Die APA (8.11.23) titelt ihre Meldung über die Pressekonferenz nach dem Ministerrat am 8. November: „Neues Verbotsgesetz bringt neue und höhere Strafen“ APA-Meldungen werden zumeist von anderen Medien ganz oder teilweise übernommen – ungenaue und falsche Information inklusive.
Die Regierung hat sich auf die Reform des Verbotsgesetzes verständigt. Gegenüber dem Begutachtungsentwurf gibt es vor allem die Änderung, dass die Strafen etwa beim Tragen von NS-Symbolen, aber auch von Zeichen z.B. der Hamas und der Identitären drastisch erhöht wurden. Gleich bleibt, dass auch das Veröffentlichen verbotener Inhalte vom Ausland aus strafbar wird und dass im öffentlichen Dienst der Job nach einer Verurteilung gemäß Verbotsgesetz verloren geht. (APA)
Tragen von Symbolen und Zeichen als Teil des Verbotsgesetzes?
Was die APA hier als „Reform des Verbotsgesetzes“ verkauft, betrifft nicht das Verbotsgesetz. Denn es ist vorgesehen, die Maximalstrafe beim Symbole-Gesetz, Abzeichengesetz und beim „Einführungsgesetz zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen“ (EGVG, Art. III, Absatz 1, Ziffer 4) auf einheitlich 10.000 Euro anzuheben. Dass etwa Symbole der Hamas nichts mit dem Verbotsgesetz zu tun haben und daher davon auch nicht erfasst sind, müsste eigentlich auch Laien klar sein.
Das Veröffentlichen verbotener Inhalte vom Ausland aus wird strafbar?
Schon beim APA-Titel sind gleich drei Punkte zumindest ungenau: Das Verbotsgesetz ist nicht neu, sondern wird in einigen Punkten reformiert. Neu bestraft sollen Taten werden, die von in Österreich lebenden Personen im Ausland begangen werden – allerdings mit größeren Einschränkungen und Interpretationsspielraum: nach § 3g und 3h VerbotsG (die mit großem Abstand häufigsten Paragrafen, die zur Anwendung kommen), wenn sie in einem in Österreich abrufbaren Medium verbreitet werden und dazu geeignet sind, „den öffentlichen Frieden zu verletzen“ (Entwurf VG).
Was verletzt nun den öffentlichen Frieden? Wir zitieren Fälle aus den letzten Jahren: Eine Person verschickt aus Spanien Nazi-Mails nach Österreich. Einem Grundsatzurteil des OGH zufolge ist eine Tat wie diese nicht nach dem Verbotsgesetz zu bestrafen, da die Tat, so der OGH, im Ausland vollendet wurde. Doch wären Mails an einzelne Personen nach der Novellierung des Verbotsgesetzes strafbar? Fällt eine E‑Mail-Nachricht unter ein Medium, das „im Inland verbreitet worden ist, abgerufen oder empfangen werden konnte und geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu verletzen“ (VG-Entwurf)? Es bleibt in solchen Fällen abzuwarten, wie die Gerichte urteilen werden.
Wohl kaum bestraft wird auch in Zukunft jemand wie jener Oberösterreicher, der 2021 in einem Prozess angegeben hatte, in Tschechien gewesen zu sein, als er sich mit Nazi-T-Shirts ablichten hat lassen. Oder auch der Wiener, dessen braune Chatnachrichten letzten Juni nicht angeklagt waren, weil sie aus der Slowakei verschickt worden sein sollen. Den „öffentlichen Frieden“ haben sie nicht verletzt, denn die Nachrichten gingen an eine Gruppe Gleichgesinnter.
Höhere Strafen beim Verbotsgesetz? Jein!
Zukünftig soll bei § 3g und 3h eine Ausdifferenzierung der Tatbestände, also eine Unterscheidung nach Schweregrad mit unterschiedlichen Strafmaßen erfolgen: in einen „Grundtatbestand“ und zwei „Qualifikationen“. Das heißt: Bei einem Grundtatbestand, der am wenigsten schweren Form der Tat, wird das bisherige Strafmaß halbiert. Bei der zweiten „Qualifikation“ bleibt das bisherige Strafmaß (ein bis zehn Jahre) bestehen, in der dritten Stufe (besondere Gefährlichkeit) wird das Mindeststrafmaß von einem Jahr auf zehn Jahre erhöht, die Höchststrafe von 20 Jahren bleibt bestehen.
