Wochenschau KW 42

Viel Kärn­ten gibt’s in unser­er Rückschau auf die let­zte Woche: mehrere Nazi-Schmier­ak­tio­nen und der Nachk­lang zu Josef Win­klers Fes­trede anlässlich „500 Jahre Kla­gen­furt“, die der FPÖ gar nicht gefall­en hat. In Graz sor­gen 14 Mit­glieder aus der Staatsver­weiger­erszene für kuriose Momente vor Gericht, und kurios war auch ein Schlafz­im­mer­wand­schmuck eines Salzburg­er Ex-Ehep­aars: ein selb­st­ge­basteltes Aquarell mit SS-Runen. Und Obacht: Neuerd­ings kön­nen ein­deutig antifaschis­tis­che Sym­bole zu ein­er Anzeige wegen Wieder­betä­ti­gung führen – zumin­d­est in Tirol. Apro­pos Tirol: Unser Prädikat „das rechte Wort der Woche“ ver­lei­hen wir dies­mal an den Tirol­er FPÖ-Chef Markus Abwerzger.

Graz: Prozess­be­ginn gegen 14 Staatsverweigerer
Salzburg: Aquarell mit SS-Runen im Schlafzimmer
Marz (Bezirk Mat­ter­burg): Tat­too mit famil­iären Folgen
Kla­gen­furt I: Hak­enkreuz auf Radweg
Kla­gen­furt II: Sprühak­tion auf Autos und Hauswänden
Kla­gen­furt III: FPÖ-Anzeige gegen Josef Win­kler abgewiesen
Wels/OÖ: Diszi­pli­narstrafe gegen Welser Rechtsanwalt
Retz (NÖ)/Lembach (OÖ): BeiSS­mann mit umstrit­ten­em Logo
Sölden: Anzeige wegen Wieder­betä­ti­gung für Antifaschismus
Braunau/Thüringen: Hitler-Wall­fahrt der AfD Thüringen
Das rechte Wort der Woche: frei herumlaufend

Graz: Prozess­be­ginn gegen 14 Staatsverweigerer

Nach­dem im es Vor­jahr zu Haus­durch­suchun­gen und Fes­t­nah­men gekom­men war, begann let­zte Woche in Graz ein Prozess gegen 14 Mit­glieder des sog. „Staaten­bund Öster­re­ich“. Auf der Anklage­bank sitzt auch die selb­ster­nan­nte Führungsriege dieser Gruppe von Staatsver­weiger­ern, darunter Moni­ka U., die der Staat­san­walt als „gefährlich­ste Has­spredi­gerin Öster­re­ichs“ (derstandard.at, 15.10.18) tit­ulierte.

Kurz davor führte die Polizei in zwei Wellen eine Rei­he von Haus­durch­suchun­gen bei Mit­gliedern des Pseudogericht­shofs ICCJV durch, im Zuge der­er Waf­fen und Bomben­bauan­leitun­gen sichergestellt wur­den. (derstandard.at, 11.10.18)

Staatenbundfans auf FB-Profil von Monika U. (Screenshot Facebook)

Staaten­bund­fans auf FB-Pro­fil von Moni­ka U. (Screen­shot Facebook)

Salzburg: Aquarell mit SS-Runen im Schlafzimmer

Eine ungewöhn­liche, in Eigen­pro­duk­tion hergestell­ter Schlafz­im­merdeko brachte ein Ehep­aar in Salzburg vor Gericht. „Das Cor­pus Delic­ti – ein in Blau gehaltenes Aquarell – zeigte ein soge­nan­ntes Tatzen- oder Tem­plerkreuz, in dessen Mitte zwei Siegrunen als Emblem der Schutzstaffel gemalt waren.” (APA, 18.10.18 via derstandard.at) Während die Frau freige­sprochen wurde, kassierte der Mann eine Strafe. „Der 31-Jährige soll zwis­chen August 2016 und Sep­tem­ber 2017 über What­sApp mehrfach Hitler­bilder und Fotos sein­er eige­nen Tätowierun­gen – etwa ein Reich­sadler mit aus­ge­bre­it­eten Schwin­gen oder eine Schwarze Sonne als Erken­nungssym­bol der recht­sex­tremen Szene – ver­schickt haben.“ Inter­es­sant der Geschichte sind der braune Werde­gang des Angeklagten und die ihm seit­ens des RFJ zugedacht­en Auf­gaben. „Er habe sich früher im Ring Frei­heitlich­er Jugend (RFJ) engagiert. ‚Ich sollte da die rechte Szene beobacht­en, Kon­tak­te knüpfen und Leute für die FPÖ find­en’, sagte er heute vor Gericht. Dabei sei er schle­ichend in den falschen Fre­un­deskreis ‚hineingerutscht.’ (…) ‚Heute habe ich wed­er mit dem RFJ noch der FPÖ zu tun’, ver­sicherte der Angeklagte den Geschwore­nen. ‚Ich habe einen Schlussstrich gezo­gen.’” Ob seine Dis­tanzierung von den Blauen strafmildernd gewirkt hat, ist nicht bekan­nt. Er wurde (nicht recht­skräftig) zu 18 Monat­en bed­ingt verurteilt.

