimme des Intellekts ist leise [aber sie ruht nicht, ehe sie sich Gehör verschafft hat.]”, wurde kürzlich unter anderem mit dem Wort „pervers” beschmiert. 1959 beschrieb Adorno, was sich hier ganz unmittelbar zeigt: pic.twitter.com/MW2vVI512G
— Lea von der Hude (@vdhuderl) August 20, 2024
Salzburg: Unternehmen lehnt Reinigung der Synagoge ab mit antisemitischer Begründung ab
Die jüdische Gemeinde in Salzburg bat ein örtliches Unternehmen um ein Angebot für Reinigungsarbeiten in ihrer Synagoge. Der Geschäftsführer und Eigentümer des Unternehmens, ein Österreicher mit türkischen Wurzeln, reagierte prompt und lehnte den Auftrag ab.
33 Minuten nach Übermittlung der elektronischen Anfrage, die den SN vorliegt, meldete sich der Geschäftsführer, bedankte sich für die Anfrage und merkte an: „Wir möchten jedoch klarstellen, dass wir unter keinen Umständen ein Objekt von einem Terrorstaat, der Kinder und Zivilisten ermordet, unterstützen oder bereitstellen werden. Wir haben keinerlei Interesse daran, mit solchen Machenschaften in Verbindung gebracht zu werden.“ (Salzburger Nachrichten, 24.8.24, S. L4)
Elie Rosen, Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde, bezeichnete den Vorfall als antisemitisch und vergleichbar mit den Boykottaufrufen der Nationalsozialisten. Rosen hat den Fall einem Anwalt und der Wirtschaftskammer übergeben und fordert, dass solche Unternehmen keine Geschäftstätigkeit ausüben dürfen.
Der Firmeneigentümer verteidigte seine Aussage als persönliche Meinung und betonte, kein Antisemit zu sein. Er verwies auf die Situation in Gaza und die Reaktionen der jüdischen Gemeinde und europäischer Medien. Helga Embacher, Historikerin an der Universität Salzburg, sieht in der Aussage klassischen Antisemitismus, da Juden außerhalb Israels für den Krieg verantwortlich gemacht würden.
Bleiburg/Pliberk: Juristische Schlappe für Ustaša-Verein
Im Jahr 2022 entfernten die Kärntner Behörden das Wappen der kroatisch-faschistischen Ustaša am Gedenkstein am Loibacher Feld in Bleiburg/Pliberk. Die Gedenkstätte mit Gedenkstein und Wappen wurde in den 1980er-Jahren vom Ustaša-nahen Verein „Bleiburger Ehrenzug“ errichtet. Der Verein organisierte jährliche Gedenkfeiern, die durchwegs von Rechtsextremisten besucht wurden.
Bereits 2016 hatte das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (DÖW) festgestellt, dass das Wappen unter das österreichische Abzeichengesetz fällt, da es auch von einer SS-Kompanie verwendet wurde, was von den Kärntner Behörden bis 2022 ignoriert wurde.
Der „Bleiburger Ehrenzug“ klagte gegen diese Maßnahme, scheiterte nun jedoch endgültig vor dem Landesverwaltungsgericht Kärnten. (no-ustasa.at, 23.8.24)
Rust/B: Wieder ein Austritt bei den burgenländischen Blauen
Alexander Reinprecht, bisher Mitglied der FPÖ, Gemeinderat in Rust und freiheitlicher Arbeiterkammerrat im Burgenland, wechselt zur „Initiative Geza Molnar“. Reinprecht kritisiert die FPÖ Burgenland scharf und bezeichnet sie als „Familienbetrieb“, der Mandate und Verträge innerhalb eines engen Kreises verteilt.
Er bemängelt, dass es nicht mehr um Sachthemen, sondern um persönliche Befindlichkeiten gehe, und kritisiert die unklare Spitzenkandidatur für die Landtagswahl. Der Bundespartei wolle er aber weiterhin treu bleiben. (Quelle: burgenland.orf.at, 22.8.24)
Der Abgang von Reinprecht fügt sich in eine ganze Serie von Rück- und Austritten innerhalb der burgenländischen FPÖ, bei der sich in den letzten Jahren auch mehrere Ortsgruppen aufgelöst haben. Molnar selbst wurde 2021 aus der FPÖ ausgeschlossen.
Leipzig/D: Der teuerste Hitlergruß der Geschichte
Weil sie 2022 bei einem Auftritt in Leipzig mehrmals den Hitlergruß gezeigt hatte, wurde die deutsche Ballermann-Sängerin Melanie Müller (bürgerlich Melanie Blümer) des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen schuldig gesprochen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
Die Sängerin, die behauptete, „mit Rechtsradikalen oder nationalistischem Gedankengut nichts am Hut“(derstandard.at, 23.8.24) zu haben, trat an besagtem Abend vor einer rechten Rockergruppierung auf. Neben ihren Hitlergrüßen kam es aus dem Publikum immer wieder zu „Heil!“-Rufen und anderen rechten Parolen.
Zusätzlich wurde Müller auch wegen des Besitzes illegaler Betäubungsmittel verurteilt. Sollte das Urteil mit 80.000 Euro Geldstrafe halten, wäre Müllers Geste der wohl teuerste Hitlergruß der Geschichte.