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Wochenschau KW 28–33/22 (Teil 3: Prozesse: Verhetzung & staatsfeindliche Verbindungen)

Eini­ge Iden­ti­tä­re dreh­ten – unfrei­wil­lig – eine ers­te Run­de vor dem Lan­des­ge­richt Wels, in dem es noch kein Urteil gab, eini­ge, die Mit­glied bei staats­feind­li­chen Ver­bin­dun­gen waren, muss­ten Ver­ur­tei­lun­gen hin­neh­men. Und die FPÖ schei­ter­te mit einem Ein­spruch beim Ver­fas­sungs­ge­richts­hof, der fest­stell­te, dass das „Ali-Video“ geset­zes­wid­rig war. Wels/OÖ: Run­de 1 für 5 Iden­ti­tä­re vor Gericht Wien/Graz/Linz: Prozesse […]

24. Aug 2022

Wels/OÖ: Runde 1 für 5 Identitäre vor Gericht
Wien/Graz/Linz: Prozesse gegen Staatsverweigerer*innen
Wien: „Schwärzester Tag der Geschichte“
Wien/NÖ: An der Grenze gequälter Ex-FPÖ-Funktionär
Wien: Verfassungsgerichtshof bestätigt Gesetzwidrigkeit der FPÖ

Wels/OÖ: Runde 1 für 5 Identitäre vor Gericht

Nach­dem auf einem Bau­platz in Vöck­la­bruck, wo ein Bos­nia­kisch-Öster­rei­chi­sches Kul­tur- und Bil­dungs­zen­trum ent­ste­hen soll, Iden­ti­tä­re unter dem Tarn­na­men „Patrio­ten in Bewe­gung“ ein Holz­kreuz samt Hetz­ban­ner hin­ter­las­sen und dar­auf fünf Haus­durch­su­chun­gen statt­ge­fun­den hat­ten, gab’s nun zumin­dest die ers­te Run­de im Prozess.

„Die fünf Män­ner im Alter zwi­schen 19 und 41 Jah­ren saßen nun vor Gericht. Ihnen wird Ver­het­zung vor­ge­wor­fen, sie sol­len den Hass gegen eine Reli­gi­ons­ge­mein­schaft geschürt haben. Vor einem Urteil ist noch eine Aus­sa­ge eines Ver­tre­ters des Ver­fas­sungs­schut­zes nötig. Ver­tagt.“ (krone.at, 5.8.22)

Wien/Graz/Linz: Prozesse gegen Staatsverweigerer*innen

In den letz­ten Mona­ten muss­ten wie­der eini­ge Ange­hö­ri­ge aus der Sze­ne der Staatsverweigerer*innen vor diver­sen Gerich­ten aufmarschieren.

In Wien waren es drei Ver­tre­ter des selbst­er­nann­ten Gerichts­ho­fes „ICCJV — Inter­na­tio­nal Com­mon Law Court of Jus­ti­ce Vien­na“: der „Gene­ral Direc­tor“, der bereits 2014 eine Stra­fe absit­zen muss­te, der „First Vice Pre­si­dent“ und ein drit­ter Anhän­ger. „Die Geschwo­re­nen ent­schei­den nicht rechts­kräf­tig elf Mona­te Haft für den Erst- und Dritt­an­ge­klag­ten. Der Zweit­an­ge­klag­te „First Vice Pre­si­dent“ wird zu nicht rechts­kräf­ti­gen 14 Mona­ten Haft ver­ur­teil.“ (krone.at, 20.7.22)

In Graz hat es einen 49-jäh­ri­gen Land­wirt erwischt, der sich beim „Staa­ten­bund Öster­reich“ im Umfeld der inhaf­tier­ten „Prä­si­den­tin“ Moni­ka Unger auf­ge­hal­ten haben soll.

Nach zwei Stun­den zog sich der Ange­klag­te auf Anra­ten des Gerichts kurz mit sei­nem Anwalt zurück, um dann ein Geständ­nis abzu­le­gen. „Ich sehe ein, dass das alles ein Feh­ler war, ich habe das alles nicht rich­tig ver­stan­den”, lau­te­te sei­ne Erklä­rung. Er gab auch zu, in einer Füh­rungs­po­si­ti­on tätig gewe­sen zu sein. Der Stei­rer wur­de für schul­dig befun­den und zu 15 Mona­ten beding­ter Haft ver­ur­teilt. Das Urteil ist nicht rechts­kräf­tig. (puls24.at, 26.7.22)

In Linz hat­te der 34-jäh­ri­ge Andre­as E. aus Schlüßl­berg ein unfrei­wil­li­ges Ren­dez­vous vor Gericht, zu dem er zuerst nicht erschie­nen war. Die Rich­te­rin ver­an­lass­te die Poli­zei dazu, den Ange­klag­ten ins Gericht zu brin­gen, was auch gelang. Er habe den Ter­min ver­ges­sen, gab E. an, ansons­ten zeig­te er sich nicht sehr aus­kunfts­freu­dig. Vor­ge­wor­fen wur­de ihm in einer 60 Sei­ten umfas­sen­den Ankla­ge­schrift u.a., für den „Staa­ten­bund“ pro­pa­gan­dis­tisch tätig gewe­sen zu sein, ihn finan­zi­ell unter­stützt, Droh­brie­fe ver­fasst und sich erpres­se­risch betä­tigt zu haben.

