Blaue Spesenritter (Teil 4): Der Spesenkaiser Jörg Haider

Auch wenn oder ger­ade weil Belege aus der Buch­hal­tung der FPÖ ver­schwun­den sind: Sich­er ist, dass Jörg Haider, Bun­desparteiob­mann der FPÖ bis 2000 und mit ein­er sat­ten Spe­sen­pauschale von rund 360.000 Euro (damals 5 Mil­lio­nen ATS) von den Partei­gremien aus­ges­tat­tet, der ungekrönte Spe­senkaiser der FPÖ ist. Da kommt ver­mut­lich auch Stra­che samt den Zahlun­gen der Partei für Philip­pa und das traute Heim nicht drüber. Dabei war doch ger­ade Haider ein Vorkämpfer für klare Einkom­mens- und Spe­sen­be­gren­zung, oder?

1995 hat FPÖ-Parteiob­mann Jörg Haider den Man­datarIn­nen der FPÖ eine strenge Einkom­mens­diät verord­net. In „frei­williger“ Selb­st­beschränkung soll­ten sie sich ein max­i­males Einkom­men in der Höhe von 60.000 Schilling net­to (rund 4.360 Euro net­to) monatlich verord­nen und den Rest an einen FPÖ-Sozial­fonds abliefern. Man­datare und Man­datarin­nen, die sich nicht daran hal­ten, soll­ten nicht mehr kan­di­dieren dür­fen, so die Dro­hung des Parte­ichefs. Die der­maßen Geknechteten wussten sich zu behelfen. Zwölf­mal oder vierzehn­mal, unter Abzug von Ali­menten für Ex-Frau und Kinder und natür­lich ohne Spesen?

FPÖ-Wahlplakat 1994: "Er hat Euch nicht belogen!"

FPÖ-Wahlplakat 1994: „Er hat Euch nicht belogen!”

Der Sozial­fonds der FPÖ, gerne mit wun­der­samen Einzelfällen samt Geldüber­gabe präsen­tiert, ver­schwand bald ein­mal in der Versenkung bzw. wurde so region­al­isiert, dass nie­mand mehr wirk­lich wusste, was mit den Geldern passierte. Als „For­mat“ (Nr. 33 vom 16.8.99) nach­fragte, stellte sich her­aus, dass fast nie­mand mehr in den FPÖ-Sozial­fonds ein­zahlte. Spe­sen­rit­ter Ewald Stadler, der damals ger­ade vom Nation­al­ratsklub und seinem Spe­sen­topf dort in die deut­lich bess­er bezahlte Posi­tion eines Lan­desrates in NÖ gewech­selt war (180.000 ATS oder ca. 13.000 € brut­to), behauptete ein­fach, „monatlich nur 63.000 Schilling auf seinem Lohnzettel vorzufind­en. Wohin der Rest ver­schwindet, kann er nicht erk­lären.“ (For­mat)

Jen­seits von all dem galt natür­lich das Mot­to „Quod licet Jovi, non licet bovi“. Über­set­zt für die FPÖ: Für Haider gel­ten sowieso ganz andere Maßstäbe. Dabei demon­stri­erten die Kärnt­ner FPÖ-Spitzen­funk­tionäre unter Haider öffentlich ihre Genügsamkeit und Partei­diszi­plin, indem sie brav pro Monat ange­blich bis zu 15.000 Schilling in den Sozial­fonds ein­zahlten. Lan­des­geschäfts­führer Kurt Scheuch: „Ein­mal im Monat entschei­det Haider per­sön­lich, an wen aus­gezahlt wird. Zulet­zt haben wir einem blind­en Kind geholfen.

Das blinde Kind kon­nte natür­lich eben­so wenig ahnen wie die poli­tisch blind­en FPÖ-Fans, dass Haider zu diesem Zeit­punkt schon längst eine wun­der­bare Spe­senorgel bedi­enen durfte. Haider ließ sich von sein­er Partei im Jahr 2000 – auch rück­wirk­end für 1999 – ein jährlich­es Spe­sen­pauschale von 5 Mil­lio­nen Schilling (rund 360.000 Euro) genehmigen.

