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Jenewein, Ott und Nazi-Kram

Hans-Jörg Jene­wein hat kei­nen Lauf. Ibi­za und der Spe­sen­skan­dal haben letzt­lich auch sei­ne poli­ti­sche Kar­rie­re zu Fall gebracht. Dass Jene­wein ideo­lo­gisch rechts­au­ßen anzu­sie­deln ist, mach­te ihn inner­halb der FPÖ nicht auf­fäl­lig. Aber offen­bar wur­de bei ihm auch Nazi-Bild­ma­te­ri­al gefunden.

15. Apr 2024

Bis 2019 war Hans-Jörg Jene­wein Bun­des- und ab 2017 FPÖ-Natio­nal­rats­ab­ge­ord­ne­ter und Frak­ti­ons­füh­rer im BVT-U-Aus­schuss. Nach­dem er es über den Lis­ten­platz 9 am Bun­des­wahl­vor­schlag und Platz 7 auf der Wie­ner Lis­te der FPÖ knapp nicht mehr ins Par­la­ment geschafft hat­te, über­nahm ihn die Par­tei als Mit­ar­bei­ter in den Par­la­ments­klub. Im Sep­tem­ber 2021 folg­te der ers­te Pau­ken­schlag: In einer Haus­durch­su­chung wur­den Com­pu­ter, USB-Sticks, Han­dys und Daten­trä­ger beschlag­nahmt. Jene­wein wur­de ver­däch­tigt, an den Russ­land-Spi­on Egis­to Ott Infor­ma­tio­nen ver­kauft zu haben – was Jene­wein bestrit­ten hat­te. So viel steht fest: Auf Jene­weins Gerä­ten wur­den Chats mit Ott sichergestellt.

Als die dama­li­ge Oppo­si­ti­on eine Son­der­sit­zung des Natio­nal­rats im Sep­tem­ber 2018 ein­be­rief, gehör­te Jene­wein zu den wort­rei­chen Ver­tei­di­gern der Raz­zia im BVT. Retro­spek­tiv gese­hen, ent­behrt es ange­sichts der Kon­tak­te von Jene­wein zu Ott nicht einer gewis­sen Iro­nie, dass dort just Jene­wein die man­geln­de „Daten­si­cher­heit“ im BVT als Ursa­che für das Miss­trau­en der aus­län­di­schen Part­ner­diens­te gegen­über dem öster­rei­chi­schen Ver­fas­sungs­schutz fest­mach­te. Tat­sa­che ist, dass wir hin­sicht­lich Daten­si­cher­heit ein evi­den­tes Pro­blem im BVT haben.“ (parlament.gv.at, 7.9.18)

Hans-Jörg Jenewein in der Nationalratssondersitzung am 7.9.2018
Hans-Jörg Jene­wein in der Natio­nal­rats­son­der­sit­zung am 7.9.2018

Die FPÖ reagier­te auf die Raz­zia bei Jene­wein reflex­ar­tig und orte­te „nichts ande­res als ein[en] Rache­akt und Ein­schüch­te­rungs­ver­sucht (sic!) des tie­fen schwar­zen Staa­tes“ und ver­sprach „von der FPÖ selbst­ver­ständ­lich vol­le Rücken­de­ckung(ots.at, 11.9.21). Mit der „vol­len Rücken­de­ckung“ war jedoch schlag­ar­tig Schluss, als im August 2022 publik wur­de, dass auf Jene­weins Han­dy der Ent­wurf einer anony­men Anzei­ge gegen (Ex-)Granden der Wie­ner FPÖ gefun­den wur­de, in der es um den Miss­brauch von meh­re­ren Mil­lio­nen Euro an öffent­li­chen För­der­mit­teln über FPÖ-nahe Ver­ei­ne gehen soll.

Jene­wein, der bis dahin als enger Ver­trau­ter von Her­bert Kickl gegol­ten hat­te, trat aus der Par­tei aus und wur­de von sei­nem Pos­ten im blau­en Par­la­ments­klub „sus­pen­diert“, wie die dama­li­ge Sprach­re­ge­lung nach einem kol­por­tier­ten Sui­zid­ver­such von Jene­wein gelau­tet hat­te. Wie Jene­weins Sta­tus im FPÖ-Klub der­zeit aus­sieht, ist nicht bekannt. Sein Name scheint noch immer auf der Klub-Tele­fon­lis­te des Par­la­ments auf.

