1995 hat FPÖ-Parteiobmann Jörg Haider den MandatarInnen der FPÖ eine strenge Einkommensdiät verordnet. In „freiwilliger“ Selbstbeschränkung sollten sie sich ein maximales Einkommen in der Höhe von 60.000 Schilling netto (rund 4.360 Euro netto) monatlich verordnen und den Rest an einen FPÖ-Sozialfonds abliefern. Mandatare und Mandatarinnen, die sich nicht daran halten, sollten nicht mehr kandidieren dürfen, so die Drohung des Parteichefs. Die dermaßen Geknechteten wussten sich zu behelfen. Zwölfmal oder vierzehnmal, unter Abzug von Alimenten für Ex-Frau und Kinder und natürlich ohne Spesen?
Der Sozialfonds der FPÖ, gerne mit wundersamen Einzelfällen samt Geldübergabe präsentiert, verschwand bald einmal in der Versenkung bzw. wurde so regionalisiert, dass niemand mehr wirklich wusste, was mit den Geldern passierte. Als „Format“ (Nr. 33 vom 16.8.99) nachfragte, stellte sich heraus, dass fast niemand mehr in den FPÖ-Sozialfonds einzahlte. Spesenritter Ewald Stadler, der damals gerade vom Nationalratsklub und seinem Spesentopf dort in die deutlich besser bezahlte Position eines Landesrates in NÖ gewechselt war (180.000 ATS oder ca. 13.000 € brutto), behauptete einfach, „monatlich nur 63.000 Schilling auf seinem Lohnzettel vorzufinden. Wohin der Rest verschwindet, kann er nicht erklären.“ (Format)
Jenseits von all dem galt natürlich das Motto „Quod licet Jovi, non licet bovi“. Übersetzt für die FPÖ: Für Haider gelten sowieso ganz andere Maßstäbe. Dabei demonstrierten die Kärntner FPÖ-Spitzenfunktionäre unter Haider öffentlich ihre Genügsamkeit und Parteidisziplin, indem sie brav pro Monat angeblich bis zu 15.000 Schilling in den Sozialfonds einzahlten. Landesgeschäftsführer Kurt Scheuch: „Einmal im Monat entscheidet Haider persönlich, an wen ausgezahlt wird. Zuletzt haben wir einem blinden Kind geholfen.“
Das blinde Kind konnte natürlich ebenso wenig ahnen wie die politisch blinden FPÖ-Fans, dass Haider zu diesem Zeitpunkt schon längst eine wunderbare Spesenorgel bedienen durfte. Haider ließ sich von seiner Partei im Jahr 2000 – auch rückwirkend für 1999 – ein jährliches Spesenpauschale von 5 Millionen Schilling (rund 360.000 Euro) genehmigen.
„News“ schreibt dazu:
„Haider hat diese Summen auch ausgegeben. Unter anderem wurde das Geld für 120 Flüge Wien-Klagenfurt-Wien mit einem Bedarfsflugunternehmen, der Goldeck-Flug des Strabag-Chefs Peter Haselsteiner, oder für einen 578.000 Schilling teuren Flug nach Kuwait ausgegeben. Haider hat aber in drei Jahren auch unbeschreibbar teure Autos (1999: Jahreskosten 1,1 Millionen Schilling), eines davon mit 560 PS, auf FPÖ-Kosten gefahren.“
Haiders Geburtstagsfest im Februar 2000 auf der Gerlitzen schlug mit Kosten von rund 60.000 Euro zu Buche – im Vergleich zu den 109.000 Euro für das Geburtstagsfest von Susanne Riess-Passer 2001 fast schon eine Mezie! Aber Susanne Riess-Passer war zwischen 2000 und 2002 immerhin FPÖ-Parteivorsitzende, während sich Jörg Haider als einfaches Parteimitglied bezeichnete. Der „Kurier“ vom 8.7. 2005 berichtet zwar von einem zweiten Haider-Fest mit Kosten von rund 105.000 Euro, aber das fällt im Vergleich zu den Rechtskosten in der Höhe von 1,37 Millionen Euro oder zu den Fahrt- und Nächtigungskosten (fast 800.000 Euro) dann auch nicht mehr wirklich ins Gewicht. „Auch eine Nahost-Reise sei von der FPÖ bezahlt worden.“ (Kurier)
2014 listet „profil“ (Nr. 14 vom 31.3.14) dann nochmals auf:
„Haiders ausgefallene Hosen, Jacken und Anzüge wurden noch extra bezahlt — kleiderständerweise seien sie ihm geliefert worden, erzählen Augenzeugen. Die teuren Dienstautos (Audi A8, BMW X5 und zuletzt der legendäre VW Phaeton) überstiegen das Limit der Landesregierung, also musste die Partei noch etwas dazulegen.“
Der Zeitschrift ist aber noch ein anderer (Spesen?-)Topf aufgefallen:
„Wie profil 2010 aufdeckte, hatte Iraks Diktator Saddam Hussein Haider bei dessen erstem Besuch im Irak 500.000 US-Dollar zustecken lassen. Seine zweite Visite im Februar 2002 wurde schon mit zwei Millionen Dollar vergolten. Ein Zeuge mit Zugang zu Saddam erzählte profil, der irakische Herrscher habe auch Haiders denkwürdigen Auftritt im Sender Al Jazeera großzügig abgegolten.“
In der Buchhaltung der FPÖ sind diese Gelder jedenfalls nicht aufgetaucht. Die bekanntgewordenen Spesen Haiders beziehen sich maximal auf den Zeitraum von 1998–2002, alle anderen Jahre, in denen Haider über Spesentöpfe der FPÖ und – nicht zu vergessen! – des Landes Kärnten (als Landeshauptmann) bzw. des FPÖ-Parlamentsklubs (als Klubobmann) verfügen konnte, liegen völlig im Dunkeln. Haider war mit Sicherheit der ungekrönte Spesenkaiser der FPÖ.
Als Strache 2005 den Kassasturz und eine rückwirkende Überprüfung veranlasste, stellten die Wirtschaftsprüfer für den Zeitraum 2000–2002 das „dramatische Auseinanderklaffen des Schulden- und Einkommensstandes zu Ende 2002“ (News, Nr. 28 vom 14.7.05) fest.
Auf 3,2 Millionen Euro beliefen sich 2005 allein die Bankschulden (Kurier, 8.7.05) der FPÖ. Der neue Parteivorsitzende Strache hatte eine dicke und bittere Suppe an Ausgaben für Spesen und üppigen Dienstleistungsverträge auszulöffeln. Vielleicht kam er durch sie aber erst so richtig auf den Geschmack …
Blaue Spesenritter (Teil 1): Andreas Mölzer
Blaue Spesenritter (Teil 2): Ewald Stadler
Blaue Spesenritter (Teil 3): Die „Königskobra“ und der Sauhaufen
Blaue Spesenritter (Teil 5): Der Ofenrohrbeobachter
Blaue Spesenritter (Teil 6): Die Einzelfälle haben System