„News“ schreibt dazu:

Haider hat diese Sum­men auch aus­gegeben. Unter anderem wurde das Geld für 120 Flüge Wien-Kla­gen­furt-Wien mit einem Bedarfs­flu­gun­ternehmen, der Gold­eck-Flug des Stra­bag-Chefs Peter Hasel­stein­er, oder für einen 578.000 Schilling teuren Flug nach Kuwait aus­gegeben. Haider hat aber in drei Jahren auch unbeschreib­bar teure Autos (1999: Jahreskosten 1,1 Mil­lio­nen Schilling), eines davon mit 560 PS, auf FPÖ-Kosten gefahren.“

Haiders Geburt­stags­fest im Feb­ru­ar 2000 auf der Ger­l­itzen schlug mit Kosten von rund 60.000 Euro zu Buche – im Ver­gle­ich zu den 109.000 Euro für das Geburt­stags­fest von Susanne Riess-Pass­er 2001 fast schon eine Mezie! Aber Susanne Riess-Pass­er war zwis­chen 2000 und 2002 immer­hin FPÖ-Parteivor­sitzende, während sich Jörg Haider als ein­fach­es Parteim­it­glied beze­ich­nete. Der „Kuri­er“ vom 8.7. 2005 berichtet zwar von einem zweit­en Haider-Fest mit Kosten von rund 105.000 Euro, aber das fällt im Ver­gle­ich zu den Recht­skosten in der Höhe von 1,37 Mil­lio­nen Euro oder zu den Fahrt- und Näch­ti­gungskosten (fast 800.000 Euro) dann auch nicht mehr wirk­lich ins Gewicht. „Auch eine Nahost-Reise sei von der FPÖ bezahlt wor­den.“ (Kuri­er)

2014 lis­tet „pro­fil“ (Nr. 14 vom 31.3.14) dann nochmals auf:

Haiders aus­ge­fal­l­ene Hosen, Jack­en und Anzüge wur­den noch extra bezahlt — klei­der­stän­der­weise seien sie ihm geliefert wor­den, erzählen Augen­zeu­gen. Die teuren Dien­stau­tos (Audi A8, BMW X5 und zulet­zt der leg­endäre VW Phaeton) über­stiegen das Lim­it der Lan­desregierung, also musste die Partei noch etwas dazulegen.“

Der Zeitschrift ist aber noch ein ander­er (Spesen?-)Topf aufgefallen:

Wie pro­fil 2010 aufdeck­te, hat­te Iraks Dik­ta­tor Sad­dam Hus­sein Haider bei dessen erstem Besuch im Irak 500.000 US-Dol­lar zusteck­en lassen. Seine zweite Vis­ite im Feb­ru­ar 2002 wurde schon mit zwei Mil­lio­nen Dol­lar ver­golten. Ein Zeuge mit Zugang zu Sad­dam erzählte pro­fil, der irakische Herrsch­er habe auch Haiders denkwürdi­gen Auftritt im Sender Al Jazeera großzügig abgegolten.“

In der Buch­hal­tung der FPÖ sind diese Gelder jeden­falls nicht aufge­taucht. Die bekan­nt­ge­wor­de­nen Spe­sen Haiders beziehen sich max­i­mal auf den Zeitraum von 1998–2002, alle anderen Jahre, in denen Haider über Spe­sen­töpfe der FPÖ und – nicht zu vergessen! – des Lan­des Kärn­ten (als Lan­deshaupt­mann) bzw. des FPÖ-Par­la­mentsklubs (als Klubob­mann) ver­fü­gen kon­nte, liegen völ­lig im Dunkeln. Haider war mit Sicher­heit der ungekrönte Spe­senkaiser der FPÖ.

Als Stra­che 2005 den Kas­sas­turz und eine rück­wirk­ende Über­prü­fung ver­an­lasste, stell­ten die Wirtschaft­sprüfer für den Zeitraum 2000–2002 das „drama­tis­che Auseinan­derk­laf­fen des Schulden- und Einkom­mens­standes zu Ende 2002“ (News, Nr. 28 vom 14.7.05) fest.

Auf 3,2 Mil­lio­nen Euro beliefen sich 2005 allein die Bankschulden (Kuri­er, 8.7.05) der FPÖ. Der neue Parteivor­sitzende Stra­che hat­te eine dicke und bit­tere Suppe an Aus­gaben für Spe­sen und üppi­gen Dien­stleis­tungsverträge auszulöf­feln. Vielle­icht kam er durch sie aber erst so richtig auf den Geschmack …

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