Salzburg: Arzt als Antisemit und NS-Fan
Wien: 18 Vorstrafen und ein Hakenkreuztattoo
Graz/Oststmk: Jede Menge „Dummheiten“
St. Paul/Klagenfurt: Prozess ohne Berichterstattung
Wien: Ex-Chef der Freiheitlichen Jugend Salzburg vor Gericht
Perg/OÖ: 16-jähriger Hakenkreuzsprüher aufgeflogen
Wiener Neustadt: Hakenkreuz in Bahnunterführung
Salzburg: Arzt als Antisemit und NS-Fan
Ein Salzburger Arzt musste sich am 21. April vor dem Landesgericht wegen Wiederbetätigung verantwortet. Belastet hat ihn seine eigene inzwischen Ex-Frau, die im Zuge des Scheidungsverfahrens das Gesinnungsleben ihres Gatten offengelegt hat.
Unter anderem hatte er, so die Anklage der Staatsanwaltschaft Salzburg, zwischen Februar 2018 und Mai 2021 gegenüber seiner inzwischen ehemaligen Gattin immer wieder Äußerungen getätigt, in denen er „den Nationalsozialismus und dessen Zielsetzungen propagiert oder Adolf Hitler als dessen Führer verherrlicht“ habe. Vor allem soll er dabei gegen das Judentum – als das vorrangige Feindbild des Nationalsozialismus – auf geradezu schockierende und ekelhafte Art und Weise gewettert haben. (Salzburger Nachrichten, 26.4.22, S. 4)
Der Arzt soll in einem Notizbuch antisemitische Äußerungen gesammelt haben, Nazi-Progandaschriften für seine Kinder gesammelt und NS-Devotionalien gehortet haben. Inwieweit die Äußerungen des Arztes strafbar waren, indem sie über den engen privaten Rahmen hinaus getätigt oder Devotionalien zur Schau gestellt wurden, geht aus dem Bericht der SN nicht hervor. Dennoch gab’s einen einstimmigen Schuldspruch und eine Strafe über 15 Monate bedingt – nicht rechtskräftig.
Wien: 18 Vorstrafen und ein Hakenkreuztattoo
Der Bericht des „Standard“ liest sich wie eine Episode aus dem heiteren Bezirksgericht, der Hintergrund ist allerdings bitterernst. Der 18-fach Vorbestrafte Winfried S. musste wegen eines Hakenkreuz-Tattoos auf seinem Unterarm nun bereits zum zweiten Mal im Gericht antanzen. Seine kriminelle Karriere habe er bereits 1981 als Vierzehnjähriger begonnen. 1993, als 27-Jähriger hatte er seine Ex-Freundin so geschlagen und getreten, dass sie an den Verletzungen verstarb. S. kassierte dafür zwölf Jahre Haft. Danach folgten Raubüberfälle,
die jüngsten Vorverurteilungen sind aus den Jahren (sic!) 2020. Bei einer wurde beantragt, ihn wegen Haftunfähigkeit auf freien Fuß zu lassen. „Angeblich, weil Sie Lungenkrebs hatten. Da wurde dann ein Gutachten eingeholt, das hat überhaupt nicht gestimmt!”, stellt Böhm zum Unmut des Angeklagten fest. Auch die bisher letzte Vorstrafe musste S. nicht antreten, da er eine Entzugstherapie [wegen Drogenabhängigkeit; Anmk. SdR] absolviert. (derstandard.at)
Die Hakenkreuztätowierung habe er bereits im Alter von 14 bekommen, im betrunkenen Zustand und ohne zu wissen, was im gestochen wird, führte S. aus. Nach 37 Jahren, im Jahr 2018, versprach er vor Gericht die Entfernung, „nur versäumte er die Termine immer, da er sich in Straf- oder Untersuchungshaft befunden habe“.
Nach einigem Hin und Her im Gerichtssaal, ob das Tattoo unter einem Pflaster versteckt war oder nicht, wird S. einstimmig freigesprochen, auch, weil das LVT keine Hinweise habe, „dass der Angeklagte irgendwelche Berührungspunkte mit Rechtsextremen hätte“.
Graz/Oststmk: Jede Menge „Dummheiten“
Manchmal geben Nazis ja bereitwillig zu, dass sie dumm sind bzw. dumme Aktionen, „Blödsinn“, geliefert haben. Ob sie es selbst glauben, sei dahingestellt, vor Gericht ist es jedenfalls eine beliebte Taktik, um aus der Anklage möglichst glimpflich herauszukommen. So geschah es auch letzte Woche in Graz, wo sich ein 44-jähriger und ein 39-jähriger Oststeirer wegen allerlei Anklagepunkten nach dem Verbotsgesetz erklären mussten. Etwa zu vielen Nazi-Bildern, die via WhatsApp verteilt wurden oder zu einem Pornovideo, über das es in den Berichten der Kleinen Zeitung (27.4.22, S. 22) und der Kronen Zeitung zwei Versionen gibt. Die Kleine Zeitung schreibt über einen der Angeklagten, er habe
ein geschmackloses Video (Inhalt: Geschlechtsverkehr samt Hitlergruß) eigentlich an einen Bekannten weiterleiten [wollen]. Dessen Frau hat das Video entdeckt und nach dem ersten Ärger darüber die Polizei darauf hingewiesen, dass der Absender auch Flaschen mit dem Konterfei von Adolf Hitler in seiner Gartenhütte ausstelle.