Marz (Bezirk Matterburg)/B: Tat­too mit famil­iären Folgen

Wir haben im Som­mer darüber berichtet, wie Dummheit zum Ver­häng­nis wer­den kann und ein zur Schau getra­genes Tat­too zum Aus­lös­er für Haus­durch­suchun­gen wurde. Was dort gefun­den wurde, führte zu Ermit­tlun­gen nicht nur gegen den tätowierten Her­ren, son­dern auch gle­ich gegen zwei sein­er Brüder. Wie nun bekan­nt wurde, fand die Polizei auch Fotos von Jugendlichen, „die offen­bar Ver­stöße gegen das Ver­bots­ge­setz began­gen hät­ten. Das bringe jet­zt natür­lich neue Ermit­tlun­gen mit sich, sagte der Sprech­er der Staat­san­waltschaft Kla­gen­furt, Markus Kitz auf Nach­frage des ORF Bur­gen­land. Man sei dabei diese Per­so­n­en auszu­forschen, es han­dle sich aber um Bilder, die älter als 18 Jahre alt sein kön­nten. Daher könne es dur­chaus sein, dass diese Tat­en bere­its ver­jährt seien.so Kitz. Das werde nun gepfrüft.” (burgenland.orf.at, 17.10.18)

Kla­gen­furt I: Hak­enkreuz auf Radweg

Auf einem Rad­weg im Stadt­teil Waid­manns­dorf wur­den ein spiegelverkehrtes Hak­enkreuz und das Wort „WEED“ (umgangssprach­lich für Cannabis) aufge­sprüht. Die Schmier­erreien wur­den ent­fer­nt, die Täter sind unbekan­nt. (kleinezeitung.at, 16.10.18)

Kla­gen­furt II: Sprühak­tion auf Autos und Hauswänden

Gle­ich 15 Autos und Hauswände wur­den in Kla­gen­furt mit „SAK“ (Sloven­s­ki atlet­s­ki klub/Slowenischer Ath­letikklub Kla­gen­furt) Hak­enkreuzen und SS-Runen besprüht. Die Polizei sucht nun nach den Tätern. (kaernten.orf.at, 18.10.18)

Kla­gen­furt III: FPÖ-Anzeige gegen Josef Win­kler abgewiesen

Groß war die Empörung in der blauen Polit­sphäre wegen der Fes­trede des Schrift­stellers Josef Win­kler zur 500-Jahr-Feier der Stadt Kla­gen­furt, in der dieser – ein­mal mehr – mit dem wenig segen­sre­ichen Wirken von Jörg Haider wort­ge­waltig abgerech­net hatte:

„Und wenn Sie mich noch mehr reizen wollen mit Ihrer Unter­stel­lung, daß ich, der seit einem hal­ben Jahrhun­dert in diesem Land lebt, ein Kärn­ten-Has­s­er sei, dann sage ich, daß ich eigentlich dafür bin, die Urne des ver­stor­be­nen Lan­deshaupt­mannes in eine bewachte Gefäng­niszelle zu ver­legen, denn es kön­nte ja sein, daß er wie ein Phönix aus sein­er Asche steigt und wieder sein Unwe­sen treibt und als blaues Wun­der verkauft, denn schon zu Lebzeit­en hat er öfter gesagt: „Ich bin weg! Ich bin wieder da! Ich bin wieder weg! Und gle­ich wieder da!“ 

