Wiener Neustadt/NÖ: Diversion nach Hitlergruß
Ried/OÖ: Schneller Gesinnungswandel
Bez. Amstetten/NÖ: Drogendealer mit Missbrauchsdarstellungen von Kindern und Nazi-Inhalte auf Handy
Linz: SPÖ-Politiker macht den DJ bei rechtsextremer Afterparty
Linz: Kein DÖW-Mitarbeiter als Experte im Extremismus-Ausschuss
Hortischon/B: Hakenkreuze in PKW gekratzt
Leoben/Stmk: Montanuni setzt Korporierte doch nicht vor die Tür
Bez. Bruck-Mürzzuschlag/Stmk: Gewaltdrohung an Schule
Kärnten: Hinrichtungsspiel an Polytechnischer Schule
Wiener Neustadt/NÖ: Diversion nach Hitlergruß
Angeklagt war der geständige 37-jährige Simon W., weil er am 11.9.23 beim Ausgang des Bahnhofs Wiener Neustadt in alkoholisiertem Zustand vor zwei türkischstämmigen Jugendlichen mehrmals „Adolf Hitler“ oder vielleicht auch „Heil Hitler“ gerufen haben soll – so genau kann sich der Mann bei seinem Prozess am 6. Februar vor dem Landesgericht Wiener Neustadt nicht mehr erinnern. Daran allerdings schon, dass er einen Bekannten „mit erhobener Hand“ begrüßt habe und dass das Nazi-Lied „Erika“ gespielt worden sei.
Richterin Birgit Borns, die wahrnehmbar bemüht ist, den Angeklagten vor sich selbst belastenden Aussagen zu bewahren, fragt nach seinem Wissen über Adolf Hitler. Um’s zusammenzufassen: Viel kam da nicht. Borns’ Frage, was denn das Problem mit Hitler sei, löst zunächst Ratlosigkeit aus, dann die Aussage, dass er halt die falschen Leute umgebracht habe, also nicht nur die Juden, sondern auch Schwule und so. Die Richterin übersetzt für die teils schmunzelnden Geschworenen: Der Angeklagte habe gemeint, Hitler hätte Juden und Schwule umgebracht und sähe das als problematisch an. Hoffentlich hat der Angeklagte das so gemeint, ist anzufügen!
Das Musikstück „Erika“ habe er recherchiert, nachdem die Polizisten ihn darauf aufmerksam gemacht hatten, dass es sich um ein Lied aus der Nazizeit handle; er habe festgestellt, dass es nicht verboten sei. Er selbst kenne es aus der Blasmusik seines Opas, es sei ein Liebeslied, das auch von Soldaten gesungen wurde.
Der erste Zeuge, einer der beiden „begrüßten“ Jugendlichen, hat sich krankheitshalber entschuldigt, der zweite Jugendliche erschien nicht, auf die Aussagen der übrigen Zeugen (beteiligte Bekannte des Angeklagten) wird verzichtet.
Die für fünf Stunden Dauer anberaumte Verhandlung endet bereits nach einer Stunde mit einer Diversion, um dem arbeitslosen Angeklagten bei seiner momentanen Jobsuche keine Steine in den Weg zu legen. Simon W. verspricht, das Programm „Dialog statt Hass“ zu besuchen, 250 Euro zu bezahlen und mit Unterstützung eines Bewährungshelfers in den kommenden zwei Jahren „keinen Blödsinn“ mehr zu machen. Glück gehabt, denn die Diversion für Erwachsene ist erst mit der jüngsten Novellierung des Verbotsgesetzes möglich geworden!
Danke für die Prozessbeobachtung!
Ried/OÖ: Schneller Gesinnungswandel
Ein 48-jähriger Salzburger wurde am Landesgericht Ried am 5. Februar wegen Wiederbetätigung angeklagt und auch verurteilt. Der als Kraftfahrer tätige Mann hatte zwei Tattoos auf seinen Fingern so angebracht, dass sie bei geballter Faust ein Hakenkreuz zeigten. Auch seine Ex-Ehefrau belastete den Angeklagten.
