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Wochenschau KW 23/22

Die Ent­hül­lun­gen rund um die Geschäfts­be­zie­hun­gen des Fuß­ball­stars Mar­tin Hin­ter­eg­ger mit dem Rechts­extre­men Iden­­ti­­tä­­ren-Freund Hein­rich Sickl haben nicht nur in der Fuß­ball­welt ordent­lich Staub auf­ge­wir­belt. Das Ergeb­nis: Alle Betrof­fe­nen geben sich schwer belei­digt, und Hin­terg­gers Kar­rie­re bei der Ein­tracht könn­te been­det sein. Der Gra­zer FPÖ-Gemein­­de­rats­­klub, aus dem Sickl mit Dezem­ber 2020 aus­ge­schie­den ist, setzt trotz […]

13. Jun 2022

Sirnitz/K und Frankfurt/D: Fußball meets Rechtsextrem
FPÖ-Graz auf alten Pfaden
Sollenau/NÖ: Hetzparolen auf Moschee
Eisenstadt/Wien: Homophobe Entgleisungen

Sirnitz/K und Frankfurt/D: Fußball meets Rechtsextrem

Der Auf­re­ger der Woche, der über die öster­rei­chi­schen Gren­zen hin­aus­ging dreh­te sich um den Ein­tracht Frank­furt-Fuß­bal­ler und öster­rei­chi­schen Natio­nal­spie­ler Mar­tin Hin­ter­eg­ger bzw. um des­sen Geschäfts­be­zie­hun­gen zum ehe­ma­li­gen Gra­zer FPÖ-Gemein­de­rat Hein­rich Sickl. Ins Rol­len gebracht hat die Affä­re Micha­el Bon­va­lot, der sich das Geschäfts­kon­strukt rund um den im Kärnt­ner Sir­nitz geplan­ten „Hin­ti-Cup“ genau­er ange­se­hen hat.

Die Fir­ma „Hin­ti Event GmbH”, die im Eigen­tum von Hin­ter­eg­ger, Sickl und einer Gas­tro­no­min steht, soll­te das drei­tä­gi­ge Spek­ta­kel inklu­si­ve Begleit­pro­gramm im Schloss der Fami­lie Sickl durch­füh­ren. Dar­aus wur­de nun nichts. Hin­ter­eg­ger, der von Sick­ls jah­re­lan­gen Rechts­au­ßen-Akti­vi­tä­ten nichts mit­be­kom­men haben will, muss­te sich von sei­nem Geschäfts­part­ner distan­zie­ren. Das Pro­gramm auf Schloss Albeck wur­de gestri­chen und eine ande­re Fir­ma mit der Durch­füh­rung des Rest­pro­gramms beauf­tragt. Sickl gab zumin­dest offi­zi­ell auch die Pres­se­agen­den, für die er eben­falls ver­ant­wort­lich war, ab.

Als Opfer sti­li­sier­ten sich alle Betei­lig­ten: Hin­ter­eg­ger, der via Insta­gram bejam­mer­te, „dass ein Unbe­kann­ter sol­che Din­ge über mich behaup­ten kann“, wobei der „Unbe­kann­te“, näm­lich Bon­va­lot, schlicht­weg eine jour­na­lis­ti­sche Recher­che ver­öf­fent­licht hat und: „Ich habe kei­ne Kennt­nis­se über ver­gan­ge­ne oder zukünf­ti­ge Akti­vi­tä­ten sei­tens der Fami­lie Sickl, ich möch­te ledig­lich ein Fuß­ball­tur­nier statt­fin­den las­sen, und mehr nicht.“

Kein Mensch hat ver­langt, dass Hin­ter­eg­ger Kennt­nis­se über zukünf­ti­ge Akti­vi­tä­ten der Fami­lie Sickl hat, aber die ver­gan­ge­nen kön­nen bereits über eine kur­ze Goog­le-Recher­che zum frü­he­ren Mit­glied einer Neo­na­zi-Grup­pie­rung und fort­wäh­ren­den Iden­ti­tä­ren-Kum­pel Hein­rich Sickl nie­man­dem ver­bor­gen geblie­ben sein. Oder schließt Hin­ter­eg­ger Geschäfts­be­zie­hun­gen, in der es um viel Geld geht, ab, ohne über sei­ne Part­ner auch nur das gerings­te Wis­sen zu haben?

