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Wochenschau KW 21/22

Der Neo­na­zi Peter Bin­der hat­te in Wie­ner Neu­stadt zum wie­der­hol­ten Mal einen Auf­tritt vor Gericht und wur­de auch nicht zum ers­ten Mal schul­dig gespro­chen. Ein bereits in die Jah­re gekom­me­ner Tiro­ler Neo­na­zi muss­te mit 81 vor Gericht auf­mar­schie­ren, um zu erklä­ren, war­um er NS-Devo­­tio­na­­li­en in sei­ner Werk­statt auf­ge­stellt hat­te. Da sei­ne Wort­mel­dun­gen recht dünn ausfielen, […]

30. Mai 2022

Wie­ner Neustadt/NÖ: Stamm­gast bei Wiederbetätigungsprozess
Inns­bruck: Alters­bo­nus für Neonazi?
Kufstein/Innsbruck: bri­san­ter Wie­der­be­tä­ti­gungs­pro­zess und ein­ge­stell­te Website
Vöcklabruck/OÖ: Haus­be­such bei Identitären

Wie­ner Neustadt/NÖ: Stamm­gast bei Wiederbetätigungsprozess

Nach sei­nem Pro­zess in Wien, wo der Neo­na­zi Peter Bin­der 7,5 Jah­re wegen unzäh­li­ger Delik­te nach dem Waf­fen- und Sucht­mit­tel­ge­setz aus­ge­fasst hat­te, muss­te er aus der Haft vor­ge­führt am 23. Mai vor dem Lan­des­ge­richt in Wie­ner Neu­stadt auf­tre­ten – dies­mal wegen Wie­der­be­tä­ti­gung. Aber dar­in haben Bin­der und sein Stamm­an­walt Rudolf May­er inzwi­schen eben­falls schon eini­ges an Erfah­rung gesam­melt. Auch die vor­sit­zen­de Rich­te­rin hat­te wohl ein Déjà vu: Sie hat­te Bin­der bereits 2018 mit den Geschwo­re­nen zu 2,5 Jah­ren Haft nach dem Ver­bots­ge­setz verurteilt.

Schwurgerichtssaal Wiener Neustadt
Hin­ter die­ser Tür im Schwur­ge­richts­saal Wie­ner Neu­stadt wur­de gegen Bin­der verhandelt

Die Ver­tei­di­gungs­li­nie war ähn­lich jener in Wien: ein umfas­sen­des Schuld­ge­ständ­nis samt dem Ver­spre­chen, sich nicht mehr wie­der­be­tä­ti­gen und zukünf­tig sei­ne Zeit mit den Enkel­kin­dern ver­brin­gen zu wol­len. Ange­klagt waren ein­schlä­gi­ge Chat­nach­rich­ten und die Zur­schau­stel­lung von NS-Devo­tio­na­li­en. Bei der Haus­durch­su­chung im Dezem­ber 2020 in Bin­ders Gun­trams­dor­fer Woh­nung ging’s eigent­lich um Waf­fen und Suchtgift,

das gerahm­te Hit­ler-Bild mit­ten im Vor­zim­mer, direkt gegen­über der Ein­gangs­tü­re, stach dann aller­dings doch gleich ins Auge. Im Wohn­zim­mer hing ein Por­trät eines Wehr­machts­sol­da­ten mit SS-Runen an der Wand, am Regal stand eine Wein­fla­sche, die ein Bild Hein­rich Himm­lers samt SS-Toten­kopf zier­te. (…) Das Por­trät Adolf Hit­lers sei „ein his­to­ri­sches Ori­gi­nal“, er habe „wis­sen wol­len, was das wert ist“, mein­te er auf Nach­fra­ge der Vor­sit­zen­den des Geschwo­re­nen­se­nats. War­um er es des­halb direkt im Ein­gangs­be­reich plat­ziert habe, wo es für jeder­mann sicht­bar war, der die Woh­nung betrat, konn­te er dann aller­dings nicht sagen. Auch nicht, war­um er zahl­rei­che Nach­rich­ten mit ras­sis­ti­schen und men­schen­ver­ach­ten­den Inhal­ten ver­schickt hat­te – oder das Bild eines Weih­nachts­man­nes mit Haken­kreuz. (kurier.at, 23.5.22)

Nun sind noch nicht rechts­kräf­ti­ge 3,5 Jah­re zum Wie­ner Urteil dazu gekom­men. Sicher ist wohl: Um sei­ne Enkel­kin­der wird sich Bin­der wohl noch län­ger nicht küm­mern können.

Update: Das Urteil ist inzwi­schen rechtskräftig.

➡️ aus­führ­li­cher Bericht von prozess.report

Inns­bruck: Alters­bo­nus für Neonazi?