Im aktu­ell lau­fen­den Unter­su­chungs­aus­schuss betrieb Her­bert Kickl auch im Fall von Jene­wein „Kin­des­weg­le­gung“.

Bei den Fra­gen durch die grü­ne Frak­ti­ons­füh­re­rin Meri Diso­ski fehl­te es Kickl dann an Wahr­neh­mun­gen. Kei­ne Wahr­neh­mun­gen hat­te er etwa zu Inter­ven­tio­nen bei Medi­en und Chats des ehe­ma­li­gen FPÖ-Sicher­heits­spre­chers Hans-Jörg Jene­wein. Gefragt nach sei­ner Bezie­hung zu Jene­wein sag­te er nur: „Es ist schlicht und ergrei­fend falsch zu behaup­ten, der Jene­wein sei mei­ne rech­te Hand gewe­sen.“ Auch Jene­weins Rol­le bei der BVT-Reform war The­ma, er sei aber „weder Bera­ter noch sonst etwas“ gewe­sen, so Kickl. (apa.at, 11.4.24)

Jenewein mit Rechtsaußen-Geschichte

Jene­wein ist Bur­schen­schaf­ter der aka­de­mi­schen Ver­bin­dung Sile­sia. 2008 refe­rier­te er bei der „Arbeits­ge­mein­schaft für demo­kra­ti­sche Poli­tik“ (AfP). Vom „Fal­ter“ auf sei­ne Teil­nah­me ange­spro­chen, mein­te er, „dass ihm die Ein­schät­zung des Ver­fas­sungs­schut­zes, wonach die AFP eine ‚aus­ge­präg­te Affi­ni­tät zum Natio­nal­so­zia­lis­mu‘ besit­ze, nicht tan­gie­re: ‚Ich habe dort durch die Bank nor­ma­le Men­schen ken­nen gelernt, die mit Mes­ser und Gabel essen.” Daher wür­de er im Fal­le einer neu­er­li­chen Ein­la­dung nächs­tes Jahr ‚wie­der hin­fah­ren‘.“ (doew.at, 10.09) 2009 stand er zwar neben dem Schwei­zer Holo­caust­leug­ner Bern­hard Schaub mit dem The­ma „Über den herr­schen­den Gesin­nungs­ter­ror” erneut am Pro­gramm, statt ihm refe­rier­te dann jedoch Johann Gudenus.

Ab 2003 war Jene­wein auch Teil jenes Ver­eins, der sich zur Auf­ga­be gestellt hat, dem Nazi-Flie­ger Wal­ter Nowot­ny zu hul­di­gen. Auf Jene­weins Han­dy waren aber nicht nur die bri­san­ten Chats mit Ott und die Anzei­ge gegen die FPÖ auf­ge­stö­bert wor­den, berich­tet die „Kro­nen Zei­tung“ (13.4.24):

Auf sei­nem Mobil­te­le­fon wur­den zudem Bil­der gefun­den, auf dem T‑Shirts und Wim­pel zu sehen sind, die gemäß Akt „ein­deu­tig natio­nal­so­zia­lis­ti­sche Gesin­nung Erken­nen [sic!] las­sen“. Jene­wein habe auf die ihm geschick­ten Bil­der mit den Wor­ten: „Sehr nett. A schö­nes Urlaubs­mit­bring­sel“ und einem lachen­den Emo­ji reagiert.

Wei­te­re Iro­nie des Schick­sals: Auch bei Egis­to Ott wur­de Nazi-Kram sicher­ge­stellt. In sei­ner Woh­nung sol­len sich ein Eiser­nes Kreuz und ein Haken­kreuz befun­den haben.

Bereits 2021 war bekannt gewor­den, dass die Durch­su­chungs­trup­pe in Jene­weins Woh­nung auch ein Schlag­ring mit Toten­kopf gefun­den hat­te – angeb­lich aus dem Nach­lass von Jene­weins Groß­va­ter. Das angeb­li­che Erb­stück sei – gewis­ser­ma­ßen schlag­fer­tig – „am Heiz­kör­per neben der Tür“ (diepresse.com, 13.9.21) plat­ziert gewesen.