„Nach­dem die Taten bereits vor fünf bis sechs Jah­ren statt­ge­fun­den haben und Andre­as E. sich umfas­send gestän­dig zeig­te, wur­de er zu 12 Mona­ten beding­ter Haft ver­ur­teilt. Das Urteil ist nicht rechts­kräf­tig.” (nachrichten.at, 17.8.22)

Wien: „Schwärzester Tag der Geschichte“

Groß war das Gejam­mer auf ihrem Tele­gram­ka­nal, wo sich Jen­ni­fer Klau­nin­ger über ihre Ver­ur­tei­lung aus­wein­te. Zuvor wur­de die Ver­schwö­rungs­an­hän­ge­rin am Wie­ner Lan­des­ge­richt wegen eines tät­li­chen Angriffs auf einen Poli­zis­ten (nicht rechts­kräf­tig) zu fünf Mona­ten beding­ter Haft ver­ur­teilt. Klau­nin­ger raun­te danach vom „schwär­zes­ten Tag der Geschich­te“ und kün­dig­te an, in Beru­fung gehen zu wollen.

Inkri­mi­niert war dies­mal ein Zwi­schen­fall wäh­rend einer Demons­tra­ti­on gegen die Coro­na-Maß­nah­men im Dezem­ber 2021, als es zu einer Aus­ein­an­der­set­zung zwi­schen Klau­nin­ger und einem Poli­zis­ten kam. Die Poli­zei hat­te eine Sperr­ket­te gebil­det, die sich in Rich­tung der Demons­trie­ren­den beweg­te. Klau­nin­ger soll dabei den Anwei­sun­gen nicht Fol­ge geleis­tet und sich in Amts­hand­lun­gen ein­ge­mischt haben, wes­we­gen sie am Ende auf dem Boden fixiert wur­de. Davor soll sie einem Beam­ten drei­mal gegen die Brust geschla­gen haben, was sie vor Gericht ent­schie­den in Abre­de stell­te. (APA via derstandard.at , 3.8.2022)

Wien/NÖ: An der Grenze gequälter Ex-FPÖ-Funktionär

Ein Nie­der­ös­ter­rei­cher, ehe­mals Funk­tio­när der FPÖ, wur­de nach einem nicht lan­ge andau­ern­den Pro­zess wegen des Ver­dachts auf Ver­het­zung nicht rechts­kräf­tig frei­ge­spro­chen. 

Der Früh­pen­sio­nist, er wird dem­nächst 49 Jah­re alt, muss­te sich wegen einer Aus­sa­ge in den Kom­men­ta­ren auf der Face­book-Sei­te des Wie­ner FPÖ-Poli­ti­kers Leo Kohl­bau­er (Medi­en­in­ha­ber: FPÖ Lan­des­grup­pe Wien) ver­ant­wor­ten. Dort war eine Dis­kus­si­on über die Coro­na-Maß­nah­men der Regie­rung ent­brannt, in die sich der Ange­klag­te auch ein­brach­te. Näm­lich, dass „im Gegen­satz zu uns Öster­rei­chern Mas­sen­mör­der mit Ket­ten­sä­gen” unbe­hel­ligt ein­rei­sen könn­ten. (kurier.at, 11.8.22)

Der Mann zähl­te auf, wie sehr er durch die Coro­na-beding­ten Beschrän­kun­gen getrof­fen wor­den sei: „Ich war zwei Mal in Kroa­ti­en und wur­de zwei Mal an der Gren­ze gequält. Ich habe eine Kat­ze aus Kroa­ti­en mit­ge­nom­men. Die hät­te er sich anschau­en müs­sen. Aber die war dem Zöll­ner wurscht. Der hat sich nur für Coro­na inter­es­siert.“ (kurier.at)

Da sich die Aus­sa­ge, die selbst der Ver­tei­di­ger als „dumm“ bezeich­ne­te nicht gegen eine bestimm­te Per­so­nen­grup­pe gerich­tet habe, sprach der Rich­ter den Ange­klag­ten frei. Ein kos­ten­lo­ser Tipp von uns: Viel­leicht soll­te sich der Nie­der­ös­ter­rei­cher weni­ger Hor­ror­fil­me anse­hen, denn Mas­sen­mor­de mit Ket­ten­sä­gen fan­den höchs­tens in sei­nem Kopf, aber sicher­lich kei­ne in Öster­reich statt.

Wien: Verfassungsgerichtshof bestätigt Gesetzwidrigkeit der FPÖ

Der FPÖ-Par­la­ments­klub muss­te nun vor dem Ver­fas­sungs­ge­richts­hof eine Nie­der­la­ge hin­neh­men. Gegen­stand war das im Herbst 2018 auf „FPÖ TV“ ver­öf­fent­lich­te „Ali-Video“, zu dem danach gleich meh­re­re Anzei­gen wegen des Ver­dachts auf Ver­het­zung folgten.

Wört­lich heißt es in dem Erkennt­nis des Ver­fas­sungs­ge­richts­hofs: „Die Dar­stel­lung ein­schließ­lich der gewähl­ten Namens­be­zeich­nun­gen stellt auf Ste­reo­ty­pen zur Kenn­zeich­nung ‚frem­der Men­schen’ mit einem bestimm­ten eth­ni­schen Hin­ter­grund in der deut­li­chen und vor­ran­gi­gen Absicht ab, Ange­hö­ri­gen die­ser Grup­pe pau­schal und aus­schließ­lich auf Grund ihrer eth­ni­schen Her­kunft sozi­al schäd­li­ches Ver­hal­ten zu unter­stel­len.“ (derstandard.at, 22.7.22)