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Blaue Spesenritter (Teil 2): Ewald Stadler

Kürz­lich hat Ewald Stad­ler in einer hef­ti­gen Aus­ein­an­der­set­zung Andre­as Möl­zer als „Ober­spe­sen­rit­ter“ titu­liert und uns damit zu der Serie über die blau­en Spe­sen­rit­ter ange­regt. Den „Ober“ haben wir dem Andre­as Möl­zer weg­ge­nom­men, weil wir ihn noch für ande­re brau­chen. Zwei­fel über die­se Rück­stu­fung sind uns gekom­men, als wir den „Kurier“ vom 8.10.19 gele­sen haben. Zweifel […]

15. Okt 2019

Der „Kurier“ vom 8.10.19 spricht von einem „veri­ta­blen Spe­sen­skan­dal“, den Möl­zer als Chef des Frei­heit­li­chen Bil­dungs­wer­kes pro­du­ziert habe. Der Rech­nungs­hof habe sei­ne Spe­sen­rech­nung zer­legt. Gemeint sind damit des­sen über­aus dür­re und extrem zurück­hal­ten­de Sät­ze, die wir im Teil 1 wie­der­ge­ge­ben haben. Das Spe­sen­aus­maß wird nir­gend­wo genau­er beschrie­ben – es rei­chen aber ohne­hin die von uns ange­führ­ten und beleg­ba­ren Zah­len zu Möl­zers Einkünften.

Der Dober­mann

Das gilt auch für Ewald Stad­ler. Stad­ler, Geburts­jahr­gang 1961, war zunächst als Gemein­de­ver­tre­ter, zwi­schen 1989 und 1994 als Vor­arl­ber­ger Land­tags­ab­ge­ord­ne­ter, dann bis 1999 als Abge­ord­ne­ter und geschäfts­füh­ren­der Klub­ob­mann der FPÖ im Natio­nal­rat tätig, wo er sich auch den schmü­cken­den Titel „Dober­mann“ erwor­ben hat. Zunächst inter­es­sie­ren uns nur die­se Funk­tio­nen (die poli­ti­sche Bio von Stad­ler ist hier abruf­bar). Sei­nen Bei­na­men hat sich Stad­ler durch sei­ne bei­ßen­den Reden erwor­ben, gegen das poli­ti­sche Sys­tem, die lin­ken Eli­ten und deren Pri­vi­le­gi­en. Vor allem die tat­säch­lich üppi­gen Poli­ti­ker­pen­sio­nen waren ihm ein Dorn im Auge. Groß war daher die Über­ra­schung, als die FPÖ gegen die Neu­re­ge­lung der Poli­ti­ker­be­zü­ge und ‑pen­sio­nen stimm­te. Noch grö­ßer war sie dann, als bekannt wur­de, dass aus­ge­rech­net Ewald Stad­ler für einen Ver­bleib im alten Sys­tem optiert hat­te, also im Pen­si­ons­al­ter (ver­mut­lich 2026 für ihn) eine fei­ne zusätz­li­che Poli­ti­ker­pen­si­on erhal­ten wird.

Einem geschäfts­füh­ren­dem Klub­ob­mann steht nicht nur die Gage als Abge­ord­ne­ter (damals 100.000 ATS brut­to) zu, son­dern auch eine ordent­li­che Zula­ge (damals 70.000 ATS zusätz­lich brut­to). Die „Vor­arl­ber­ger Nach­rich­ten“ nah­men das auch für Ewald Stad­ler an und schrie­ben ihm ein Ein­kom­men von 170.000 ATS zu – zuzüg­lich Pen­si­ons­bei­trag für die Poli­ti­ker­pen­si­on, also ins­ge­samt 187.000 ATS. Stad­ler ließ das damals über ein „fre­ches Gegen­dar­stel­lungs­be­geh­ren“ (News) demen­tie­ren: Er erhal­te „nur“ 100.000 ATS brut­to und nach Abzug aller Steu­ern, Abga­ben und Bei­trä­ge gar nur rund 44.000 netto.

