Braunau-Ried/OÖ: Diversion für Hitler-Huldigung
Thaur-Innsbruck: „Keine Ahnung“
Salzburg: Hamas und Hetze
Pinzgau-Salzburg: Diversion für Aufruf zur Vergasung von Juden
Salzburg: Mit Hakenkreuz und 88 am Fußballplatz
Salzburg: Nazi-Parolen auf der Zellentür
Dornbirn-Feldkirch/Vbg: Hitlergruß zum Abgewöhnen
Wien-Korneuburg/NÖ: 196 braune Delikte und 26 Monate bedingt
Rosental-Wiener Neustadt/NÖ: Hitler-Meme nur Satire
Braunau-Ried/OÖ: Diversion für Hitler-Huldigung
Mit einem äußerst freundlichen Urteil kamen am 2. Dezember zwei aus Deutschland stammende Schwestern (26 und 24 Jahre) davon, die am 20. April 24, dem Geburtstag von Adolf Hitler, vor dem Hitlerhaus in Braunau aufmarschiert waren – wie in einer kleinen Prozession, stellte ein beisitzender Richter fest. Während die 26-Jährige den Hitlergruß zeigte, hielt ihre Schwester einen Strauß weißer Rosen, den sie vor dem Geburtshaus niederlegen wollte, woran sie schließlich von der dort postierten Polizei gehindert wurde. Die beiden Frauen unternahmen die Reise gemeinsam mit ihren Partnern aus dem Landkreis Deggendorf. Auch eine einschlägige WhatsApp-Konversation wurden bei den beiden gefunden, die aber in Ried nicht angeklagt war.
Die Verteidigerin interpretierte die „Prozession“ als unbedachten, humoristischen Ausrutscher ohne Verherrlichungsabsicht und: „Beide sind sogar mit Russen befreundet (…). Die 26-Jährige habe sogar einen Asylwerber ausgebildet.“ (nachrichten.at, 2.12.24)
Die 26-Jährige entschuldigte sich und erklärte, sie sei angetrunken gewesen und habe die Tragweite ihrer Handlungen nicht erkannt. Sie betonte, dass sie sich seitdem intensiver mit der Thematik auseinandergesetzt habe. Die 24-Jährige gab an, die Blumen aus einer Laune heraus mitgebracht zu haben.
Der Novelle des Verbotsgesetzes verdanken es die beiden Angeklagten, dass sie eine Diversion erhielten: „Die beiden Frauen müssen insgesamt 300 Euro zahlen und an einer umfangreichen Führung der Gedenkstätte des Konzentrationslagers Mauthausen teilnehmen. Zudem wird Bewährungshilfe beantragt. Der Staatsanwalt gibt keine Erklärung ab, die Diversion ist damit noch nicht rechtskräftig.“ (nachrichten.at, 2.12.24)Andere, wenn auch mit einschlägiger Vorgeschichte, erhielten für eine ähnliche Aktion drei Jahre Haft – unbedingt!
Thaur-Innsbruck: „Keine Ahnung“
Dem 23-jährigen Angeklagten, der sich am 2. Dezember vor einem Geschworenengericht in Innsbruck verantworten musste, wurde der Versand von zahlreichen Nazi-Nachrichten in diversen WhatsApp-Gruppen über einen Zeitraum von fünf Jahren (2019–2024) vorgeworfen. Er nahm sich einen prominenten Verteidiger, den Tiroler FPÖ-Chef Markus Abwerzger, der gleich in seinem Eröffnungsplädoyer betonte, dass sich der Bursche zwar schuldig bekennen würde, aber unpolitisch sei und im Scherz die braunen Nachrichten verschickt hätte.
