Bez. Oberwart/Eisenstadt: „Potpourri der Grausamkeit“
Bez. Oberwart/Eisenstadt: Opfer des Gruppenzwangs und ein Jux
Bez. Oberwart/Eisenstadt: Wiederbetätigung in Trance
Bez. Mattersburg/Eisenstadt: Schreiduelle vor Gericht
Bez. Oberwart/Eisenstadt: „Potpourri der Grausamkeit“
Als „Potpourri der Grausamkeit“ bezeichnet der Prozessberichterstatter von meinbezirk.at, was der bereits wegen Körperverletzung, Sachbeschädigung und Urkundenunterdrückung zweifach vorbestrafte 34-jährige Unternehmer von 2016 bis 2018 via WhatsApp verschickt hatte. Und diese Charakterisierung der insgesamt 51 angeklagten Nachrichten erfolgt zurecht:
Pietätlosigkeit mit der Fratze der NS-Verherrlichung. Potpourri der Grausamkeit. Menschenverachtung mit Gänsehauteffekt. Und das alles, um sich bei einem rechtsradikal orientierten Freund anzubiedern. Deshalb verschickte ein Unternehmer aus dem Bezirk Oberwart insgesamt 51 Bildnachrichten per WhatsApp. Mit drapierten Leichenfotos eines Konzentrationslagers, einem Weihnachtsmann mit Hakenkreuz-Armbinde und Hitler-Gruß, einer bis zum Skelett abgemagerten Frau, die eine Schärpe mit der Aufschrift trug: „Miss Auschwitz“… Unfassbar. (…)
Als die Anklägerin einige der 51 Bilddateien beschrieb, inklusive der dazu verfassten Texte, erklärte sie: „Ich bekomme gerade Gänsehaut aufgrund der Grausamkeit mancher Abbildungen!“ Explizit führte sie das Foto mit dem abgelichteten Gesellschaftsspiel „Twister“ an, auf dem mehrere Leichenbilder von Opfern eines Konzentrationslagers aufgelegt waren.
Sprüche wie „Die SS ruft dich“, „Unser Chef (Hitler) feiert bald seinen 130. Geburtstag“, kombiniert mit Hakenkreuzen, NS-Wahlpropaganda-Plakaten, Totenkopf-Symbolen, NSDAP-Bekundungen und Judenstern-Darstellungen spiegeln die Bandbreite der per WhatsApp versendeten Dateien. Komplettiert mit einem adaptierten Autoreifen-Michelin-Männchen, das die Hand zum Hitlergruß erhob und einen Oberlippenbart trug. (meinbezirk.at, 3.8.22)
Der Angeklagte gab an, sich für die Nachrichten zu schämen, kein Nazi zu sein, er habe das getan, weil es alle getan hätten usw. Ins Visier der Ermittlungen ist er gekommen, weil im Zuge einer Razzia in mehreren Bundesländern auf dem Handy eines Durchsuchten seine Chats gefunden worden waren.
Das Urteil fiel nach relativ kurzer Beratung der Geschworenen eindeutig aus: einstimmiger Schuldspruch, zwölf Monate bedingt und eine Geldstrafe über 1.440 Euro.
Bez. Oberwart/Eisenstadt: Opfer des Gruppenzwangs und ein Jux
Ein 35-Jähriger aus dem Bezirk Oberwart hatte zwischen 2017 und 2018 insgesamt 31 WhatsApp-Nachrichten verschickt, für die er sich vor dem Landesgericht Eisenstadt verantworten musste. Es sei ein „Jux“ gewesen, ein Selfie für das er sich einen Hitler-Bart aufgemalen hatte, bezeichnete er als „besoffene Geschichte“.
Dass er sich strafbar gemacht hatte, sei ihm klar geworden, als er selbst schon einmal im Schwurgerichtssaal saß: Als Ersatzgeschworener war er zu einem Prozess wegen Wiederbetätigung eingeladen worden. Staatsanwalt Christian Petö bezeichnete die am Handy des Angeklagten sichergestellten Botschaften als „wirklich geschmacklos“. „Er sagte, es war nur ein Scherz, ein Jux für ihn“, wunderte sich der Staatsanwalt. Ihm erschließe sich nicht, was daran lustig sei, „wenn Menschen so verhöhnt werden“. „Er ist wie viele andere Opfer des Gruppenzwangs geworden“, sagte Verteidiger Roland Heindl. (BVZ, 18.08.2022, S. 26)
Der Burgenländer gab sich reumütig, er würde so etwas nie wieder tun. Der Schuldspruch blieb dennoch nicht aus: „Die Geschworenen „verurteilten den Burgenländer mit 8 : 0 Stimmen zu einer Freiheitsstrafe von 13 Monaten, bedingt auf drei Jahre. Weiters zu einer Geldbuße von 3.000 Euro und zur Bezahlung der Prozesskosten von 500 Euro. Das Urteil ist rechtskräftig.“ (meinbezirk.at, 11.8.22)
Bez. Oberwart/Eisenstadt: Wiederbetätigung in Trance
Mit „Wolfsschanze 1“ oder „Hans SS Heil“ waren diverse Mail-Accounts des Mitte 50-jährigen Angeklagten aus dem Bezirk Mattersburg benannt, wegen diverser Postings, in denen er offen gegen Juden/Jüdinnen und Ausländer*innen hetzte, im Mai 2021 saß er vor Gericht. Bis zur Verhandlung gab er sich bei Befragungen schweigsam, während des Prozesses ging’s um Tabletten- und Alkoholkonsum und darüber, dass er sich über „die Israelis, die Hamas und Asylanten, die im Wald den Dreck zurücklassen“ geärgert hätte.