Die Tiro­ler Tages­zei­tung (26.5.22, S. 12) bezeich­net den Unter­neh­mer als „bis­lang älteste[n] Ange­klag­ten vor einem Schwur­ge­richt“ in Tirol – gemeint ist ein 81-Jäh­ri­ger, der sich wegen Ver­stö­ße gegen das Ver­bots­ge­setz vor dem Inns­bru­cker Lan­des­ge­richt zu ver­ant­wor­ten hatte.

So war im Feber bei einer Poli­zei­in­spek­ti­on eine Anzei­ge ein­ge­gan­gen. Die­se ent­hielt Bild­ma­te­ri­al, wonach am Fens­ter der Werk­statt des Ange­klag­ten nicht nur ein monu­men­ta­ler Ker­zen­stän­der mit dem Kon­ter­fei des Mas­sen­mör­ders Adolf Hit­ler sowie Haken­kreu­zen und SS-Runen zu sehen war, son­dern sich dort auch elf Wein­fla­schen mit dem Eti­kett Hit­lers sowie des NS-Kriegs­ver­bre­chers Her­mann Göring befun­den hat­ten. Im März kam es zur Haus­durch­su­chung durch sechs Kri­mi­nal­be­am­te. (TT)

Bericht TT mit NS-Kerzenständer
Bericht TT mit NS-Kerzenständer

Aus­ge­re­det hat­te sich der alte Neo­na­zi dar­auf, dass er Hit­ler­jun­ge gewe­sen sei, was ihm schon allei­ne ange­sichts sei­nes Geburts­jah­res 1940 kei­ne Ent­las­tung ein­ge­bracht haben dürf­te. Er habe die Wein­fla­schen mit den brau­nen Eti­ket­ten geschenkt bekom­men und eben in sei­ner Werk­statt auf­ge­stellt. Vom NS moch­te er sich nicht distan­zie­ren: „Zu Hit­ler habe ich kei­ne Mei­nung. Habe mich mit der Zeit nie beschäf­tigt.“ (TT)

Ange­sichts die­ser Unein­sich­tig­keit kam er mit einer ver­gleichs­wei­sen mil­den Stra­fe davon: zehn Mona­te bedingt und eine Geld­stra­fe über 3.000 Euro. Ob das als Alters­bo­nus inter­pre­tiert wer­den kann?

Kufstein/Inns­bruck: bri­san­ter Wie­der­be­tä­ti­gungs­pro­zess und ein­ge­stell­te Website

Am Inns­bru­cker Schwur­ge­richt fin­den in die­ser Woche zwei Wie­der­be­tä­ti­gungs­pro­zes­se statt. Wäh­rend beim ers­ten ein 55-jäh­ri­ger erklä­ren muss, war­um er jah­re­lang NS-Bot­schaf­ten ver­schickt hat­te, wird ein 54-jäh­ri­ger Ange­klag­ter aus Kuf­stein beschul­digt, über eine von ihm betrie­be­ne Inter­net­sei­te den Holo­caust geleug­net und das NS-Regime vor­teil­haft dar­ge­stellt“ (Tiro­ler Tages­zei­tung, 26.5.22, S. 12). Bei sei­ner Fest­nah­me im Dezem­ber 2021 war noch von zwei ein­schlä­gi­gen Web­sites die Rede, die der über län­ge­re Zeit in Spa­ni­en auf­fäl­li­ge Tiro­ler betrie­ben haben soll.

Ob der Pro­zess mit der seit Anfang März 2022 de fac­to ein­ge­stell­ten Web­site „ZARO­news“ zusam­men­hängt, die unter einer Kuf­stei­ner Adres­se vom Schwei­zer Robert Zach lan­ciert wur­de und immer wie­der wüs­ten Anti­se­mi­tis­mus bis hin zur Holo­caust­leug­nung ver­brei­tet hat, ist uns der­zeit noch nicht bekannt. Der Pro­zess wird Licht ins Dun­kel bringen.

ZAROnews verkünden im April 22 das Ende. Letzte Beiträge sind am 2. März erschienen. (Screenshot ZAROnews)
ZARO­news ver­kün­den im April 22 das Ende. Letz­te Bei­trä­ge sind am 2. März erschie­nen. (Screen­shot ZAROnews)

Update 7.6.22: Der Fall hat­te nichts mit ZARO­news zu tun. ➡️ Bericht zum Prozess

Vöcklabruck/OÖ: Haus­be­such bei Identitären

Haus­be­su­che von der Poli­zei haben offen­bar jene Akti­vis­ten aus dem iden­ti­tä­ren Umfeld erhal­ten, die im August 2021 in Vöck­la­bruck mit Ban­ner und Ku-Klux-Klan-arti­gem Holz­kreuz gegen den Bau eines Bos­nia­kisch-Öster­rei­chi­schen Kul­tur- und Bil­dungs­zen­trums gehetzt hat­ten, wie diver­se iden­ti­tä­re Kanä­le ver­laut­ba­ren. Es hät­ten min­des­tens fünf Haus­durch­su­chun­gen in Ober- und Nie­der­ös­ter­reich stattgefunden.