Graz: Prozessbeginn gegen 14 Staatsverweigerer
Salzburg: Aquarell mit SS-Runen im Schlafzimmer
Marz (Bezirk Matterburg): Tattoo mit familiären Folgen
Klagenfurt I: Hakenkreuz auf Radweg
Klagenfurt II: Sprühaktion auf Autos und Hauswänden
Klagenfurt III: FPÖ-Anzeige gegen Josef Winkler abgewiesen
Wels/OÖ: Disziplinarstrafe gegen Welser Rechtsanwalt
Retz (NÖ)/Lembach (OÖ): BeiSSmann mit umstrittenem Logo
Sölden: Anzeige wegen Wiederbetätigung für Antifaschismus
Braunau/Thüringen: Hitler-Wallfahrt der AfD Thüringen
Das rechte Wort der Woche: frei herumlaufend
Graz: Prozessbeginn gegen 14 Staatsverweigerer
Nachdem im es Vorjahr zu Hausdurchsuchungen und Festnahmen gekommen war, begann letzte Woche in Graz ein Prozess gegen 14 Mitglieder des sog. „Staatenbund Österreich“. Auf der Anklagebank sitzt auch die selbsternannte Führungsriege dieser Gruppe von Staatsverweigerern, darunter Monika U., die der Staatsanwalt als „gefährlichste Hasspredigerin Österreichs“ (derstandard.at, 15.10.18) titulierte.
Kurz davor führte die Polizei in zwei Wellen eine Reihe von Hausdurchsuchungen bei Mitgliedern des Pseudogerichtshofs ICCJV durch, im Zuge derer Waffen und Bombenbauanleitungen sichergestellt wurden. (derstandard.at, 11.10.18)
Salzburg: Aquarell mit SS-Runen im Schlafzimmer
Eine ungewöhnliche, in Eigenproduktion hergestellter Schlafzimmerdeko brachte ein Ehepaar in Salzburg vor Gericht. „Das Corpus Delicti – ein in Blau gehaltenes Aquarell – zeigte ein sogenanntes Tatzen- oder Templerkreuz, in dessen Mitte zwei Siegrunen als Emblem der Schutzstaffel gemalt waren.” (APA, 18.10.18 via derstandard.at) Während die Frau freigesprochen wurde, kassierte der Mann eine Strafe. „Der 31-Jährige soll zwischen August 2016 und September 2017 über WhatsApp mehrfach Hitlerbilder und Fotos seiner eigenen Tätowierungen – etwa ein Reichsadler mit ausgebreiteten Schwingen oder eine Schwarze Sonne als Erkennungssymbol der rechtsextremen Szene – verschickt haben.“ Interessant der Geschichte sind der braune Werdegang des Angeklagten und die ihm seitens des RFJ zugedachten Aufgaben. „Er habe sich früher im Ring Freiheitlicher Jugend (RFJ) engagiert. ‚Ich sollte da die rechte Szene beobachten, Kontakte knüpfen und Leute für die FPÖ finden’, sagte er heute vor Gericht. Dabei sei er schleichend in den falschen Freundeskreis ‚hineingerutscht.’ (…) ‚Heute habe ich weder mit dem RFJ noch der FPÖ zu tun’, versicherte der Angeklagte den Geschworenen. ‚Ich habe einen Schlussstrich gezogen.’” Ob seine Distanzierung von den Blauen strafmildernd gewirkt hat, ist nicht bekannt. Er wurde (nicht rechtskräftig) zu 18 Monaten bedingt verurteilt.