Gegenüber dieser soll er in wiederholten Angriffen vom „Vergasen der Scheiß-Ausländer” gesprochen haben. Zudem habe er sich selbst als „den richtigen zweiten Adolf Hitler” bezeichnet. Damit nicht genug: Im März 2023 verschickte er laut Anklage mehrere Fotos mit NS-Inhalten auf WhatsApp weiter. (nachrichten.at, 13.2.24)
Die Tattoos sind mittlerweile überstochen, und mit der nationalsozialistischen und ausländerfeindlichen Gesinnung sei es auch vorbei. Er bedaure seine Taten, verwies auf seine früheren Alkoholprobleme, distanzierte sich vor dem Gericht von seinem früheren Hass auf Ausländer und erklärte, seine Ansichten hätten sich geändert. Der Angeklagte wurde schließlich zu acht Monaten bedingter Haft verurteilt, das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Bez. Amstetten/NÖ: Drogendealer mit Missbrauchsdarstellungen von Kindern und Nazi-Inhalte auf Handy
Bei der Ausforschung eines mutmaßlichen Drogendealers in Amstetten fand die Polizei auf dem Handy des 21-jährigen Verdächtigen Missbrauchsdarstellungen von Kindern und NS-Inhalte. Auch die 19-jährige Freundin des Mannes wurde angezeigt. Beide sind großteils geständig. (Quelle: puls24.at, 30.1.24)
Linz: SPÖ-Politiker macht den DJ bei rechtsextremer Afterparty
Ausgerechnet ein SPÖ-Politiker, der Dritte Landtagspräsident Peter Binder, machte am 3.2. bei einer Afterparty des rechtsextremen Burschenbundball in Linz den DJ. Ort der Party war ein Linzer Innenstadtlokal, das ebenso einem SPÖ-Gemeinderat gehört. Hobby-DJ Binder gab sich gegenüber der APA zerknirscht und wollte nicht gewusst haben, dass das Event auf der Website des Balls als offizielle Afterparty angegeben war. Er entschuldigte sich und kündigte an, künftig sensibler zu sein.
Das Ausmaß an Insensibilität verwundert dennoch, schließlich wird der Ball auch seitens der SPÖ heftig kritisiert. Zudem schaffte es das antifaschistische Bündnis „Linz gegen Rechts“ erfolgreich, gegen das Event zu mobilisieren, was nicht nur für mediale Sichtbarkeit sorgte, sondern auch mindestens 2000 Menschen zur Gegendemonstration auf die Straße brachte. Auch vor diesem diesem Hintergrund ist Binders Engagement hochproblematisch und Kritik angebracht. Wenn in diese Kritik allerdings die ÖVP einstimmt und deren Landesgeschäftsführer Florian Hiegelsberger der SPÖ Doppelmoral attestiert, dann gilt es erneut darauf hinzuweisen, dass ÖVP-Landeshautmann Stelzer nicht nur mit der FPÖ koaliert, sondern auch weiterhin – und ganz ohne Not – den Ehrenschutz für den Burschenbundball stellt.
Linz: Kein DÖW-Mitarbeiter als Experte im Extremismus-Ausschuss
Am 1.2. tagte der Unterausschuss „Extremismus“ im oberösterreichischen Landtag. Bei der vorangegangenen Sitzung im November war vereinbart worden, Fachpersonen zum Thema einzuladen, „nämlich Barbara Glück, Leiterin der KZ-Gedenkstätte Mauthausen, sowie einen Experten des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstands (DÖW), das im Auftrag der Bundesregierung einen Rechtsextremismus-Bericht erstellt” (nachrichten.at, 2.2.24).
Auf Druck der FPÖ ist eine Einladung von Letzterem aber nicht erfolgt. Dies verwundert kaum, schließlich betreibt die rechtsextreme FPÖ seit Herbst eine Diffamierungskampagne gegen das DÖW, wobei sich Generalsekretär Hafenecker für keine Desinformation aus dem blau-braunen Mediensumpf zu schade ist. Dass die ÖVP den Steigbügelhalter beim Draußenhalten der wichtigsten wissenschaftlichen Institution in Sachen Rechtsextremismus spielt, zeugt einmal mehr von deren eigenem Abdriften nach rechts.
