Evaluierung Verbotsgesetz: Bitte warten!

Erin­nern Sie sich noch? Im Jän­ner 2017 kam es nach der heftig kri­tisierten Ein­stel­lung eines Ver­fahrens gegen einen Welser Recht­san­walt, der in einem Gerichtssaal geleugnet hat­te, dass es in Mau­thausen Ver­ga­sun­gen gegeben habe, zu ein­er inten­siv­en Diskus­sion rund um das Ver­bots­ge­setz

Selb­st der dama­lige Jus­tizmin­is­ter Wolf­gang Brand­stet­ter räumte ein:

„’Vielle­icht braucht es legis­tis­che Änderun­gen, ich weiß es nicht’, sagte Brand­stet­ter im ORF-Radio. Vielle­icht könne man auch schon mit der geplanten Änderun­gen der Geschwore­nen­gerichts­barkeit vieles abfan­gen. Man sei aber gut berat­en, sich an inter­na­tionale Experten zu hal­ten. Er habe dabei an das Max-Planck-Insti­tut in Freiburg gedacht. Diese soll­ten sich anschauen, ’warum das in Öster­re­ich schiefläuft – insofern, als es immer wieder Entschei­dun­gen gibt, die zu Recht Unmut hervorrufen’.

Er sei ja selb­st ’auch alles andere als glück­lich über solche Entschei­dun­gen’, sagte Brand­stet­ter. Wenn sich Schwächen im legis­tis­chen Sys­tem zeigen, müsse man das ganz offen disku­tieren. Er wolle sich das auch gemein­sam mit der Israelitis­chen Kul­tus­ge­meinde und dem Mau­thausen-Komi­tee anschauen. Er habe das Gefühl, dass es bei Ver­fahren nach dem Ver­bots­ge­setz von den zuständi­gen Geschwore­nen­gericht­en auch zu Freis­prüchen komme, die man nicht nachvol­lziehen könne, betonte Brand­stet­ter. Da es dort keine Begrün­dun­gen gibt, strebt der Min­is­ter hier Änderun­gen an.“

Brand­stet­ter kündigte an, das deutsche Max-Planck-Insti­tut mit ein­er Studie zum Gesetz beauf­tra­gen zu wollen. Noch Mitte April 2017 hieß es: „Welche Fra­gen die deutschen Juris­ten dabei konkret prüfen sollen, wird derzeit in Abstim­mung mit dem Mau­thausen-Komi­tee und der Israelitis­chen Kul­tus­ge­meinde festgelegt.“

Nun, mehr als ein Jahr später, woll­ten wir wis­sen, was denn aus dieser angekündigten Evaluierung gewor­den ist und for­mulierten zusam­men mit dem Grü­nen Bun­desrat David Stög­müller an Jus­tizmin­is­ter Josef Moser eine par­la­men­tarische Anfrage. Die Antwort hat uns in Erstaunen versetzt:

Am 25. April 2017 wurde daher eine Anfrage an das Max-Planck-Insti­tut für aus­ländis­ches & inter­na­tionales Strafrecht in Freiburg/Breisgau gerichtet, das sich jedoch wegen Fer­tig­stel­lung ver­schieden­er ander­er Gutacht­en aus Kapaz­itäts­grün­den nicht in der Lage sah, ein Ange­bot für eine Studie zu leg­en. (…) Das Bun­desmin­is­teri­um für Ver­fas­sung, Refor­men, Dereg­ulierung und Jus­tiz (BMVRDJ) zog daher in Betra­cht, eine wis­senschaftliche Ein­rich­tung in Öster­re­ich mit der Durch­führung dieser Studie zu beauf­tra­gen. Zur Vor­bere­itung dieses Vorhabens wurde eine Anfrage zur Erhe­bung der Recht­slage in den anderen EU-Mit­glied­staat­en im Wege des Net­zw­erks für leg­isla­tive Zusam­me­nar­beit zwis­chen den Jus­tizmin­is­te­rien der Europäis­chen Union (LEGICOOP) gestellt. 

Die Rück­mel­dun­gen langten Ende Mai 2018 im BMVRDJ ein und über­trafen an ihrer Anzahl alle bish­eri­gen Anfra­gen, die über LEGICOOP getätigt wur­den. Die zuständi­ge Fach­abteilung im BMVRDJ wertet die Rück­mel­dun­gen derzeit aus.

Dann führte Moser an, dass es ohne­hin durch diverse Maß­nah­men bere­its zu Verbesserun­gen im Sinne ein­er höheren Verurteilungsrate bei Ver­fahren zum Ver­bots­ge­setz gekom­men sei: „Wie sich der aktuellen Sta­tis­tik ent­nehmen lässt, ist eine stetig steigende Anzahl von ein­schlägi­gen Verurteilun­gen zu beobacht­en, die den Erfolg der erwäh­n­ten Maß­nah­men belegt.“

Sta­tis­tik Ver­bots­ge­setz lt. Anfragebeantwortung

Es ist nun kor­rekt, dass es bere­its seit min­destens acht Jahren zu ein­er höheren Verurteilungsrate gekom­men ist, allerd­ings von einem sehr niedri­gen Niveau (knapp über 5%) aus­ge­hend auf eine im Ver­gle­ich zu anderen Straftat­en noch immer niedrige Rate, wie diese Sta­tis­tik belegt.

Sta­tis­tik Verurteilungsrate (Grün­er Recht­sex­trem­is­mus­bericht 2016)

Was Mosers Zahlen nicht zeigen, ist, dass es region­al sehr unter­schiedliche Verurteilungsrat­en gibt, was auch eine Moti­va­tion für die Evaluierung des Ver­bots­ge­set­zes bzw. dessen Anwen­dung­sprax­is darstellte.

Exper­tIn­nen forderten eine Auf­nahme der Teilleug­nung der Shoah und die Leug­nung der Kriegss­chuld betr­e­f­fend den Zweit­en Weltkrieg ins Ver­bots­ge­setz. Ob es dazu kommt, ist jedoch vom poli­tis­chen Willen des Geset­zge­bers abhängig – den hat uns Moser aber nicht ver­rat­en, indem er auf die entsprechen­den Fra­gen in der par­la­men­tarischen Anfrage erst gar nicht geant­wortet hat.