Lesezeit: 5 Minuten

Die Kameraden von der „Tigurina“

Beschwer­den soll man bei „Stoppt die Rech­ten“, dem DÖW und ande­ren anti­fa­schis­ti­schen Sei­ten mel­den, schreibt ein „A. Lemisch“ unter das von ihm auf You­Tube gestell­te brau­ne Video der pen­na­len Bur­schen­schaft Tigu­ri­na in Feldkirchen/Kärnten. Da hat der Bur­sche, der sich hin­ter dem Pseud­onym ver­birgt, nicht Unrecht! Das DÖW hat sich schon um die Tigu­ri­na geküm­mert, jetzt […]

26. Apr 2019
Startseite Tigurina mit Link auf eine Presseaussendung der "Aula"
Startseite Tigurina mit Link auf eine Presseaussendung der "Aula"

Die „wehr­haft pen­na­le Bur­schen­schaft Tigu­ri­na“ ist eigent­lich ziem­lich öffent­lich­keits­scheu. Als im Jahr 2000 the­ma­ti­siert wur­de, dass Sohn Hein­rich der FPÖ-Kurz­zeit-Sozi­al­mi­nis­te­rin Eli­sa­beth Sickl nach einer schwe­ren Ver­gan­gen­heit im Umfeld der neo­na­zis­ti­schen „Natio­na­lis­ti­schen Front“ bei der „Tigu­ri­na“ gelan­det ist, erklär­te Mut­ter Eli­sa­beth, dass sie „damals sehr unglück­lich mit der Ent­wick­lung“ gewe­sen sei, aber jetzt sei er „Mit­glied einer schla­gen­den Ver­bin­dung. Das ist etwas kom­plett ande­res“ (For­mat Nr. 6/2000). Und wie! Als dann die Web­sei­te der „Tigu­ri­na“ etwas näher inspi­ziert wur­de, fand sich neben geschmack­lo­sen sexis­ti­schen und bräun­li­chen Witz­chen („heil Ost­mark!“) auch ein beson­ders wider­li­cher anti­se­mi­ti­scher Ein­trag, den „News“ (Nr. 13/2000) damals so beschrie­ben hat:

Der Höhe­punkt der stramm-natio­na­len Geschmack­lo­sig­kei­ten fin­det sich unter der Rubrik „Die Auf­de­cker“: ein mani­pu­lier­tes Bild, das einen fal­len­den Juden vor einem Rei­ter mit „foto­tech­nisch’ auf­ge­setz­tem SS-Helm zeigt. Begleit­text: „Tel-Aviv, 32. Juli 1943. Mit unglaub­li­cher Bru­ta­li­tät und Into­le­ranz gehen berit­te­ne SS-Scher­gen (sie­he Helm!) gegen einen Exbum­mel von Anders­aus­se­hen­den vor. (Dabei sind es angeb­lich eh Rechts­ge­rich­te­te.) Der Säckel­wart der B! Tigu­ri­na­ver­liert dabei sei­ne Mütze!“

Dar­auf­hin ver­schwand die Web­sei­te der „Tigu­ri­na“ für fast 20 Jah­re von der Bild­flä­che. Schließ­lich woll­te man sich die durch Schwarz-Blau neu spru­deln­den För­de­run­gen des Bun­des für pen­na­le Ver­bin­dun­gen nicht verbauen!

Tigurina 2000: Wir kommen wieder!
Tigu­ri­na 2000: Wir kom­men wieder!
Tigurina 2000: Walhalla kommt wieder!
Tigu­ri­na 2000: Wal­hal­la kommt wieder!

Im Stil­len blüh­te die geschmack­lo­se wider­lich brau­ne und anti­se­mi­ti­sche Gesin­nung aber offen­sicht­lich wei­ter: „NS-Koket­te­rie“, nennt das das DÖW in sei­nem aktu­el­len Bei­trag über das Video der „Tigu­ri­na“ mit dem Titel „Der Fuchs“.