Marz (Bezirk Matterburg)/B: Tattoo mit familiären Folgen
Wir haben im Sommer darüber berichtet, wie Dummheit zum Verhängnis werden kann und ein zur Schau getragenes Tattoo zum Auslöser für Hausdurchsuchungen wurde. Was dort gefunden wurde, führte zu Ermittlungen nicht nur gegen den tätowierten Herren, sondern auch gleich gegen zwei seiner Brüder. Wie nun bekannt wurde, fand die Polizei auch Fotos von Jugendlichen, „die offenbar Verstöße gegen das Verbotsgesetz begangen hätten. Das bringe jetzt natürlich neue Ermittlungen mit sich, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft Klagenfurt, Markus Kitz auf Nachfrage des ORF Burgenland. Man sei dabei diese Personen auszuforschen, es handle sich aber um Bilder, die älter als 18 Jahre alt sein könnten. Daher könne es durchaus sein, dass diese Taten bereits verjährt seien.so Kitz. Das werde nun gepfrüft.” (burgenland.orf.at, 17.10.18)
Klagenfurt I: Hakenkreuz auf Radweg
Auf einem Radweg im Stadtteil Waidmannsdorf wurden ein spiegelverkehrtes Hakenkreuz und das Wort „WEED“ (umgangssprachlich für Cannabis) aufgesprüht. Die Schmiererreien wurden entfernt, die Täter sind unbekannt. (kleinezeitung.at, 16.10.18)
Klagenfurt II: Sprühaktion auf Autos und Hauswänden
Gleich 15 Autos und Hauswände wurden in Klagenfurt mit „SAK“ (Slovenski atletski klub/Slowenischer Athletikklub Klagenfurt) Hakenkreuzen und SS-Runen besprüht. Die Polizei sucht nun nach den Tätern. (kaernten.orf.at, 18.10.18)
Klagenfurt III: FPÖ-Anzeige gegen Josef Winkler abgewiesen
Groß war die Empörung in der blauen Politsphäre wegen der Festrede des Schriftstellers Josef Winkler zur 500-Jahr-Feier der Stadt Klagenfurt, in der dieser – einmal mehr – mit dem wenig segensreichen Wirken von Jörg Haider wortgewaltig abgerechnet hatte:
„Und wenn Sie mich noch mehr reizen wollen mit Ihrer Unterstellung, daß ich, der seit einem halben Jahrhundert in diesem Land lebt, ein Kärnten-Hasser sei, dann sage ich, daß ich eigentlich dafür bin, die Urne des verstorbenen Landeshauptmannes in eine bewachte Gefängniszelle zu verlegen, denn es könnte ja sein, daß er wie ein Phönix aus seiner Asche steigt und wieder sein Unwesen treibt und als blaues Wunder verkauft, denn schon zu Lebzeiten hat er öfter gesagt: „Ich bin weg! Ich bin wieder da! Ich bin wieder weg! Und gleich wieder da!“
Die Kärntner FPÖ wollte in Winklers Rede „üble Nachrede, Beleidung und Verhetzung“ erkennen und blitze damit ab. Dazu Winklers Anwalt Richard Soyer: „die FPÖ sei nicht für zimperliche Sprache bekannt, falle aber regelmäßig durch besondere Wehleidigkeit auf. Die Entscheidung der Justiz sei ein klares Signal: ‚Politische Kritik und Aufzeigen politischer Verantwortung sind keine Straftaten. Wer an Politik teilnimmt, muss sich dem kritisch-öffentlichen, erst recht literarischen Diskurs stellen.’“ (kaernten.orf.at, 17.10.18)
Wels/OÖ: Disziplinarstrafe gegen Welser Rechtsanwalt
Für die Aussage eines oberösterreichischen Rechtsanwalts im Zuge eine Wiederbetätigungsprozesses, im KZ Mauthausen habe es keine Vergasungen gegeben, kassierte der Jurist nun mehr als zwei Jahre später eine Strafe, und zwar von der Rechtsanwaltskammer:
Der Anwalt hatte im März 2016 als Pflichtverteidiger einen wegen Hasspostings angeklagten Mann vertreten. Im Schlussplädoyer sagte er wörtlich: „Es ist strittig, ob in Mauthausen Vergasungen und Verbrennungen stattgefunden haben. Was man seinerzeit in Mauthausen zu Gesicht bekommen hat, ist eine sogenannte Gaskammer, die nachträglich eingebaut wurde. Unbekannt ist, ob dort jemals eine Gaskammer vorhanden war.“ (ooe.orf.at, 18.10.18)
Die Staatsanwaltschaft Wels, die ein Ermittlungsverfahren mit dem Vorhaben einer Anklage gegen den Anwalt einleitete, wurde vom Weisungsrat des Justizministeriums zurückgepfiffen – es kam zu keiner Anklage, dafür aber zu heftiger Kritik und zur Forderung, eine Teilleugnung der Shoah explizit ins Verbotsgesetz aufzunehmen. Auf die vom damaligen Justizminister Brandstetter auch aus diesem Grund angekündigte Evaluierung des Verbotsgesetzes warten wir – nun fast zwei Jahre später – noch immer.