VN-Gegendarstellung von Stadler ist die halbe Wahrheit
VN-Gegen­dar­stel­lung von Stad­ler ist die hal­be Wahrheit

Jah­re spä­ter berich­te­te News (Nr. 42/2006) nach Ein­blick in die blau­en Buch­hal­tungs­un­ter­la­gen, was damals Sache war. Die fet­te Klub­ob­mann­ga­ge kas­sier­te zwar tat­säch­lich Jörg Hai­der, aber Ewald Stad­ler durf­te dem FPÖ-Klub monat­lich 40.000 ATS als „Gebühr“ für die Funk­ti­on des geschäfts­füh­ren­den Klub­ob­manns in Rech­nung stel­len. Damit nicht genug!

Wie „News“ in sei­nem Bei­trag damals zusam­men­rech­ne­te, hat Stad­ler „dem blau­en Par­la­ments­klub zu sei­ner Zeit als FP-Klub­ob­mann fast drei Mil­lio­nen Schil­ling an Spe­sen ver­rech­net.“ „News“ erläu­tert wei­ter: „Ein Zubrot zur üppi­gen Gage. Reprä­sen­ta­ti­ons­auf­wen­dun­gen, Rei­se­kos­ten, Semi­na­re, Geschäfts­es­sen, sogar die Mie­te für die Wie­ner Woh­nung wur­den vom blau­en Par­la­ments­klub refun­diert.“ Heinz-Chris­ti­an Stra­che war also nicht der ers­te blaue Spit­zen­funk­tio­när, der sich die Woh­nungs­kos­ten zusätz­lich zur üppi­gen Gage auch noch bezah­len ließ.

Strache via Twitter: "Unser guter alter Schilling. Waren das Zeiten, wo das Gld noch etwas wert war!"
Stra­che via Twit­ter: „Unser guter alter Schil­ling. Waren das Zei­ten, wo das Gld noch etwas wert war!”

Eine Poli­ti­ker­pen­si­on und drei Mil­lio­nen ATS (also fast 220.000 Euro) zusätz­lich zur Abge­ord­net­en­ga­ge für Spe­sen und Funk­ti­ons­ge­büh­ren in vier­ein­halb Jah­ren, das recht­fer­tigt schon den zusätz­li­chen Titel „blau­er Spesenritter“.

Stadlers Spesen in Schilling bis 1999: 3 Millionen Schilling
Stad­lers Spe­sen in Schil­ling bis 1999: 3 Mil­lio­nen Schilling

Wir sind aber noch nicht ganz fer­tig mit Stad­ler. 2002 berich­te­te die „Pres­se“ (7.9.2002), dass sich der mitt­ler­wei­le in die Volks­an­walt­schaft abge­scho­be­ne „Dober­mann“ nicht an die von der Par­tei bzw. Hai­der ver­füg­te Ein­kom­mens­be­schrän­kung von 4.800 Euro net­to für blaue Spit­zen­funk­tio­nä­re hal­te. Stad­lers gefin­kel­te Begrün­dung: Die Volks­an­walt­schaft war im FPÖ-Beschluss nicht aus­drück­lich erwähnt wor­den. Na eben!

2004 wird Stad­ler Obmann des Kura­to­ri­ums der Frei­heit­li­chen Aka­de­mie, also jener Bil­dungs­ein­rich­tung der FPÖ, wo zehn Jah­re zuvor Möl­zer sei­ne Spu­ren in Form von Spe­sen hin­ter­las­sen hat. Das ist bei Stad­ler, der 2004 noch ganz innig war mit Möl­zer, nicht viel anders. Erst viel spä­ter, näm­lich im Febru­ar 2014, kri­ti­siert der Rech­nungs­hof, dass beim tumul­tuö­sen Abgang von Stad­ler Ende 2006 noch ver­ein­bart wor­den sei, dass Stad­ler für die „Pfle­ge inter­na­tio­na­ler Kon­tak­te“ 50.000 Euro erhal­ten soll – ohne Ver­wen­dungs­nach­weis, wie der Rech­nungs­hof feststellte.

Also, den Titel „Blau­er Spe­sen­rit­ter“ hat sich Ewald Stad­ler hart erarbeitet!

Blaue Spe­sen­rit­ter (Teil 1): Andre­as Mölzer
Blaue Spe­sen­rit­ter (Teil 3): Die „Königs­ko­bra“ und der Sauhaufen
Blaue Spe­sen­rit­ter (Teil 4): Der Spe­sen­kai­ser Jörg Haider
Blaue Spe­sen­rit­ter (Teil 5): Der Ofenrohrbeobachter
Blaue Spe­sen­rit­ter (Teil 6): Die Ein­zel­fäl­le haben System

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