Eine ereignisreiche Woche liegt hinter uns. Die Straches müssen ihr Familieneinkommen neu zählen, die FPÖ überlegt, ob die Straches noch zur Parteifamilie zu zählen sind, während sich andere Mitglieder der freiheitlichen Familie vor laufender Kamera wegen ihrer Spesenrechnungen heftig befehden. Was sonst noch passiert ist – und das ist sehr viel! –, erzählen wir in dieser Wochenschau.
Steyr I/OÖ: Mit Hitlerbart und Hakenkreuz
Steyr II – Linz/OÖ: Hackn, Hund und Haus
Feldkirchen – Graz/Stmk: Vor Entscheidung über „Tigurina“
Stockerau/NÖ: FPÖ-Gemeinderat Fan von Ustascha und Blood & Honour
St. Pölten – Traisen/NÖ: Ein schwerer Nazi
Ebensee/OÖ: Hakenkreuzschmiererei
Linz: Asylpolizist für Pistole gegen Flüchtende
Klagenfurt: Gauleiter-Grabstätte mit Hitler-Zitat
Berlin: Nagel bei den Nazis
OÖ: Rechter Humor
Zitat der Woche
Steyr I/OÖ: Mit Hitlerbart und Hakenkreuz
Der 15-Jährige, der sich Anfang der Woche am Landesgericht Steyr vor Geschworenen wegen Wiederbetätigung und gefährlicher Drohung verantworten musste, ist wohl so etwas wie ein „Systemsprenger“. Wegen Widerstandes gegen die Staatsgewalt ist der Sonderschüler bereits vorbestraft – jetzt setzte es 15 Monate bedingt, weil er unter anderem ein Hakenkreuz an die Tafel gemalt und die Direktorin angebrüllt und mit dem Sprich „Ich schlag dir die Fresse ein, ich töte dich!“ (nachrichten.at, 2.10.19) bedroht hatte. Sein Hitlerbärtchen und die „Wehrmachtsmusik“, die er in seiner Unterkunft hörte, wurden als weitere Indizien für seine Gesinnung gewertet. Dem Jugendlichen wurde neben der bedingten Haftstrafe auch noch ein pädagogisch begleiteter Besuch der KZ-Gedenkstätte Mauthausen aufgetragen.
Steyr II – Linz/OÖ: Hackn, Hund und Haus
Fast alles, was unter Steyr I beschrieben ist, hat sich anscheinend sehr ähnlich schon am 20. August vor dem Landesgericht Linz abgespielt. Unterschiedlich waren nur das Alter, die Strafe und der Ort des Gerichts, Linz. Auch dieser Jugendliche war bereits vorbestraft (zwei Vorstrafen), hatte in seiner Schule in Steyr im Frühjahr 2018 Hakenkreuze auf Tafel und Tische gemalt und die LehrerInnen, die ihn zur Rede gestellt hatten, übelst beschimpft: „dass es sie unter Hitler nicht gegeben hätte, es dieser es schon richtig gemacht habe, Ausländer abgeschoben gehören und die arische Rasse rein sei, so die Staatsanwaltschaft“ (ooe.orf.at, 20.9.19).
Der junge Angeklagte gab sich einsichtig und formulierte seine Lebensperspektive mit: „Eine Hack’n, einen Hund, ein Haus.“(ORF OÖ) Die Geschworenen erkannten auch bei ihm auf schuldig, und so wurde er zu sechs Monaten bedingter Haft und – Überraschung! – zu einem pädagogisch begleiteten Besuch der KZ-Gedenkstätte Mauthausen verurteilt.
Anmerkung: Ein Besuch der KZ-Gedenkstätte ist sicher kein Fehler, aber ganz sicher auch kein Allheilmittel. Wie wär’s mit proaktiver Sozialarbeit an den Schulen?