Die Kärnt­ner FPÖ wollte in Win­klers Rede „üble Nachrede, Belei­dung und Ver­het­zung“ erken­nen und blitze damit ab. Dazu Win­klers Anwalt Richard Soy­er: „die FPÖ sei nicht für zim­per­liche Sprache bekan­nt, falle aber regelmäßig durch beson­dere Wehlei­digkeit auf. Die Entschei­dung der Jus­tiz sei ein klares Sig­nal: ‚Poli­tis­che Kri­tik und Aufzeigen poli­tis­ch­er Ver­ant­wor­tung sind keine Straftat­en. Wer an Poli­tik teil­nimmt, muss sich dem kri­tisch-öffentlichen, erst recht lit­er­arischen Diskurs stellen.’“ (kaernten.orf.at, 17.10.18)

Wels/OÖ: Diszi­pli­narstrafe gegen Welser Rechtsanwalt

Für die Aus­sage eines oberöster­re­ichis­chen Recht­san­walts im Zuge eine Wieder­betä­ti­gung­sprozess­es, im KZ Mau­thausen habe es keine Ver­ga­sun­gen gegeben, kassierte der Jurist nun mehr als zwei Jahre später eine Strafe, und zwar von der Rechtsanwaltskammer:

Der Anwalt hat­te im März 2016 als Pflichtvertei­di­ger einen wegen Has­s­post­ings angeklagten Mann vertreten. Im Schlussplä­doy­er sagte er wörtlich: „Es ist strit­tig, ob in Mau­thausen Ver­ga­sun­gen und Ver­bren­nun­gen stattge­fun­den haben. Was man sein­erzeit in Mau­thausen zu Gesicht bekom­men hat, ist eine soge­nan­nte Gaskam­mer, die nachträglich einge­baut wurde. Unbekan­nt ist, ob dort jemals eine Gaskam­mer vorhan­den war.“ (ooe.orf.at, 18.10.18)

Die Staat­san­waltschaft Wels, die ein Ermit­tlungsver­fahren mit dem Vorhaben ein­er Anklage gegen den Anwalt ein­leit­ete, wurde vom Weisungsrat des Jus­tizmin­is­teri­ums zurück­gep­fif­f­en – es kam zu kein­er Anklage, dafür aber zu heftiger Kri­tik und zur Forderung, eine Teilleug­nung der Shoah expliz­it ins Ver­bots­ge­setz aufzunehmen. Auf die vom dama­li­gen Jus­tizmin­is­ter Brand­stet­ter auch aus diesem Grund angekündigte Evaluierung des Ver­bots­ge­set­zes warten wir – nun fast zwei Jahre später – noch immer.

Tätig wurde jedoch die oberöster­re­ichis­che Recht­san­walt­skam­mer und ver­don­nerte den Kol­le­gen zu ein­er Strafzahlung von 10.000 Euro. „Die beispiel­lose Beson­der­heit dieses The­mas ist einem Recht­san­walt bekan­nt, deren nicht voll­ständi­ge Durch­dringung — vor allem bei Über­nahme ein­er Vertei­di­gung eines nach dem Ver­bots­ge­setz Angeklagten — grob fahrläs­sig.“ (ooe.orf.at, 18.10.18)

Retz (NÖ)/Lembach (OÖ): BeiSS­mann mit umstrit­ten­em Logo

Bere­its 2016 hat­te das Logo der Bau­fir­ma Beiss­mann im Wiener Bezirk Neubau für Empörung gesorgt: Das Doppel‑S in der Schreib­weise der Fir­ma erin­nert stark an SS-Runen. Der Fir­menin­hab­er, auch FPÖ-Gemein­der­at im oberöster­re­ichis­chen Lem­bach, ent­geg­nete damals: „Es han­dle sich bei der grafis­chen Darstel­lung auch nicht um SS-Runen, son­dern um Bag­ger­schaufeln, auch wenn er eine gewisse ‚Zwei­deutigkeit’ ein­räumt.“ Geblieben ist das Logo trotz­dem und auch die Kri­tik daran – dies­mal in Retz, wo die Fir­ma eine Baustelle der örtlichen NMS mit ihrem umstrit­te­nen Ban­ner verse­hen hat­te. Das will ein Bürg­er nicht untätig hin­nehmen: „nun erre­ichen die Siegrunen Peter Beiss­man­ns auch Retz. Mein Anwalt arbeit­et bere­its an mein­er Anzeige, die dem­nächst bei der BH einge­bracht wer­den wird. Dieses erbärm­liche Koket­tieren — nicht nur eines FPÖ-Poli­tik­ers — mit NS-Sym­bol­en darf ganz ein­fach nicht hin­genom­men wer­den.” (Schreiben an SdR, 11.10.18)

