Unser letzter Bericht zu Rudolf P. betraf den Schwurgerichtsprozess gegen ihn. Angeklagt war er wegen NS-Wiederbetätigung, Verhetzung, Suchtgifthandel und illegalem Waffenbesitz. Das ist schon eine ganz schöne Latte an Delikten, und die Geschworenen waren sich in allen zehn Anklagepunkten einig: schuldig! Die dreieinhalb Jahre Haft unbedingt sind allerdings noch nicht rechtskräftig.
Wir hatten P., der mittlerweile 78 Jahre alt ist, schon vor Jahren im Visier. Damals war er noch Ortsparteichef der FPÖ in einer Gemeinde des Bezirks Eisenstadt Umgebung. Als bekannt wurde, dass er wegen der Speicherung und Weitergabe von kinderpornografischem Material und wegen des Besitzes einer halbautomatischen Waffe zu vier Monaten bedingt und einer Geldstrafe verurteilt worden ist, war es mit seiner Karriere in der FPÖ vorbei („Kinderpornos bei Ortsparteichef im Burgenland“). Es ist zu vermuten, dass dafür nicht der Waffenbesitz ausschlaggebend war.
Seine Zuneigung zur FPÖ hat sich P. trotz der Sanktion gegen ihn über die Jahre hinweg erhalten. Auf seinen Facebook-Accounts teilt er unermüdlich Beiträge von FPÖ-Granden. Wobei P. ein weites rechtsextremes Herz hat, das Gerald Grosz ebenso umfasst wie den mittlerweile verstorbenen Neonazi Gerd Honsik.
Honsik hatte bekanntermaßen seine letzten Lebensjahre jenseits der Grenze in Ungarn verbracht. Dort, wo P. vermutlich eine von ihm selbstgebastelte Rohrbombe zur Explosion gebracht hat. Die Argumentation seiner Anwältin vor Gericht, wonach P. „kein Neonazi“ sei, sondern ein „schrulliger, alter Kauz“, war schon deshalb nicht glaubwürdig. Mehrfach hatte P. Aufrufe zu einer Corona-Demo in Eisenstadt gepostet, an der der Neonazi Gottfried Küssel teilgenommen hat. Seine zornig nachgelieferte Behauptung, dass er Küssel und die anderen Neonazis dort nicht sehen konnte, sind wohl nur durch seine Betriebsblindheit erklärbar. Wobei da noch bemerkenswert ist, dass der frühere Wiener FPÖ-Landtagsabgeordnete und Gemeinderat Wolfgang Jung auch was dazu zu sagen hatte.
Überhaupt sind die Freundschaftslisten von Rudolf P. auf seinen diversen FB-Accounts durchaus interessant. Hardcore-Neonazis von Jamel bis Wiener Neustadt sind ebenso vertreten wie seine Kameraden von den Identitären, der blaue Haus-und Hofmaler Odin, Stefan Magnet und neben Wolfgang Jung auch noch Martin Graf, der ja immerhin vor einigen Jahren Dritter Präsident des Nationalrats war, und der aktuelle Parteichef Herbert Kickl. Ob die alle wissen, mit wem sie sich da befreundet haben?
Vor Gericht erklärte P. den zahlreichen Nazi-Schrott, der bei ihm gefunden wurde, damit, dass der aus dem Nachlass seiner Mutter stamme und von seinem Nachbarn in Ungarn, einem „eingefleischten Nationalsozialisten“. Wir haben eine Ahnung, wer damit gemeint sein könnte.
Die Bilder der Rechtsterroristen Anders Breivik, Beate Zschäpe und Franz Fuchs (durch dessen Rohrbomben ein Polizist schwer verletzt und vier Roma ermordet wurden), die ebenfalls bei ihm gefunden wurden, deuten darauf hin, dass P. noch einiges vorhatte. Das deutlichste Indiz dafür sind nicht nur die Waffen (darunter eine Pumpgun), die bei ihm sichergestellt wurden, sondern vor allem die drei Kilo Nitrozellulosepulver, die 400 Schweizer Kracher und die zehn Rohre. „Ich hatte nichts vor“, erklärte P. auf die entsprechende Frage der Richterin.
Gleiches behauptete er über das Handbuch „Nationale Wehrkraft“, das er selbst verfasst hatte. Darin war nicht nur beschrieben, wie man Waffen bzw. Rohrbomben herstellt, sondern auch, wie man im Handel erhältliches Mineralwasser und Limos durch Injektion mit Gift präparieren und die Flaschen dann wieder unbemerkt zum Verkauf platzieren könnte.
In der FB-Rubrik „Gefällt mir“ tauchen bei P. aktuell die Neonazi- „Corona-Querfront“, die AfD, ein identitäres Haus in der Steiermark und die „Freie Bürgerpartei“ auf, deren diverse Beiträge er auch sonst häufig teilt. 2015 war da – in weiser Voraussicht? – auch die FB-Gemeinschaft „Freiheit für politische Gefangene in Österreich und BRD“ gelistet.
Update 12.5.23: Laut Verfassungsschutzbericht 2022 wurde in einem Berufungsverfahren das Strafmaß auf fünf Jahre unbedingt erhöht, weil „beim Beschuldigten eine besondere Gefährlichkeit” (Verfassungsschutzbericht 2022, S. 21) vorläge.
Update 16.5.23: Wir haben in unserem letzten Update bewusst nicht die Erzählung des Verfassungsschutzes, dass P. einen konkreten Anschlag auf das Volksstimmefest geplant habe, übernommen, da davon im Prozess keine Rede war. „Der Standard” (16.5.23) über die Ungereimtheiten im Verfassungsschutzbericht: „Verhinderter Anschlag auf das Volksstimmefest: Betroffene wurden nicht informiert. Ein Rechtsextremer soll einen Anschlag geplant und Feindlisten angelegt haben, allerdings gibt es Ungereimtheiten”