Feldkirchen – Graz/Stmk: Vor Entscheidung über „Tigurina“
In Sachen pennale Burschenschaft „Tigurina“ Feldkirchen (Kärnten) steht anscheinend eine wichtige Entscheidung bevor: „Eng werden könnte es für eine Burschenschaft aus Feldkirchen“, schreibt die „Krone“ (Kärnten, 4.10.19 ) unter Berufung auf den Sprecher der Staatsanwaltschaft Graz, der bekanntgab, dass die Staatsanwaltschaft Graz die Ermittlungen abgeschlossen und ihren Vorhabensbericht an die Oberstaatsanwaltschaft weitergeleitet habe. Das Verfahren war von Klagenfurt nach Graz verlegt worden, weil einer der Burschenschafter ein Kärntner Kriminalpolizist ist und die Staatsanwaltschaft Klagenfurt sich deshalb für befangen erklärt hatte.
Stockerau/NÖ: FPÖ-Gemeinderat Fan von Ustascha und Blood & Honour
Mit ausführlichen Berichten würdigten FPÖ-Fails, kosmo.at und die FB-Gruppe Serben gegen Rechts den Umstand, dass sich der FPÖ-Gemeinderat Alen Ćorković aus Stockerau auf seinem Facebook-Profil als ein glühender Ustascha-Fan präsentiert hat. Die „Junge Generation“ Stockerau forderte deshalb seinen Rücktritt, aber Ćorković denkt nicht daran und verlegt seine rechtsextremen Sympathien weit zurück in seine Vergangenheit: „Ich habe in meiner Jugend mit heimatbewussten Bewegungen Kroatiens sympathisiert, darüber hinaus nichts Illegales gemacht und gepostet.“ (noen.at, 27.9.19) Die eindeutigen Bilder hat Ćorković zunächst gelöscht, „um Missverständnisse zu vermeiden“. Mittlerweile betrachtet er offensichtlich seinen gesamten Facebook-Auftritt als Missverständnis, denn Ćorković hat sein Konto gelöscht. Das ist auch dringend notwendig, denn bei seinem Facebook-Account stellen sich nicht nur Fragen zu seiner Ustascha-Sympathie, sondern auch zu seinen Likes für die Reichsbürgerbewegung und – noch viel ärger – für Blood & Honour!
Die FPÖ Stockerau gibt ihrem Gemeinderat jedenfalls Rückendeckung: „Die Postings sind mehrere Jahre alt und wurden noch vor der Gesetzesänderung gepostet. (…) Diese Hetzjagd gegen die FPÖ geht zu weit!“
Bei der FPÖ Stockerau findet man also offensichtlich gar nichts Bedenkliches dabei, wenn einem ihrer Mandatare Blood & Honour gefällt?
St. Pölten – Traisen/NÖ: Ein schwerer Nazi
So muss man wohl einen bezeichnen, der gerade am Landesgericht St. Pölten wegen Wiederbetätigung zu drei Jahren Haft, davon eines unbedingt, verurteilt wurde, aber schon vorher einiges am Kasten hatte. Daniel R. wurde bereits im September 2009 zu vier Jahren Haft verurteilt, weil er einen Freund mit einem rostigen Bajonett zwei Bauchstiche versetzt hatte, die dem beinahe das Leben gekostet hätten.
„Schon 1997 wurde über den Mann, der der Skinhead-Szene angehörte, ein Waffenverbot verhängt. Mehrmals verstieß er dagegen und wurde neben Körperverletzung, gefährlichen Drohungen, sowie wegen nicht bezahlter Alimente für seine vier Kinder, auch mehrmals nach dem Waffengesetz verurteilt“, heißt es weiter im Prozessbericht von meinbezirk.at.
