Ewald Stadler warf in der Diskussionssendung von Puls 4 seinem früheren Parteifreund Andreas Mölzer vor, zu den „Oberspesenrittern der Partei“ zu gehören und deshalb „nie den Mund aufgemacht zu haben“. Mölzer versuchte es zunächst noch mit beschwichtigenden Worten: „Tu Dich ein bisschen zurückhalten!“ Aber Stadler wetterte weiter und hielt Mölzer dessen angebliche frühere Verfehlungen bei der Gebarung für die Freiheitliche Akademie vor, worauf Mölzer mit „Ewald, Du bist ein Trottel!“ antwortete und die Diskussionsrunde und das Studio verließ. Das letzte Wort wollte sich Stadler nicht nehmen lassen und rief seinem früher sehr engen blauen Parteifreund noch nach „Komm gut heim!“
Was hat es nun mit den Vorwürfen von Stadler auf sich?
„Kasnudelhölderlin“ Mölzer
Die aus Bundesförderungen finanzierte Bildungseinrichtung der FPÖ wurde 1972 als Freiheitliches Bildungswerk (FBW) gegründet. In seiner Parlamentsbiographie gibt Mölzer an, dass er zwischen 1991 und 1995 Vorsitzender der Freiheitlichen Parteiakademie gewesen ist. Das ist etwas ungenau. Tatsächlich war Mölzer Vorsitzender des Kuratoriums und Leiter des FBW. In der Funktion als Leiter wurde Mölzer im Herbst 1993 – nach heftigen Auseinandersetzungen in der FPÖ um seine „Umvolkungs“-Thesen – von Karl Heinz Grasser (KHG) abgelöst, den Vorsitzenden des Kuratoriums durfte er noch bis zur Neubenennung des FBW in „Freiheitliche Akademie“ 1995 geben.
Zwischen Juni 1991 und Dezember 1993 saß Mölzer außerdem für die FPÖ im Bundesrat, war auch „Grundsatzreferent“ der FPÖ und seit 1990 bei der Edition K 3 Gesellschaft für sozialpolitische Studien als Geschäftsführer, Bereichsleiter und Gesellschafter tätig. Welche Einkommen Mölzer aus diesen unterschiedlichen Tätigkeiten erzielte, lässt sich aus uns zugänglichen Quellen nicht rekonstruieren. In einem „profil“-Porträt über Mölzer aus dem Jahr 1998 hieß es zu seiner Tätigkeit bei der Edition K 3:
„Neben seiner publizistischen Arbeit betreibt Mölzer ein Institut für sozialpolitische Studien und liefert der FPÖ Positionspapiere und Analysen — zuletzt zur Bundespräsidentenwahl [gemeint ist die BP-Wahl im April 1998, Anm. SdR]. Das soll ihm zwischen 30.000 und 50.000 Schilling monatlich einbringen.“
Als Bundesrat erhielt Mölzer einen Bezug von mehr als 30.000 ATS brutto, während er als Vorsitzender des Kuratoriums und Leiter des FBW anscheinend nur Spesen verrechnet hatte. Deren Höhe ist dem Rechnungshof in seinem Nachtragsbericht 1995 jedenfalls unangenehm aufgestoßen. Die Anmerkung des Rechnungshofes:
„Der frühere Obmann des Kuratoriums und zeitweilige faktische Geschäftsführer des Freiheitlichen Bildungswerkes erhielt für seine Tätigkeit kein Gehalt oder Honorar, konnte jedoch aufgrund einer mündlichen Vereinbarung seine diesbezüglichen Spesen verrechnen. Das Freiheitliche Bildungswerk vergütete häufig Restaurantspesen für Eigenkonsumation sowie für Arbeitsessen, obwohl konkrete Angaben über den Zweck und die Teilnehmer der Restaurantbesuche vielfach fehlten.“
Das wäre, verglichen mit Spesenabrechnungen anderer freiheitlicher Spesenritter und vorausgesetzt, es gab sonst keine verborgenen Spesen, möglicherweise bescheiden. Ob Stadler aber mit seinen Bemerkungen auf Aufträge des FBW an die Edition K 3 (Mölzer) anspielte?
Nachdem Andreas Mölzer wegen seiner allzu forschen rechtsextremen Ausritte bei Jörg Haider kurzfristig in Ungnade gefallen und beim FBW zunächst durch KHG und ab 1995 durch Herbert Scheibner abgelöst worden war, haben sich schon kurz darauf die Beziehungen wieder deutlich verbessert. Für Mölzer, der ab Herbst 1995 zunächst die Österreich-Ausgabe der „Jungen Freiheit“ chefredigierte, um dann ab 1997 als Chefredakteur und Herausgeber von „Zur Zeit“ in Erscheinung zu treten, lief bald alles wieder sehr rund:
Zwischen 1996 und 2001 erhielt er als „Konsulent der Bundes-FPÖ“ 30.000 ATS plus Mehrwertsteuer und ab Mai 1999 bis Ende 2001 weitere 30.000 ATS plus Mehrwertsteuer als „Kulturbeauftragter des Landes Kärnten“ (News Nr. 20/2005).
Dann war wieder mal wegen Differenzen mit Haider kurzfristig Pause mit den großen Geldflüssen aus der FPÖ (wenn man von der Publizistikförderung und den Inseraten für „Zur Zeit“ einmal absieht). Aber durch den Vorzugsstimmenwahlkampf des deutschnationalen und rechtsextremen Flügels der FPÖ 2004 (damals war auch Stadler ein Unterstützer) konnte Mölzer ein Mandat im Europäischen Parlament erzielen, das er zehn Jahre lang ausübte.
Als „profil“ (Nr. 20/2004) Mölzer auf „einen recht lockeren Umgang mit Spesen“ als Chef des FBW ansprach, antwortete der ganz forsch: „Das ist Quatsch. Es hat entsprechende Rechnungshofprüfungen gegeben, da war alles in Ordnung.“
Das – siehe oben! – stimmt so ganz sicher nicht.
Den schönen Titel „Kasnudelhölderlin“ hat Andreas Mölzer übrigens für seine literarischen Ergüsse, die er gerade in der Zeit seiner FBW-Tätigkeit verbreitete, vom Germanisten Wendelin Schmidt-Dengler verliehen bekommen.
Blaue Spesenritter (Teil 2): Ewald Stadler
Blaue Spesenritter (Teil 3): Die „Königskobra“ und der Sauhaufen
Blaue Spesenritter (Teil 4): Der Spesenkaiser Jörg Haider
Blaue Spesenritter (Teil 5): Der Ofenrohrbeobachter
Blaue Spesenritter (Teil 6): Die Einzelfälle haben System