FPÖ-Hauser und ein Holocaust-leugnendes Portal

Wer in Tele­gram nur kurz in ver­schwö­rungs­ideo­lo­gi­schen oder rechts­extre­men Kanä­len oder Grup­pen stö­bert, stößt mit gro­ßer Wahr­schein­lich­keit schnell auf Shares vom Schwei­zer Por­tal „Uncut-News“, des­sen eige­ner Tele­gram-Kanal nur knapp 87.000 Abonnent*innen hat, aber zu den rele­van­tes­ten inner­halb der ver­schwö­runs­gideo­lo­gi­schen Sze­ne zählt. So wird „Uncut-News“ vom deut­schen For­schungs­in­sti­tut CeMAS als das ein­fluss­reichs­te „alter­na­ti­ve“ Medi­um im Zuge der Dif­fa­mie­rungs- und Des­in­for­ma­ti­ons­kam­pa­gnen vor der Bun­des­tags­wahl 2021 bezeich­net. (Vgl. CeMAS-Report, „Die Bun­des­tags­wahl 2021 — Wel­che Rol­le Ver­schwö­rungs­ideo­lo­gien in der Demo­kra­tie spie­len“, S. 72ff)

Gerald Hau­ser greift nun als Grund­la­ge für sei­ne Anfra­gen zwei Uncut-Mel­dun­gen aus dem Dezem­ber 2021 auf, wonach ein nie­der­län­di­scher Poli­ti­ker der Par­tei „Forum voor Demo­cra­tie“ (FvD) erfah­ren haben will, dass der Staat rechts­ver­bind­li­che Abkom­men mit dem WEF abge­schlos­sen habe. Das FvD ist vor allem über rechts­extre­me Mit­glie­der auf­ge­fal­len, die mit anti­se­mi­ti­schen Äuße­run­gen und sogar mit einer Ver­herr­li­chung der neo­na­zis­ti­schen Mas­sen­mör­der von Oslo/Utøya und Christ­church für Rie­sen­skan­da­le mit nach­fol­gen­den Aus­schluss- und Rück­tritts­or­gi­en gesorgt haben.

Bereits 2016 hat sich Heinz-Chris­ti­an Stra­che in den Medi­en wie­der­ge­fun­den, weil er auf Face­book ein Video von „Uncut“ geteilt hatte.

Auf der Sei­te fin­den sich (…) auch ein­deu­tig anti­se­mi­ti­sche Bei­trä­ge, die unter den Tat­be­stand der natio­nal­so­zia­lis­ti­schen Wie­der­be­tä­ti­gung fal­len könn­ten. Auf die­se Arti­kel hat „Kobuk”-Redakteur und Blog­ger Hans Kirchmey­er auf Twit­ter hingewiesen.
Eine Über­schrift bei „Uncut-News” lau­tet etwa: „Der Holo­caust ist die größ­te und nach­hal­tigs­te Lüge der Geschich­te”. Die mehr­fach gericht­lich ver­ur­teil­te Holo­caust-Leug­ne­rin Ursu­la Haver­beck wird als „Auf­klä­re­rin” bezeich­net, wäh­rend jene Rich­te­rin, die sie kürz­lich zu acht Mona­ten Haft ver­ur­teilt hat, als „blut­rüns­ti­ge Dämo­nin in Men­schen­ge­stalt” titu­liert wird. In einer wei­te­ren Über­schrift wird das Kon­zen­tra­ti­ons- und Ver­nich­tungs­la­ger Ausch­witz als „Lügen­schutz­ge­biet” bezeich­net. (derstandard.at, 14.11.16)

Die FPÖ hat­te damals auf einen Mit­ar­bei­ter von Stra­ches Face­book-Team ver­wie­sen, „dem die näm­li­che Home­page unbe­kannt war“ (derstandard.at) und ließ das Pos­ting löschen. Fünf­ein­halb Jah­re spä­ter beruft sich der FPÖ-Abge­ord­ne­te Hau­ser wie­der auf das Por­tal. Die alten Arti­kel sind inzwi­schen gelöscht, für ein­schlä­gi­gen Nach­schub wird aber auch jetzt noch gesorgt. Bei­spie­le gefällig?

Am 15. Jän­ner 21 ver­öf­fent­licht „Uncut“ einen Arti­kel mit dem Titel „Tref­fen Sie Joe Bidens gan­ze gro­ße jüdi­sche Misch­po­che“. Im Arti­kel selbst wird die Fami­lie zwar als „wun­der­schön“ bezeich­net, der Titel jedoch reicht, um beim Uncut“-Publikum eine reflex­ar­ti­ge Asso­zia­ti­on aus­zu­lö­sen: Biden = jüdisch.

Kei­ne Spur von „wun­der­schön“ ist am 12. April 2022 zum ukrai­ni­schen Prä­si­den­ten Volo­dym­yr Zel­en­skyy zu fin­den. Der Arti­kel „War­um Zel­en­sky ein Neo­na­zi und ein jüdi­scher BETRÜGER ist“ reiht sich naht­los in die von rechts­extre­men Putin-Freun­den lan­cier­ten anti­se­mi­ti­schen Dif­fa­mie­rungs­kam­pa­gnen über Zel­en­skyy ein.

Im März 21 teilt „Uncut“ das inzwi­schen von der Ori­gi­nal­quel­le gelösch­te Video „Der Holo­caust am deut­schen Volk! Ver­bo­te­ne Wahr­heit über den 2. Welt­krieg!“ Mehr als den Titel muss nie­mand ken­nen, um zu wis­sen, wohin die Rei­se inhalt­lich führt.

Im Okto­ber 2021 geht‘s dann unmiss­ver­ständ­lich zur Sache. „Uncut“ publi­ziert einen Arti­kel mit dem Titel „Die Ver­ge­wal­ti­gung Deutsch­lands wäh­rend und nach den Nürn­ber­ger Pro­zes­sen“. Der Über­set­zer Andre­as Unge­rer des 2016 auf Eng­lisch erschie­ne­nen Pam­phlets stellt vor­an, er leug­ne nicht den Holo­caust und habe sich nicht „wie von den anony­men Betrei­bern des kri­mi­nel­len Online-Pran­gers Psi­ram behaup­tet, auf die Über­set­zung anti­se­mi­ti­scher Tex­te spe­zia­li­siert“, aber er ver­su­che „Ansich­ten zu ver­mit­teln, die im deutsch­spra­chi­gen Raum kaum aus­ge­spro­chen wer­den dür­fen“. Was Unge­rer so umschreibt, ist ein Inter­view mit dem angeb­li­chen US-His­to­ri­ker Tho­mas Dal­ton, der sich in sei­nen Publi­ka­tio­nen als Hit­ler-Ver­tei­di­ger und Holo­caust­leug­ner gibt und hier zwei­fels­oh­ne unter das Ver­bots­ge­setz fal­len würde..

Eben­falls im Okto­ber 21 ist zu lesen: „WEF ist Front für Roth­schilds Welt­ty­ran­nei“ und „‚Anti­se­mi­tis­mus‘ basiert auf der ‚absur­den‘ Vor­stel­lung, dass die ‚Juden‘ die Welt kon­trol­lie­ren wol­len. Raten Sie mal! Die ‚Anti­se­mi­ten‘ hat­ten Recht.“

Löschen lässt sich Hau­sers Anfra­ge im Gegen­satz zu Face­book-Pos­tings nicht mehr, aber mög­li­cher­wei­se ist ihm auch egal, wel­che Quel­le er da verbreitet.