Wiener Neustadt/NÖ: Stammgast bei Wiederbetätigungsprozess
Innsbruck: Altersbonus für Neonazi?
Kufstein/Innsbruck: brisanter Wiederbetätigungsprozess und eingestellte Website
Vöcklabruck/OÖ: Hausbesuch bei Identitären
Wiener Neustadt/NÖ: Stammgast bei Wiederbetätigungsprozess
Nach seinem Prozess in Wien, wo der Neonazi Peter Binder 7,5 Jahre wegen unzähliger Delikte nach dem Waffen- und Suchtmittelgesetz ausgefasst hatte, musste er aus der Haft vorgeführt am 23. Mai vor dem Landesgericht in Wiener Neustadt auftreten – diesmal wegen Wiederbetätigung. Aber darin haben Binder und sein Stammanwalt Rudolf Mayer inzwischen ebenfalls schon einiges an Erfahrung gesammelt. Auch die vorsitzende Richterin hatte wohl ein Déjà vu: Sie hatte Binder bereits 2018 mit den Geschworenen zu 2,5 Jahren Haft nach dem Verbotsgesetz verurteilt.
Die Verteidigungslinie war ähnlich jener in Wien: ein umfassendes Schuldgeständnis samt dem Versprechen, sich nicht mehr wiederbetätigen und zukünftig seine Zeit mit den Enkelkindern verbringen zu wollen. Angeklagt waren einschlägige Chatnachrichten und die Zurschaustellung von NS-Devotionalien. Bei der Hausdurchsuchung im Dezember 2020 in Binders Guntramsdorfer Wohnung ging’s eigentlich um Waffen und Suchtgift,
das gerahmte Hitler-Bild mitten im Vorzimmer, direkt gegenüber der Eingangstüre, stach dann allerdings doch gleich ins Auge. Im Wohnzimmer hing ein Porträt eines Wehrmachtssoldaten mit SS-Runen an der Wand, am Regal stand eine Weinflasche, die ein Bild Heinrich Himmlers samt SS-Totenkopf zierte. (…) Das Porträt Adolf Hitlers sei „ein historisches Original“, er habe „wissen wollen, was das wert ist“, meinte er auf Nachfrage der Vorsitzenden des Geschworenensenats. Warum er es deshalb direkt im Eingangsbereich platziert habe, wo es für jedermann sichtbar war, der die Wohnung betrat, konnte er dann allerdings nicht sagen. Auch nicht, warum er zahlreiche Nachrichten mit rassistischen und menschenverachtenden Inhalten verschickt hatte – oder das Bild eines Weihnachtsmannes mit Hakenkreuz. (kurier.at, 23.5.22)
Nun sind noch nicht rechtskräftige 3,5 Jahre zum Wiener Urteil dazu gekommen. Sicher ist wohl: Um seine Enkelkinder wird sich Binder wohl noch länger nicht kümmern können.
Update: Das Urteil ist inzwischen rechtskräftig.
➡️ ausführlicher Bericht von prozess.report
Innsbruck: Altersbonus für Neonazi?
Die Tiroler Tageszeitung (26.5.22, S. 12) bezeichnet den Unternehmer als „bislang älteste[n] Angeklagten vor einem Schwurgericht“ in Tirol – gemeint ist ein 81-Jähriger, der sich wegen Verstöße gegen das Verbotsgesetz vor dem Innsbrucker Landesgericht zu verantworten hatte.
So war im Feber bei einer Polizeiinspektion eine Anzeige eingegangen. Diese enthielt Bildmaterial, wonach am Fenster der Werkstatt des Angeklagten nicht nur ein monumentaler Kerzenständer mit dem Konterfei des Massenmörders Adolf Hitler sowie Hakenkreuzen und SS-Runen zu sehen war, sondern sich dort auch elf Weinflaschen mit dem Etikett Hitlers sowie des NS-Kriegsverbrechers Hermann Göring befunden hatten. Im März kam es zur Hausdurchsuchung durch sechs Kriminalbeamte. (TT)
Ausgeredet hatte sich der alte Neonazi darauf, dass er Hitlerjunge gewesen sei, was ihm schon alleine angesichts seines Geburtsjahres 1940 keine Entlastung eingebracht haben dürfte. Er habe die Weinflaschen mit den braunen Etiketten geschenkt bekommen und eben in seiner Werkstatt aufgestellt. Vom NS mochte er sich nicht distanzieren: „Zu Hitler habe ich keine Meinung. Habe mich mit der Zeit nie beschäftigt.“ (TT)
Angesichts dieser Uneinsichtigkeit kam er mit einer vergleichsweisen milden Strafe davon: zehn Monate bedingt und eine Geldstrafe über 3.000 Euro. Ob das als Altersbonus interpretiert werden kann?
Kufstein/Innsbruck: brisanter Wiederbetätigungsprozess und eingestellte Website
Am Innsbrucker Schwurgericht finden in dieser Woche zwei Wiederbetätigungsprozesse statt. Während beim ersten ein 55-jähriger erklären muss, warum er jahrelang NS-Botschaften verschickt hatte, wird ein 54-jähriger Angeklagter aus Kufstein beschuldigt, „über eine von ihm betriebene Internetseite den Holocaust geleugnet und das NS-Regime vorteilhaft dargestellt“ (Tiroler Tageszeitung, 26.5.22, S. 12). Bei seiner Festnahme im Dezember 2021 war noch von zwei einschlägigen Websites die Rede, die der über längere Zeit in Spanien auffällige Tiroler betrieben haben soll.
Ob der Prozess mit der seit Anfang März 2022 de facto eingestellten Website „ZAROnews“ zusammenhängt, die unter einer Kufsteiner Adresse vom Schweizer Robert Zach lanciert wurde und immer wieder wüsten Antisemitismus bis hin zur Holocaustleugnung verbreitet hat, ist uns derzeit noch nicht bekannt. Der Prozess wird Licht ins Dunkel bringen.
Update 7.6.22: Der Fall hatte nichts mit ZAROnews zu tun. ➡️ Bericht zum Prozess
Vöcklabruck/OÖ: Hausbesuch bei Identitären
Hausbesuche von der Polizei haben offenbar jene Aktivisten aus dem identitären Umfeld erhalten, die im August 2021 in Vöcklabruck mit Banner und Ku-Klux-Klan-artigem Holzkreuz gegen den Bau eines Bosniakisch-Österreichischen Kultur- und Bildungszentrums gehetzt hatten, wie diverse identitäre Kanäle verlautbaren. Es hätten mindestens fünf Hausdurchsuchungen in Ober- und Niederösterreich stattgefunden.