Selbst der damalige Justizminister Wolfgang Brandstetter räumte ein:
„’Vielleicht braucht es legistische Änderungen, ich weiß es nicht’, sagte Brandstetter im ORF-Radio. Vielleicht könne man auch schon mit der geplanten Änderungen der Geschworenengerichtsbarkeit vieles abfangen. Man sei aber gut beraten, sich an internationale Experten zu halten. Er habe dabei an das Max-Planck-Institut in Freiburg gedacht. Diese sollten sich anschauen, ’warum das in Österreich schiefläuft – insofern, als es immer wieder Entscheidungen gibt, die zu Recht Unmut hervorrufen’.
Er sei ja selbst ’auch alles andere als glücklich über solche Entscheidungen’, sagte Brandstetter. Wenn sich Schwächen im legistischen System zeigen, müsse man das ganz offen diskutieren. Er wolle sich das auch gemeinsam mit der Israelitischen Kultusgemeinde und dem Mauthausen-Komitee anschauen. Er habe das Gefühl, dass es bei Verfahren nach dem Verbotsgesetz von den zuständigen Geschworenengerichten auch zu Freisprüchen komme, die man nicht nachvollziehen könne, betonte Brandstetter. Da es dort keine Begründungen gibt, strebt der Minister hier Änderungen an.“
Brandstetter kündigte an, das deutsche Max-Planck-Institut mit einer Studie zum Gesetz beauftragen zu wollen. Noch Mitte April 2017 hieß es: „Welche Fragen die deutschen Juristen dabei konkret prüfen sollen, wird derzeit in Abstimmung mit dem Mauthausen-Komitee und der Israelitischen Kultusgemeinde festgelegt.“
Nun, mehr als ein Jahr später, wollten wir wissen, was denn aus dieser angekündigten Evaluierung geworden ist und formulierten zusammen mit dem Grünen Bundesrat David Stögmüller an Justizminister Josef Moser eine parlamentarische Anfrage. Die Antwort hat uns in Erstaunen versetzt:
Am 25. April 2017 wurde daher eine Anfrage an das Max-Planck-Institut für ausländisches & internationales Strafrecht in Freiburg/Breisgau gerichtet, das sich jedoch wegen Fertigstellung verschiedener anderer Gutachten aus Kapazitätsgründen nicht in der Lage sah, ein Angebot für eine Studie zu legen. (…) Das Bundesministerium für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz (BMVRDJ) zog daher in Betracht, eine wissenschaftliche Einrichtung in Österreich mit der Durchführung dieser Studie zu beauftragen. Zur Vorbereitung dieses Vorhabens wurde eine Anfrage zur Erhebung der Rechtslage in den anderen EU-Mitgliedstaaten im Wege des Netzwerks für legislative Zusammenarbeit zwischen den Justizministerien der Europäischen Union (LEGICOOP) gestellt.
Die Rückmeldungen langten Ende Mai 2018 im BMVRDJ ein und übertrafen an ihrer Anzahl alle bisherigen Anfragen, die über LEGICOOP getätigt wurden. Die zuständige Fachabteilung im BMVRDJ wertet die Rückmeldungen derzeit aus.
Dann führte Moser an, dass es ohnehin durch diverse Maßnahmen bereits zu Verbesserungen im Sinne einer höheren Verurteilungsrate bei Verfahren zum Verbotsgesetz gekommen sei: „Wie sich der aktuellen Statistik entnehmen lässt, ist eine stetig steigende Anzahl von einschlägigen Verurteilungen zu beobachten, die den Erfolg der erwähnten Maßnahmen belegt.“
Es ist nun korrekt, dass es bereits seit mindestens acht Jahren zu einer höheren Verurteilungsrate gekommen ist, allerdings von einem sehr niedrigen Niveau (knapp über 5%) ausgehend auf eine im Vergleich zu anderen Straftaten noch immer niedrige Rate, wie diese Statistik belegt.
Was Mosers Zahlen nicht zeigen, ist, dass es regional sehr unterschiedliche Verurteilungsraten gibt, was auch eine Motivation für die Evaluierung des Verbotsgesetzes bzw. dessen Anwendungspraxis darstellte.
ExpertInnen forderten eine Aufnahme der Teilleugnung der Shoah und die Leugnung der Kriegsschuld betreffend den Zweiten Weltkrieg ins Verbotsgesetz. Ob es dazu kommt, ist jedoch vom politischen Willen des Gesetzgebers abhängig – den hat uns Moser aber nicht verraten, indem er auf die entsprechenden Fragen in der parlamentarischen Anfrage erst gar nicht geantwortet hat.