Mitt­ler­wei­le ist das Video von der Home­page der „Tigu­ri­na“ her­un­ter­ge­nom­men wor­den: angeb­lich auf­grund der höf­li­chen Bit­te von „Vil­la­cher Bier“, wie die Tigu­ri­nen anmer­ken. Ein LKW-Zug von „Vil­la­cher Bier“ wird näm­lich im Video gezeigt, neben Rat­ten und Aas. Letz­te­res wird illus­triert mit einem Foto von Geor­ge Sor­os und Ange­la Merkel.

Fressfeind Aas Soros
Fress­feind Aas Sor­os (Screen­shot aus Video „Der Fuchs”)

Wir erspa­ren uns hier wei­te­re Schil­de­run­gen und ver­wei­sen auf den Bei­trag des DÖW. Die Erzähl­stim­me, Tho­mas Eich­horn, bekannt als Spre­cher vie­ler TV-Pro­duk­tio­nen, ver­weist in einer Stel­lung­nah­me dar­auf, dass er nur beauf­tragt wur­de, für einen Natur­film (wohl über Füch­se) einen Text ein­zu­spre­chen. Sein Auf­trag­ge­ber war dem­nach Hel­mut Sch.. Über die poli­ti­sche Aus­sa­ge der dazu mon­tier­ten Bil­der habe er kei­ne Kennt­nis gehabt. Die „Klei­ne Zei­tung“ berich­tet (25.4.19, S. 18/19), dass die Vil­la­cher Braue­rei not amu­sed war über die Ver­wen­dung ihres Logos in dem Video und dass die Staats­an­walt­schaft wegen Wie­der­be­tä­ti­gung Ermitt­lun­gen gegen die Bur­schen­schaft, die unter Beob­ach­tung des Ver­fas­sungs­schut­zes ste­he, auf­ge­nom­men habe.

Startseite Tigurina mit Link auf eine Presseaussendung der "Aula"
Start­sei­te Tigu­ri­na mit Link auf eine alte Pres­se­aus­sendung der „Aula” (24.4.19)

Als wir jetzt im DÖW-Bei­trag über das Video der „Tigu­ri­na“ lasen, dass ein bis heu­te akti­ver Tigu­ri­ne „noch in den 1990er-Jah­ren zum inne­ren Kreis der öster­rei­chi­schen Neo­na­zi­sze­ne unter Gert Hon­sik, Franz Radl jun. und Gott­fried Küs­sel“ gehör­te, hat­ten wir zunächst eine vage Asso­zia­ti­on zu der ver­we­ge­nen Ein­schät­zung von Mut­ter Eli­sa­beth zu ihrem Sohn Hein­rich, des­sen Ver­gan­gen­heit und spä­te­re tugend­haf­te Ent­wick­lung zu einem wehr­haf­ten Bur­schen und Gra­zer FPÖ-Gemein­de­rat sowie Freund der Identitären.

Wir blät­ter­ten also in unse­rem rie­si­gen Zeit­schrif­ten-Archiv den Bei­trag aus dem „For­mat“ Nr. 6/2000 nach und fan­den dar­in den fol­gen­den Hinweis:

Ein Sta­po-Bericht von Okto­ber 1991 schil­dert einen Auf­marsch vor dem Lan­des­ge­richt Graz, bei dem Sickl mit Sze­ne­grö­ßen wie Gerd Hon­sik und Gott­fried K. für die Frei­las­sung eines Kame­ra­den pro­tes­tier­te. Zitat der Sta­po: „Sie soli­da­ri­sier­ten sich mit der Mei­nung des Inhaf­tier­ten Franz R., daß die Gas­kam­mern Attrap­pen sei­en.” Ein Wie­der­be­tä­ti­gungs­ver­fah­ren gegen Sick­lwur­de eingestellt.

Hein­rich ist aber nicht der „bis heu­te akti­ve Tigu­ri­ne“ mit der brau­nen Ver­gan­gen­heit, denn ers­tens war er 1991 nur „zufäl­lig“ bei die­sem Auf­marsch dabei, und zwei­tens ist er mitt­ler­wei­le in Graz aktiv – als FPÖ-Gemein­de­rat, Bur­schen­schaf­ter der „Armi­nia“ und Freund der Iden­ti­tä­ren. Bei der „Tigu­ri­na“ ist ein ande­rer „alter Herr“ bis heu­te aktiv, fin­det sich sogar im Ver­eins­re­gis­ter als Schrift­füh­rer, obwohl das bei der „Tigu­ri­na“ eigent­lich „Schrift­wart“ heißt, und hat eine Ver­gan­gen­heit, die ihn nicht nur „zufäl­lig“ in die Neo­na­zi-Sze­ne geführt hat.