Gejam­mert hat natür­lich auch Sickl selbst, der einen demo­kra­tie­po­li­ti­schen Skan­dal wit­tert und „als Ver­an­stal­ter (…) kei­ne irgend­wie gear­te­ten (sic!) Poli­tik ver­tre­ten“ haben will. Sei­ne rechts­extre­men Akti­vi­tä­ten, die er bis heu­te als Geschäfts­füh­rer der „Frei­lich Medi­en GmbH“ und Her­aus­ge­ber und Autor des „Frei­lich Maga­zins“, dem Nach­fol­ge­ma­ga­zins der „Aula“, fort­führt, framt Sickl beschö­ni­gend mit „Ich habe mich poli­tisch aktiv am demo­kra­ti­schen Leben beteiligt“.

Die FPÖ rück­te gleich zwei Mal mit einer Pres­se­aus­sendung aus: Ein­mal orte­te deren Gene­ral­se­kre­tär Micha­el Schned­litz eine „Hetz­jagd auf Frei­heit­li­che“ und einen „Angriff auf die gesam­te FPÖ“, und der Wie­ner FPÖ-Gemein­de­rat Udo Gug­gen­bich­ler sah sich genö­tigt, für Sir­nitz in die Bre­sche zu sprin­gen: „Media­le Ver­ur­tei­lung eines Ex-FPÖ-Poli­ti­kers scha­det gan­zem Ort“, ließ er die Welt wis­sen. War­um sich aus­ge­rech­net der Wie­ner Gug­gen­bich­ler dazu beru­fen fühlt, sich um das Image von Sir­nitz zu sor­gen, kann nur erahnt wer­den: Sickl ist Mit­glied der schla­gen­den Bur­schen­schaf­ten „Tigu­ri­na zu Feld­kir­chen“ und der „Armi­nia Graz“, Gug­gen­bich­ler ist eben­falls Armi­ne. Da ist also Gug­gen­bich­ler, ohne es anzu­spre­chen, wohl eher dem Bun­des­bru­der Sickl bei­gesprun­gen als dem Kärnt­ner Dorf.

Der Frank­fur­ter Ein­tracht scheint es nun mit „Hin­ti“ zu rei­chen: Diver­se Medi­en kol­por­tie­ren, dass Hin­ter­eg­gers Wech­sel zu einem ande­ren Klub bevor­stün­de: „Ein­tracht-Star als Mega-Schnäpp­chen zu haben“

FPÖ-Graz auf alten Pfaden

Auch die Gra­zer FPÖ kann es nicht las­sen. Wer meint, die Par­tei wür­de nach dem Rie­sen­skan­dal rund um ihren Ex-Chef Mario Eustac­chio und Ex-Klub­chef Armin Sip­pel tat­säch­lich einen Schluss­strich zie­hen und neu begin­nen, hat sich geirrt. Es wur­den nicht nur mit Alexis Pas­cut­ti­ni wie­der ein Kor­po­rier­ter Klub­ob­mann (Pas­cut­ti­ni war bis 2017 auch par­la­men­ta­ri­scher Mit­ar­bei­ter des Bur­schen­schaf­ters und Iden­ti­tä­ren-Freun­des Wolf­gang Zan­ger), der Alt­re­cke und Bur­schen­schaf­ter Axel Kas­seg­ger zum geschäfts­füh­ren­den Stadt­par­tei­ob­mann bestellt, son­dern auch ein alter Bekann­ter aus dem Iden­ti­tä­ren Umfeld als Klub­mit­ar­bei­ter geholt: Sieg­fried Wasch­nig. Er dien­te als par­la­men­ta­ri­scher Mit­ar­bei­ter von Axel Kas­seg­ger und scheint zumin­dest bis Jän­ner 2020 als Mit­ar­bei­ter des FPÖ-Par­la­ments­klubs auf. Sei­ne Ver­bin­dun­gen zu den Iden­ti­tä­ren waren viel­fäl­tig: Er publi­zier­te in diver­sen iden­ti­tä­ren Orga­nen, er war Kas­sier des in Graz behei­ma­te­ten iden­ti­tä­ren Ver­eins für nach­hal­ti­ge Völ­ker­ver­stän­di­gung und Jugend­ar­beit, und er trat bei iden­ti­tä­ren Kund­ge­bun­gen als Spre­cher auf. Auf der 2019 an die Öffent­lich­keit gekom­me­nen BVT-Lis­te der Spender*innen an die Iden­ti­tä­ren, die auch SdR vor­liegt, taucht Wasch­nig eben­falls auf. Zwei Jah­re lang arbei­te­te Wasch­nig auch beim iden­ti­tä­ren-nahen Frei­lich Maga­zin, bevor er zum Gra­zer FPÖ-Gemein­de­rats­klub wechselte.

