Im September 2014 wurde das Suworow Institut in Wien gegründet. Der Zeitpunkt lässt ebenso wie der Namensgeber Suworow vermuten, dass es einen nicht näher formulierten Zusammenhang mit dem russischen Überfall auf die Krim und den Donbass im Jahr 2014 geben könnte. Bloße bösartige Spekulation? Leider nein!
Der ehemalige Generalsekretär des Suworow Instituts, Patrick Poppel, der mittlerweile zum einzigen Ehrenmitglied des Instituts avancierte, wird auf der Website mit dem Titel „Leiter der Außerordentlichen Kommission zur Unterstützung von Neurussland“ und als „Mitglied des Komitees für Frieden in der Ukraine“ angeführt. Aktivitäten der „Außerordentlichen Kommission“ für Neurussland und ihres Leiters Poppel konnten wir nicht finden, aber uns reicht schon die Bezeichnung „Neurussland“, die ein ideologischer Terminus für imperialistische russische Eroberungsphantasien in der Ukraine ist. Das „Komitee für Frieden in der Ukraine“ hingegen existiert tatsächlich und ist ein lebendiger Beleg für „Querfront“-Aktivitäten, also die Kooperationen von Rechtsextremen mit Personen und Gruppen, die sich als „links“ bezeichnen. Das Suworow Institut hat einige dieser Leimruten ausgelegt.
Die Gründung des Instituts
Poppel, der mit Stand 2012 als „Offizier“ der Ehrengarde des Lazarus Union aufscheint, war Mitarbeiter des blauen (FPÖ, BZÖ) Rechtsaußen von Ewald Stadler, der zuletzt als Rekos-Spitzenkandidat für die Wahl zum Europäischen Parlament 2014 verglühte. Auf dem weit rechtsaußen positionierten christlichen Fundi-Portal Gloria.tv betreibt Poppel sogar einen eigenen Kanal, um damit zu missionieren.
Poppel, der auch als Wiener Landessprecher von Rekos fungierte und im Mai 2015 in dieser Funktion die ultranationalistischen russischen „Nachtwölfe“-Biker begrüßte, dürfte da parallel schon an seiner Karriere als Suworow-Generalsekretär gearbeitet haben. Obmann des Instituts war in den Anfängen der mittlerweile verstorbene russische Journalist Igor Belov, der für das staatliche russische Medium „Sputnik“ berichtete, wie der „Standard“ in einem informativen Beitrag über die ersten Jahre des Suworow Instituts berichtete.
2014 war nicht nur wegen des russischen Kriegs gegen die Ukraine im Donbass und der Okkupation der Krim ein Schlüssel für die Gründung des Instituts. Im pompösen Wiener Palais Liechtenstein lagen nur wenige Tage nach der „Gründung“ der Union der Volksrepubliken von Donezk und Lugansk, also des Kerns von „Neurussland“, rechtsextreme Politiker aus Österreich (Strache, Gudenus) und anderen Staaten dem Chefideologen von „Neurussland“, Alexander Dugin, und dem Oligarchen und Organisator des Meetings, Konstantin Malofejew, zu Füßen. Das offizielle Thema des Treffens, die Erinnerung an den Wiener Kongress vor 200 Jahren, kann man angesichts der politischen Umstände getrost als dürftige Verschleierung einer engeren Kooperation rechtsextremer und prorussischer Gruppen und Parteien auch im Hinblick auf die russische Aggression in der Ukraine betrachten. Malofejew war schon zu diesem Zeitpunkt als einer der Finanziers dieser Aggression in der Ukraine bekannt.
Wer zahlt?
Nur wenige Monate später, im September 2014, entstand auch das Suworow Institut – aus dem Nichts um Nichts? Im Gespräch mit dem „Standard“ gab Poppel, mittlerweile nicht nur Generalsekretär, sondern selber Obmann des gleichnamigen Vereins, 2016 zum Besten, dass das Institut „eigentlich gar keine Finanzierung“ benötige, weil seine Tätigkeiten „nur geringe Mittel“ (derstandard.at, 31.7.16) benötigen würde. Sehr lieb, aber nicht unbedingt glaubwürdig. Ob Malofejew direkt oder indirekt – etwa über Honorare für Beiträge für seinen Thinktank „Katehon“ – zur Finanzierung des Instituts beiträgt, kann nur vermutet, aber nicht belegt werden. Jedenfalls treten sowohl der Generalsekretär Poppel als auch der frühere „Pressesprecher“ des Instituts, der Burschenschafter und Ex-Identitäre Alexander Markovics, als Verfasser von Beiträgen und „Analysen“ für Katehon auf. Poppel durfte etwa zynisch über „Russlands humane Kriegsführung gegen unmenschliche Strategien“ schwadronieren, während Markovics getreu seiner Sozialisation durch die Burschenschaft „Olympia“ und die Identitären, gerne auch den rechtsextremen Ideologen raushängen durfte.