Zwischendurch versuchte er es mit der Variante, er habe gar nicht gewusst, was er da geschrieben habe, er könne es selbst gar nicht glauben. Es folgten offenbar ans Skurrile grenzende Dialoge mit dem vorsitzenden Richter., die immer wieder auf den Satz „Ich war wie in Trance“ hinausliefen.
„Was haben sie gemeint mit ihrem Kommentar ‚Der letzte Wählbare hat sich 1945 erschossen?“ „Ich bin mit unserer Regierung unzufrieden!“ „Und dann schreiben sie so einen Schwachsinn?“ „Jetzt weiß ich auch, dass das ein Blödsinn war. Ich wundere mich selbst über mich. Ich war wie in Trance!“ „Und wofür steht ‚Raus mit Juden und Muslimen?“ „Ich kann mich nicht erinnern.“ „Sie haben ja gegen alle etwas!“ „Ich war wie in Tran..!“ (…) Auch die Staatsanwältin hakte ein: „Ihre Trance-Geschichte ist nichts anderes als eine Ausrede. Außerdem sitzen sie hier die ganze Zeit mit einem süffisanten Lächeln. Gemeinsam mit den gefundenen Suchbegriffen auf ihrem PC nach „SS“ und „Judenkarikaturen“ spiegelt das schon einen Ausdruck ihrer inneren Haltung wider!“ (meinbezirk.at, 17.8.22)
Der Trance-Zustand, die Tabletten, der Alkohol, zudem auch noch der Tod der Cousine und der Uroma als Erklärungsversuche schienen nicht gewirkt zu haben. Es gab einen einstimmigen Schuldspruch, 14 Monate Haft bedingt und eine Geldstrafe über 960 Euro. Der Angeklagte akzeptierte, von der Staatsanwältin gab’s keine Erklärung, daher ist das Urteil nicht rechtskräftig.
Bez. Mattersburg/Eisenstadt: Schreiduelle vor Gericht
Sehr einsichtig hatte sich der 39-jährige Angeklagte aus dem Bezirk Mattersburg, der inzwischen nach Klosterneuburg verzogen ist, vor Gericht nicht gezeigt: Er lieferte sich mit der Richterin so lange Schreiduelle, bis die ziemlich barsch ihn aufforderte, den Mund zu halten und zwischendurch sogar dem Gerichtspräsidenten der Kragen platzte.
Angeklagt war der Burgenländer aus dem Bezirk Mattersburg, Ende 30, ledig, wegen NS-Wiederbetätigung. Übrigens nicht sein erster Kontakt mit der Justiz. Immerhin ist er bereits fünfmal wegen Körperverletzung und einmal wegen schwerer Körperverletzung verurteilt. Dafür verbüßte er auch eine sechsmonatige Haftstrafe.
Vorgeworfen wurde ihm von der Staatsanwältin, dass er Fotos und Sprüche mit nationalsozialistischem Inhalt über Social-Media-Plattformen wie Facebook/WhatsApp öffentlich gepostet bzw. weitergeleitet hat. So etwa das Bild einer SS-Uniformkappe, bei der als Hinweis für Flüchtlinge stand: „An dieser Mütze erkennen sie ihren Sachbearbeiter“. Die Ablichtung von Adolf Hitler führte den Text: „Sch.…, habe den Ofen angelassen!“ (meinbezirk.at, 11.8.22)
Seine zwischen 2016 und 2019 veröffentlichten einschlägigen Postings seien „sicher nicht politisch gemeint“ (BVZ, 11.8.22, S. 30), er sei als Jugendlicher in einer rechten Gruppe gewesen, die er aber verlassen habe, nachdem er sich mit einer aus Ungarn stammenden Roma befreundet hätte. Zu den Postings kamen einschlägige Chatnachrichten, Tätowierungen und Hitlergrüße und darauf ein einstimmiger Schuldspruch: nicht rechtskräftige 14 Monate Haft auf Bewährung und die Übernahme der Prozesskosten (500 Euro).