Hätte die neue Regelung bei „besonderer Gefährlichkeit” Auswirkungen auf Urteile aus den letzten Jahren gehabt? Im Fall von „Mr. Bond“ nicht, denn der hat zehn Jahre Haft erhalten. Der Burgenländer Rudolf P., über den der Verfassungsschutz behauptet hatte, er hätte einen Anschlag auf das Volksstimmefest geplant, ist erstinstanzlich zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt worden. Das Oberlandesgericht Wien erhöhte die Strafe wegen seiner besonderen Gefährlichkeit auf fünf Jahre. Hier wäre unter Umständen mit der Novellierung ein höheres Strafmaß zu verhängen gewesen. Weitere Fälle aus den letzten Jahren, in denen Verurteilten eine besondere Gefährlichkeit attestiert wurde, sind uns nicht bekannt.
Für die größere Masse der zukünftigen Prozesse wird die Novelle, so sie in der vorliegenden Form beschlossen wird, eine deutliche Reduktion der Strafen bedeuten. Mehr noch: Durch die Herabsenkung auf sechs Monate Mindeststrafe wird auch eine diversionelle Erledigung möglich. Das bedeutet: keine Eintragung ins Strafregister, keine Vorstrafe. Die Behauptung, dass die Novelle „höhere Strafen“ bringen würde, ist also, was das Verbotsgesetz betrifft, in der konkreten Auswirkung auf zukünftige Strafverfahren weitgehend falsch.
Zwei Verschärfungen
Im Paragraf 3h VerbotsG wird der Tatbestand der Verharmlosung oder Leugnung von nationalsozialistischen Verbrechen geregelt. Bisher war dafür eine „gröbliche“ Verharmlosung oder Leugnung notwendig. Das Wort „gröblich“ soll nun entfallen. In den Erläuterungen zur Novelle wird das folgendermaßen ausgeführt:
In § 3h VerbotsG soll zunächst von der Tathandlung des „gröblichen Verharmlosens“ abgegangen und künftig nur mehr auf das bloße Verharmlosen abgestellt werden, ohne Anforderungen an dessen Intensität oder dessen Art und Umfang zu stellen. Damit soll ein neuer, niederschwelligerer Tatbestand geschaffen werden und eine wesentliche Hürde für die Strafbarkeit der Verharmlosung des Holocaust entfallen, die die Strafverfolgungsbehörden in der Vergangenheit immer wieder vor praktische Herausforderungen gestellt hat.
Der neue Paragraf 3k regelt nun, dass eine rechtskräftige Verurteilung nach dem Verbotsgesetz für alle Beschäftigten im öffentlichen Dienst einen „Amts- und Funktionsverlust“ bringen wird. Übersetzt: Wer verurteilt wird, verliert den Job. Diese Regelung soll allerdings nicht bei einer diversionellen Erledigung des Verfahrens greifen. Möglicherweise kommen zukünftig etwa Polizist*innen oder auch Bundesheerbedienstete, die bislang auffallend oft mit der Mindeststrafe von zwölf Monaten, die noch keinen Jobverlust zur Folge hatte, bedacht wurden, nun mit einer Diversion davon.
Neonazis jammern
Dass künftig NS-Devotionalien auch ohne Zurschaustellung eingezogen werden können, trifft manche österreichische Neonazis hart. „Das Verbot und die Vernichtung altehrwürdiger Erbstücke gehört zum Repertoire von ‚re-orientation’ und ‚re-education’ (JCS 1067)”, wird auf einem Neonazi-Kanal gejammert.

AUF1-Magnet schießt den Vogel ab
Geradezu lächerlich, jedoch keineswegs überraschend, fällt die Kommentierung des aus dem neonazistischen BfJ entstammenden Superspreaders von Desinformation, Stefan Magnet, auf seinem Portal AUF1 aus. Er bezeichnet die Novellierung des Verbotsgesetzes, die bereits im Jänner 2017 angekündigt, im Regierungsprogramm vom Jänner 2020 verankert und im Juni 2023 in die Begutachtung geschickt wurde, als „erstes Sondergesetz im Windschatten des Israel-Krieges“. Magnet führt weiter aus: „Das neu reformierte Gesetz soll nun aber auch die Zeichen der palästinensischen Hamas oder der Identitären bestrafen.“ Dass das Symbole-Gesetz mit dem Verbotsgesetz nichts zu tun hat, haben wir bereits oben ausgeführt. Aber auch das „nun“ ist falsch: Symbole und Zeichen der Hamas wurden bereits im März 2019 unter der Türkis-Blauen Regierung und dem damaligen FPÖ-Innenminister Kickl strafbar, jene der Identitären im Sommer 2021. Allzeit bereit und willens, sich selbst zum Opfer zu stilisieren, folgert Magnet aus seinen Fake-Informationen: „Das neu verschärfte Sondergesetz soll die Aufklärungsbewegung treffen.“ Mit diesen irrwitzigen Ausführungen schießt Magnet zweifellos den Vogel ab!