Hortischon/B: Hakenkreuze in PKW gekratzt
Am Wochenende zwischen 26.1. und 28.1. wurde in der Gemeinde Hortischon ein Hakenkreuz in einen PKW geritzt, in der Gemeinde Raiding wurde dasselbe Delikt an zwei parkenden PKW verübt. (Quelle: Burgenländische Volkszeitung, 1.2.24, S. 29)
Leoben/Stmk: Montanuni setzt Korporierte doch nicht vor die Tür
Die Montanuni in Leoben plant eine strategische Neupositionierung aufgrund ihrer rückläufigen Studierendenzahlen. Ein Teil dieser Neuausrichtung unter Rektor Peter Moser scheint die Distanzierung von Korporierten zu sein: Einem Bericht der „Kleinen Zeitung“ (2.2.24) zufolge sollten alle studentischen Verbindungen von akademischen Feierlichkeiten auf dem Universitätsgelände ausgeschlossen werden, um das Image der Universität zu modernisieren und sie als zukunftsorientierte und innovative Bildungseinrichtung zu positionieren. Wenig überraschend stieß die Entscheidung auf kein Verständnis bei den entsprechenden Verbindungen sowie bei der FPÖ, die bekanntlich einen großen Teil ihres Personals aus deutschnationalen Burschenschaften rekrutiert. (Quelle: orf.at, 2.2.24)
Der Aufschrei der Korporierten scheint nun jedoch zu einer Rolle rückwärts seitens der Uni-Verantwortlichen zu führen. „Der Kompromiss, der sich abzeichnet: Couleurstudenten dürfen weiterhin an den akademischen Feiern teilnehmen, allerdings nicht mehr in der prominenten Position hinter den Professoren und dem Rektor der Uni.” (kleinezeitung.at, 10.2.24)
In der Vergangenheit sind deutschnationale Leobner Burschenschaften immer wieder auffällig geworden: etwa, als 2012 Fotos auftauchten, auf denen Cruxia-Burschen schießend auf dem Balkon des Cruxenhauses zu sehen sind. Oder 2018, als aufgrund eines homophoben Flyers, der auch ein Nazi-Bild enthielt, gegen Mitglieder der Burschenschaft Leder Ermittlungen eingeleitet wurden und kurz darauf der Schriftführer der Leder in die Bredouille kam, weil er unzählige Nazi-Bilder auf Facebook präsentiert hatte.
Bez. Bruck-Mürzzuschlag/Stmk: Gewaltandrohung an Schule
Laut eines Berichts der „Kronen Zeitung“ (10.2.24) soll ein 15-jähriger Schüler im Bezirk Bruck-Mürzzuschlag mit einem Bombenanschlag auf seine Klasse gedroht haben. Es kam zu einer kurzfristigen Festnahme und einer polizeilichen Nachschau im Elternhaus des Jugendlichen. Wegen seiner Chat-Nachrichten wird zudem wegen Verstoßes gegen das Verbotsgesetz ermittelt: Er soll Hakenkreuz-Bilder verschickt haben.
Kärnten: Hinrichtungsspiel an Polytechnischer Schule
Für Entsetzen sorgte ein vom Kurier (1.2.24) öffentlich gemachter Vorfall an einer Polytechnischen Schule in Unterkärnten, der Anzeigen nach dem Verbotsgesetz zur Folge hat. Dort haben sieben 15-jährige Schüler*innen eine NS-Hinrichtungsszene inszeniert, bei der vier knieten und zwei stehend den Hitlergruß zeigten. Eine Schülerin fertigte Aufnahmen an. Dies geschah während einer Pause am 30. Jänner. Die Aufnahmen wurden mit antisemitischen und gewaltverherrlichenden Textzeilen aus einem Lied unterlegt.
Fotos (und/oder Videos) davon wurden auf TikTok verbreitet. „Hinterlegt waren die Bilder mit Liedzeilen wie ‚Und die Ausländer sind schuld, bei denen fehlt mir die Geduld. Wer schon so eine Farbe hat, gehört sofort umgebracht‘ oder ‚Wenns die Juden nicht gäbe, müsste ich kein Nazi sein‘.“ (puls24.at, 1.2.24)
Die Schule hat den Vorfall bei der Bildungsdirektion gemeldet und Anzeige bei der Polizei erstattet. Das „Landesamt für Staatsschutz und Extremismusbekämpfung“ hat die Ermittlungen aufgenommen. Die Schule will auf den Vorfall mit einem Maßnahmenpaket reagieren.