Auf die Fragen zu den verschickten Motiven, darunter jede Menge „Heil Hitler“, „Sieg Heil“, Darstellungen von Hitlergrüßen, kam vom Angeklagten jedoch meist sehr wenig. Zur Bedeutung diverser auch widerlichster Sujets und warum er die verschickte hatte, folgte zumeist die Antwort: „Keine Ahnung!“ Aber immerhin war Florian T. bewusst, dass Auschwitz und der industrielle Massenmord „keine feine Zeit“ gewesen sei. „Keine Ahnung“ hatte er auch, wer Admin einer Gruppe war, verhetzende Sujets habe er „unbewusst“ verschickt und „Sieg Heil“ an eine Nummer, die er nicht kenne.
In seinem Schlussplädoyer erwähnte der Staatsanwalt die Unbescholtenheit des Angeklagten, „bis auf eine Dummheit“. Abwerzger sprach von einem „Fehltritt“ und zeigte sich erleichtert, dass ein verschicktes Sujet mit einem österreichischen Soldaten inklusive NS-Spruch nur mit der Reichskriegsflagge und nicht mit der österreichischen Fahne garniert war.
Die Geschworenen mussten schließlich über 25 angeklagte Fakten urteilen und bejahten die Schuld wurde in fast allen Fragen. Die angesichts des langen Tatzeitraums eher milde Strafe von zehn Monaten bedingt inklusive einer Geldstrafe über 1.800 Euro und die Weisung, die KZ-Gedenkstätte Dachau zu besuchen, nahm der Angeklagte an. Auch der Staatsanwalt erhob keinen Einwand.
Danke an prozess.report für die Prozessbeobachtung!
Salzburg: Hamas und Hetze
Auf seinem X‑Account hatte ein in Gaza geborener staatenloser Asylbewerber (31) gepostet, dass die Hamas keine israelischen Kleinkinder getötet und auch keine israelischen Frauen vergewaltigt habe. Israel würde aber gezielt palästinensische Kinder töten. Der Angeklagte war geständig, Postings abgesondert zu haben, die laut „geeignet sind, andere Personen zu Hass gegen eine bestimmte Gruppe aufzustacheln“ (Salzburger Nachrichten, 3.12.24, S. L4). Das Urteil: vier Monate bedingt als Zusatzstrafe zu einer früheren Verurteilung mit acht Monaten bedingt wegen gefährlicher Drohung.
Pinzgau-Salzburg: Diversion für Aufruf zur Vergasung von Juden
Am 2.12.24 fand am Salzburger Landesgericht ein Geschworenenprozess nach dem Verbotsgesetz gegen einen jungen Bulgaren (20) statt, der seit 2012 im Pinzgau lebt und auf Facebook einschlägige Postings und Videos – eines rief zur Vergasung von Juden auf – in einem Zeitraum von mehr als einem Jahr online stellte. „Ich wollte mit diesen Postings gegenüber anderen cool sein”, zitieren ihn die „Salzburger Nachrichten“ (2.12.24). Er sei „von einer Gruppe Amerikaner online hineingezogen” (krone, at, 2.12.24) worden.
Das Urteil fiel sehr mild aus: Diversion mit einer Probezeit von zwei Jahren. Neben einer Bewährungshilfe wurde auch noch ein pädagogisch geführter Rundgang in einer KZ-Gedenkstätte angeordnet.
Salzburg: Mit Hakenkreuz und 88 am Fußballplatz
Am 3.12. ging es am Salzburger Landesgericht mit einem Prozess nach dem Verbotsgesetz weiter. Angeklagt war ein bislang unbescholtener Frühpensionist (49), der am 25. Juni auf einem Fußballpatz beim Public Viewing des EM-Matches Österreich gegen Niederlande mit einem kurzärmeligen T‑Shirt präsent war, sodass seine Nazi-Tätowierungen (am Unterarm ein Hakenkreuz, am Handgelenk die 88) gut zu sehen waren. Nach eigenen Angaben habe er sich die Tattoos schon vor 18 Jahre selbst gestochen. „Die Staatsanwältin verwies auch darauf, ‚dass der Angeklagte auch auf der rechten Brust einschlägig tätowiert ist — dort prangt ein schwarzer Reichsadler mit Eichenlaub. Dieses Tattoo ist erst ein paar Jahre später dazugekommen.‘” (sn.at, 31.12.24)
Der Verteidiger versuchte die Tattoos mit einer „blöden Rauschaktion“ zu erklären. Die „88“ wurde noch vor der Verhandlung überstochen. Das Urteil über 15 Monate bedingt ist bereits rechtskräftig.