Diesmal hat es ihn erwischt nachdem ein Zeuge ein Foto bemerkte, auf dem der Angeklagte mit seinen beiden Neugeborenen, deren Mutter und einer Handgranate (!) daneben zu sehen war. Das war noch lange nicht alles:
„Im Zuge der Ermittlungen entdeckten Beamte ein umfangreiches Waffenlager mit Kriegsmaterial, Sprengsätzen und Minen. Überrascht zeigte man sich auch, als die Lebenspartnerin eine Tellermine zutage brachte, die der Beschuldigte unter dem Gitterbett seiner Kinder deponiert hatte.“
Natürlich wurde auch jede Menge Nazi-Schrott in dem Raum, den R. „Mein Lager“ nannte, gefunden. Der Angeklagte (39), der seit 2015 mehr als 60 braune Posts über WhatsApp verschickt hatte, gab an, nur mehr „geschichtlich“ interessiert zu sein. Da sprachen aber wirklich alle Fakten dagegen. So gesehen, ist das Urteil auch vergleichsweise mild.
Ebensee/OÖ: Hakenkreuzschmiererei
Bisher unbekannte Täter haben in Ebensee in der Nähe des ehemaligen KZ auf Beton, Straße und Verkehrsspiegel mehrere Hakenkreuze gesprayt, außerdem mit blauem Spray Sprüche gegen die Polizei. Das berichten die „Krone“ (OÖ) am 1.10.19 sowie die Landespolizeidirektion OÖ in einer Aussendung vom 29.9.2019. Unklar bleibt aber, ob wegen NS-Wiederbetätigung oder „nur“ wegen Sachbeschädigung ermittelt wird.
Linz: Asylpolizist für Pistole gegen Flüchtende
Es ist eine schier unglaubliche Geschichte, die FPÖ-Fails aufgedeckt hat und im „Kurier“ dann berichtet wurde. Am Wahltag! Darum ist es in diesem Fall auch nicht verwunderlich, dass nicht mehr darüber berichtet wurde, und vor allem, dass die ersten Konsequenzen ziemlich lau wirken.
In der Facebook-Gruppe „FPÖ zusammen sind wir stark“ postet einer im Juli 2019: „Gegen die aus fremden Länder mit Schiffen zu uns gereisten Malaria Gelsen[gemeint sind damit Flüchtlinge, Anm. SdR] gibt es ein wirksames Mittel! Glock 20!“
Der Sierninger FPÖ-Funktionär und Abteilungsdirektor im Bundesamt für Asylwesen, Außenstelle Oberösterreich, postet dazu: „Glock 30…“ und hängt ein lachendes Smiley dazu, wie der „Kurier“ ausführt. Der Fremdenpolizist war schon früher – und zwar ziemlich einschlägig – auf Facebook aktiv, wie aus diesem Post von FPÖ-Fails auf FB hervorgeht:
„Unlängst fiel er uns durch ein Like bei einem widerlichen Hassposting gegen die Klimaaktivistin Greta Thunberg auf, doch dies war noch längst nicht alles:
Schon 2014 berichtete ‚Heimat ohne Hass’ (HoH), von seinem Like für eine von FPÖlern betriebenen Anti-Flüchtlingsseite namens ‚Österreich hat schon genug Ausländer! STOPPT DIE REGELRECHTE ÜBERFLUTUNG!!’
2013 teilte er von einem mittlerweile gelöschten Neonazi-Blog einen Artikel des französischen Geschichtsrevisionisten und Holocaustleugners Paul Rassinier, der die Zahl von 6 Millionen vom NS-Regime ermordeten Juden in Zweifel zog.“
Mittlerweile ist der Sierninger FPÖ-Funktionär aus der Partei ausgetreten und hat seine Funktionen in der Gemeinde zurückgelegt. Im Innenministerium geht man die Sache gemächlicher an: Der Sachverhalt wird dienst- und disziplinarrechtlich geprüft, heißt es dazu im „Kurier“ (4.10.19). Immerhin wurde er, so das Innnministerium, von Asylverfahren abgezogen.