Die Version der Kronen Zeitung klingt etwas anders: „So ein „Blödsinn“ war zum Beispiel ein mit Nazi-Marschmusik unterlegtes Porno-Video, in dem ein Mann die Hand in Richtung einer Hakenkreuz-Fahne zum Hitlergruß erhebt. Das Video ging versehentlich an die Ex eines Freundes, eine Jüdin, die Anzeige erstattete.”
Im Zuge einer Hausdurchsuchung beim 44-Jährigen seien noch Fotos von Gartenpartys aufgetaucht „wo die Angeklagten unter anderem uniformiert und mit Hitler-Bart zu sehen sind; flankiert von Flaschen mit Hitler-Etiketten. Hinzu kommen Datenträger mit Massen an Nazi-Bildern.“ (krone.at)
Beim Erstangeklagten sei sogar ein Bild seines Sohnes, der mit Hitlerbart „dekoriert” war, gefunden worden. Das nicht rechtskräftige Urteil: „15 bzw. 12 Monate bedingte Haft plus 18.000 Euro Strafe für den Vorbestraften. Zudem Weisung zu einem Besuch des KZ Mauthausen.“ Wer von den beiden der Vorbestrafte war, geht aus keinem Zeitungsbericht hervor. 18.000 Euro ist jedenfalls eine ungewöhnlich hohe Geldstrafe.
St. Paul/Klagenfurt: Prozess ohne Berichterstattung
Bedauerlicherweise hat kein Medium von dem Prozess gegen drei Kärntner berichtet, der am 27.4.22 am Landesgericht Klagenfurt stattgefunden hat. Daher können wir nur den Sachverhalt aus dem Verhandlungsspiegel des Landesgerichts wiedergeben:
Drei jungen Erwachsenen wird zur Last gelegt, im bewussten und gewollten Zusammenwirken am 10.07.2020 in St. Paul im Lavanttal sich im nationalsozialistischen Sinne betätigt zu haben, indem sie im Rahmen einer Gartenparty mehrmals die rechte Hand zum sogenannten „Deutschen Gruß“ erhoben haben sollen. Darüber hinaus wird zwei der Angeklagten zur Last gelegt, auf ihrer Brust und ihren Bäuchen ein Hakenkreuz sowie die Zahlenfolge 88 aufgemalt zu haben. Darüber hinaus wird einem der Angeklagten zur Last gelegt, einer anwesenden Frau ein Hakenkreuz auf deren Bauch aufgemalt zu haben.
Wien: Ex-Chef der Freiheitlichen Jugend Salzburg vor Gericht
Es war am 4. Dezember 2021 bei einer der Corona-Demos, an der wie fast immer auch zahlreiche Rechtsextreme am Start waren. Dabei war auch der identitärennahe Roman Mösender, damals auch Chef der freiheitlichen Jugend Salzburg. Nachdem sich herumgesprochen hatte, dass er in eine Auseinandersetzung mit der Polizei involviert war, legte er sein Amt in Salzburg nieder – die FPÖ selbst gab dazu bis dato keine Stellungnahme ab.
Beim Prozess scheint Mösender, der mittlerweile in Polen lebt und vom rechten Szeneanwalt Werner Tomanek verteidigt wurde, die große Klappe abhanden gekommen zu sein, dort stellte er sich als „normaler Demonstrant“ dar, der aufgrund der Tumulte bei der Demo weglaufen habe wollen und dabei unglücklicherweise einen Polizisten niedergerannt habe. Der Polizist, der Mösender teilweise entlastete, habe eine Zerrung des linken Mittelfingers und ein Hämatom an der rechten Hüfte erlitten. Am Ende des Prozesses verkündete die Richterin ein mildes Urteil.
Von den angeklagten Vorwürfen des Widerstandes gegen die Staatsgewalt und der schweren Körperverletzung spricht sie Möseneder zwar tatsächlich frei, verurteilt ihn aber wegen grob fahrlässiger Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen à vier Euro, gesamt also 360 Euro. Dem verletzten Beamten muss der Angeklagte 300 Euro zahlen. (derstandard.at, 27.4.22)
Das Urteil ist nicht rechtskräftig, da die Staatsanwaltschaft keine Erklärung abgab.
Dieses Video vom Presse Service Wien, das Mösender bei der Demo zeigt, wurde im Gerichtssaal vorgeführt:
Bei der Demonstration gestern griffen neofaschistische Identitäre und Personen aus dem FPÖ-Umfeld die Polizei an. Unser Videobericht dazu ist jetzt auch auf YouTube. #w0412 https://t.co/sJGXVeGlxb
— Presseservice Wien (@PresseWien) December 5, 2021
Perg/OÖ: 16-jähriger Hakenkreuzsprüher aufgeflogen
Ein 16-Jähriger, der am 11. April beim Herren-WC am Bahnhof Perg sowie bei der Getreide-Trocknungsanlage Aisthofen polizeifeindliche Sprüche und mehrere Hakenkreuze an die Wände gesprüht hat, konnte von Beamten der Polizeiinspektion Perg ausgeforscht werden. Durch die Schmierereien entstand ein Schaden in der Höhe von mehreren Tausend Euro. Der Jugendliche zeigte sich umfassend geständig. (Oberösterreichisches Volksblatt, 27.4.22)
Wiener Neustadt: Hakenkreuz in Bahnunterführung
Das hat schon wieder etliche Spaziergänger verärgert: Die Unterführung in der Wohlfahrtgasse zur Schmuckerau wurde in den letzten Tagen einmal mehr von Sprayern heimgesucht. Dabei wurden nicht nur Schriftzüge gekritzelt und Smileys hinterlassen, auch ein Hakenkreuz wurde auf die Wand gemalt. (NÖN Nr., 27.4.22, S. 8)