Banner Fa. Beissmann in Retz (© privat)

Ban­ner Fa. Beiss­mann in Retz (© privat)

Die Niederöster­re­ichis­chen Nachricht­en kom­men­tieren: „Selb­st wenn diesem Umstand ein fatales geschichtlich­es Unwis­sen zugrun­deliegen würde: Spätestens seit dem Jahr 2016, als er deshalb angezeigt wurde, müsste der Herr wis­sen, dass sein Fir­men­trans­par­ent geeignet ist, Men­schen – gelinde gesagt – vor den Kopf zu stoßen. Das nahm er in Kauf, als es auch in Retz, auf ein­er Schul­baustelle, ange­bracht wurde. Wofür diese Pro­voka­tion gut sein soll, weiß ver­mut­lich nicht ein­mal der Geschäfts­mann selbst.“

Sölden: Anzeige wegen Wieder­betä­ti­gung für Antifaschismus

Absur­des tut sich in Tirol: Nach­dem an einem Söld­ner Lokal ein Plakat mit Stra­che und Hofer samt „Wir müssen draußen bleiben”, durchgestrich­en­em Hak­enkreuz und ein Hak­enkreuz, das in den Mis­tkü­bel wan­dert, ange­bracht wurde und der Wirt dafür nach ein­er Klage der FPÖ auch verurteilt wurde, geht’s jet­zt in eine zweite Runde: Es „flat­terte nun aber auch dem Kell­ner, der das Plakat eigentlich ange­fer­tigt hat­te, eine Auf­forderung zur Recht­fer­ti­gung seit­ens der BH Imst ins Haus. Die Behörde hat gegen den Ötz­taler offen­sichtlich ein Strafver­fahren ein­geleit­et. Unter anderem geht es um Ver­bre­itung nation­al­sozial­is­tis­chen Gedankenguts — obwohl der Kell­ner das Hak­enkreuz ja durchgestrichen hat­te und ein stil­isiertes Män­nchen ein weit­eres solch­es Kreuz sym­bol­isch in einen Mül­lkü­bel wirft.“ (TT, 19.10.18). Es hätte Neuigkeitswert, wenn nun ein­deutig antifaschis­tis­che Sym­bole straf­bar wür­den und dafür aus­gerech­net das Ver­bots­ge­setz her­hal­ten müsste.

Braunau/Thüringen: Hitler-Wall­fahrt der AfD Thüringen

Wie jet­zt über die Thüringer All­ge­meine bekan­nt wurde, unter­nahm 2015 eine Gruppe von Parteim­it­gliedern der AfD Thürin­gen eine Reise zu den Lebenssta­tio­nen von Adolf Hitler – dabei waren nicht nur „ein­fache“ Parteim­it­glieder. Die ide­ol­o­gis­che Aus­rich­tung dahin­ter dürfte recht klar sein: „Der Parteirichter, seine Frau und die AfD-Funk­tionärin sollen als Teil­nehmer ein­er etwa zehnköp­fi­gen Gruppe im Okto­ber 2015 eine Reise nach Öster­re­ich und Bay­er­nun­ter­nom­men haben. In einem Fen­ster vor dem Geburtshaus im öster­re­ichis­chen Brau­nau am Inn zün­dete der Richter nach übere­in­stim­menden Angaben eine Kerze an. Zudem ließ er sich mit einem Buch mit Hitler-Bild­nis sowie mit ein­er Decke mit Hak­enkreuz und SS-Zeichen fotografieren. Die Fotos liegen der Zeitung vor.” (Thüringer Allgemeine)

Das rechte Wort der Woche

Ange­sprochen auf die Einzelfälle in der Tirol­er FPÖ riet der Lan­desvor­sitzende Markus Abw­erzger dem ehe­ma­li­gen Grü­nen Nation­al­ratsab­ge­ord­nten Har­ald Walser: „Und, kehren sie in ihrer eige­nen Partei. Bei uns wird kon­se­quent durchge­grif­f­en, wie ich mehrfach bewiesen habe. Bei Ihnen ren­nen die Extrem­is­ten frei rum!” Wo er die verurteil­ten Extrem­is­ten bei den Grü­nen sieht, blieb Abw­erzger freilich schuldig. Und wie „kon­se­quent durch­greifen” in der FPÖ aussieht, kön­nte äußerst unter­schiedlich gese­hen werden …