Tätig wurde jedoch die oberösterreichische Rechtsanwaltskammer und verdonnerte den Kollegen zu einer Strafzahlung von 10.000 Euro. „Die beispiellose Besonderheit dieses Themas ist einem Rechtsanwalt bekannt, deren nicht vollständige Durchdringung — vor allem bei Übernahme einer Verteidigung eines nach dem Verbotsgesetz Angeklagten — grob fahrlässig.“ (ooe.orf.at, 18.10.18)
Retz (NÖ)/Lembach (OÖ): BeiSSmann mit umstrittenem Logo
Bereits 2016 hatte das Logo der Baufirma Beissmann im Wiener Bezirk Neubau für Empörung gesorgt: Das Doppel‑S in der Schreibweise der Firma erinnert stark an SS-Runen. Der Firmeninhaber, auch FPÖ-Gemeinderat im oberösterreichischen Lembach, entgegnete damals: „Es handle sich bei der grafischen Darstellung auch nicht um SS-Runen, sondern um Baggerschaufeln, auch wenn er eine gewisse ‚Zweideutigkeit’ einräumt.“ Geblieben ist das Logo trotzdem und auch die Kritik daran – diesmal in Retz, wo die Firma eine Baustelle der örtlichen NMS mit ihrem umstrittenen Banner versehen hatte. Das will ein Bürger nicht untätig hinnehmen: „nun erreichen die Siegrunen Peter Beissmanns auch Retz. Mein Anwalt arbeitet bereits an meiner Anzeige, die demnächst bei der BH eingebracht werden wird. Dieses erbärmliche Kokettieren — nicht nur eines FPÖ-Politikers — mit NS-Symbolen darf ganz einfach nicht hingenommen werden.” (Schreiben an SdR, 11.10.18)
Die Niederösterreichischen Nachrichten kommentieren: „Selbst wenn diesem Umstand ein fatales geschichtliches Unwissen zugrundeliegen würde: Spätestens seit dem Jahr 2016, als er deshalb angezeigt wurde, müsste der Herr wissen, dass sein Firmentransparent geeignet ist, Menschen – gelinde gesagt – vor den Kopf zu stoßen. Das nahm er in Kauf, als es auch in Retz, auf einer Schulbaustelle, angebracht wurde. Wofür diese Provokation gut sein soll, weiß vermutlich nicht einmal der Geschäftsmann selbst.“
Sölden: Anzeige wegen Wiederbetätigung für Antifaschismus
Absurdes tut sich in Tirol: Nachdem an einem Söldner Lokal ein Plakat mit Strache und Hofer samt „Wir müssen draußen bleiben”, durchgestrichenem Hakenkreuz und ein Hakenkreuz, das in den Mistkübel wandert, angebracht wurde und der Wirt dafür nach einer Klage der FPÖ auch verurteilt wurde, geht’s jetzt in eine zweite Runde: Es „flatterte nun aber auch dem Kellner, der das Plakat eigentlich angefertigt hatte, eine Aufforderung zur Rechtfertigung seitens der BH Imst ins Haus. Die Behörde hat gegen den Ötztaler offensichtlich ein Strafverfahren eingeleitet. Unter anderem geht es um Verbreitung nationalsozialistischen Gedankenguts — obwohl der Kellner das Hakenkreuz ja durchgestrichen hatte und ein stilisiertes Männchen ein weiteres solches Kreuz symbolisch in einen Müllkübel wirft.“ (TT, 19.10.18). Es hätte Neuigkeitswert, wenn nun eindeutig antifaschistische Symbole strafbar würden und dafür ausgerechnet das Verbotsgesetz herhalten müsste.
Braunau/Thüringen: Hitler-Wallfahrt der AfD Thüringen
Wie jetzt über die Thüringer Allgemeine bekannt wurde, unternahm 2015 eine Gruppe von Parteimitgliedern der AfD Thüringen eine Reise zu den Lebensstationen von Adolf Hitler – dabei waren nicht nur „einfache“ Parteimitglieder. Die ideologische Ausrichtung dahinter dürfte recht klar sein: „Der Parteirichter, seine Frau und die AfD-Funktionärin sollen als Teilnehmer einer etwa zehnköpfigen Gruppe im Oktober 2015 eine Reise nach Österreich und Bayernunternommen haben. In einem Fenster vor dem Geburtshaus im österreichischen Braunau am Inn zündete der Richter nach übereinstimmenden Angaben eine Kerze an. Zudem ließ er sich mit einem Buch mit Hitler-Bildnis sowie mit einer Decke mit Hakenkreuz und SS-Zeichen fotografieren. Die Fotos liegen der Zeitung vor.” (Thüringer Allgemeine)
Und, kehren sie in ihrer eigenen Partei. Bei uns wird konsequent durchgegriffen, wie ich mehrfach bewiesen habe. Bei Ihnen rennen die Extremisten frei rum!
— Markus Abwerzger (@abwerzger) 20. Oktober 2018
Angesprochen auf die „Einzelfälle” in der Tiroler FPÖ riet der Landesvorsitzende Markus Abwerzger dem ehemaligen Grünen Nationalratsabgeordnten Harald Walser: „Und, kehren sie in ihrer eigenen Partei. Bei uns wird konsequent durchgegriffen, wie ich mehrfach bewiesen habe. Bei Ihnen rennen die Extremisten frei rum!” Wo er die verurteilten Extremisten bei den Grünen sieht, blieb Abwerzger freilich schuldig. Und wie „konsequent durchgreifen” in der FPÖ aussieht, könnte äußerst unterschiedlich gesehen werden …