Die „Klei­ne Zei­tung” berich­tet, dass es über die­se Beset­zung nicht nur Freu­de inner­halb der Gra­zer FPÖ zu geben scheint. „Eini­ge lang gedien­te Mit­glie­der der Frei­heit­li­chen bedau­ern – auch in Schrei­ben an die Redak­ti­on –, dass trotz ‚Macht­über­nah­me‘ nach dem Finanz­skan­dal der Ein­fluss der ‚Rechts­rech­ten‘ unge­bro­chen sei.“

Sollenau/NÖ: Hetzparolen auf Moschee

In der Nacht vom 5. auf den 6. Juni wur­de die Moschee im nie­der­ös­ter­rei­chi­schen Sol­len­au mit ras­sis­ti­schen Hetz­pa­ro­len beschmiert. „Gegen 2.45 Uhr hat der unbe­kann­te Täter laut Infor­ma­ti­on der Lan­des­po­li­zei­di­rek­ti­on Nie­der­ös­ter­reich zuge­schla­gen. Beim Ein­gangs­be­reich wur­den zwei Sym­bo­le auf­ge­sprüht, an die Wän­de der Moschee ras­sis­ti­sche Sprü­che.“ (noe.orf.at, 6.6.22)

Eisenstadt/Wien: Homophobe Entgleisungen

Die frei­heit­li­che Jugend Bur­gen­land steu­er­te wie ande­re blaue Rechts­au­ßen-Orga­ni­sa­tio­nen ihren geis­ti­gen Unrat zur Kam­pa­gne gegen die LGBT­QI-Bewe­gung und den Pri­de Month bei. Sie brach­te just an jenem Gebäu­de, bei dem Antifaschist*innen im März mit einem wenig freund­lich gestal­te­ten Ban­ner gegen die monat­lich in Eisen­stadt statt­fin­den­den Demos rund um den Neo­na­zi Gott­fried Küs­sel pro­tes­tiert hat­ten, ein homo­pho­bes Ban­ner an.

Antifa-Banner gegen Küssel in Eisenstadt (Screenshot Instagram)
Anti­fa-Ban­ner gegen Küs­sel in Eisen­stadt (Screen­shot Instagram)

Wäh­rend Berich­ten zufol­ge das anti­fa­schis­ti­sche Ban­ner inner­halb einer Stun­de von der Poli­zei abge­nom­men wor­den sein soll, war das Hetz­ban­ner der blau­en Jugend zumin­dest einen Tag nach des­sen Anbrin­gung noch immer am Gebäu­de zu sehen.

Banner des RFJ-Burgenland (Foto von SdR beschnitten), vom identitären "Heimatkurier" belobigt (Screenshot Heimatkurier)
Ban­ner des RFJ-Bur­gen­land (Foto von SdR beschnit­ten), vom iden­ti­tä­ren „Hei­mat­ku­rier” belo­bigt (Screen­shot Heimatkurier)

Das rechts­extre­me Wie­ner Corps Han­sea, das immer wie­der mit unap­pet­li­chen bis wider­wär­ti­gen Pos­tings auf­ge­fal­len ist, geht noch einen Schritt wei­ter und faselt in einem Insta­gram-Pos­ting von einer „Ent­ar­tung der west­li­chen Gesell­schaft“.