1995 wur­den Andre­as Thier­ry, eine lang­jäh­ri­ge Sze­ne­grö­ße und “‘Wehr­sport­part­ner“ von Heinz-Chris­ti­an („Hein­rich“) Stra­che und Hel­mut Adolf Sch., der „Tigu­ri­ne“, wegen Wie­der­be­tä­ti­gung zu 24 bzw. 15 Mona­ten bedingt ver­ur­teilt. Die bei­den hat­ten ein Flug­blatt „Die Wahr­heit über die Waf­fen-SS“ ver­teilt, in dem es unter ande­rem hieß: „Es ist eine Lüge, daß die Waf­fen-SS eine ver­bre­che­ri­sche Orga­ni­sa­ti­on gewe­sen ist. Wahr­heit ist viel­mehr, daß sie ehren­haft und anstän­dig gekämpft hat.

Thier­ry habe er bei einer Bur­schen­schaft ken­nen­ge­lernt, erklär­te Hel­mut Adolf Sch. in der Ver­hand­lung. War Thier­ry auch bei der Tigu­ri­na? Oder ist man sich bei Wehr­sport­übun­gen über den Weg gelau­fen? Hel­mut Sch. hat sei­nen zwei­ten Vor­na­men jeden­falls nicht zufäl­lig erhal­ten, denn weni­ge Tage vor sei­ner eige­nen Ver­hand­lung muss­te sich auch sein Vater wegen Wie­der­be­tä­ti­gung vor dem Lan­des­ge­richt Kla­gen­furt ver­ant­wor­ten, wur­de aller­dings frei­ge­spro­chen. Der Leh­rer hat­te sich unter ande­rem 1991 an einer Demons­tra­ti­on für Franz Radl, eine ande­re Sze­ne-Grö­ße, betei­ligt und – so die Ankla­ge — im Unter­richt Ein­schlä­gi­ges von sich gege­ben. 1995 war Hel­mut Adolf 22 Jah­re alt. Sei­ner Gesin­nung dürf­te er aber treu geblie­ben sein, denn für die brau­ne Kampf­schrift des Alt­na­zi Her­bert Schwei­ger „Evo­lu­ti­on des Wis­sens – Neu­ord­nung der Poli­tik“ lie­fer­te er den „Satz“. Außer­dem ist Hel­mut als Zeich­ner bzw. Gra­fi­ker aktiv – aber das ist eine ande­re Geschichte.

Rückblick uaf der Tigurina-Website: Werbung für Kongress "Verteidiger Europas"
Rück­blick auf der Tigu­ri­na-Web­site: Wer­bung für Kon­gress „Ver­tei­di­ger Europas”

Dem „A. Lemisch“, der das Fuch­sen-Video auf You­Tube stell­te, sind wir natür­lich sehr dank­bar für sei­nen Hin­weis, auch wenn er samt Fuchs-Video seit heu­te nicht mehr zu fin­den ist, denn sein Account ist wie einst die Web­site der „Tigu­ri­na“ verblichen.

Youtube-Account von Lemisch geschlossen (25.4.19)
You­tube-Account von Lemisch geschlos­sen (25.4.19)

Bei die­ser Gele­gen­heit wol­len wir noch anmer­ken, dass der ech­te Lemisch zwar auch pen­na­ler Bur­schen­schaf­ter, aber bei der Tau­ris­ka in Kla­gen­furt, war, und zwar hef­tig deutsch­na­tio­nal, aber anschei­nend kein Nazi. Das ist doch ein deut­li­cher Unterschied!

"Der Fuchs" – A. Lemisch: Beschwerden, Anzeigen, Lob und Kritik hier melden ...
„Der Fuchs” – A. Lemisch: Beschwer­den, Anzei­gen, Lob und Kri­tik hier melden …