Klagenfurt: Gauleiter-Grabstätte mit Hitler-Zitat
In seiner Ausgabe vom 6.10.19 berichtet „profil“ über eine Grabstätte, die es so eigentlich nicht geben dürfte. Für den Kärntner Gauleiter Friedrich Rainer, ein Burschenschafter und glühender Nazi der ersten Stunden, wurde 1991 (!) eine Grabstätte am Friedhof Annabichl bei Klagenfurt errichtet, die mit der Lebensrune und einem Hitler-Spruch aus 1933 „verziert“ ist. Die Tochter Rainers, die das Grab pflegt, wurde von „profil“ befragt und ist gegen jede Änderung mit folgendem „Argument“: „Soll da vielleicht ein großer Zion-Stern drauf, dass man beruhigt ist?“
Die Klagenfurter Stadtverwaltung ist überrascht von den profil-Recherchen, will aber jetzt genau abklären, „ob und in welcher Form eine Reaktion möglich ist“ (profil Nr. 41 vom 6.10.19).
Der ehemalige Pegida-Sprecher Georg Nagel, der so ziemlich bei all seinen Versuchen, sich in der rechtsextremen Szene Österreichs zu etablieren, bisher erfolgreich gescheitert ist, ist folgerichtig nach Deutschland ausgewichen. In Berlin am 3. Oktober durfte er bei einer rechtsextremen Demo, die ein breites braunes Farbspektrum von Neonazis, Reichsbürgern bis André Poggenburg präsentierte, sogar als Redner auftreten mit dem schönen Satz: „Wir kämpfen für weitere tausend Jahre. Wir geben nicht auf.“ Ist das eigentlich nicht Wiederbetätigung?

Berliner Nazidemo mit Nagel (Screenshot Video JFDA)
Bei der Demo wurden auch Parolen wie „Ein Baum, ein Strick, ein Pressegenick“,„Wenn wir wollen, schlagen wir Euch tot“und „Nie wieder Israel“ gebrüllt, wie aus der hervorragenden, aber gruseligen Video-Doku des „Jüdischen Forum für Demokratie und gegen Antisemitismus“ hervorgeht.
Der „Wochenblick“ hat noch am Wahlabend eine erlesene, erlauchte und ermüdende Runde zusammengetrommelt, um das Wahldebakel der FPÖ zu analysieren und ist zu dem eindeutigen Ergebnis gekommen: „Der Medien-Mainstream ist auch an FPÖ-Debakel schuld.“
Die Runde bestand übrigens aus Christian Seibert, dem Chefredakteur des „Wochenblick“, Ulrich „Ulli“ Novak, dem „Schriftleiter“ von „Freilich“ („Aula“- Nachfolgemagazin), dem RFJ-Aktivisten und Begleiter von Ursula Stenzel auf der Identitären-Demo, Roman Möseneder und dem identitären „Wochenblick“-Redakteur Julian Utz, der bedeutungsvoll den „Deep State“ verdächtigte, die FPÖ-Affären zu inszenieren. Ganz große Klasse: Der „Ulli“, der von „vorwiegend linksgestrickten, teilweise sich auch in dubiosen Eigentumsverhältnissen befindlichen Generationen, äh…Redaktionen“ schwurbelte. Wen meint er damit? Die „Krone“? „heute“? „Österreich“? Oder gar den „Wochenblick“, über dessen Finanzquellen tatsächlich ziemlich wenig bekannt ist?
„Zeitonline“ befragte die Politikwissenschafterin Julia Partheymüller zur FPÖ und auch über mögliche Unterschiede zur AfD. Ihre Antwort:
„Ein markanter Unterschied ist, dass die AfD in Deutschland von vielen, die sie nicht wählen, als rechtsradikale Partei angesehen wird. Und rein wissenschaftlich wird sie auch so eingeordnet. Auch die FPÖ würde in dieselbe Kategorie gehören. Nur hat man sich in Österreich mehr damit abgefunden, und die Partei wird als weniger radikal angesehen. Die Frage, wie rechts die FPÖ ist, stellt sich in Österreich eigentlich kaum noch jemand. Es gibt zwischen den beiden Parteien also eine andere Gesamtwahrnehmung in der Bevölkerung.“