Salzburg: Nazi-Parolen auf der Zellentür
Einen auffälligen Ort für seine Nazi-Schmierereien suchte sich ein r Häftling (39) der Justizanstalt Salzburg aus:
Zuerst versah der bereits 13 Mal gerichtlich verurteilte Österreicher die Tür seines Haftraums und eine Pinnwand in der Zelle mit „braunen” Symbolen wie einem Hakenkreuz oder dem Schriftzug der SS. Zudem schrieb er auf Tür und Wand Parolen wie „Heil Hitler” und „Arbeit macht frei”. Später beschädigte der Häftling dann etliche Male Zellenmobiliar, indem er etwa Wandfliesen herausschlug oder Kästen und den Klodeckel kaputt machte. (sn.at, 4.12.24)
Dafür kassierte er am 4.12. in Salzburg wegen NS-Wiederbetätigung und Sachbeschädigung bereits rechtskräftige sechs Monate unbedingt – als Zusatzstrafe zu zwei weiteren Verurteilungen mit elf Monaten unbedingt. Ergibt: 17 Monate unbedingt.
Dornbirn-Feldkirch/Vbg: Hitlergruß zum Abgewöhnen
Ein 33-jähriger Mann wurde am 5.12. im Landesgericht Feldkirch wegen Sachbeschädigung und nationalsozialistischer Wiederbetätigung verurteilt. Der Vorfall ereignete sich im Frühjahr am Dornbirner Bahnhof, wo der stark betrunkene Mann eine junge Frau mit dem Hitlergruß inklusive „Sieg Heil!“-Ruf behelligte und danach einen Mitskübel zerstörte.
Der mit bereits 17 Vorstrafen, darunter zwei nach dem Verbotsgesetz, ausgestattete Angeklagte, behauptete, sich aufgrund seines vorangegangenen Alkoholkonsums an nichts erinnern zu können. Sein Verteidiger plädierte für ein mildes Urteil, doch der Mann wurde aufgrund seiner Vorgeschichten zu 30 Monaten unbedingter Haft verurteilt und muss der Stadt Dornbirn 465 Euro Schadenersatz zahlen. Der Angeklagte und der Staatsanwalt akzeptierten das somit rechtskräftige Urteil. „Er versuche nun, sich die Hitler-Verehrung abzugewöhnen.“ (neue.at, 5.12.24). Da bleibt nur mehr, ihm bei der Abgewöhnung viel Erfolg zu wünschen!
Wien-Korneuburg/NÖ: 196 braune Delikte und 26 Monate bedingt
Es war fast eine „never ending story“, und es ist nicht klar, ob sie nun wirklich zu Ende ist. Drei Jahre, nachdem eine ehemalige Mitarbeiterin des Security-Checks im Landesgericht Wien wegen ihrer Nazi-Umtriebe aufgefallen ist, ist die Causa nun zumindest erstinstanzlich erledigt. Die Staatsanwaltschaft Wien hatte den Fall, um den Anschein der Befangenheit zu vermeiden, ans Landesgericht Korneuburg weitergereicht. Der zuständige Staatsanwalt gab den Akt an einen anderen Staatsanwalt weiter, die Jahre zogen ins Land.
Im Oktober 2023 wurde gegen die Niederländerin zum ersten Mal verhandelt. Angelastet wurden ihr beachtliche 196 Delikte, diverse einschlägige widerliche Chatnachrichten und Tattoos, was alleine die reine Verlesung vor der Urteilsfindung und bei der ‑verkündigung zu einem stundenlangen Marathon gemacht hätte. Also entschied der vorsitzende Richter, sich zunächst auf die 51 schwerwiegendsten Punkte zu konzentrieren. Diese führten zu einer Verurteilung zu zwei Jahren Freiheitsstrafe, von denen sechs Monate unbedingt waren. Das Oberlandesgericht wandelte die Strafe auf 20 Monate bedingt um.