Alexander Markovics hat mittlerweile den Aufstieg im Institut geschafft, ist nicht mehr bloß der Pressesprecher, sondern seit dem Abgang von Poppel 2019 auch der Generalsekretär des Instituts, sein Obmann und auch der Schriftführer. Das spricht nicht nur für gewisse personelle Engpässe beim Institut oder auch für leicht autokratische Tendenzen, sondern für sparsames Wirtschaften. Aber selbst wenn zumindest der frühere Generalsekretär, der jetzt Generalsekretär der Österreichisch-Abchasischen Gesellschaft ist, bei seinen gelegentlichen Reisen durch russisch besetzte Territorien günstig verpflegt wurde: Generalsekretäre kosten auch Geld und in der Regel Referenten und Veranstaltungen ebenfalls. Dass „eigentlich gar keine Finanzierung“ für das Institut notwendig sei, weiß der Poppel sicher besser.
Die rechtsextremen Referenten
Auch wenn der wegen Wiederbetätigung verurteilte Arzt Thomas Unden mit dem eigenen Flugzeug zum Interview für „Suworow-TV“ herangeeilt ist und sich vermutlich den Sprit dafür selber bezahlt hat, bei den anderen Referenten darf man das nicht als selbstverständlich voraussetzen und annehmen.
Als im Jänner 2018 der Neofaschist Alexander Dugin (1) aus Russland anreiste und die Herzen der in diesem Fall zahlreich versammelten Instituts-Fans erglühen ließ, war auch ein Besuch des FPÖ-Akademikerballs damit verbunden. Wer hat das alles wohl bezahlt? Das Institut aus den nicht vorhandenen Mitteln? Die FPÖ? Konstantin Malofejew? Wer bezahlte den Besuch von Poppel bei Dugin im September 2017 in Moskau?
Im September 2020 war ein anderer Referent zu Gast beim Institut, um über das Thema „Haben die Serben im Kosovo eine Zukunft?“ zu referieren. Maik Müller sprach in seiner Funktion als Leiter der „Europäischen Solidaritätsfront für Kosovo“ und nicht als Neonazi, der er als Obmann der Dresdner NPD und Aktivist der Dresdner Neonazi-Aufmärsche zweifellos auch ist.
Ein besonders beliebter Referent ist der Berliner AfD-Landtagsabgeordnete Gunnar Lindemann, der sogar innerhalb der AfD am rechten Rand steht. Lindemann durfte mit Poppel nicht nur die zwangsrussifizierten Regionen Krim und Lugansk bzw. das nicht international anerkannte Abchasien bereisen (informative Tweets liefert der Account „Gegen die AfD“), sondern ist auch ein gern gesehener Gast beim Institut selbst. (2)
Im September 2019 hielt Lindemann unter dem Titel „Das Suworow Institut bringt den Menschen die Wahrheit“ die Festansprache zum fünfjährigen Bestehen, im Jänner 2020 feierte er das russische Neujahr mit Alexander Markovics. Beim Suworow Institut tauchte 2016 auch der Neurechte Jurij Kofner auf, als Alexander Markovics gerade einen seiner langatmigen Vorträge, in diesem Fall über die Identitäre Bewegung, hielt.
Das Suworow Institut hat auch Gesprächsformate entwickelt, die als kontroverse Diskussionen präsentiert werden, obwohl sie nur der alten rechtsextremen „Querfront“-Strategie folgen.
1 ausführliche Recherche zu Dugin: „Dugin: Der Faschist hinter Putin”
2 Der Putin-Propagandist Lindemann trat am 26. März 22 auch im identitären Zentrum in Steyregg auf, um dort über den Krieg in der Ukraine zu referieren.