Die Staatsanwaltschaft entschied, 45 leichtere Delikte fallen zu lassen. In einem zweiten Teil des Prozesses, der am 3. Dezember erneut in Korneuburg über die Bühne ging, wurden die restlichen 100 Anklagepunkte verhandelt. Dabei wurde die Angeklagte in 29 Punkten frei- und in 71 Punkten schuldig gesprochen, was zu einer zusätzlichen bedingten Freiheitsstrafe von sechs Monaten führte.
Im Prozess hatte die medial bekannte Anwältin Astrid Wagner als Verteidigerin einen dramaturgisch bühnenreifen Auftritt hingelegt.
Im Schlussplädoyer fuhr Wagner noch mal alle emotionalen Geschütze auf. Sie habe selbst der Frau eine Chance gegeben, indem sie sie in ihrer Kanzlei anstellte. Und die Diversität ihrer Mandantschaft tue der 47-Jährigen gut.Sie sei jetzt auf einem ganz anderen Weg unterwegs, habe sich von dieser Chatgruppe, die acht bis zehn Personen umfasste, entfernt, und habe sich sämtliche eindeutigen Tattoos entfernen lassen. Eine unbedingte Strafe wäre für ihre Mandantin eine Katastrophe — und dann kam sie, die emotionale Keule — bei drei Katzen, zwei Hunden und einem behinderten Kind: „Die macht das nimmer.“ Und die Frau Verteidigerin konnte bei den Geschworenen punkten. (noen.at, 14.12.24)
Wagner argumentierte, dass die Angeklagte aus Naivität und aufgrund einer Beziehung in die problematischen Kreise geraten sei und sich inzwischen von diesen distanziert habe. Sie habe sich von der betreffenden Chatgruppe entfernt und eindeutige Tattoos entfernen lassen.
Für ursprünglich 196 Delikte sind 26 Monate bedingt quasi als Okkasion zu bezeichnen. Kein Wunder, dass die Verteidigung sich zufrieden zeigte und umgehend auf alle Rechtsmittel verzichtete. Aber da die Staatsanwaltschaft keine Erklärung abgab, dürfte das Urteil nicht rechtskräftig sein – auch wenn der Prozessbeobachter bezüglich der Rechtskraft im Artikel der NÖN einen anderen Schluss zog. Das ist möglicherweise der Tatsache geschuldet, dass die wohl zeitintensive Verlesung der verbliebenen 100 Delikte inklusive der gesetzlichen Grundlagen und der Urteile die Aufmerksamkeitsschwelle heruntergesetzt haben könnte.
Rosental-Wiener Neustadt/NÖ: Hitler-Meme nur Satire
Ein 26-jähriger Mann aus Rosental stand am 3. Dezember in Wiener Neustadt vor Gericht, weil er im März 2020 via WhatsApp ein Bild von Adolf Hitler mit Hitlergruß und dem Text „Auf Grund von Corona – anstatt Hände schütteln… Wird wieder normal Gegrüßt!“ verschickt hat. Der Vorfall kam ans Licht, als das Handy eines Freundes des Angeklagten drei Jahre später von der Polizei untersucht wurde.
Vor Gericht erklärte der Angeklagte, dass er die Nachricht ohne politische oder sonstige Hintergedanken weitergeleitet habe. Er sei von der Corona-Situation irritiert gewesen und habe die Nachricht satirisch gemeint, da er das Verbot des Händeschüttelns als lächerlich empfunden habe. Die Geschworenen glaubten der Darstellung des Niederösterreichers und sprachen ihn frei. Die Richterin gab ihm noch mit auf den Weg, in Zukunft sorgfältiger zu überlegen, was er postet. (Quelle: NÖN, 18.12.2024 Seite: 28)